PPD verhindern durch gepl. Kaiserschnitt möglich?

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

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Tizia

PPD verhindern durch gepl. Kaiserschnitt möglich?

Beitrag von Tizia »

Hallo liebe Leidensgenossinnen,

ich bin leider erst vor ein paar Tagen auf diese wirklich hilfreiche Internetseite gestoßen. Hätte ich diese Seite nur schon viel früher gefunden, es wäre mir viel erspart geblieben. Aber nun erst mal zu dem was mich zu Euch führt:

Ich erwarte in ein paar Wochen mein zweites Kind. Ich habe bereits einen vierjährigen Sohn, den ich, nach einer für mich vollkommen traumatisierenden Geburt, bekommen habe. Ich möchte Euch jetzt nicht das ganze Geburterlebnis schildern, das würde den Rahmen hier sprengen. Außerdem ist eine Geburt ja ein individuelles Erlebnis, das von jedem anders empfunden wird. Für mich war es jedenfalls einer der schlimmsten Momente in meinem Leben. Es war nicht mal so sehr der reine Geburtsschmerz der für mich so schrecklich war, sondern die Hoffnungslosigkeit und Leere, die in den vielen Stunden der Geburt in mir aufstiegen. Ich ging voller Motivation und Freude auf mein Kind in die Geburt. Unter der Geburt (die leider sehr lange gedauert hat und per Saugglocke beendet wurde) gingen in mir alle Emotionen und mein ganzes Selbstvertrauen verloren und es machte sich eine Leere in mir breit, die ich so vorher noch nie empfunden habe. Als mein Kind endlich draußen war, kam ich mir nur noch vor, wie eine Hülle. Kaputt und unfähig irgendwas zu fühlen. Keine Mutterliebe, keine Freude, einfach nichts. Dieser Zustand hielt in der Form bei mir mehrere Monate an, und ich wußte damals noch nicht, dass es sich um PPD handelte. Ich dachte, dass das eben normal sei. Es erwartet ja auch jeder, dass man mit einem gesunden Baby eigentlich nur glücklich sein kann. Ich hatte aber die üblichen Symptome, die mit einer PPD einhergehen. Daraus entwickelte sich ein depressiver Dauerzustand (auch mit vielen Selbstmordgedanken), den ich nach über zwei Jahren nicht mehr ausgehalten habe und ich dann endlich zu einer Psychiaterin gegangen bin. Ich habe dann für ein Jahr Medikamente genommen (Serotonin-Wiederaufnahmehemmer) und bin nun seit einem weiteren Jahr in einer Gesprächstherapie, die mir sehr hilft.

Ich dachte, dass ich nun bereit für ein zweites Kind sei. Nun bin ich, wie gesagt, wieder schwanger, und die Geburt liegt nun in einigen Wochen wieder vor mir. Alle schlechten Erinnerungen sind wieder da und natürlich die Angst, schon wieder traumatisiert zu werden und wieder durch die Hölle einer PPD zu gehen. Natürlich ist diese Befürchtung Dauerthema von mir bei meiner Frauenärztin sowie in meiner Psychotherapeutie. Meine Frauenärztin (die eigentlich gegen Kaiserschnitte ist) rät in meinem Fall zu einem gepl. Kaiserschnitt um ein Trauma zu umgehen, da sie der Ansicht ist, dass Frauen, die sich bewußt für einen KS entscheiden, eher nicht darunter leiden evtl. „versagt“ zu haben. Dieser Ansicht ist meine Therapeutin im Grunde genommen auch, allerdings meinte sie, ich solle mir überlegen, dass man ein schlechtes Geburtserlebnis durch ein schönes quasi auch „ersetzen“ kann. Doch wer kann mir garantieren, dass es ein „schönes Erlebnis“ wird, bzw. ich durch meine Angst nicht total blockiert bin, und das ganze wieder danebengeht? Niemand. Die Psyche spielt ja auch eine wesentliche Rolle bei der Geburt. Und Angst erzeugt Verkrampfung, die Folgen brauche ich ja nicht weiter erklären. Ich war jetzt schon mal im Krankenhaus, um meinen Fall zu besprechen. Das Gespräch war total gut und verständnisvoll von Hebamme und Arzt. Sie haben die Indikation für einen gepl. KS auch ganz klar gesehen, raten mir aber, es natürlich trotzdem erstmal „normal“ zu probieren (schon wegen dem möglichen positiven Erlebnis, das mir ja auch helfen könnte). Sie lassen mir dennoch alle Möglichkeiten, mich kurzfristig umzuentscheiden (egal in welche Richtung). Das ist ja schon mal sehr gut für mich.

Nur fällt mir die Entscheidung allerdings doch sehr schwer, und ich habe Angst, dass mich das in ein neues Dilemma führt. Momentan bin ich mehr auf KS eingestellt. Könnte mich ein KS vor einer erneuten PPD schützen? Gehöre ich zu den Frauen, die vielleicht ein „natürliches Geburtserlebnis“ gar nicht brauchen? Der Gedanke, dass die Geburt nach Plan läuft, d.h. dass ich weiß, was auf mich zukommt, sagt mir, ehrlich gesagt, eher zu. Bekomme ich danach mein Kind in den Arm und kann unbelastet „neu anfangen“? Kann das wirklich so sein? Es kommt mir zu einfach vor. Will ich kneifen? Gibt es hier vielleicht andere, die ähnliches erlebt haben und mir mit Rat zur Seite stehen können?

Ach ja, ich will natürlich niemandem, der einen traumatischen Kaiserschnitt erlebt hat, mit meinem Beitrag Salz in die Wunden streuen. Sollte ich jemanden mit irgendeiner Äußerung in meinem Beitrag verletzt haben, täte es mir sehr leid, das lag nicht in meinem Sinne.

Jetzt ist der Beitrag doch noch so lang geworden. Tut mir leid, es ging einfach nicht kürzer.

Liebe Grüße und schon mal recht herzlichen Dank für Rat und Hilfe von Euch,

Tizia

PS: Die Liste über die Selbsthilfegruppen funktioniert leider nicht. Gibt es denn auch eine Gruppe im Raum KA?
sonrisa

Re: PPD verhindern durch gepl. Kaiserschnitt möglich?

Beitrag von sonrisa »

Hallo,

es ist eine sehr individuelle Entscheidung, die Dir keiner abnehmen kann... DU musst fühlen, was für Dich und das Kind das Beste ist!!

Lt. Studie ("Zeitwissen") ist die Wahrscheinlichkeit, eine PPD zu entwickeln für NotKS-Mütter GRÖSSER als für spontan Gebrände, NICHT aber für Wunschkaiserschnitte.

Ob Du Dir den KS wünscht, kannst DU Dir nur selber beantworten...

Das Geplante etc. gibt halt schon Sicherheit, klar - nur Garantie auf keine PPD ist das nicht - es ist nur UNWAHRSCHEINLICHER...

Therapeutin: Auf keinen Fall würde ich an den KS mit der Einstellung herangehen, dass es ein "nur schönes" Erlebnis wird. Es wird - wie auch eine SG (Schmerzen + Eurphorie) auch ein gemischtes (bewusstes, schmerzfreies Empfangen des Kindes + Schmerzen hinterher) sein.
Und ersetzen kann mans owieso nix! Die 1. GEburt war eben so, die 2. wird ganz anders - ein Erlebnis für sich, das mit dem 1. GAR NIX zu tun hat!!

>erstmal „normal“ zu probieren (schon wegen dem möglichen positiven Erlebnis, das mir ja auch helfen könnte).

Ja genau, KÖNNTE. Wenn Du mit diesem KÖNNTE leben kannst, dann probiers! Nur wenn Du das Gefühl hast, Du hechtest einem Luftschloss, einer erzwungenen Wiedergutmachung fürs letzte Mal hinterher, dann lass es - da is die Enttäuschung vorprogrammiert...

Und ein NKS nach begonnener SG führt IMMER zu schweren Schuldgefühlen und Versagensgefühlen (kann die Empfehlung nicht ganz nachvollziehen...).

>Gehöre ich zu den Frauen, die vielleicht ein „natürliches Geburtserlebnis“ gar nicht brauchen?

Wenn Du Dir eine soche Frage stellst, nehm ich mal fast an: ja. ;-)

> Bekomme ich danach mein Kind in den Arm und kann unbelastet „neu anfangen“? Kann das wirklich so sein?

>Es kommt mir zu einfach vor.

Wieso??? Darfst Du nciht glücklich sein? (Ha, das fragt mich meine Therapeutin öfters... ich red schon wie sie... *lach*)

>Will ich kneifen?

Nö, Du bist ein lernfähiger Mensch. Letztes Mal hattest Du Strategie: Spontangeburt - und bist auf den Hintern gefallen. Diesmal machst Du eine GANZ ANDERE Strategie! Wo is da das kneifen?? Das heißt lernen... Oder nennst das auch kneifen, wenn Du Dich beim letzten Griff auf die Herdplatte verbrannt hast, u jetzt net mehr drauf fassen willst???

Ach ja zu mir: Ich hatte einen üblen Spontangeburtsversuch, der mit einem ECHT üblen Notkaisreschnitt beendet wurde (ich -> Intensivstation). Im Nachhinein wurde eine Beckenanomalie festgestellt - aber auch wenn ich die NICHT hätte, gäbs für mich nur noch KS.

Vor den Schmerzen nachher musst Du Dich nicht fürchten. Ich bin am 4. Tag nachher ausm KH heim. OHNE Problem!!

LG
Ava

Beitrag von Ava »

Hallo Tina,

leider muß ich Dir sagen, dass ein geplanter Kaiserschnitt keine Garantie ist, dass Du nicht wieder PPD bekommst. Wenn die Geburt der alleinige Grund war, dann kannst Du Glück haben, und das wünsche ich Dir von Herzen!
Ich hatte das erste Mal eine schreckliche Zangengeburt mit Vollnarkose, und dann PPD. Nach der zweiten Entbindung, die ganz normal und gut verlief, bekam ich wieder PPD - und mußte feststellen, dass die erste Entbindung - mit der Zange - nicht der alleinige Grund bei mir war, was ich bis dahin auch fest geglaubt hatte!!!

Trotzdem wünsche ich Dir viel Glück, denn jede Geschichte ist ander!

Gruß

Ava
Nora

Beitrag von Nora »

Hallo Tizia,

wenn ich Deinen Zeilen über die Geburt so lese, könnte ich glauben Du warst bei meiner Entbindung dabei! Es war für mich auch das furchtbarste Erlebnis, stundenlang + zum Schluß die Glocke. Ich kann also Deine Angst sehr gut verstehen, daß es bei der nächsten auch so laufen könnte. Ich persönlich würde beim nächsten Kind einen KS vornehmen lassen. Das ist aber meine ganz persönliche Einstellung.
Die Entschiedung, ob KS oder nicht, mußt Du wirklich allein aus Deinem Gefühl treffen. Ich könnte mir vorstellen, daß es eine gute Alternative für Dich ist. Denn dann kannst Du Dir so ungefähr vorstellen was abläuft und wirst nicht von unvorgesehen Dingen überrollt. Allerdings gibt es keine Garantie, daß die PPD nach einem KS nicht ausbricht. Ist die Geburt denn allein der Auslöser der PPD gewesen?
Du hast die Möglichkeit, direkt nach der Geburt mit einem Medikament anzufangen, um das Risiko einer erneut auftretenden PPD von vorneherein zu mindern. Stöber mal hier in den Foren. Irgendwo gibt es auch den Bericht einer Mutti, die kurz nach der Geburt des 2. Kindes gleich mit einem Medikament angefangen hat und dadurch kein erneutes Auftreten der PPD stattfand.

Ich wünsche Dir alles, alles Gute und die RICHTIGE Entscheidung für Dich!

Nora
Emma

KS + Medis

Beitrag von Emma »

Liebe Tizia,

ich kann meinen Vor-Schreiberinnen nur beipflichten, dass Du Dir darüber im Klaren sein mußt, was Du willst. Meine Entscheidung an Deiner Stelle wäre: Geplanter Kaiserschnitt mit anschließenden Medikamenten, die es gibt für gerade entbundene Mütter. Ich weiß zare nicht, welche das sind, aber ich werde mal in einem Buch nachschauen, dass ich habe und Dir dann noch mal schreiben. Wenn Du danach wegen der Medis nicht stillen kannst, mach Dir deshalb keine Vorwürfe - ich hatte auch eine traumatische Geburt, bei der ich einen Beckenbruch erlitten habe und danach nicht stillen konnte. Es hat mir zuerst sehr weh getan, dass ich meine Tochter nicht stillen konnte, aber es war trotzdem ok und sie ist wunderbar gewachsen und gesund trotz Flasche. Sie hatte zwar auch gesundheitliche Probleme nach der schweren Geburt, weil sie eine Wirbelblockade deshalb hatte, die keiner erkannt hat (erst nach 1,5 Jahren), aber das hatte nicht mit der Flasche zu tun.
Wenn es Dir besser geht bei dem Gedanken, dass alles geplant abläuft, dann wird die Entscheidung die richtige sein. Ich würde heute gerne die Zeit zurückdrehen und mich für einen geplanten KS entscheiden, denn ein 2. Kind kann ich wegen dem Beckenbruch nicht bekommen.

Liebe Grüße

emma
Anke
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Beitrag von Anke »

Hallo Tizia,

wie einige Frauen, die Dir bereits geantwortet haben, möchte ich auch nochmal zu bedenken geben, dass ein geplanter Kaiserschnitt keine Garantie für eine Zeit ohne PPD ist.

Bei mir hieß es erst geplanter Kaiserschnitt, da das Kind falschherum lag. Dann drehte es sich doch und ich dachte, ich könnte eine "normale" Geburt haben. Ich bekam keine Wehen, nicht mal die Wehenmittel schlugen an. Also blieb nur (doch) noch ein Kaiserschnitt, den ich in Vollnarkose hatte.

Zwei Freundinnen von mir bekamen ihre Kinder mit Saugglocke und hatten das Glück, nicht zu erkranken.

Gut finde ich die Einstellung des Arztes/Hebammen, es in Deinem Fall "normal" zu probieren und wenns dann nicht geht, dann eben per Kaiserschnitt. Heutzutage wird eher zu schnell ein Kaiserschnitt gemacht, weil viele Frauen denken, es ist hinterher nicht so schlimm. Ich habe mich mal bei Bekannten erkundigt, die beides hatten: normale Geburt UND Kaiserschnitt. Beide konnten nicht sagen, dass das eine oder das andere besser gewesen wäre!

Wenn ein Kaiserschnitt (medizinisch gesehen) für nötig erachtet wird, dann muß/sollte er natürlich gemacht werden.

Wichtiger als der Verlauf der Geburt ist die Tatsache, noch in der Schwangerschaft bzw. in der Zeit nach der Geburt "vorzubeugen", evtl. keine PPD zubekommen. Z. B. Ruhe im Krankenhaus und in der ersten Zeit zu Hause, sich im Haushalt helfen zu lassen, Adressen von Fachärzten parat zu haben... und sich Gedanken machen, welche Gründe es vielleicht waren, warum man beim ersten Mal krank wurde.
Viele Grüße von Anke

"Die Zeit heilt alle Wunden..."
Emma

Medis nach der Geburt

Beitrag von Emma »

Liebe Tizia,

habe noch einmal nachgelesen, was in meinem Buch zu Deinem Problem steht:

Wenn Du Dir nicht vorstellen kannst, ab zu stillen, dann gibt es für die Stillzeit Setralin oder Paroxitin (SSRI-Gruppe), kleine Mengen des Wirkstoffes gelangen zwar in die Muttermilch, beim Kind ist davon aber nur wenig oder kaum etwas nachweisbar. Alternativ werden noch die beiden Wirkstoffe Fluoxitin und Citalopram genannt. (Fluoxitin nehme ich selbst und fühle mich zum ersten mal wieder besser). Bei den Trizyklischen Antidepressiva werden Imipramin und Nortriptylin genannt. Die Tizyklischen haben zwar meistens mehr Nebenwirkungen, sind aber oft sehr hilfreich. Wenn Du stillst und Antidepressiva nimmst, sollten auf jeden Fall Angehörige, Psychater und Kinderarzt zusammenarbeiten. Übrigens ist auch bei Johanniskraut und planzlichen Präparaten das Nutzen-Risiko-Verhältnis abzuwägen.

Ich hoffe, ich konnte Dir etwas helfen und grüße Dich ganz lieb

emma
Petra W

Beitrag von Petra W »

Liebe Tizia,

die Entscheidung, ob normale Geburt oder KS kann Dir keiner abnehmen, aber auch ich muss leider sagen, dass ein geplanter KS eine Garantie dafür ist, dass Du keine PPD bekommst.

Mir wurde die Entscheidung abgenommen (meine Tochter lag zwar in Beckenendlage, aber die Ärztin meinte, auch wenn sie sich drehen würde, würden sie einen KS machen, da ich ja so und so Angst vor der Geburt hätte....... und ich saß da und nickte nur.....). Die ersten drei Tage nach dem KS ging es mir eigentlich super, hatte auch mit der Naht keine Probleme und eigentlich auch nicht so arge Schmerzen, allerdings ist mir dann klar geworden, dass das eigentlich eine massive Operation war und das hat mich dann doch auch irgendwie aus der Bahn geworfen.

Ich denke, dass es wichtig ist, welche Einstellung du selbst zu einer normalen Geburt oder KS hast. Da ich nur ein Kind habe, fehlt es mir das normale Geburtserlebnis schon, vor allem dann, wenn sich andere über ihre Geburt unterhalten.

Zu den Medikamenten: Wenn das Kind gesund zur Welt kommt, ist es kein Problem mit bestimmten Medikamenten zu stillen. Du kannst dich da genauer im Toxikologischen Institut genauer erkundigen. Ich hab momentan leider nicht die Internetadresse bei der Hand, werde sie dir aber noch zukommen lassen.

Liebe Grüße
Petra W
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