Stationär oder ambulant?

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

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gummibaer

Stationär oder ambulant?

Beitrag von gummibaer »

Hallo zusammen,
bisher war ich nur als stille Mitleserin in diesem Forum unterwegs, weil es mir nach der Geburt meiner Tochter, bzw. nachdem ich abstillen musste psychisch alles andere als gut ging. Mittlerweile ist die Kleine 6 Monate alt und die erhoffte Besserung (so nach dem Motto die Zeit heilt alle Wunden) ist nach wie vor nicht eingetreten. Daraufhin und auf dringende Bitte meiner Hebamme hab ich endlich eine Psychotherapeutin aufgesucht, die mich mit der Diagnose ausgeprägte postpartale Depression schockte. Ich mein, geahnt, gefürchtet hab ich es ja schon länger, zumindest seit ich mich hier in so manchem Beitrag wiedergefunden hab, aber ich wollte es einfach nicht wahrhaben. Da ich nach Meinung der Psychotherapeutin ziemlich tief im Sumpf drin stecke, sieht sie eine stationäre Therapie (incl. Kind) als sinnvollste Lösung an und hat mir bis Freitag Bedenkzeit gegeben. Kann ich der Kleinen das wirklich antun, nachdem sie von ihren ersten 6 Lebenswochen schon 5 in verschiedenen Kliniken verbracht hat? Wie wird mein Umfeld reagieren, wie bring ich das vor allem meinen Eltern bei, für die psychische Probleme quasi nicht existieren und nur eine Flucht vor eigener Verantwortung fürs Leben darstellen? Ich weiss echt nicht was ich tun soll, wäre lieb, wenn ein paar von Euch mir ihre Meinung zu dem Thema schreiben könnten. Besten Dank und liebe Grüsse Gummibär
Anja

Beitrag von Anja »

Hallo Gummibär,

wenn es Dir empfohlen wurde, kann ich Dir nur raten, in eine Mutter-Kind-Einrichtung zu gehen. Ich war selbst ein paar Wochen dort und denke, daß ich auch deshalb schneller als manch anderer gesund wurde. In einer Klinik wird man einfach rund um die Uhr betreut und so kann gut herausgefunden, welche Medikamente die richtigen sind und wenn Nebenwirkungen auftreten, bist Du nicht allein zu Hause. Deinem Kind wird das ganz bestimmt nicht schaden, da das wichtigste ist, dass Du es mitnehmen kannst, dass es in Deiner Nähe sein darf und dass Du bald wieder gesund wirst. Mein Sohn ist total ausgeglichen und lustig und hat keinerlei Schaden an dem Klinikaufenthalt genommen. Auch mein Umfeld hat gut auf den Klinikaufenthalt reagiert. Wir hatten bis dato in der Familie auch noch nie Bezug zu psychischen Problemen. Deine Eltern werden bestimmt erkennen, dass Du Dich durch die Behandlung gerade Deiner Verantwortung als Mutter stellst und gerade nicht den Kopf in den Boden steckst. Sie werden Dich sicher unterstützen, wenn Du Ihnen erklärst, dass die Ärzte Dir das empfohlen haben.

Ich drück Dir die Daumen für eine richtige Entscheidung!

Anja
Anke
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Beitrag von Anke »

Hallo Gummibär,

wenn Du die Möglichkeit hast, mit Deinem Kind in eine Klinik gehen zu können, ist das sehr viel wert. Welche Klinik wäre das denn? Wann könntest Du dort aufgenommen werden?

Ich war vor längerer Zeit für knapp 5 Monate mit meinem Sohn in Wiesloch/Baden-Württemberg. Für mich war das die letzte Möglichkeit zu überleben. Der grosse Vorteil einer stationären Behandlung ist, wie schon Anja angesprochen hat, dass Du 24 Stunden am Tag betreut bist und die Wirkung der Medikamente gut beobachtet werden kann. Eine bessere Behandlung als mein Klinikaufenthalt hätte ich ambulant nie haben können.

Du könntest auch noch mit einem Facharzt über die weitere Behandlung sprechen. Oft sind Psychotherapeuten nicht auch unbedingt Ärzte.

Ausserdem ist es schwierig, so eine Entscheidung allein zu treffen. Da es für Deine Eltern nicht leicht ist, so eine Krankheit zu akzeptieren, wer steht hinter Dir und unterstützt Dich? Dein Mann/Freund, andere Verwandte oder eine gute Freundin? Was meinen die zu einer stationären Behandlung?

Ich wünsche Dir alles Gute und eine schnelle, für Dich richtige Entscheidung, damit nicht noch mehr Zeit vergeht, bis Du wieder gesund bist!
Viele Grüße von Anke

"Die Zeit heilt alle Wunden..."
gummibaer

Beitrag von gummibaer »

Hallo,
danke für Eure lieben Ratschläge. Die Psychotherapeutin, bei der ich war ist gleichzeitig auch Neurologin also Ärztin. Sie will versuchen, wenn ich mich dann tatsächlich für einen Klinik-Aufenthalt entscheide, mich in einer privaten, psycho-somatischen Klinik in Bad Säckingen unterzubringen und zwar so schnell wie möglich.

Klar ist die Betreuung in einer Klinik am intensivsten, aber hab ich das wirklich nötig? Kann denn jemand mit nur einer Stunde Gespräch eine solche Diagnose stellen? Ich mein, könnte es nicht sein, dass ich durch Geburt, 2 Operationen an der Brust unter Vollnarkose wegen Abszess, Abstillen und Schlafmangel einfach nur erschöpft bin und dadurch nix auf die Reihe bekomme, was meine Schuldgefühle auslöst? Und ist die Traurigkeit nicht einfach nur durch das schnelle Abstillen bedingt? Klar ist es nicht normal, dass ich häufig nur rumsitze und grüble und teilweise auch heule, deswegen hat meine Hebamme mich ja auch zur Psychotherapeutin geschickt. Aber ist es wirklich eine ausgeprägte Depression, die in einer Klinik behandelt werden muß? Wenn ich irgendwie sicher sein könnte, dass es wirklich eine ist, so wie man beispielsweise bei Gallensteinen die Teile halt auf dem Ultraschall sieht, wäre das für mich alles viel leichter zu akzeptieren. Aber kann man eine Depression überhaupt nachweisen, oder sind das alles nur wilde Spekulationen aufgrund von Symptomen, die eben auch einfach nur auf eine Erschöpfung hindeuten könnten? Muss ich mich nicht einfach nur mehr am Riemen reissen, mir selbst einen Tritt in den Hintern geben und wenn die Kleine irgendwann mal besser durchschläft geht es mir wieder gut?

Mein Mann bekommt ja nicht sooo viel mit, wie es mir geht, da er beruflich viel unterwegs ist, und wenn er dann da ist, reiss ich mich weitestgehend zusammen und versuch mir nix anmerken zu lassen. Ihm ist schon auch aufgefallen, dass ich viel leichter gereizt bin, als früher, das ich durch die kleinste Kritik gleich aus der Fassung gerate, wenn ich das Wort Stillen nur lese mir die Tränen kommen, aber er meinte gestern Abend halt auch, ob es wirklich so schlimm wäre, könne er nicht beurteilen. Wenn ich denn der Meinung wäre ein stationärer Aufenthalt würde mir helfen, dann solle ich das machen - aber ich weiß es halt auch nicht.

Mit der restlichen Verwandtschaft hab ich noch nicht drüber gesprochen, fühl ich mich auch nicht in der Lage zu. Solange ich das alles nicht selbst als Krankheit akzeptieren kann, ist meine Scham, zuzugeben, dass ich ein Versager bin, der sein Leben nicht im Griff hat, einfach viel zu groß.

Der Austausch mit Betroffenen ist also mein einziger Rettungsanker, um andere Meinungen zu dem Thema zu bekommen und mir die Entscheidung zu erleichtern.

Liebe Grüße
Gummibär
Micha

An Gummibär

Beitrag von Micha »

Liebe Gummibär,

ich dachte auch immer ich hätte keine Depressionen, wenn ich nur mal ausschlafen könnte. Das konnte ich in 3 Nächten bei meinen Eltern aber das änderte nichts an meinen Depris.

Mein Artzt sagte ich bin, mit den Symptomen, das Musterbeispiel für einen depressiven Menschen. Er könnte mich an die Uni schicken als Fallbeispiel für die Studenten.

Hast du Abstilltabletten genommen ? Diese können nämlich auch Depris auslösen. Lies mal den Beipackzettel.

Also ich würde die Chance nutzen in die Mutter-Kind-Klinik zu gehen. Dort gibt es Ärtzte Tag und Nacht. Ich hatte damals kaum noch die Kraft zum Neurologen zu fahren.

Deinem Kind schadet es bestimmt nicht, hauptsache es ist bei der Mama.

Meinen Verwandten und Bekannten habe ich meine Krankheit versucht zu erklären aber ich fürchte sie kapieren heute noch nicht. Für die war ich und bin ich diejenige, die mit ihrem Schreibaby nicht zurecht kam. Aber es ist mir auch egal, sollen sie doch denken was sie wollen. Ich bin gesund und nur das zählt.

Also die Entscheidung liegt bei dir und es würde dir besser gehen, wenn du deine Krankheit annimmst und etwas dagegen tust.

Alles Liebe, Micha
gummibaer

Beitrag von gummibaer »

Liebe Micha,

ja, ich habe Abstilltabletten genommen, erst 10 Tage nach der 2. OP noch in der Klinik und dann hinterher zu Hause nochmal ne ganze Packung, d.h. weitere 20 Tage, weil ich nach wie vor viel Milch produziert habe und ein weiterer Milchstau vermieden werden sollte. Die Packungsbeilage hab ich nicht mehr, kann also auch die Nebenwirkungen nicht nachlesen. Aber wenn man jedesmal liest, was vielleicht passieren könnte, nimmt man im Endeffekt lieber gar keine Medikamente mehr.

Wenn ich sicher wäre, dass die Diagnose richtig ist, und mir die Klinik wirklich was bringt, würde ich wohl in Kauf nehmen, dass meine Tochter schon wieder unter ihrer Mami leiden muss und schon wieder aus der gewohnten Umgebung rausgerissen wird. Aber was ist, wenn das alles gar nix nützt, wenn ich eigentlich gar keine Depression habe und die Therapie gar nicht anschlagen kann? Dann mach ich mir hinterher doch nur umso mehr Vorwürfe, dass ich ihr das angetan habe.

Aber schonmal beruhigend zu hören, dass es noch mehr Leute gibt, die glauben, sie hätten keine Depressionen.

Liebe Grüße
Gummibär
Anke
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Beitrag von Anke »

Hallo Gummibär,

ich fühle mich so arg an meine Krankheits-Zeit erinnert, wenn ich Deine Antwort lese.

Mir wurde damals auch eine psychosomatische Klinik (kann Dir jetzt leider nicht den Namen nennen, da müsste ich meine Eltern fragen, da die alle Entscheidungen, Telefonate etc. für mich erledigt haben, da ich nicht mehr in der Lage dazu war) empfohlen. Bedingung für einen dortigen Aufenthalt war allerdings, dass ich mich um mein Kind kümmern muss und kann. Das war mir damals nicht möglich. Eine bessere Alternative ist eine psychiatrische Klinik.

Du hast Recht, ob das sein kann, dass Deine Ärztin innerhalb eines Gesprächs diese Entscheidung fällen kann?!?! Ich war bei mehreren Psychiatern, die mir teilweise total unsympatisch waren und mich auch im Nachhinein falsch eingeschätzt haben, da auch ICH mich verstellt habe (das ist übrigens auch Teil der Krankheit). Ist Dir die Ärztin sympatisch, kannst Du mit ihr über Deine Probleme sprechen? Hast Du momentan die Kraft, evtl. einen weiteren Facharzt aufzusuchen, um Dir eine zweite Antwort geben zu lassen? Hast Du Medikamente verschrieben bekommen?

Mein (damaliger) Mann hat damals auch zu mir gesagt, ich solle mich doch einfach zusammenreissen - und ich habs tatsächlich probiert. Allerdings ohne Erfolg, da so ein Satz jemand Krankes noch mehr runterzieht und es sowieso nicht klappt. Versuche bitte, Dich entweder bei Deinem Mann oder einer anderen Personen so zu geben, wie es Dir wirklich geht, ohne sich zu verändern und anstrengen zu müssen. Das "verstellte" Verhalten kostet nämlich ungeheuer viel Kraft.

Viel wichtiger ist Verständnis für Deine Situation, Geduld und liebevolle Unterstützung :-). Mir haben damals meine Eltern geholfen, dem Sumpf zu entkommen.

Ich war vor meinem Klinikaufenthalt auch für 2 Wochen bei meinen Eltern, um Abstand von meinem Mann zu bekommen und um mich versorgen zu lassen; wir dachten alle, es würde besser... Zum Abstillen kann ich Dir auch sagen, dass es unter Medikamenten zu einer Verschlechterung Deines Zustands kommen kann; bei mir wars so. Kannst Du ausreichend schlafen bzw. kannst Du zur Ruhe kommen, oder bist Du ständig am Grübeln?

Alles Gute und melde Dich wieder, wenn Du magst oder Fragen hast!
Viele Grüße von Anke

"Die Zeit heilt alle Wunden..."
gummibaer

Beitrag von gummibaer »

Hallo Anke,

die Ärztin war mir eigentlich schon sympathisch und sie hat mir ja für Freitag einen 2. Termin gegeben, damit ich ihr mitteilen kann, wie ich mich entschieden habe. Da will ich sie schon drauf ansprechen, ob sie sich mit ihrer Diagnose sicher ist, etc. Einen weiteren Facharzt aufsuchen, pack ich glaub ich momentan nicht, zumal es sowieso schwierig ist einen Termin zu bekommen. Bei der Ärztin hab ich auch knapp 4 Wochen warten müssen bis sie einen Termin hatte und jetzt der 2. Termin ist grad zufällig wieder frei geworden. Medikamente hat sie mir keine verschrieben.

Mein Mann ist ja eh nicht häufig zu Hause, da kostet mich das zusammenreißen nicht allzuviel Kraft. Schwieriger ist es schon meiner Tochter gegenüber, bei jedem Fläschchen das ich ihr gebe kämpfe ich gegen die Tränen an, denn sie würde es ja überhaupt nicht verstehen, wenn Mami plötzlich weint. Eigentlich bin ich ja auch nur ihretwegen überhaupt zu der Ärztin gegangen, weil ich ihr nicht durch mein Verhalten schaden will.

Schlafen tu ich schon seit Monaten nicht genug, zumal die Kleine teilweise stündlich nach ihrem Schnulli weint. Wenn ich ihr den dann wieder in den Mund stecke, dreht sie den Kopf zur Seite und schläft weiter, ich lieg dann aber wach da und bin ständig am Grübeln. Auch tagsüber muß ich mich schwer zusammenreißen, daß ich nicht nur rumsitz und grübel (oder im Internet hänge) um wenigstens mal Wäsche zu waschen oder die Fläschchen der Kleinen auszuwaschen und zu sterilisieren. Richtig gekocht hab ich für mich selbst schon lang nicht mehr, wenns hoch kommt gibts mal ne Dose Ravioli oder tiefgekühlte Tortellini aus der Mikrowelle, häufig auch einfach nur einen Früchtequark oder ähnlich. Aber ich schieb das halt alles auf den mangelnden Schlaf, dass mir einfach die Kraft fehlt, mich zu irgendwas zu motivieren.

Liebe Grüße, Gummibär
Fanny

Beitrag von Fanny »

hallo,
ich finde mich selbst fast wortwörtlich in deinem beitrag wieder. auch ich kann nicht wirklich glauben, dass ich depressiv bin... aber ich bin es, das weiß ich jetzt...
gestern hab ich mit manu gechattet, da hatten wir praktisch genau dieses thema. heute hab ich nun endlich meine erste tablette eingeschmissen. und ich sag dir, ich wünschte, ich hätte leute, die mir sagen, hier geh in diese klinik, ich meld dich an. ich würde es tun. ich gehe nicht, weil ich keinen hab, der sich darum kümmert und wie du schon sagst, keiner weiß so wirklich, wie es einem geht. aber es ist doch eigentlich so herum, dass sie eher nicht wissen WIE schlecht es einem geht... und wenn sie trotzdem meinen, ein klinikaufenthalt wäre angebracht, dann kannst du sicher sein, dass du es ruhig versuchen solltest.
zu deinem schlechten gewissen deinem kind gegenüber: ist es nicht besser ein paar wochen aus der gewohnten umgebung gerissen zu werden und danach aber eine gesunde mami zu haben? der kleinen wird es dort doch nicht schlecht gehen! sie gewöhnt sich doch dann auch ein!
viel glück wünsche ich dir, auf dass du in die klinik gehst und dir helfen lässt!
lg
fanny
Anke
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Beitrag von Anke »

Hallo Gummibär,

das klingt ja gut, dass Du mit der Ärztin klarkommst. Vielleicht hat sie Dir bis jetzt (noch) keine Medikamente verschrieben, da Du Dich bis übermorgen entscheiden sollst, Klinik ja oder nein. Ich würde Dir raten, zumal Du ja viel mit Deinem Kind allein bist und Dein Mann arbeitet, in die Klinik zu gehen. Dort bist Du mit Kind sicher gut versorgt.

Andere Möglichkeit ist, eine Haushaltshilfe zu organisieren (bitte Deine Ärztin darum) und Dir mit Medizin helfen zu lassen. Ganz wichtig sind auch regelmässige Termin beim Arzt (wenn möglich anfangs alle 2 Wochen).

Ich habe mich damals auch nicht als krank angesehen. Auf der anderen Seite hab ich im Haushalt fast nichts mehr auf die Reihe gekriegt. Alles war wie ein riesiger Berg, selbst "nur" das Fläschchen machen. Such Dir Unterstützung, solange Du es kannst. Gibt es denn niemand, dem Du sagen kannst, wie es Dir geht? Hast Du jemanden, der Dir mal das Kind abnimmt, speziell auch mal nachts?
Viele Grüße von Anke

"Die Zeit heilt alle Wunden..."
gummibaer

Beitrag von gummibaer »

Liebe Fanny,

woher weisst Du jetzt das Du depressiv bist? Und was tust Du dagegen ausser Tabletten schlucken? Gehst Du irgendwo zur Therapie? Ich mein, wenn Du gern in eine Klinik gehen würdest, freiwillig sozusagen, wieso sorgt dann nicht der Arzt bzw. die Ärztin die Dir die Tabletten gegeben hat, für eine Einweisung?

Und wie soll ich sicher sein, ob ich in der Klinik wirklich gesund werde, oder nicht gar hinterher erst wirklich krank bin, weil die Therapeuten mir was einreden oder ich mit all den kranken Leuten rund rum nicht klar komme?
LG
Gummibaer
gummibaer

Beitrag von gummibaer »

Liebe Anke,

klar wäre ich in einer Klinik bestimmt gut versorgt, schon allein des regelmässigen Essens wegen. Aber nur deshalb geht man nicht in eine Klinik. An die Haushaltshilfe hab ich auch schon gedacht, aber da würde ich mich doch sehr schämen, dass sowas nötig ist, obwohl ich doch eigentlich den ganzen Tag zu Hause bin. Früher hab ich doch auch eine 42 Stunden Woche im Büro gemeistert und den Haushalt so neben her geschmissen.

Eine Freundin von mir, hier am Ort, weiss halbwegs wie es mir geht und liegt mir deswegen schon seit Wochen in den Ohren ich solle doch eine Mutter und Kind Kur machen. Als ich ihr jetzt von der Diagnose der Ärztin erzählte, war sie auch sehr dafür, dass ich in die Klinik gehe.

Jemanden der das Kind nachts nehmen könnte kenn ich nicht, zumal ich fürchte dass sie sich von niemandem ausser mir und meinem Mann beruhigen liesse. War schon immer das Drama schlecht hin, solange ich noch zur Rückbildungsgymnastik gegangen bin und während der Zeit einen Babysitter brauchte. Sowohl bei der Nachbarin, die sie eigentlich regelmässig sieht, als auch bei der Nichte meines Mannes hat sie stundenlang nur gebrüllt und war erst wieder ruhig wenn ich heim kam.

Eure Argumente klingen alle so vernünftig, aber ich bin nach wie vor hin und hergerissen, vorallem weil ich nicht glauben kann/will, dass ich wirklich depressiv bin und nicht einfach nur ein Versager, zu blöd zum Stillen und zu faul das Leben zu meistern und einfach reichlich müde und das wenn die Kleine erstmal nachts nicht mehr soviel weint, alles schon wieder viel besser aussieht.

Liebe Grüße
Gummibär
Fanny

Beitrag von Fanny »

gute frage, woher weiß ich, dass ich depressiv bin? weil es einfach nicht besser wird. ich reiße mich immer wieder zusammen und es klappt nicht. egal was ich unternehme, es kommt immerwieder ein tief. ich habs mit verdrängen versucht, mit therapie und jetzt mit medikamenten, wobei ich nicht einmal weiß, ob ich das schaffe, denn ich vertrage sie so schlecht und wenn es dieses mal wieder in die hose geht, weiß ich nicht, ob ichs mir noch einmal zumuten würde.
das ist alles nicht sehr ermutigend für dich. red doch nochmal mit deiner ärztin und sag ihr, dass dir ein stationärer aufenthalt nicht so recht wäre und frage nach anderen möglichkeiten, aber sei nicht so blöd und weise alle hilfe von dir.
ich sage immer, wenn es daran liegen würde, dass wir uns nur zusammenreißen müssten, würden wir diese hölle bestimmt nicht durchmachen, denn was zum teufel sollte uns denn davon abhalten es zu tun und plötzlich ein glückliches und erfülltes leben zu führen. so wie wir uns das immer vorstellen geht es nicht. ich hab es lang genug probiert und lange hab ich gedacht, ich will es wenigstens ohne diese scheiß medis schaffen, aber ich komm nicht weiter, ich dreh mich immer nur im kreis. ich war schon an dem punkt, wo ich gesagt hab, "hey, ich glaub ich bin bald wieder gesund". es ging mir über monate gut und jetzt?! geht es mir wieder seit längerer zeit richtig bescheiden. irgendwie muss es aber gehen. sei doch froh, dass du schon weiter bist als ich und leute um dich hast, die bescheid wissen und dir hilfe anbieten. ich bin hier die verliererin, denn ich hab mit den medis nicht durchgehalten, ich gehe nicht zum arzt, ich spreche nicht über mich und meine gefühle, keiner weiß WIE scheiße es mir geht und meine therapie hab ich abgebrochen als die schwierigeren themen dran kamen...
jetzt bin ich beim zweiten versuch mit den medis und sehr kritisch und wie es überhaupt weitergehen soll kann ich dir auch nicht sagen. ich hoffe nur für dich, dass du stärker bist und hilfe annehmen kannst und dass dir dadurch schnell geholfen werden kann.
sorry, dass ich dir nichts hoffnungsvolleres schreiben kann, aber bitte bleib am ball und zieh dich nicht wie ich in ein schneckenhaus und vegetiere vor dich hin, denn es ein zweites mal zu versuchen und ein zweites mal rauskommen ist noch viel schwerer. jetzt hast du den ersten schritt getan und bist zu einer ärztin gegangen, also bleib dran und tu was!
ich wünsche dir ganz viel glück!
fanny
Anja

Beitrag von Anja »

Hallo Gummibär,

ich wollte Dir auch noch sagen, dass ich am Anfang nicht einsehen wollte, dass ich eine Depression bekommen habe. Ich hatte auch einige schlaflose Nächte und dachte, dass ich einfach nur total übermüdet bin. Mir hat dann aber eine sehr nette ärztin erklärt, dass man eben den körperlichen und den psychischen Zustand nicht so abstrakt trennen könne. Wenn der Körper nicht mehr zu Ruhe kommt, man also keinen Schlaf findet, dann wirkt sich die psychische Verfassung aus. Das fand ich dann eigentlich schon logisch. Ich weiss ja nicht was Du beruflich gemacht hast, aber ich bin Rechtsanwältin und hatte auch riesige Hemmungen, mir die Krankheit einzugestehen, da ich dachte, so was passiert Akademikern nicht: von jetzt betrachtet ziemlich blöd.
In einer Klinik sind viele erfahrene Fachleute. Die erkennen anhand Deiner Schilderungen sehr genau, ob ein Aufenthalt sinnvoll ist. Es findet ja üblicher Weise ein Vorgespräch statt. Sicherlich wirst Du nicht sofort mit Medikamenten zugepumpt, sondern es wird ganz langsam geschaut, was Dir hilft und ob eine Therapie darüber hinaus erforderlich ist. Bei mir hat man immer gesagt, es ist eine reine Stoffwechselgeschichte und ich habe keinerlei Therapien gemacht und muss auch sagen, dass es mir allein aufgrund der Medikamente wieder super ging. Ich würde den Schritt einfach wagen, da es ja so wohl auch nicht mehr weiter gehen kann und die Situation vielleicht immer unerträglicher wird.

Ich drück die Daumen für eine richtige Entscheidung, meld Dich mal, wenn Du Dich entschieden hast.

Alles Liebe

Anja
Mara

Beitrag von Mara »

Ich weiß wovon ihr sprecht. Ich glaube, keiner möchte gerne hören, dass er eine Depression bekommen hat. Ich mag das Wort auch heute nicht gern hören, aber mir war zumindest klar, dass irgendwas ganz gravierendes mit mir nicht stimmt. Und das hat nicht am Schlafmangel gelegen. Ich habe mich so ganz anders gefühlt als vor der Schwangerschaft, war mir selbst fremd etc.
Ich an Deiner Stelle würde sicher einen stationäre oder teilstationären Aufenthalt ins Auge fassen. Wenn Du nicht depressiv bist, werden die Leute das da schnell merken und Dich nach ein paar ordentlichen Mützen Nachtschlaf nach hause schicken. Du brauchst keine Angst zu haben, dass die Dich krank reden.
Gegenüber Mann und Familie hilft nur schonungslose Offenheit. Sage denen einfach ganz direkt was Du fühlst oder nicht fühlst und wie es Dir geht. Es kann sein, dass sie es nicht nachvollziehen können, aber sie wissen wenigstens woran sie und Du bist.
Wenn Du Deinem Mann nicht reinen Wein einschenkst KANN er Dich gar nicht richtig unterstützen!
Nach allem, was ich aus Deinen Berichten gelesen habe, reagierst Du schon heftiger als andere auf die Belastungen (Schlafstörungen, Grübelneigung, nicht für sich kochen etc...). Vielleicht ist es ja "nur" eine milde depressive Episode, aber auch die muss behandelt werden.
Mach Dir wegen Deinem Kind nicht die Gedanken wegen der fremden Umgebung. Es wäre schlimmer, wenn Du nicht behandelt wirst. Auch wenn Du bei jedem Fläschen die Tränen unterdrückst, wird sie irgendwas merken. Tu was für Dich, das hilft auch ihr.
Mara
P.S. Ich bin Richterin von Beruf und konnte nicht glauben, dass es mich trifft. Ich war 6 Wochen teilstationär. Und habe 1 Jahr ein Antidepressivum genommen und bin seit 1,5 Jahren in Therapie.
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