Das richtige Medikament

Erfahrungen mit Medikamenten, Fragen, Infos, Tipps, ...

Moderator: Moderatoren

Antworten
Svenja

Das richtige Medikament

Beitrag von Svenja »

Hallo zusammen,

ich nehme seit 6 Tagen Sertralin 50 mg. Ich habe Angst, dass es nicht wirkt und dass man sich dann umsonst mehrere Wochen gequält hat, um dann zu erfahren, dass man es wieder ausschleichen muss + einen neuen Versuch mit einem anderen AD machen muss. In der Klinik, in der ich bin, hat ein Patient berichtet, dass er schon seit 8 Wochen Sertralin nimmt und es nicht besser geworden ist. Das frustet mich.

Ich habe in meinem Umfeld schon öfters gehört, dass Citalopram hilfreich war. Und auch hier sind ja einige Frauen, die dieses Medikament nehmen. Ich weiß, ich muss Geduld und Vertrauen haben, aber wenn man weiß, dass das AD vielleicht nicht anschlägt, ist meine Motivation gleich 0.

Wie sind eure Erfahrungen mit Sertralin oder Citalopram? Kennt Ihr auch diesen Frust? Wenn ja, wie geht ihr damit um?

Viele Grüße
Svenja
Asrai

Re: Das richtige Medikament

Beitrag von Asrai »

Liebe Svenja,
ja, den Frust kenne ich sehr gut! Letztlich weiß man bei keinem Medikament genau, ob bzw. wie gut es helfen wird - so lange, bis man es ausreichend lange ausprobiert hat. Und es dauert einfach ein paar Wochen, bis man die Wirkung einschätzen kann. Diese Chance würde ich dem Sertralin geben! Es ist ein bekanntes, gut erprobtes Antidepressivum, dass auch mir geholfen hat und weiterhin hilft.
Ich kenne Deine Symptomatik nicht, aber bei manchen Frauen macht es Sinn, anfangs ein zusätzliches Medikament zu geben, das etwas schneller wirkt. Mir hat z.B. Mirtazapin sehr geholfen, weil ich damit meine Schlafstörung in den Griff bekommen habe. So war das Warten auf die Wirkung des Setralins zwar immer noch hart, aber zumindest etwas erleichtert.
Ich drücke Dir die Daumen, dass Du bald eine Wirkung spürst! Halte durch!
Liebe Grüße,
Asrai
Benutzeravatar
Marika
power user
Beiträge: 9949
Registriert: 04:06:2005 16:05

Re: Das richtige Medikament

Beitrag von Marika »

Hallo Svenja,

versuch dich nicht mit anderen zu vergleichen. Sertralin wie auch Citalopram sind sehr gute Wirkstoffe die aus der selben Gruppe kommen. Beide brauchen mind. 2-4 Wochen um eine erste positive Wirkung zu erzeugen. Nach 8 - 12 Wochen ist dann der komplette Wirkstoffspiegel ausgerollt. Bis dahin muss man durchhalten. Eine Besserung tritt langsam und in kleinen Minischritten ein. Das ist dann z.B. so, dass du plötzlich auch mal eine gute Stunde am Tag hattest. Oder du kannst plötzlich wieder lächeln - auch wenn es nur für einen Moment ist. Meist erkennen zuerst Außenstehende dass sich was tut. Meinen Mama z.B. hat nach etwa 4 Wochen plötzlich gesagt: "Da ist wieder Leben in deinen Augen"... Ich selber merkte aber noch gar nix.

Vertrau dich mit deinen Sorgen auch ruhig deinen Behandelnden Ärzten/innen an - sie können dann gezielt auf dein Fragen und Ängste eingehen.

Also: dein erstes Ziel ist das Erreichen von 2 - 4 Wochen. Bis dahin wirst du kleine Schritte merken können. 50 mg sind auch noch wenig, da kann man mit der Dosis noch viel machen.
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
Svenja

Re: Das richtige Medikament

Beitrag von Svenja »

Danke Marika,
ich bin heute wieder so hoffnungslos. Habe nicht geschlafen. Ich wollte mich meiner Angst vor der Nacht stellen. Ich habe vor meinem Klinikaufenthalt zu Hause kaum noch geschlafen. Habe in der Klinik dann auf die Schlaftabletten verzichtet (habe die nur zum Bedarf und darf die auch nicht ewig nehmen). Autogenes Training und progressive Muskelentspannung haben etwas geholfen, um nicht zu panisch zu werden.

Dieser schlechte Schlaf oder gar nicht mehr schlafen und trotzdem so müde sein, machen mich fertig.
Benutzeravatar
Marika
power user
Beiträge: 9949
Registriert: 04:06:2005 16:05

Re: Das richtige Medikament

Beitrag von Marika »

Es gibt auch schlafanstoßende Medikamente die man gut nehmen kann am Anfang, bis sich mit der Besserung auch der Schlaf wieder reguliert. Ich habe Mirtazapin bekommen damals - es macht innerhalb von ca. 30 min müde und man kann schlafen. Aber es macht anders als klassische Schlaftabletten nicht müde. Es ist eigentlich auch ein AD, dass man aber oft Anfangs ein paar Wochen nimmt, damit sich der Schlaf einstellt und bessert. Mir hat es sehr geholfen - nach 5 Wochen brauchte ich es nicht mehr und mein Haupt-AD hat mir dann geholfen stabil zu werden.
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
Jen
power user
Beiträge: 146
Registriert: 14:02:2021 8:08

Re: Das richtige Medikament

Beitrag von Jen »

Hallo Svenja,

Ich hoffe meine Nachricht hat dich nicht verunsichert.
Ich hab zum anstoßen des Schlafes besonders in der Klinik quetiapin 25mg bekommen.

Der Angst stellen, darfst du dich noch früh genug, ich finde es wichtig sich erstmal zu stabilisieren, damit du wieder zu Kräften kommst und aus der Spirale rauskommst.

Ich wollte anfangs auch alles auf einmal, aber das geht leider nicht. Zumindest bei mir.

Liebe Grüße
12/20 1. Geburt PTBS / Ängste
Aktuell bei 10 mg Escitalopram
Svenja

Re: Das richtige Medikament

Beitrag von Svenja »

Ein Schlafmittel, das nicht abhängig macht, wäre super. Aber in der Klinik muss man den Medikamenten hinterherlaufen. Nur weil ich es gefordert habe, bekomme ich jetzt Sertralin.

Hier möchte man, dass man sich seiner Angst stellt. Momentan habe ich nur noch Angst vor meinen Zustand. Aber irgendwie wollen sie das nicht verstehen.
Benutzeravatar
Marika
power user
Beiträge: 9949
Registriert: 04:06:2005 16:05

Re: Das richtige Medikament

Beitrag von Marika »

O.k. Das macht es natürlich nicht grad leichter. Wenn du dich für eine Medikamenten Einnahme entschieden hast, dann kannst und darfst du das als mündige Erwachsene an deine Ärzte auch klar kommunizieren. Auch was z.b. Mirtazapin angeht.

Für mich wäre es ohne Medikamente unmöglich gewesen mich den Ängsten zu stellen und an ihnen zu arbeiten. Was ist das denn für eine Klinik?
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
Svenja

Re: Das richtige Medikament

Beitrag von Svenja »

Ich bin auf einer Station für Ängste und Zwänge. Hier werden aber auch welche mit Depression behandelt.

Sie wollen hier alles lieber mit einer Therapie behandeln als mit Medikamenten, denn Medikamente sind nicht die Lösung. Leuchtet auch ein. Wenn man sich immer wieder seiner Angst stellt, dann geht sie langsam weg. Ich habe Angst zu Hause zu schlafen, da ich irgendwann gar nicht mehr schlafen konnte und völlig fertig war. Ich habe mich aber der Angst zu Hause gestellt und gefühlt wurde jeder Versuch immer schlimmer. Und dann konnte ich in der Klinik plötzlich auch immer schlechter schlafen und ich bekam wieder mehr Angst vor der Nacht. Ich habe es jetzt noch einmal ohne Schlafmittel probiert und die Nacht war die Hölle. Ich habe gar nicht geschlafen bzw. bin wohl mal leicht weggenickt, hatte Kopfschmerzen, Übelkeit und Panik. Das soll ich halt jeden Abend wieder versuchen. Das ist aber so anstrengend. Das ist nicht wie "Ich kann heute mal nicht schlafen".
Daher habe ich letzte Nacht wieder Schlafmittel genommen und konnte wenigstens ein wenig schlafen. Und jetzt geht es mir definitiv besser.
BeeSparkles

Re: Das richtige Medikament

Beitrag von BeeSparkles »

Hallo,
Marika hat geschrieben: 27:04:2021 13:10 Für mich wäre es ohne Medikamente unmöglich gewesen mich den Ängsten zu stellen und an ihnen zu arbeiten.
das geht und ging mir ebenso. Ohne mein Medikament wäre ich nicht aus meinen Ängsten herausgekommen.
Ich hatte zufällig das Thema heute auch mit meiner Therapeutin und sie hat mir auch nochmal bestätigt, dass es einfach Menschen gibt, die Medikamente als Unterstützung benötigen, weil der Kopf gar nicht mehr in der Lage ist, es allein zu meistern. Ich kann mich ja nur meinen Ängsten stellen, wenn ich rational denken kann.

Ich glaube, die Angst, dass die Medis nicht wirken, hat jeder. Da muss man sich leider durchkämpfen und wenn das eine nicht wirkt, tut es ein anderes.

Was mir in schlechten Phasen gut hilft, sind geführte Meditationen. Bei youtube gibt es da eine Menge. Hast du sowas schon mal probiert?
Asrai

Re: Das richtige Medikament

Beitrag von Asrai »

Ich wäre ohne Mirtazapin gerade in den Akutphasen nicht zurecht gekommen! Ein zumindest einigermaßen passabler Schlaf ist die Grundvoraussetzung dafür, dass man sich im Verlauf seinen Ängsten stellen kann. Bei mir hat es den Teufelskreis der Daueranspannung durchbrochen und es war erträglicher für mich, die schlimmen Tage auszuhalten mit dem Wissen, dass ich zumindest nachts zur Ruhe komme. Mirtazapin macht auch nicht abhängig, selbst wenn man es über einen längeren Zeitraum nimmt. Ich bin dem Medikament sehr dankbar. Meine Ärztin in der Mutter-Kind-Ambulanz hat mir das damals sofort verschrieben. Ich hatte auch erst gezögert (v.a. weil ich ja gestillt habe) und mich dann überwunden, es zu nehmen. Es hat so eine Erleichterung gebracht! Der Weg raus aus der Depression, den Ängsten... ist eh kein leichter. Medikamente ersparen Dir diesen Weg nicht, sie können Dich aber stützen und es Dir auf diese Weise überhaupt erst möglich machen, den Weg zu gehen.
Svenja

Re: Das richtige Medikament

Beitrag von Svenja »

Hallo zusammen,
vielen Dank für eure Rückmeldungen.

Ich konnte meine Ärzte überzeugen, dass ich Mirtazapin bekomme, da ich wenigstens etwas Schlaf brauche, um meine Probleme/Ängste anzugehen. Die Angst vor der Nacht ist gleich schon weniger geworden. Schlafen konnte ich zwar noch nicht so richtig, aber es dauert wohl bis es wirkt. Wie lange hat es bei euch gedauert?

Danke noch einmal für den Tipp mit Mirtazapin. Ich bin jetzt etwas zuversichtlicher.

Ganz liebe Grüße
Svenja
Jen
power user
Beiträge: 146
Registriert: 14:02:2021 8:08

Re: Das richtige Medikament

Beitrag von Jen »

Oh das freut mich! Super!

Siehst du, du bist für dich selbst stark geworden und hast dich eingesetzt. Das muss ich noch oft lernen!

Selbstfürsorge und Selbstliebe, auch ein erster Schritt finde ich
12/20 1. Geburt PTBS / Ängste
Aktuell bei 10 mg Escitalopram
Svenja

Re: Das richtige Medikament

Beitrag von Svenja »

Hilfe, das Mirtazapin schlägt so gar nicht an. Nehme 15 mg. Ich schlafe weiterhin kaum. Ich bin so erschöpft. Liege nur im Bett, bin aber nicht traurig.

Nur wenn ich noch Zopiclon nehme, schlafe ich einigermaßen und habe noch Kraft. Aber das haben sie in der Klinik gestrichen. Das ist einfach zu viel durcheinander.

In der Klinik mag ich das gar nicht mehr ansprechen. Ich muss das akzeptieren. Und das nicht schlafen können, ist hausgemacht. Ich weiß aber nicht, wie ich daraus komme. Autogenes Training etc. bringen nichts mehr.

Ich bin so fertig und halte es nicht mehr aus. Selbst ein Mittagsschlaf ist nicht drin. Ich bin hell wach, aber so fertig.
Inga
power user
Beiträge: 288
Registriert: 02:09:2013 19:30

Re: Das richtige Medikament

Beitrag von Inga »

Hallo Svenja!

Haben sie es in der Klinik schon mal mit einem Neuroleptika probiert z.B. Seroquel?

Die sind auch schlafanstoßend und machen nicht abhängig. Als ich vor vielen Jahren in der Klinik war habe ich auch ein paar mal Dipiperon bekommen, da habe ich dann innerhalb von 30 Minuten geschlafen.

Ein Versuch wäre es wert.

Alles Liebe
Inga
Diagnose:
10/2012 erstes Kind
schwere PPD mit massiven ZG
09/2017 zweites Kind
gesund und glücklich
Antworten