Es geht nicht ohne!

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alibo79
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Re: Es geht nicht ohne!

Beitrag von alibo79 »

Hey jen, ich möchte dir auch ganz viel Kraft senden. Du bist eine sehr starke Frau, du schaffst das.
Du hast ganz viel Sicherheit in deinem Umfeld, und ganz viel Unterstützung. Du hast das erhöhen schon eher geschafft, diesmal schaffst du es auch.
Ich kenne diese Gedanken auch nur zu gut, sie sind so Quälerei. Aber ich bin mir sicher in ein paar Tagen wird es dir schon etwas besser gehen. Schritt für Schritt, Tag für Tag, raus aus diesem tief , du schaffst das 💪💪
2014 schwere PPD mit Ängsten, 6 Monate Tagesklinik
2015- 2019 mirtazapin, erst 45mg ab 2017 langsam reduziert
Zwischendurch versuch mit citalopram, nach 2 Monaten abgesetzt, da starke Verschlimmerung der Depression
Anfang 2021 erneut schwere Depression wieder 45 mg mirtazapin zusätzlich noch quetiapin 150mg
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Jen
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Re: Es geht nicht ohne!

Beitrag von Jen »

Ach Alibo, danke dir für deine lieben Worte jedes Mal. ♥️

Die Suizidgedanken sind für mich echt der Endgegner, weil ich so gern lebe, auch wenn ich schlimmes erfahren habe in letzter Zeit, also durch die Geburt.

Ich hab meine Papa fast durch Suizid verloren und einen guten Freund tatsächlich verloren.
Das ist echt, puh.
Aber ich kann’s mittlerweile nachvollziehen. Also wenn man mal so eine schwere Krise mitgemacht hat, dann ‚versteht’ man wieso Menschen so etwas tun.
Also was sie dorthin gebracht hat. Depression und Trauma sind wirklich furchtbar.

Das heißt nicht, dass ich es gut finde, aber man bekommt etwas Verständnis und Mitgefühl.
Zumindest hat es mir geholfen die Sache mit meinem Papa anders zu verarbeiten in der Therapie.
Also irgendwie auch wieder was positives.
Gut, dass ich darüber schreibe 😂
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Marika
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Re: Es geht nicht ohne!

Beitrag von Marika »

Hallo Jen!

Du wirst das schaffen, du bist gut ausgerüstet besonders mit dem Notfallmedikament. Eine Erhöhung kann es schon in sich haben. Kann mich noch erinnern, dass auch ich mal bei einer Erhöhung wochenlang in einem Tief festgesteckt bin.

Wir sind hier immer für dich da, füreinander und miteinander. Ich bin sicher, dass es bald etwas leichter wird. ❤️❤️❤️
Liebe Grüße von
Marika

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Jen
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Re: Es geht nicht ohne!

Beitrag von Jen »

Ihr Lieben, es pendelt sich langsam ein, aber aktuell überkommt mich immer zum Nachmittag / Abend eine Angst.
Das ist ungewöhnlich.
Sonst hatte ich morgens meist Panik/Angst.

Ich habe Angst, es nicht zu schaffen.
Ich habe Angst, dass ich mir nur etwas vormache.

Man, ich bin oft auch so traurig über alles was mir und meinem Sohn passiert ist.
Wütend und traurig im Wechsel.

Die letzen Abende hab ich oft einfach geweint. Es floss einfach aus mir heraus. So viel Traurigkeit.

Das ist doch alles. Ach man. :-(
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Jen
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Re: Es geht nicht ohne!

Beitrag von Jen »

Ich frag mich, was wenn der Schmerz nie aufhört?
Ich bin doch schon so lange dabei, gefühlt.
2 1/2 Jahre und ich verstehe nicht, wieso ich mich in der Vergangenheit so oft so behandeln hab lassen.

Auch während der Geburt und der Zeit im Krankenhaus.
Ich hab mehr verdient. Respekt und Liebe. Aufrichtigkeit und Verbindung.

Ich bin ein wirklich liebenswerter Mensch, mit Ecken und Kanten sicher, aber mit dem Herz am rechten Fleck.
Ich habe Mitgefühl mit mir und den Anteilen, die so oft gelitten haben. Das hab ich nicht verdient gehabt und ich hatte auch keine Schuld daran.

Und dann kommt die Wut. Ich könnte Häuser einreißen vor Wut. Aggression. Hass.
Das ist wirklich - puh!
Ungewohnt!

Das musste jetzt alles mal raus!

Danke!
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Marika
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Re: Es geht nicht ohne!

Beitrag von Marika »

Hallo Jen!

Ich finde dass das richtig gut ist, was da alles jetzt aus dir raus sprudelt. Auch wenn es heftig ist, glaube ich dass das zum Heilungsprozess dazu gehört. Ich hatte mehrerer solcher Phasen. Lass es raus, auch hier... Schrei es raus, gerade hier wirst du gehört. Ganz viele hier (wahrscheinlich sogar alle) verstehen zu 100 % wie es dir gerade geht. Es macht auch Angst, aber ich bin überzeugt dass du den richtigen Weg eingeschlagen hast. Er ist zwar grad holprig, aber er beginnt sich zu glätten je mehr du raus lässt. Diese Gefühle sind sooo wichtig. Sie müssen Raum haben und wollen gehört werden. Du wächst gerade an Selbstliebe und Selbstvertrauen, das ist wunderbar. Dazu gehört auch, den alten Schmerz raus zu lassen.

Du wirst das schaffen, du merkst bereits wie es sich einpendelt. Diese kleinen Schritte sind ein sehr gutes Zeichen.
Liebe Grüße von
Marika

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alibo79
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Re: Es geht nicht ohne!

Beitrag von alibo79 »

Genau, diese Gefühle sind zwar unangenehm, aber auch sehr wichtig. Vor allem finde ich es gut, dass du die Wut mit etwas verbinden kannst. Ich selbst empfinde es als einfacher wenn ich weiß warum ich wütend oder traurig bin, das war im der depression anders, da war ich einfach immer traurig und bedrückt ohne grund, dass erschien mir so sinnlos und war deswegen so schwer auszuhalten.
Mein Therapeut hat mich immer wieder gefragt ob ich in mir Wut habe, die ich nicht raus lasse oder andere negativen Gedanken. Das war für ihn ein ganz wichtiger Punkt. Denn er sagte, dass viele seiner Patienten in sich diese Gefühle tragen und so tief vergraben und keinen Zugang dazu haben. Und das wiederum nährt die Depression, quasi depressionen = unterdrückte Gefühle und Bedürfnisse. Und ein Therapeut muß sowas dann vorsichtig hervor holen.
Deswegen bist du schon ein ganzes Stück weiter , du hast den Zugang zu deinen Gefühlen und kannst jetzt damit arbeiten. Und sie so dann auch nach und nach verarbeiten.
Und 2,5 Jahre ist natürlich eine lange Zeit, aber für depressionen eben wiederum auch nicht.
Schau mal wie lange Marika hier schon aktiv ist, ich denke sie arbeitet auch immer wieder an sich , wahrscheinlich auch ein ganzes Leben lang.
Oder meine PPD die vor fast 9 Jahren begann und ich muss auch immer wieder an mir arbeiten. Damit ich gesund bleibe bzw so gut es geht Symptom frei.
Mein größter Wunsch ist natürlich gesund zu werden, aber ich habe für mich im Moment akzeptiert, dass ich vielleicht nicht ganz dahin komme, aber so weit dass ich Lebensqualität habe, dass nimmt vielleicht auch wieder ein bisschen Druck raus und lässt es einfach gehen.
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Re: Es geht nicht ohne!

Beitrag von Jen »

Guten Morgen -

ich danke euch von Herzen!!!
Das tut so gut zu hören.

Mein Therapeut sagt auch immer, wir bekommen das hin. Sie haben jahrelang alles zurückgehalten, besonders die Wut. Sie dürfen lernen diese zu kanalisieren.
Er sagt immer ‚Wut tut gut!‘
Die Wut zeigt auf, wann unsere Grenze überschritten wurde!

Er hat mir zum Mut machen erzählt, dass er erst eine Patientin hatte die nach einem Banküberfall nicht mehr arbeiten konnte und nur noch Angst hatte.
Jetzt arbeitet sie wieder in der Bank, nach der Therapie. Er sagt, es geht, auch für mich.

Das macht mir ein wenig Mut :-)

Ich muss ehrlich gestehen, dass die Mutterschaft mich auch nicht erfüllt. Also nur Mutter sein ist mir einfach zu wenig und irgendwie zu viel.
Das merke ich jetzt. Bin froh, wenn der Kleine im November in den kindi kommt.
Mir dieses Gefühl zu erlauben, nicht erfüllt zu sein macht mir tatsächlich Angst.

Alles Liebe und danke!
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Marika
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Re: Es geht nicht ohne!

Beitrag von Marika »

Hallo Jen!

Dieses Gefühl, dass alle Frauen durch und durch erfüllt sind vom Mama sein, ist doch eigentlich nur ein Dogma dass uns seit vielen Jahrhunderten schon wie ein Mantra aufgezwungen wird. Es ist aber in meinen Augen unnatürlich, wir sind doch MENSCHEN mit Wünschen, Träumen und Bedürfnissen!!! Aber irgendwie wird immer noch erwartet dass das mit dem Mutter werden aufhört, dass die Frau spätestens dann ihre Erfüllung im Erfüllen der Wünsche der Familie findet, immer als Letzte dran kommt, immer ruhig und ausgeglichen und dabei auch noch glücklich ist. Was für ein unbeschreiblicher Wahnsinn und himmelschreiende Ungerechtigkeit. 😭😭😭

Du darfst genau so fühlen, nämlich dass es da noch viel mehr gibt als nur Mama sein. Das ist völlig normal, es ist ein GESUNDES Denken und Fühlen. Da du das aber unterdrückst weil du denkst es sei abnormal, macht dir das Angst.

Lass dieses Denken zu, hol dir deine Auszeiten, schau was du für Wünsche und Bedürfnisse hast und teile das mit deinem Mann, deinem Umfeld. Du bist nicht da, um es allen recht zu machen... hol dir, was dir zusteht: gehört und unterstützt zu werden bei deinen Wünschen und Bedürfnissen.
Liebe Grüße von
Marika

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Re: Es geht nicht ohne!

Beitrag von Jen »

Schei**!
Ich hab echt das Gefühl, dass im Tief wieder so viele Erkenntnisse stecken.

Im letzten tief hab ich meinen Job bei meinen Eltern gekündigt und wir sind so wieder näher zusammengerückt. Was längst überfällig war.
Ich konnte meinen Vater endlich wieder in Liebe umarmen, ohne bedenken. Einfach nur als Papa. Das war so herrlich.
Ich hab einen großen Teil meiner Schulden durch Unterstützung meiner Eltern und einem ehrlichen Gespräch mindern können. Was ein großer Schritt für mich war.

Dieses Mal knallt mir das Mutterthema um die Ohren. Meine Zukunft. Was will ich?
In mir gehen 100. Lichter an. Ich erlaube mir, auch mit schwerem Start eine gute Mutter zu sein. Die nichts gut machen muss, was sie vermeintlich verpasst hat.

Irgendwie muss es schmerzhaft sein bei mir. 😒

Danke euch!
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Re: Es geht nicht ohne!

Beitrag von Marika »

Auch bei mir war dieser Prozess schmerzhaft, glaub mir. Ich bin tatsächlich auch in und nach der PPD erwachsen geworden. Es gab auch mit meinem Mann schmerzhafte Gespräche, manchmal auch Schweigen. Manchmal wusste ich nicht wo ich stehe, wie es weitergeht... mit mir, mit uns... viele große???

Es ist als würde aus der Raupe, die Puppe und dann der Schmetterling. Lass den Schmerz, die Wut usw... unbedingt zu... du machst das toll!!! Aus meinen Tiefs bin ich immer gestärkt heraus gegangen und habe neue Erkenntnisse erlangt.
Liebe Grüße von
Marika

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Re: Es geht nicht ohne!

Beitrag von Jen »

Ja das mit dem Schmetterling hatte ich erst gestern mit einer bekannten, die ohne Kinder auch gerade in dieser Phase steckt.

Ich werd mir jetzt auch mit den Medikamenten nicht mehr reinreden lassen.
Die blieben jetzt bei 10 mg und fertig.
Alle glauben immer an mich, was ja schön ist, aber ich hatte beim reduzieren schon Bauchweh und hab mich dann überreden lassen.

Es ist wie es ist. Ich brauche diese Krücke und das darf auch sein. Damit hab ich mich nun wirklich auch zu 100% -angefreundet. Zum ersten Mal so richtig tatsächlich. Davor war in mir immer etwas dagegen.
Jetzt nehme ich es voll an. Es gehört zu mir und gut.
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Re: Es geht nicht ohne!

Beitrag von Marika »

Sehr gute Entscheidung, die ich genau gleich für mich getroffen habe. 👍👍👍
Liebe Grüße von
Marika

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alibo79
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Re: Es geht nicht ohne!

Beitrag von alibo79 »

Ganz genau, bei der ersten Episode hatte ich auch immer das Gefühl ich muss irgendwann von den Medikamenten weg, aber jetzt ist es mir egal, mein Psychiater steht hinter mir, er fragt bei der letzten Kontrolle Kurz ob ich mich sehr gedämpft fühle dadurch, was nicht ist. Und solange Blut und EKG okay sind, bleibt es dabei, vielleicht ein bisschen irgendwann runter, aber lieber Medikamente als die ganze Krankheit wieder von vorne, dafür ist mir mein Leben viel zu lieb und zu schön :D
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Re: Es geht nicht ohne!

Beitrag von Jen »

Boah.
Ich bin so sauer. Man oh man.

Ich hab jahrelang alles über mich ergehen lassen, meine Devise war immer -
Aushalten, bald ist es vorbei. Nur noch XY dann hab ich es geschafft, dann wird es besser.
Immer weiter kämpfen, durchhalten, Zähne zusammen beißen.

Ich wurde gemobbt, beleidigt, von Freundinnen verraten und ausgelacht. so oft, weil ich immer Gutmütig war. Ich bin so erzogen, mit liebe. Vielleicht auch gutgläubig, etwas naiv, auf eine liebevolle Art und Weise. Meine Mutter hat uns beigebracht, dass alle Menschen gleich wertvoll sind. Egal ob sie auf der Straße leben oder in einer Villa. Für mich war es Horror, dass es so böse Menschen gibt. Ein Schock!

So wars auch bei der Entbindung und danach.
Ich hab nur gedacht, bald ist es vorbei dann wird’s besser, nur noch 2 x schlafen dann kann ich heim… und so weiter! Hab alles über mich und meinen Sohn ergehen lassen, obwohl ich das nicht wollte. Hab mich unwohl gefühlt, wollte heim.

Die Kurzfassung!

Damit soll Schluss sein. Das will ich lernen.

Drück euch Jennifer
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