Hallo, hier ist eine Neue!

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

Moderator: Moderatoren

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Nora

Hallo, hier ist eine Neue!

Beitrag von Nora »

Hallo,

nun hab ich mich entschlossen, anstatt immer nur zu lesen, mich hier auch vorzustellen. Ich bin 33 Jahre alt und habe Mitte Mai diesen Jahres mein erstes Kind (Sohn) zur Welt gebracht. Die Schwangerschaft verlief problemlos und ich freute mich auf mein Baby. Die Geburt war leider alles andere als schön - dauerte sehr lange, keinerlei Betreuung während der Wehen (war stundenlang mit meinem Mann alleine in einem Raum, ohne das sich jemand um uns kümmerte) und zu guter letzt mußten sie meinen Sohn dann mit der Glocke holen. Auf Station ging der Horror weiter. Keiner hatte Zeit und wenn ich es gewagt habe, eine Schwester um Rat zu fragen, wurde ich ziemlich unwirsch abgefertigt. Am 1. Tag gingen dann die Depressionen los. Es überkam mich eiskalt am späten Nachmittag als ich allein mit meinem Sohn auf dem Zimmer war. Ich bekam so furchtbare Angst und fühlte mich so allein und hilflos. Panik stieg in mir hoch und ich dachte, ich würde die kommende Nacht nicht überstehen. Die Schwestern meinten, das seien eben die Heultage und da muß ich durch. Da ich es in der Klinik nicht mehr aushielt und die Hoffnung hatte, wenn ich zuhause bin, geht es besser, wurde ich am 2. Tag entlassen. Doch zuhause verstärkten sich die Angst und Panik noch mehr. Ich hatte Schweißausbrüche, Übelkeit, panische Angst vor meinem Kind und bekam schon Zustände, wenn mein Mann nur für 30 Minuten das Haus verließ um einzukaufen. Leider wohnen meine Mutter und meine Schwester 800 km weit weg und mein Mann hat keine Eltern mehr. Wir waren völlig auf uns alleine gestellt. Zum Glück hatte ich eine gute Hebamme, die sehr schnell bemerkte, daß das bei mir sehr ernst war. Sie fand dann für mich eine Ärztin in einer Klinik, die sich speziell um Frauen mit PPD kümmert und behandelt. Bei den ersten Gesprächen war ich völlig aufgelöst. Ich heulte nur noch rum, konnte nicht mehr schlafen, ständig Angst und noch dazu ein riesen schlechtes Gewissen meinem Kind und meinem Mann gegenüber. Ich dachte, was will der mit so einer wie mir und mein Kind hat was besseres verdient als mich. Die restliche Verwandtschaft meines Mannes tuschelte hinter vorgehaltener Hand über mich und traute sich nie, mich direkt anzusprechen oder Hilfe anzubieten.
Ich bekam Zoloft verschrieben und wollte es aber zunächst nicht einnehmen, da ich Vorurteile gegenüber AD hatte. Aber mein Zustand wurde immer schlimmer und ich schaffte es noch nciht einmal mehr, mich zu duschen oder etwas zu essen. Ich konnte gerade noch so mein Kind versorgen - aber ohne Liebe und diese hochgelobten "Muttergefühle" . Ich klammerte mich daran, das mir die Einnahme von Zoloft neben einer Thearpie helfen wird. Jeden Tag hoffte ich, daß die Wirkung einsetzte und nach 3 weiteren grauenvollen Wochen trat langsam Besserung ein. Ich hatte aber immer noch große Angst vor dem Alleinsein und da mein Mann wieder arbeiten mußte, beantragten wir eine eine Haushaltshilfe bei der Krankenkasse für 6 Wochen. Die kam dann auch und es tat gut, nicht mehr den ganzen Tag alleine zu sein - und dennoch hatte ich das Gefühl, das sie meinen Zustand falsch interpretierte. Für sie war ich eine überforderte Frau - ist sie doch selbst alleinerziehend und berufstätig und hat das prima mit ihrem Kind hinbekommen. Zumindest meinte ich das aus ihren Ratssschlägen und Kommentaren herauszuhören. Eine sehr gute Freundin von mir kam spontan angereist und besuchte mich 5 Tage als es ganz schlimm war. Es ging mir zwar dadurch nicht besser, aber heute weiß ich, wie wichtig sie ist und wie sehr ich mich auf sie verlassen kann. Das ist schön. Mein Mann hat in all den schlimmen Wochen stets zu mir gehalten und keine Mühe gescheut, alles zu versuchen, damit es mir besser geht. Aber manchmal merkte ich, wenn es mir mal nciht so gut geht (und das kam ja früher auch vor), daß er sofort Angst hat, das es wieder so wird wie früher. Ich versuche ihn dann zu beruhigen, aber ich hab ja selbst Angst davor, daß es wieder los geht. In der Zwischenzeit geht es mir ganz gut und ich habe vor 3 Wochen wieder angefangen, Teilzeit zu arbeiten. Es tut gut, 3 Tage in der Woche rauszukommen und es lenkt mich ab von düsteren Gedanken. Dennoch habe ich immer Angst, das wieder so ein Einbruch kommt und nichts und niemand mich trösten kann - denn so fühlte ich mich in der schlimmen Zeit. Ich hab also Angst vor der Angst. Ich besuche eine moderierte Selbsthilfegruppe, in der andere Frauen mit PPD sind. Mittlerweile kann ich sagen, daß ich meinen Sohn richtig lieb habe - ein Gefühl, das lange Zeit nicht da war und ich meinen Sohn am Anfang am liebsten weggegeben hätte. Ich habe deswegen Schuldgefühle und fühle mich als Versager, weil ich es nicht geschafft habe, mein Kind von Anfang an zu lieben und anzunehmen.

Ich bin sehr froh, daß es dieses Forum gibt und ich nicht alleine bin mit meinen Gedanken. Zu wissen, daß es Frauen gibt, die ähnliches durchmachen gibt mir auch den Mut, meine Gefühle offen auszusprechen -denn da ist ja jemand, der genau weiß, wovon ich rede!

Euch allen alles Gute, jederzeit und immer wieder!

Nora
sonrisa

Re: Hallo, hier ist eine Neue!

Beitrag von sonrisa »

Hi Nora,

willkommen!! Danke f Deine Geschichte... Bist ja schon ein Stück Weg gegangen seit Mai... Viele Sachen, die Du schreibst, kommen mir bekannt vor!

Nur eine Anmerkung:
Nora hat geschrieben: Ich habe deswegen Schuldgefühle und fühle mich als Versager, weil ich es nicht geschafft habe, mein Kind von Anfang an zu lieben und anzunehmen.
Seh ich nicht so... Du musstest Dir etwas über einige Zeit erkämpfen, das andere "einfach so" geschenkt bekamen. Ist es deswegen weniger wert?

Alles Liebe, S.
Petra

Beitrag von Petra »

Hallo liebe Nora,

schön dass du den Weg ins Forum gefunden hast! Deine Geschichte ist sehr traurig und ich konnte mich auch in einigen Gefühlen von dir wiederfinden! Ich freu mich dass es dir jetzt besser geht und auf einen Erfahrungsaustausch mit dir!

Lieben Gruß

Petra
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Marika
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Beitrag von Marika »

Hallo Nora!

Ich freue mich auch, dich kennen zu lernen. Deine Geschichte ähnelt in vielen Dingen meiner. Dieses Forum ist wirklich eine sehr große Hilfe auf dem Weg ins "Licht". Aber auf dem befinden wir uns....

Liebe Nora, ich freue mich, bald mal wieder was von dir zu hören oder auch zu "chatten"

Liebe Grüße
Marika
kathrin66

liebe nora!

Beitrag von kathrin66 »

ich dachte zuerst,ich hätte unter falschem namen geschrieben*g*
sei willkommen im forum!
zuerst einmal, hut ab, dafür dass du es schon wieder schafftst, arbeiten zu gehen.
wenn du mal hier durchblätterst, siehst du, auch ich hatte eine sch.. geburt mit saugglocke, blödes personal und entließ mich nach 48 std.
nur ging es zuhause erst mal. aber dann kam es mit voller wucht.
ich finde es gut, dass du dir beizeiten hilfe geholt hast.
wir werden uns ja jetzt näher kennenlernen, wenn du dich hin und wieder meldest.
sei gegrüßt
kathrin
Nora

DANKE

Beitrag von Nora »

Hallo Ihr Lieben,

zunächst ganz herzlichen Dank für Eure aufmunternden Worte und Eure Anteilnahme. Hab mich sehr gefreut. Und wie es das Leben so will, geht es mir heute nicht so gut. Ich dachte ja, ich sei über den Berg, aber heute nacht habe ich wieder schlecht geschlafen und bin seit 4:30 h wach und grüble. Habe wieder Schweißausbrüche, Schwindel und bin angespannt. Weiß aber nicht genau, warum. Nun versuche ich die ganze Zeit schon herauszufinden, warum da wieder dieses komische Gefühl ist - eine Mischung aus Angst und Wut. Vielleicht liegt es daran, daß mein Sohn seit ein paar Tagen sehr unruhig ist und viel schreit. Er bekommt Zähne und ich zermartere mir wieder den Kopf, was ich tun kann, damit es ihm besser geht und er ruhiger wird - die üblichen Hilfen wie Zahnungsgel und Beißring habe ich schon durch. Mein Mann meinte gestern zu mir, daß immer, wenn unser Kleiner ungehalten ist, ich sofort nervös werde. Hmmm, ich glaube, da hat er recht. Es fällt mir doch schwer, mit Situationen umzugehen, die ich nicht steuern kann. Und das ist bei einem Kind nun mal so... ich kann nicht voraussehen, was kommt und das macht mich unsicher und nervös. Ich glaube, ich habe mein halbes Leben damit verbracht, sämtliche Was wäre wenn´s zu durchleuchten und für alles einen Plan parat zu haben. Das gab mir Sicherheit und ich wußte was zu tun ist. Aber nun funktioniert das nicht mehr und es ist schwer für mich, das zu akzeptieren.
Ja, das bewegt mich im Moment und es ist schön, wenn man das aussprechen kann. Danke, das Ihr da seid!!

Nora
Micha

An Nora

Beitrag von Micha »

Liebe Nora,

das Aufwachen, immer so um 4 Uhr rum, nicht mehr einschlafen können, grübeln, Schweissausbrüche, Angst und Panik - so war es bei mir auch und das sind typisches Zeichen der Depression.

Ich dachte oft nun geht es bergauf aber bei jeder Kleinigkeit rutschte ich wieder den Berg hinunter. Leider wird es noch oft dies Einbrüche geben aber sie werden immer seltener und schwächer und irgendwann sind sie ganz weg.

Wieviel nimmst du denn vom Zoloft? Wenn es etwas hilft ist das ja schon ein gutes Zeichen. Vielleicht kann der Arzt die Dosis noch etwas erhöhen.

Fühle dich hier wie zu Hause und schreibe wie es bei dir weitergeht.

Alles Liebe, Micha
kathrin66

liebe nora!

Beitrag von kathrin66 »

du wirst es lernen, dass das leben mit einem kind absolut nicht planbar ist.
sicher man macht pläne, aber man sollte nicht so fest daran klammern,denn
1. kommt es anders und 2. als man denkt.
wenn du es schaffst, alles etwas lockerer zu sehen, fällst du nicht mehr ganz so tief.
wenn die letzten tage mit deinem süßen anstrengend war, ist fast normal, dass deine gemütslage noch etwas schwankt.
sollte es dir nicht bald besser gehen, schließe ich mich der micha an und ich würde mit dem doc über eine dosis erhöhung nachdenken.

und so blöd wie es klingt, versuche etwas entspannung zu finden. vielleicht hilft es ja, wenn du dein baby mal an einem brötchen knabbern lässt. das ist was neues und das zahnfleisch wird auch noch massiert.

kopf hoch, auch diese schwankung geht vorbei.
ich drück dich und schicke dir alle kraft
kathrin
sonrisa

Schreien

Beitrag von sonrisa »

Meine hatte auch so Schreitage mit den Zähnen. Mir hat das sehr geholfen, dass ich ihr ruhig erklärt habe, dass ich ihr helfen möchte, aber dass ich schon alles durch habe u mir nichts mehr einfällt, dass alle Babys Zähne kriegen und dass es allen Babys wehtut. Und dass sie eine Anfängermutter erwischt hat, die nicht genau weiß, was man noch machen könnte, aber die sich Mühe gibt. Dann war immer ruhiger - und Norah oft auch!

LG S.
Petra

Beitrag von Petra »

Hallo!

Mein Süßer Kleiner zahnt auch gerade! Was ich jetzt entdeckt habe und was bei Nici wirklich auch hilft sind 1. Osanit Kügelchen und 2. Viburcol Zäpfchen! Alles rein pflanzlich und sehr beruhigend! Ich trage ihn auch viel im Tragetuch, da ist er abgelenkt und schläft auch gut darin ein!

LG Petra
nadin

Beitrag von nadin »

Liebe Nora,
meine Name ist nadin und auch ich litt unter ppD.Ich habe zwei Kinder ( Hannah 4Jahre und Cajus 1Jahr).Bei meiner tochter blieb die ppD unerkannt und ich quälte mich ein Jahr allein.bei meinem Sohn trat die ppd wieder auf , aber diesmal weitaus schlimmer( Suizidgedanken.....).Ich hatte das Glück in eine Mutter Kind Einrichtung zu kommen und dort geheilt zu werden.Das alles ist nun schon ein Jahr her und ich bin geheilt,nehme aber prophylaktisch noch bis jahresende Tabletten und gehe regelmäßig zur Nachsorge. Auch ich habe gemerkt das meine Ängste sehr viel mit kontrollverlust zu tun hat ,der sich nun mal einstellt, denn kinder sind nun mal "unberechenbar".Man muß lernen Loszulassen, mir hilft da sehr gut Autogenes Training.Rede dir keine schuldgefühle ein,du liebst dein Kind und das ist das wichtigste.das andere war die Krankheit , die dich daran hinderte die Gefühle zu deinem Kind zu entwickeln.
So noch ein tipp von mir in Bezug auf das Zahnen, bei meinen Kinder funktioniert es auch gut mit den Osanit kügelchen,es gibt aber auch in der Apotheke Veilchenwurzel,darauf können die kinder am tag rumkauen und das ist auch schmerzstillend oder einfach Salbei- und Kamillentee Mischung aufkochen und mit wattestäbchen mehrmals täglich auf Zahnfleisch auftragen oder auf Läpchen geebn,abkühlen lassen und dasKind lutschen ,darauf rumkauen lassen.So ich hoffe ich konnte ein bißchen helfen. Liebe Grüße Nadin
Nora

Es geht mir besser

Beitrag von Nora »

Hallo an Euch alle,

kann mich erst heute melden und ganz herzlich bedanken für Eure Tipps. Habe die Kügelchen jetzt auch angewendet und es scheint ihm zu helfen. Leider hat er noch eine Erkältung dazubekommen und schläft ganz schlecht. Aber ich fühle mich trotzdem besser, weil ich das Gefühl habe, daß ich ihm jetzt auch helfen kann.
Ja, Ihr habt schon recht - Einbrüche kommen halt immer mal wieder. Aber ich gebe die Hoffnung nicht auf, daß es irgendwann vorbeigeht.

Ich nehm Euch jetzt alle mal in Gedanken in den Arm!

Nora
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