vorgespräch in wiesloch

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kullerfrau

vorgespräch in wiesloch

Beitrag von kullerfrau »

Hallo ihr Lieben,

Ich war heute zum Vorgespräch in wiesloch und wollte euch davon berichten:
Wir waren zuerst kurz auf Station, von der ich wirklich schockiert war. Sie ist sehr alt und dementsprechend sieht es ein bisschen aus wie man sich die frühen nervenkliniken vorstellt... der Gang war sehr eng, düster...also nicht gerade antidepressiv...da von den Mitarbeitern keiner da war,mussten wir erstmal telefonieren, die Dame am Telefon war ziemlich unfreundlich.ebenso der Herr an der Aufnahmestelle, bei der ich mich anmelden musste. Das Gespräch selbst führte die oberärztin. Sie war sehr nett, meinte allerdings, nachdem wir ein bisschen gesprochen hatten,dass bei mir keine Indikation für einen Aufenthalt bei ihnen gegeben sei. Falls ich mich dennoch dafür entscheiden würde, wwürde sie als erstes eine medikamentöse Umstellung vornehmen, was auch ambulant ginge, sowie eventuell eine ekt.als ich dazu zuerst vor lauter schreck vehement verneinte, hat sie es gleich akzeptiert. Sie erschien mir sehr kompetent.
allerdings muss ich sagen, dass ich auch bei einer Indikation nicht dorthin gegangen wwäre, da mich diese furchtbare Station und auch das riesige Gelände mit sehr vielen Kranken echt abgeschreckt hat.auch der wochenplan, den ich zur Info mitbekommen habe, unterstützt meine Entscheidung, da es meiner Ansicht nach sehr wenig Therapie und überhaupt Programm gibt.
also zusammenfassend hätten wir uns die vier Stunden Fahrt sparen können :(
Franzi
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Re: vorgespräch in wiesloch

Beitrag von Franzi »

Hallo, ich habe den Thread gerade beim durchstöbern gefunden und wollte meine Erfahrungen zu Wiesloch teilen.

Ich habe mir zuerst Heidelberg angeschaut und war ein paar Wochen danach in Wiesloch. Ich habe eher gegenteilige Erfahrungen gemacht. Ich fand Heidelberg schrecklich, weil es so ein dunkler Klinikflur war. Das Gespräch dort war super, Zimmer konnten nicht besichtigt werden.

In Wiesloch fand ich gerade das weitläufige Gelände so toll. Konnte mir viel besser vorstellen, dass mein kleines Mädchen hier mehrere Wochen verbringen soll. Die Anmeldung im Hauptgebäude war aus meiner Sicht einfühlsam. Die Station 43 ist ein kleineres Gebäude, in dem ca 6 Mütter mit Kind und um die 10 weitere psychisch kranke junge Erwachsene sind. Ich fand das Gebäude überhaupt nicht dunkel. Klar, es bleibt eine Klinik, aber sie geben sich Mühe. Das Gespräch mit dem Oberarzt war okay, aber ich glaube, ich kann mit Männern einfach nicht so gut. Der Pfleger hat mir dann noch ein Zimmer und die Station gezeigt. Ich fand es viel angenehmer als das was ich in Heidelberg gesehen habe. Die Zimmer sind groß, mit Doppelbetten und Kinderbett, eigenem Bad ausgestattet. Partner dürfen jederzeit für ca 30 € pro Nacht dort übernachten.
Der Wochenplan kommt einem auf den ersten Blick tatsächlich bissle leer vor, wenn man ihn aber genauer anschaut, hat man gar nicht sooo viel Luft zwischen den Stunden. Ja Gesprächs-Einzeltherapie findet nur einmal die Woche statt (so auch in Heidelberg), die anderen Stunden sind Gruppentherapie, Ergotherapie, Körpertherapie etc. Mal mit, mal ohne Kind. Das war in Heidelberg ein ähnlicher Plan. Dort habe ich allerdings mehr nachgefragt, was die einzelnen Einheiten konkret bedeuten, aber ich hatte den Eindruck, dass sie sich nicht sehr unterscheiden.

Der Oberarzt meinte, dass ich alle Kriterien (wie auch immer diese aussehen) für eine Aufnahme erfülle und ich gute Chancen auf einen Platz in 8-10 Wochen habe.

Mein Gesamteindruck war ein sehr guter und ich warte nun auf den erlösenden Anruf, dass es losgehen kann.
Franzi
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Re: vorgespräch in wiesloch

Beitrag von Franzi »

Update: Damals beim Vorgespräch hat man mir berichtet, dass die Chancen gut stehen, dass ich im September noch aufgenommen werden kann. Man könne mir nix versprechen, aber es würde nicht bis November dauern.
Da wir uns Anfang September telefonisch dauernd verpasst haben (ich wollte nachfragen, ob es schon eine Tendenz gibt), habe ich eine Mail geschrieben und zügig eine Antwort erhalten. Ich wäre die nächste Patientin auf der Liste, sobald jemand entlassen wird, rücke ich nach. Genaues Datum noch unbekannt, aber ich solle mich mal auf Mitte letzte Septemberwoche einstellen.
Am Mittwoch oder Donnerstag kam dann die Mail, dass sie nochmals um einen Tag verschieben müssen, es aber Donnerstag sicher losgeht. (Empfand ich als positiv, dass die Frau vor mir nicht „rausgeschmissen“ wird, sondern warum auch immer nochmals verschoben wurde.)
Ich habe eine Liste bekommen, was ich für meine Tochter mitbringen soll und Infos über die Station zu Mahlzeiten, Erprobungen, Therapiezeiten, Besuch, Organisatorisches, Übernachtungsmodalitäten von Angehörigen etc.

Alles in allem fand ich das ganze Prozedere als angenehm und nicht als zusätzliche Belastung. Ich habe zwar viele Ängste, bin gleichzeitig aber froh, dass es endlich losgeht.
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Marika
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Re: vorgespräch in wiesloch

Beitrag von Marika »

Das freut mich sehr.... endlich geht es los. Ich drück dir die Daumen, dass du dich dort wohl fühlst, aber deine Schilderungen hinterlassen einen positiven Eindruck. Ich freue mich dann über deine Berichte! ❤️
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
Franzi
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Re: vorgespräch in wiesloch

Beitrag von Franzi »

Hallo, nach 8 Wochen Klinik bin ich nun wieder zu Hause. Der Einstieg ins richtige Leben fällt mir total schwer, aber den Klinikaufenthalt würde ich jederzeit wieder machen und bereue eher, dass ich mich nicht schon früher getraut habe. Aber nun zu den Fakten:
Es waren 5 Elternteile mit Kind zwischen 3 Monaten und 2 Jahren plus ca 15 weitere Patienten. Ich hatte den Eindruck, dass viele Patienten nach der Geschlossenen (also Suizidgefährdete) zu uns auf Station kamen. Sie wurden bei uns weiterbehandelt und je nach Diagnose in andere Einrichtungen/ auf andere Stationen verteilt. Das ist aber kein Wissen, sondern lediglich mein Eindruck gewesen.

Auf der Station sind 3 männliche und ca 10 weibliche Pflegekräfte im Schichtdienst. Eine davon Kinderkrankenschwester. Zusätzlich ist für mehrere Stunden die Woche eine Erzieherin da und Azubis/ Praktikanten/ BuFDies/ FSJler. Dann gibt es noch einen Stationsarzt, zwei Psychologinnen und den Oberarzt. Insgesamt ist das Team total einfühlsam, auch wenn einem manchmal der Ton etwas von oben herab vorkommt, ist das nie böse gemeint und man kann solche Empfindungen gut ansprechen und lösen, wenn man das möchte. Sie sind aus meiner Sicht immer bemüht gewesen das bestmöglichste für jeden rauszuholen. Ich persönlich mochte eine Therapeutin lieber als die andere, hatte aber eig nur mit meiner Lieblingstherapeutin Kontakt.

Die Eltern frühstücken mit den Kindern und 1-2 Pflegekräften in einem separaten Raum. Mittag- und Abendessen gibt es unten im großen Gemeinschaftsbereich. Kinder bekommen kein Essen gestellt. Dafür sind die Eltern verantwortlich. Ich habe mir meine Portionen mit meinem Kind geteilt. Man bestellt sein Essen am Terminal selber und ich habe immer Suppe, Hauptspeise, Nachspeise bestellt und damit wurden wir beide satt.

Die Therapien teilen sich auf in 3x 1 Std Ergo, 1 x 30 min Beckenbodentraining, 1 x 1 Std Bewegungstherapie, 2x 1 Stunde Elterngespräch (eine Art Gruppen-Gesprächstherapie), 1 x 1 Stunde Einzelgespräch und freiwillig ein achtsamer Spaziergang und eine Walkinggruppe pro Woche. Hört sich erst mal nicht viel an, reicht aber meistens. Zusätzlich wird 2 x 2 Std eine Auszeit angeboten, in der die Kinder bei der Erzieherin sind. Bei den 3 Stunden Gesprächstherapien sind die Kinder entweder bei der Erzieherin oder beim Pflegepersonal. Das funktioniert super und war wirklich eine Erleichterung. Wenn man mal ne schwere Phase hat, kann man das Kind auch oft in der Pflege mal abgeben und runterkommen.

Ergo bedeutet „Basteln“ in Begleitung der Kinder. Die Übung ist, etwas konzentriert zu machen und trotzdem ein Auge aufs Kind zu haben (die spielen in einer Ecke, basteln mit oder malen selbst; je nach Alter). Reagieren und „Ignorieren“, wenn nötig. Ich habe in den 8 Wochen eine deutliche Besserung meiner Anspannung gespürt. 1 der 3 Stunden Ergo ist immer ein „mit Kind“ machen. Mal gemeinsam basteln, mal ein Bewegungsparcour, mal gemeinsam backen etc. Mir hat bei der Ergo das gezielte/ angeleitete Reflektieren gefehlt. Ich denke, das hätte mir gut getan, weil ich mit Kind oft so angespannt war, dass ich gar keinen Raum dafür hatte. Zumindest kam mir es so vor. Ich konnte mir unter Ergo anfangs gar nichts vorstellen (außer basteln) und schon gar nicht, WIE es mir helfen soll. Das WIE verstehe ich immer noch nicht, aber es hat geholfen.

Im Elterngespräch darf jeder kurz zu Wort kommen, wie es ihm und dem Kind gerade geht. Und dann ist Raum für aktuelle Probleme/ Schwierigkeiten. Anschließend wird ein Thema zur Kindentwicklung oder Stressbewältigung behandelt. Da ich mich mit bedürfnisorientierter Erziehung sehr ausführlich befasst hatte, habe ich dort wenig Neues erfahren, aber die Gespräche zu Beginn der Stunden taten richtig gut. Im Prinzip fand ich persönlich das Elterngespräch, neben der Einzeltherapie, am Wichtigsten.

In der Bewegungstherapie macht man kleinere Spiele (mit und ohne Kind), um wieder ein Körpergefühl zu bekommen und es lenkt einfach auch ab.

Einmal die Woche ist Arztvisite. Da wird über den Gesamteindruck und Medikation gesprochen.

Die Einzelzimmer für Patienten mit Kind sind mit Doppelbett, Kinderbett, Schrank, Wickeltisch, Nachttisch, Tisch, 2 Stühle und eigenem Bad ausgestattet. Die anderen Patienten sind in Einzel-, Doppel- und Dreibettzimmern untergebracht.

Es gibt ein Spielzimmer mit wechselndem Spielzeug, ein großes Gelände mit viel Grün und Dingen zum Ausprobieren und 2-3 Spielplätze (auch für die Kleineren) sind in 10 min erreichbar. Penny 10 min zu Fuß, die Innenstadt mit Müller, Post, Kleidergeschäften etc in 15 min und DM/ Rewe in 25 min. Es fahren aber auch Busse, falls man die Wegstrecke zu Fuß gerade nicht schafft.

Puh, es gäbe so viel zu erzählen… also falls noch Fragen offen sind, dann sehr gerne melden.

Alles in allem kann ich die Klinik total empfehlen, auch wenn natürlich nicht alles perfekt ist.
Mambo
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Re: vorgespräch in wiesloch

Beitrag von Mambo »

Hallo Franzi 👋

Ich freue mich, dass du so positiv von wiesloch berichtest. Ich kann in ein paar Wochen aufgenommen werden und bin unsicher. War ja vor ein paar Wochen in wiesloch akut. Der oberarzt dort meinte, dass er mich nicht auf der mu-ki-station sieht, da ich ein stabiles und unterstützendes Umfeld Zuhause habe und ja keine bindungsstörung vorläge. Hatte dann ja gehofft, dass die tagesklinik ausreicht.
Die oberärztin hier auf Station in Weinheim (was zu wiesloch gehört), war irritiert, denn als damals die Anfrage für die Tagesklinik kam hatte sie vorgeschlagen, dass ich auf die mutter-kind-station soll.

Naja auf jeden Fall kann ich mir diese Woche die Station anschauen. Da es dort rundherum wirklich schön ist, kann ich es mir gut vorstellen. Mir hilft es nämlich, mit der kleinen rauszugehen. Und das ich nicht alleine bin. Aber das mit der versorgung stelle ich mir auch anstrengend vor.

Dass der Partner auch mal mit übernachten kann, klingt toll :)

Danke für deine ausführliche Beschreibung 🙂
PPD seit März 2024
Behandlung Tagesklinik April
Behandlung Stationär
Behandlung Mutter-kind-station wiesloch seit Juni
Einstellung auf amitryptilin, Lithium
Quietapin, tavor
Franzi
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Re: vorgespräch in wiesloch

Beitrag von Franzi »

Liebe Mambo,
wie hat der Oberarzt denn entschieden, dass keine Bindungsstörung vorliegt?
Deine Situation war meine Horrorvorstellung. Also dass ich da ankomme, die sehen, dass ich mit meiner Tochter gut klar komme und sie mich frühzeitig wieder heimschicken.
Sprich deine Bedenken dazu auf jeden Fall an. Ich hatte diese Ängste mit meiner Therapeutin besprochen, als die Rückmeldung von ihr und der Pflege kam, dass wir doch eine super Bindung hätten. Die Therapeutin meinte, dass es hauptsächlich darum geht, dass die Mutter wieder stabil und gesund wird und sie mich auf keinen Fall wegschicken.

Ja, es war anstrengend 24/7 alleine verantwortlich zu sein. Aber es tat gut, dass ich immer das Gefühl hatte, es hilft mir jemand, wenn es zu viel wird. Und der Austausch mit den anderen Eltern und Patienten tat sehr gut.

Fühle dich gedrückt und ich wünsche dir eine heilsame Zeit!
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