Hallo Sunshine,
ich kann dich gut verstehen. Gerade diese kalten und emotionslosen Worte die psych. Erkrankungen beschreiben, können einen ganz schön zu schaffen machen. Mir ging es vor 15 Jahren sehr ähnlich. In Österreich gab es damals im den Begriff PPD und PPP gar nicht in diesem I-Nummern Verzeichnis, das die Ärzte immer hernehmen müssen, um ein Krankheitsbild zu beschreiben. Also musste mein Psychiater etwas nehmen, was dem nahe kam: "Anpassungsstörung" stand dann da... Ich war nur noch down, weil ich mir völlig unfähig und verblödet vorkam... Es war als würde man denken, ich würde mich weigern, die Aufgaben einer Mutter wahr zu nehmen. Dabei war ich mein Leben lang immer angepasst, habe immer versucht es allen recht zu machen - auch in meiner Rolle als Mama wollte ich das sein. Genau dieses Angepasst sein hat mich aber krank gemacht. Das war schlimm für mich. Mein Psychiater hat mich da aber sehr gut raus geholt und mir gesagt, dass er selber blöd findet, dass sie als Ärzte da an diesen I-Nrn. Katalog mit diesem "Beamtendeutsch" gebunden sind. Aber ich soll dieses Wort einfach vergessen, denn ein Wort das eine Diagnose beschreibt sei für mich und mein Gesund werden unwichtig. Wichtig hingegen sei, dass ich mich auf die Therapie konzentriere und auf das, was mich nach vorne bringt. Das habe ich dann beherzigt und es tat mir wirklich gut - ich habe das Wort "Anpassungsstörung" einfach nur noch belächelt.
Übrigens hat auch meine PPD ihren Ursprung schon in der Kindheit, weil ich da bereits erste zwanghafte Verhaltensmuster ausgebildet habe. Dazu meine Veranlagung für psych. "Besonderheiten"
, meine Hochsensibilität, mein fein vernetztes vegetatives Nervensystem, bestimmte traumatische Erfahrungen... all das hat später dann zu meiner PPD beigetragen. Wie man sieht, trifft es Anpassungsstörung bei mir auch nicht wirklich, aber es ist ein Begriff mit dem die Bürokraten was anfangen können. Versuch dich nicht an der Diagnose fest zu beißen, schau was du jeden Tag tun kannst, damit es dir ein bisschen besser geht.
Zu Sertralin kann ich sagen, dass es auf den Botenstoff Serotonin wirkt - ich nehme ein ganz ähnliches AD und mir hat es mein Leben wieder gegeben. Es ist oft so, dass ein Medikament das schon mal geholfen hat, bei einer neuen Episode nicht mehr hilft. Das kann sein, wenn andere Botenstoffe mehr oder weniger betroffen sind, als vielleicht davor. Daher ist es auch sonst oft nicht so einfach, gleich das passende AD zu finden. Mirtazapin wird meistens bei Altersdepressionen verschrieben, es wirkt schlafanstoßend und Appetit steigernd, allerdings nur mäßig angstlösend und mittelmäßig antidepressiv. Sertralin wirkt da viel besser. Amitriptylin kenne ich zu wenig. Hat man dir erklärt, was dieses AD abends bewirken soll? Wenn nicht, dann frag nach. Bitte deinen Arzt um eine Erklärung, was beide Medis zusammen auffangen können. Dann herrscht meistens mehr Klarheit.
Du schreibst, du schämst dich... warum? Weil du etwas bekommen hast, worum du weder gebeten noch etwas dafür getan oder gewünscht hast? Scham ist sehr oft mit unserer "Besonderheit" verbunden, wir fühlen uns "fehlerhaft" und nicht perfekt. Glaub mir eines: ich habe so viele "gesunde" Menschen kennen gelernt, die schwere Defizite in ihrer Persönlichkeit haben und eigentlich behandelt gehörten. Aber nein, diese gelten dann noch oft als "robust" und "belastbar". Es ist eine verkehrte Welt, behaupte ich. Ich gehe sehr selbstbewusst mit meiner Besonderheit um, das habe ich in all den Jahren lernen dürfen. Ich sehe uns PPD Mamas auch nicht als "so krank", sondern als so empfindsam, dass wir viel schneller bemerken, wenn etwas in die falsche Richtung läuft. Wir fühlen schneller und früher. Allerding versuchen wir ständig, es den ach so Robusten und Starken nach zu machen und schon früh auftretende Alarmsignale weg zu drücken. Das macht uns dann "krank". Es geht darum, dass wir unser Frühwarnsystem kennen lernen und darauf hören und selbstbewusst sagen: Ja, ich bin sensibel und empfindsam und das ist wunderbar!