Wo ist meine Liebe zu ihr?

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

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InaK

Wo ist meine Liebe zu ihr?

Beitrag von InaK »

Hallo,

vielleicht erinnern sich einige von euch noch an mich. Vor ein paar Monaten schrieb ich hier schonmal, weil ich dachte eine PPD zu haben. Dann entdeckte ich die Schüßler Salze, die mir sehr geholfen haben aus meinem "Loch" herauszukommen. Ich dachte, ich hätte diese schlimme Phase überstanden ...

Im Grunde geht es mir recht gut. Ich habe über 20Kilo abgenommen und fühle mich wie ein neuer Mensch, meine Beziehung läuft gut und mein Sohn (2,5Jahre) ist mitten in der Trotzphase - was wünscht man sich mehr?! ;)

Und dann kommt meine Tochter, die gestern 1Jahr alt wurde. Hier enden meine Gedanken ........

Gestern Abend lag ich lange wach und überlegte. Nachdem mir nun selbst schon seit Wochen auffällt, daß ich sie anders behandele als meinen Sohn und es okay wäre, wenn sie überhaupt nicht da wäre, frage ich mich wieso ich sie nicht so annehmen und lieben kann wie den Großen??? Ich hatte noch nie eine so innige Bindung zu ihr, sie war eben da und wurde/wird versorgt. Ja, und manchmal finde ich sie auch echt süß, wenn sie mich mit ihren kleinen Hasenzähnchen angrinst und dann davon läuft. Aber eigentlich ist sie mir eine Last, ich bin total genervt (obwohl sie lieb in ihrem Hochstuhl sitzt) und sowas zu denken versetzt mir einen sehr schmerzhaften Stich.

Als ich hier damals meine Sorgen aufschrieb bekam ich immer das gefühl, als bilde ich mir alles nur ein. Ich meine, je mehr man liest desto mehr findet man sich in der PPD wieder. Meine Gedanken drehten sich um nichts anderes, weil ich fest der Meinung war eine PPD zu haben.

Als die Kleine 3Monate alt war erzählte ich meinem FA davon, wie schlecht es mir ging. Meine Laune war nicht zu ertragen und meine Beziehung stand auf dem Spiel. Er sagte, es läge an den Hormonen und sobald ich abstille, würde es mir besser gehen. Ein paar Monate später, als ich mich ausschließlich mit dem Thema PPD beschäftigte, rief ich eine Psychologin ab und bekam die 2.Abfuhr. Sie hatte keine Zeit und demnach keine Termine frei. Und so beschloß ich irgendwann, das Thema ruhen zu lassen. Immerhin fand ich dann die Hilfe der Schüßler Salze und mir ging es besser. Ich war dann davon überzegt, daß meine Laune auch etwas mit meinem Übergewicht zu tun habe und jetzt bin ich 22Kilo leichter. Mir geht es blendend und ich bin voller Kraft und Elan.

Aber ich kann keine vernünftige Beziehung zu meiner Tochter aufbauen, so sehr ich es auch versuche.

Oder bin ich nur überfordert? Was ich eigentlich nicht finde, denn mein Sohn ist recht "pflegeleicht". Bin ich ausgebrannt? Abends bin ich immerhin schon etwas erledigt.
Oder ist es wirklich eine versteckte PPD, die behandelt werden sollte?

In meinem Kopf schwirren wieder tausend Gedanken und ich weiß nicht, wo ich Hilfe finden kann - ohne wieder eine Abfuhr nach der anderen zu bekommen.

Ich wünsche mir nicht viel, aber ich möchte meine Tochter genauso lieben können wie meinen Sohn. Ich möchte mit ihr knuddeln und ihr nicht ständig jedes kleinste Geräusch übel nehmen. Ich möchte sie ansehen und sagen können: "Du bist meine Maus, ICH LIEBE DICH!" Ich möchte mich für sie aufopfern, genauso wie ich es für meinen Sohn tue .....

Bitte helft mir .....

Liebe Grüße, InaK
Anke
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Beitrag von Anke »

Hallo Ina,

in Deinem Beitrag finde ich doch einige Symptome, die für eine PPD sprechen bzw. die ich damals auch hatte. Z. B. das Genervtsein, Gereiztsein, dass das Kind eine Last ist und vor allem das Nicht-Liebhaben-Können. Ich habe damals in den allerersten Wochen auch nur "funktioniert" und mein Kind versorgt, dabei aber keinerlei Liebe für ihn empfinden können.

Ging es Dir nach dem Abstillen dann besser? Oftmals sind nicht nur die Hormone für eine PPD verantwortlich, sondern viele andere Dinge, die im Leben um einen geschehen.

Außerdem ist ein Jahr keine Zeit für eine PPD. Ich war 18 Monate krank, incl. langem Krankenhausaufenthalt und mehreren Medikamenten.

Wenn Du Dir helfen lassen möchtest, wäre es sicherlich sinnvoll, nochmals zu einem Facharzt oder/und Therapeuten zu gehen oder aber Dir Infos über geeignete Ärzte/Therapeuten/Behandlungen bei Deiner nächsten Selbsthilfegruppe zu holen.

Ich wünsche Dir weiterhin alles Gute, laß den Kopf nicht hängen, Du wirst wieder gesund und kannst auch Deine Tochter (bald) wieder liebhaben!

Melde Dich wieder, wenn Du magst.
Viele Grüße von Anke

"Die Zeit heilt alle Wunden..."
InaK

danke

Beitrag von InaK »

Liebe Anke,

vielen Dank für Deine Antwort.

Ich weiß selbst nicht, was mit mir los ist und ich kann es mir nicht erklären. Die Schwangerschaft war okay und auch die Tage nach der Geburt war ich sehr glücklich. Meine Tochter war eigentlich ein Wunschkind.

Aber dann kamen so viele Sorgen: wenig Geld, Streß, meine immense Gewichtszunahme - die mir am meisten zusetzte. Und seitdem fahren meine Gefühle Achterbahn.

An manchen Tagen klappt es ganz gut mit der Kleinen und mir, dann beschäftige ich mich mit ihr, wir schmusen usw. Aber das ist so selten. Die Tage an denen ich sie "links liegen lasse" überwiegen und selbst mein Freund sagte, daß sie manchmal um meine Aufmerksamkeit kämpfen muß, weil ich sie nicht sonderlich beachte. Das fällt mir garnicht auf.

Zum Stillen: Ich stille sie immernoch, recht oft sogar. Am Tag mind. 3x und in der Nacht kommt sie auch noch 2-3-4-5-6x. Sie bekommt gerade Unmengen an Zähnen und nicht zu ertragen.

An Tagen, wo ich mich mit ihr beschäftige denke ich öfter, daß sie echt niedlich ist. Mir kommt aber nie der Gedanke, daß ich sie über alles liebe. Bei meinem Sohn ist das anders - ich weiß, daß ich ihn abgöttisch liebe!

Ich sehe öfter in den GS nach und schaue nach Ärzten oder Therapeuten in meiner Nähe, leider gibt es nur sehr wenige. Ich müßte erst ein bißchen fahren und das ist mit Kindern immer ziemlich stressig.

Braucht man bei einem Therapeuten keine Diagnose? Ich meine, kann man da einfach hingehen bzw. anrufen und sagen, daß man vielleicht Hilfe braucht? Wie läuft sowas ab? Ich habe ein etwas mulmiges Gefühl dabei ...

Wie alt ist Dein Kind denn? Wie schlimm war die PPD bei Dir? Bist Du wieder gesund?

Es wäre schön, wenn Du Dich wieder melden würdest.

Liebe Grüße, Ina
Anke
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Beitrag von Anke »

Liebe Ina,

bei einem Therapeuten kannst Du einfach anrufen und nach einem Termin fragen. Sicherlich wird er Dich fragen, um was es geht. Du kannst ja sagen, dass Du Dir nicht ganz sicher bist, ob Du eine PPD hast. Meistens stellt sich bei der ersten oder zweiten Sitzung raus, ob Ihr miteinander klar kommt. Das ist oberstes Gebot. Gleiches gilt auch für den Haus- oder Facharzt. Warum gehst Du nicht mal zu einem Arzt? Probiere es nochmals, in der Hoffnung, dass es dieses Mal anders verläuft. Ich halte persönlich nicht viel davon, "nur" zum Therapeuten zu gehen. Dafür ist die Krankheit viel zu schlimm. Hättest Du keine Möglichkeit, für einen Termin mal Deine Kinder abzugeben? Falls Du in der (weiteren) Umgebung einen guten Arzt/Therapeuten kennst, nimm lieber die vielleicht etwas längere Fahrt in Kauf, als bei einem nicht über die Krankheit informierten Arzt zu sein.

Nun kurz meine PPD-Geschichte: ich habe vor 5 Jahren meinen Sohn bekommen (auch ein Wunschkind). Habe in der Schwangerschaft 21 kg zugenommen. Die Geburt (Kaiserschnitt) verlief unter Vollnarkose; ich sah mein Baby erst nach ca. 3 Std. Dann hatte er eine starke Gelbsucht, die behandelt werden mußte; unter dem Licht schrie er die ganze Zeit...
Nach einer Woche Krankenhausaufenthalt war ich größtenteils auf mich allein gestellt; mein (damaliger) Mann war beruflich sehr eingespannt. Kurze Zeit später hatte ich Selbstmordgedanken und Angst, meinem Kind etwas anzutun. Ich funktionierte die ersten sechs Woche nur und hab "irgendwie" auch noch alles hingekriegt, bis ich nicht mehr konnte. Nach einem Hilfeschrei haben mich meine Eltern zum Hausarzt geschickt, ein Frauenarztbesuch folgte (ich bekam Abstilltabletten), danach ein Facharzttermin. Ab da hatte ich im Haushalt und für mein Kind und mich meine Eltern, die mir sehr zur Seite standen. Später dann noch eine Haushaltshilfe. Zwischenzeitlich hatte weitere Arztbesuche und mir diverse Tageskliniken angeschaut; alleine Autofahren ließen mich meine Eltern nicht mehr (Suizidgefahr). Die Tabletten wirkten nicht, ich war zu nichts mehr fähig, konnte/wollte mich nicht um mein Kind kümmern. Nicht mal um mich selbst. Schließlich kam ich in eine Klinik mit Mutter-Kind-Station (Wiesloch), die mir mein Leben rettete. Es war die beste Behandlung, die man sich vorstellen kann. Nicht nur mehrere Tabletten, auch Gespräche etc. Nach knapp fünf Monaten wurden mein Sohn und ich stabil entlassen. Weitere neun Monate mußte ich Medikamente nehmen (dann erst konnte ich wieder mein Gewicht reduzieren) bis ich wieder ganz gesund und glücklich war. Als mein Sohn ein Dreivierteljahr alt war trennte ich mich noch von meinem Mann, der mich quasi überhaupt nicht unterstützte und zu mir stand. Seit über vier Jahren bin ich wieder ganz "die Alte".

Laß also nicht zu viel Zeit vergehen, bis es Dir wieder ganz gut geht.
Viele Grüße von Anke

"Die Zeit heilt alle Wunden..."
InaK

Beitrag von InaK »

Hallo Anke,

vielen Dank für das "erzählen" deiner Krankheitsgeschichte. Es freut mich, daß es Dir schon so lange wieder gut geht und Du die Krankheit überstanden hast. Dir ging es ja richtig mies ....

Ich für meinen Teil finde es total schwierig herauszufinden, was ich habe und wieso ich so bin. Ich weiß, dafür wären die Ärzte da. Aber für mich wäre es schlimm wenn ich zu einem Arzt gehe und sich dann herausstellt, daß ich vielleicht nur etwas überfordert bin. Was ich eigentlich nicht denke ...

Weshalb ich nicht zu einem Arzt gehe? Wahrscheinlich weil es mir jeden Tag unterschiedlich gut geht. Die letzten 2Tage war ich wieder besser drauf und habe mich, wie bereits geschrieben, oft mit der Kleinen beschäftigt. Aber dann kommt wieder mal 1Tag, an dem ich sie echt nicht sehen kann. Dann denke ich, das ist der Streß. Außerdem habe ich hier noch keinen Hausarzt - wir wohnen noch nicht so lange hier und da ist es schwer jemanden zu finden, dem man auch vertraut.

Die Kinder könnte ich sicher bei meinem Freund lassen. Allerdings kann ich mit ihm nicht über mein Problem reden ... Er ist der Meinung, daß sich alles einpendelt, sobald der Streß weggeht. Wenn die Kleine dann durchschläft, allein ißt usw. Diesen Gedanken habe ich auch.

Eine Bekannte riet mir zur Mutter-Kind-Kur zu fahren, aber da müßte ich mit beiden Kindern hin. Und dann ist wieder der Große da, den ich unbeabsichtigt vorziehe. Eine Kur würde demnach nicht dabei helfen, eine Beziehung zu der Kleinen aufzubauen.

Ich bin hin,- und hergerissen ...

Liebe Grüße, Ina
Anke
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Beitrag von Anke »

Hallo Ina,

das Hin- und Hergerissen-Sein ist ja auch ein großes Problem bei der PPD. Diese Entscheidungsschwierigkeiten kenne ich auch noch zu gut...

Dass diese Krankheit in Wellenform verläuft, hast Du sicher auch hier schon öfter gelesen. D. h. es geht Dir eine Zeit lang gut, dann gibts auch wieder Momente, wo es Dir nicht so gut bzw. schlechter geht. Prinzipiell aber gehts bergauf!

Ich finde es nicht so ganz vorteilhaft, zu warten, bis sich alles von allein wieder einpendelt (so wie es Dein Freund vermutet). Es vergeht zu viel wertvolle und schmerzhafte Zeit.

Lediglich kann ich Dir nur (nochmals) raten, einen Arzt aufzusuchen - warum soll er Dich nicht ernst nehmen!?? - und Dir helfen zu lassen.

Weiterhin gute Besserung und eine für Dich richtige Entscheidung.
Viele Grüße von Anke

"Die Zeit heilt alle Wunden..."
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