Schon wieder (oder immer noch)?

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

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kira

Schon wieder (oder immer noch)?

Beitrag von kira »

Hallo,
ich habe im letzten Jahr im August meine zweite Tochter entbunden und drei bis vier Wochen später eine postpartale Depression entwickelt, die zunächst sehr stark war und dann immer mehr nachließ. Als Behandlungsform habe ich homöopathische Globuli genommen und zwei Psychologische Gesprächssitzungen gehabt. Etwa ab Dezember hatte ich das Gefühl, wieder gesund zu sein, eine gewisse Traurigkeit sowie schnellere Überforderung blieb zwar bestehen, ich dachte, dass das im Alltag mit zwei Kindern vielleicht normal sei.
Seit einigen Wochen jedoch tauchten die "alten" Symptome wieder verstärkt auf und heute fühle ich mich fast genauso wie vor einem Jahr.
Ist es möglich, dass die postpartale Depression zurückgekehrt ist oder unbewusst immer bestanden hat?
Was soll ich denn jetzt machen? Zum Frauenarzt, Hausarzt oder Psychiater gehen?
Ãœber Eure Hilfe jeder Art bin ich sehr dankbar!
Kira
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Marika
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Beitrag von Marika »

Hallo Kira!

Ich denke, es ist schon möglich, dass die PPD nicht richtig ausgeheilt war und nun wieder auftritt. Hast du in letzter Zeit vermehrte Belastungen gehabt? Mein Therapeut meinte nämlich, dass es dann schon zu einem Rückfall kommen kann.

Darf ich fragen, was du für Symptome hast? Ich leide an Zwangsgedanken mit Angst-und Panikatacken.

An deiner Stelle würde ich zuerst zum Hausarzt gehen, der kann dich dann an einen Speziallisten überweisen. Ich weiss jetzt nicht, wie du Medikamenten gegenüber eingestellt bist. Aber ich hätte es ohne niemals geschafft aus diesem schwarzen Loch heraus zu kommen und die Therapie in Angriff zu nehmen. Nebenbei nehme ich auch noch Bachblüten. Seit 8 Wochen bin ich jetzt in Behandlung und es geht Bergauf. Zwar mit Medikamenten, aber besser so, als diese schreckliche Zeit nocheinmal durchmachen zu müssen.

Liebe Kira, würde mich freuen wieder von dir zu hören. Lass dir bitte helfen, du musst nicht unnötig leiden!

Liebe Grüße
Marika
kira

Beitrag von kira »

Hallo Marika,

vielen Dank für Deine ermutigende Antwort.

Nach einigem Hin und Her war ich dann heute noch bei meinem Gynäkologen (mein Hausarzt ist im Urlaub), nun habe ich die Überweisung zum Psychiater bekommen.
Besondere Belastungen hatte ich eigentlich nicht, aber ich bin ziemlich perfektionistisch (v.a. was die Kinder angeht) und komme dadurch selbst oft zu kurz.

Meine PPD äußert sich durch extreme Reizbarkeit mit Aggressionsausbrüchen, Traurigkeit mit starkem Weinen, Zwangsgedanken und ständiger Erschöpfung.
Im letzten Jahr hatte ich auch Panikattacken, bisher sind die nicht wieder aufgetreten und soweit möchte ich es auch auf gar keinen Fall kommen lassen, daher möchte ich schnell handeln.

Medikamente standen im letzten Jahr nicht zur Frage, da der behandelnde Arzt von vornherein Globuli auswählte (nicht zuletzt auch wegen des Stillens). Ich bin nicht gerade glücklich darüber, Medikamente nehmen zu müssen (wer ist das schon?), aber ich würde es auf jeden Fall machen, denn mit meinem derzeitigen Verhalten werden weder ich noch meine Familie glücklich.

Wie war das denn bei Dir mit der Medi-Einstellung? Machst Du auch eine begleitende Therapie? Hattest Du Angst, Medikamente nehmen zu müssen?
Ich habe im Moment totale Angst, was noch alles auf mich zukommt, wie es beim Psychiater sein wird, etc.

Ich hoffe einfach nur, mich irgendwann einfach mal nur gut zu fühlen, denn vorher war ich ein ausgeglichener und lebensfroher Mensch.

Ich würde mich freuen, mehr von Dir zu hören,

ganz liebe Grüße,

Kira
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Marika
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Beitrag von Marika »

Hallo Kira,

schön, dass du dich wieder gemeldet hast. So wie es aussieht, haben wir ganz ähnliche Symptome. Auch das mit dem Perfektionissmus stimmt bei mir.

Ich kann dich gut verstehen, dass du nicht gerade gerne Medikamente nehmen möchtest. Auch ich habe es anfangs mit einem Antidepressiva versucht, bei dem man Stillen darf. Aber es war einfach zu wenig und ich hatte einen schlimmen Schub ein paar Tage, nach dem mein Hausarzt mir dieses verschrieben hatte.

Danach ging alles ganz schnell: meine Eltern nahmen sich der Sache an und noch am selben Tag machte mein Arzt bei mir einen Hausbesuch. Er kontaktierte einen Psychiater und vereinbarte gleich einen Termin für mich. Ich bekam ein zweites Antidepressiva dazu und musste abstillen. Zum Glück war das kein Problem - mein Noah hat die Flasche sofort akzeptiert. Da die Antidepressiva ca. 2-4 Wochen dauern, bis sie wirken, bekam ich zur Überbrückung einen Angsthemmer, der die Zwangsgedanken und Angst-und Panikatacken sofort nach einer 1/2 Stunde!!! verschwinden ließ. Das war aber wie gesagt nur zur Überbrückung, da dieses Medikament sonst süchtig machen kann. Aber glaub mir, ohne diese Maßnahmen hätte ich auch diesem Loch nicht herausgefunden. Es war furchtbar. Ich bin auch kein Tablettenfan, aber ich muss sagen, es war meine Rettung. Den Angsthemmer habe ich nach 3 Wochen komplett langsam abgesetzt und bis dahin haben mich die anderen Medis abgefangen.

Ich hatte sehr viel Glück, den beide Medikamente sind für mich die richtigen und helfen auch. Denn oft braucht es länger, bis man für sich die wirksamen gefunden hat. Ich habe dann auch noch mit Bachblüten angefangen, die meine Hebamme für mich zusammen mischt. Alles zusammen hat sehr gut geholfen. Jetzt nach 8 Wochen - eigentlich eine sehr kurze Zeit für eine PPD - geht es mir schon wieder sehr gut. Ich habe zwar schon noch hin und wieder Schwankungen, aber sie werden weniger und leichter.

Vor dem Psychiater brauchst du wirklich keine Angst zu haben. Ich mache bei meinem auch eine Psychotherapie und es hilft mir sehr, zu verstehen, was in mir passiert. Wir versuchen den Ängsten, die ja solche Zwangsgedanken und Panikatacken verursachen, auf den Grund zu gehen. Wir werden es wahrscheinlich auch mit Hypnose versuchen. Er hat mir auch Entspannungsübungen gezeigt, wie das autogene Training. Auch das ist sehr hilfreich. Du siehst, du brauchst keine Angst zu haben. Im Gegenteil, das sind Fachleute, die genau verstehen, wie es dir geht.

Es ist ganz wichtig, dass du alle Heilungsmöglichkeiten, die sich dir bieten, in Anspruch nimmst. Vielleicht ist ja bei dir die Homöopatie wieder das richtige neben evtl. auch Medikamenten. Ich kann sagen, dass Schulmedizin und Alternative Heilmethoden bei mir super helfen.

Liebe Kira, verlier nicht den Mut. Ich weiss, es ist sehr schwer, wenn man mitten drinn steckt. Aber du hast schon den richtigen Schritt getan und läßt dir helfen. In der Zwischenzeit kannst du dir hier deine Gefühle von der Seele schreiben - mir haben die lieben Formusmitglieder immer wieder Mut und Hoffnung gemacht.

Wäre schön, wieder von dir zu hören. Ach ja: meine Medikamente heißen "Cipralex" - 10 mg pro Tag und "Mirtel" - 15 mg pro Tag. Das heißt, 1 Cipralex am Morgen und 1/2 Mirtel am Abend. Und das jetzt mal für ein 1/2 Jahr lang. Beide Medis machen NICHT abhängig.

Ganz liebe Grüße
Marika
kira

Beitrag von kira »

Liebe Marika !

Vielen Dank für Deine vielen Antworten (auch bei meinen anderen Postings)!

Es tut so gut, sich mit jemandem auszutauschen, der genau versteht, wie man sich fühlt und der Mut macht, dass es wieder besser wird.

Ich finde es toll und mutig von Dir, dass Du Dir so schnell Hilfe gesucht hast und Deine Krankheit so annimmst!
Im letzten Jahr habe ich da wohl einiges versäumt.

Meine Tochter Jola wurde am 09.08. geboren - eine Traumgeburt und sie war gesund und munter. Schon am nächsten Tag konnten wir wieder aus dem Krankenhaus nach Hause. Das war mir sehr wichtig, da zu Hause ja meine "große" Tochter Malea (geb. 12.03.02) auf mich wartete.
Die erste Zeit verlief völlig problemlos, war aber sehr anstrengend, da Jola viel nachts wach war und tagsüber Malea mich forderte. Aber das Stillen klappte super und alles schien perfekt.

Nach drei Wochen merkte ich, dass ich nicht einfach nur müde war, sondern mich total erschöpft, verzweifelt und verausgabt fühlte, unternahm aber nichts.
Eine Woche später war ich ein völliges Wrack, ich hatte Schlafstörungen, Panikattacken, Zwangsgedanken, brach ständig in Tränen aus und hatte das Gefühl, das Leben würde nie wieder schön werden und ich wäre meiner Aufgabe niemals gewachsen.
Ich sprach mit meiner Hebamme, die den Ernst der Lage aber nicht erkannte und meinte, ich müsste mir mal mehr Ruhe gönnen und versuchen, nicht alles zu perfektionistisch zu machen.
Zwei Tage später kam meine Mutter morgens, um mich mit den Kindern zum Kinderarzt zu fahren. Sie sah mich an und entschied dann sofort, dass wir den Kinderarzttermin absagen und einen Arzttermin für mich organisieren, da ich dringend Hilfe brauche. (Hinterher hat sie mir erzählt, mein Ausdruck in den Augen sei so erschreckend gewesen, dass sie nachts noch davon geträumt habe.)
Leider waren sowohl mein Haus- als auch mein Frauenarzt in Urlaub, so dass ich nur zu Vertretungen gehen konnte. Wegen des Stillens bekam ich Globuli, der Frauenarzt warnte mich, bloß nicht zum Psyachiater zu gehen, wenn man erstmal in "diese Mühlen" geraten würde, käme man nie wieder davon los. Als mein Gyn später davon erfuhr, war er total entsetzt!
In meiner Lage habe ich alles geglaubt und hatte auch nur Angst, Antidepressiva nehmen zu müssen oder sogar eingewiesen zu werden.
Die Globuli halfen recht gut, meine Mutter und mein Mann haben dann einen "Plan" aufgestellt, wie sie mich unterstützen können (z.B. nachts Jola versorgt und mir nur zum Stillen gebracht, tagsüber die Kinder übernommen und vor allem dafür gesorgt, dass ich NIE alleine war).
Mit dieser Unterstützung habe ich die Krankheit nach und nach in den Griff bekommen (dachte ich). Zumindest ließen die Panikattacken nach und auch die Zwangsgedanken wurden weniger.
Rückwirkend betrachtet habe ich mich irgendwie mit meinen Symptomen arrangiert und Strategien entworfen, mit ihnen zu leben. Irgendwann merkt man gar nicht mehr, dass man nicht richtig glücklich ist, man weiß gar nicht mehr, dass man sich besser fühlen könnte oder gefühlt hat.
Aber in letzter Zeit habe ich immer häufiger die "alten" Probleme wieder gehabt und nun möchte ich handeln, bevor es wieder so schlimm wird und ich möchte mich endlich wieder richtig gut fühlen.

Wenn ich mir die Fotos mit meiner großen Tochter (als sie so klein war) ansehe, dann sehe ich, wie glücklich ich aussehe und weiß, dass ich mich damals auch so gefühlt habe, voller Energie und Lebensfreude.
Heute ist immer alles lala, es geht mir nicht immer richtig schlecht, aber auch nicht richtig gut, und damit möchte ich mich nicht zufrieden geben!

Ich hoffe, dass ich nun einen besseren Weg gefunden habe und die Krankheit endlich in den Griff bekomme!

So, das war nun ganz schön viel (ich hoffe, nicht zu viel).
Sorry, aber es tut so gut, sich mal alles von der Seele zu schreiben.

Vielen Dank für Deine Unterstützung und Deine Anteilnahme!

Ganz liebe Grüße,
Kira
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Marika
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Beitrag von Marika »

Hallo Kira!

Ich melde mich wieder - deine Geschichte hat mich sehr berührt. Da du ja 2 kleine Mädchen hast, muss das ganze ja noch schlimmer sein. Deine kleinere Maus hat ja bald Geburtstag - herzlichen Glückwunsch euch beiden!!!

Ich bin sehr beeindruckt von dir, wie entschlossen du der Krankheit entgegen trittst. Das ist sicher die beste Voraussetzung um wieder gesund zu werden.

Du hast vom Ausdruck in deine Augen geschrieben, den deine Mama so erschrocken hat. Bei mir war es genau gleich. Auch meine Mama sah es an meinen Augen, dass was nicht stimmte. Genauso sieht sie jetzt - lt. ihrer Aussage, dass ich wieder fast die "Alte" bin.

Es ist toll, wie du von deiner Familie unterstützt wirst. Das ist ganz wichtig und trägt sicher auch zu einer schnellen Genesung bei. Vorallem die Offenheit gegenüber seinen nächsten Angehörigen tut so unendlich gut. Sich nicht verstecken zu müssen und etwas vorspielen ist so enorm wichtig. Diese schöne Erfahrung durfte ich auch machen - alle meine Lieben standen und stehen 100 % hinter mir.

So liebe Kira, jetzt schließe erst mal wieder. Wenn du uns schreibst wie es bei dir so weitergeht, würde ich mich sehr freuen. Vorallem würde mich interessieren, ob bzw. was für Medikamente zu bekommen hast.

Also bis bald und ganz liebe Grüße!

Marika
NadinemitZwillis

Beitrag von NadinemitZwillis »

Liebe Kira,
ich denke auch, dass die PPD nicht ganz ausgeheilt ist bei dir. Und ich kann dich auch beruhigen, dass Medis dagegen wirklich helfen und der homöopathische Weg ebenso nicht falsch ist. Ich nehme nun auch seit 8 Wochen ein Antidepressivum und seit 4 Wochen Globuli und Bachblüten und es geht mir heute erheblich besser als noch vor einigen Wochen, wo ich Angst vor dem Aufstehen hatte, nicht wusste, wie ich den Tag rumbekommen sollte, gar keine richtige Liebe zu meinen Babies empfinden konnte, usw. Zwar fühle ich mich immer noch nicht richtig gesund, denn Schwankungen habe ich immer wieder mal und auch fühle ich mich noch nicht recht sicher im Umgang mit den Zwillingen. Aber wenigstens kann ich mich schon wieder über Dinge freuen, das war vor kurzer Zeit noch unmöglich.
Gehe ruhig zu einem guten Psychiater, er wird dir bestimmt weiterhelfen können.

Liebe Grüße,
Nadine
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