Therapie nach zwei Jahren??

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Pippilotta

Therapie nach zwei Jahren??

Beitrag von Pippilotta »

Hallo liebe Forumsmitglieder,

dieser Text wird wahrscheinlich etwas länger. Ich habe mich 2013 hier vorgestellt, als mir nach der Geburt meiner Tochter die Lebensfreude abhanden gekommen war und ich nicht mehr leben wollte.
Zum Glück konnte ich sofort in einer Klinik unterkommen (siehe Vorstellung), bis das Citalopram endlich gewirkt hat. In der Klinik selbst war ich enttäuscht über die mangelnde Hilfe seitens Ärzten und Therapeuten und im Rückblick finde ich es einfach nur erschreckend, wie wenig mir geholfen wurde. Natürlich war es "nur" eine Krankenhauspsychiatrie, die auf nix spezialisiert war, aber trotzdem wurde nix gemacht, dass es mir besser ging. Ich durfte mir anhören, dass ich froh sein soll, dass mein Baby schon durchschläft, habe Wickeltipps bekommen (O.O) und mir wurde gesagt, es ist wert, für sein Kind auf die Samstagabende zu verzichten (darum ging es nie! Ich war/ bin jemand, der Samstagabend am liebsten auf der Couch verbringt). Die Therapie waren lachhaft und die Therapeuten (bei Musiktherapie, Werktherapie und co) gaben mir zu verstehen, dass ich eh viel zu jung bin (ich war 24!). Weiterhin hat der Arzt, der laut der Liste auf Schatten und Licht auf Postpartale Depression in meiner Stadt spezialisiert ist, mich abgewimmelt, mit der Begründung, er nehme nur Privatpatienten, die Selbsthilfegruppe in meiner Stadt existierte nicht mehr und die Hebamme (ich wollte mir eine neue suchen, weil meine alte grauenhaft war) von Schatten und Licht hat sich nie wieder bei mir gemeldet.
Das einzige, was mir in dieser Zeit geholfen hat, war dieses Forum hier, die vielen Tipps (DANKE!den Strukturplan habe ich z.B. lange verwendet!) und mein Antidepressivum.
Nun wurde ich also am 10.5.2013 nach zwei Monaten aus der Klinik entlassen ung ging, wie ich gekommen bin, nur dass ich nun ein AD nahm. Dieses half so gut, dass ich mein Leben auf die Reihe bekam. Ich besuchte alle Babykurse, die es gab und kam innerhalb eines halben Jahres von einem sozialen Kontakt in meiner Gegend auf über zehn. Somit war das größte Problem gelöst und ich war richtig glücklich und nicht mehr alleine. Sogar, als mein Mann ein dreiviertel Jahr nach der Geburt unserer Tochter ein Haus kaufte und es herrichtete, war ich das halbe Jahr bis zum Einzug quasi alleinerziehend (war er nicht auf Arbeit, war er am Haus) und hab alles super toll geschafft. Ich brauchte immer meine Struktur und musste jeden Tag etwas vorhaben, aber das ließ sich immer einrichten.
Jetzt spanne ich den Bogen zu meinem Anliegen, warum dieser Beitrag im Therapie- Thread geschrieben wurde:
nach dem Klinikaufenthalt wurde mir seitens einer Bekannten eine Psychotherapeutin empfohlen, an die ich mich gewendet habe und sogar zeitnah einen ersten Termin bekommen habe. In der Klinik hat es keinen geschert, wie es mit mir danach weitergeht. Sie brauchten das freiwerdende Bett. Ich war dann ein paar Monate später bei der Psychotherapeutin, die mir sehr kühl vorkam und nur über meine Tablettendosis mit mir gesprochen hat. Ich dachte, ich bekomme eine Therapie, aber sie hat nie anstalten gemacht, mich zu therapieren. Nachdem ich dann drei mal bei ihr war (und zweimal meine Dosis reduziert wurde und ich wieder gegangen bin), entschloss ich mich, nicht mehr hinzugehen und meine Tabletten selbst abzusetzen. Mir ging es wirklich sehr gut, ich habe die Dosis schrittweise reduziert und nach dem Einzug ins neue Haus habe ich die Tabletten vor neun Monaten ganz abgesetzt. Ich hatte keine Nebenwirkungen oder Rückschläge.
Meine Tochter machte mir jeden Tag mehr Spaß und ich liebte sie, wenn das geht, jeden Tag noch mehr und so entschieden wir, dass wir ein weiteres Kind haben wollten und sie ein Geschwisterchen zum Spielen bekommt.
Vor einem Monat wurde ich dann schwanger und ich merkte, dass ich die Zeit nach der letzten Geburt noch nicht verarbeitet hatte. Es sind immer einzelne Erinnerungsfetzen, die mir einfallen, wo ich dann denke: Oh Gott, wenn ich wieder in die Situation komme, wie geht es mir dann (genauso?) und was mache ich dann?
Also habe ich bei Therapeuten in meiner Nähe angerufen und bei fast allen ging der AB dran, dass keine neuen Patienten aufgenommen werden. Manchmal ging auch jemand in der Praxis ran und sagte mir, ich solle in ein paar Wochen bzw. Monaten wieder anrufen und es noch einmal versuchen. Irgendwann hörte mich endlich eine Therapeutin an und sie sagte folgendes: ich hätte mich falsch verhalten, weil ich nach der Klinik sofort eine Therapie hätte machen sollen und sie versteht nicht, warum ich ausgerechnet jetzt komme, wo wir doch eh kaum Zeit haben. Ich sagte, dass ich Angst davor habe, wieder in eine solche Situation zu kommen wie nach der letzten Geburt. Da meinte sie, dann müssten wir ja etwas präventiv machen und das bezahlt sie Kasse nicht. Ich erwiderte, dass ich bei der letzten Therapeutin keine Therapie bekommen hatte und deshalb noch nicht in Therapie war (als es mir gut ging, kam ich ehrlicherweise nicht auf die Idee, mich in eine Therapie zu begeben). Darauf meinte sie, Frau T. ist ja auch Psychiaterin und gar nicht dafür zuständig, mich zu therapieren.
Jetzt frage ich mich: woher soll ich das wissen bzw. kenne ich mich nicht mit den genauen Berufsbezeichnungen aus (Frau T. ist "Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie" --> warum konnte die keine Therapie mit mir machen und die Psychologische Psychotherapeutin schon?) und ich fühle mich ganz schön allein gelassen von allen Ärzten. Mir hat nie jemand gesagt, was zu tun ist, wohin ich mich wenden kann oder wer wofür zuständig ist.
Die Therapeutin, bei der ich angerufen habe, sagte, sie habe Wartezeiten von ca. neun Monaten bis Therapiebeginn und hat mir erst einmal im März einen Termin für ein Vorgespräch gegeben.

Finde ich nur, dass ich nicht allein Schuld dran habe, dass alles so gelaufen ist, wie es gelaufen ist und ich nicht allein dran Schuld bin, dass ich es falsch gemacht habe??
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Marika
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Re: Therapie nach zwei Jahren??

Beitrag von Marika »

Hallo,

na du - da hast du wirklich eine "Irrfahrt des Schreckens" hinter dir, was die med. Betreuung anbelangt. Das ist wirklich krass. Ein Rat: die 2 Fachleute die du von unserer Homepage hast und dich auch im Stich gelassen haben, kannst du mal bei einer unserer Moderatorinnen (Anke oder Melanie W.) melden. Ich denke es wäre gut, wenn die Forumsleitung hier weiß, wie mit akut Kranken von Schatten und Licht umgegangen wird! Also das würde ich auf jeden Fall tun.

Zum zweiten: Götter in Weiß - sie glauben das oft von sich - die Ärzte. Sind sie aber nicht und dazu sind die allermeisten komplett und total über- und ausgelastet, dass tatsächlich solche Wartezeiten zustande kommen. Bei uns in Österreich ist es zwar wesentlich besser (max. 2 Monate), aber auch hier ist man bei privaten Ärzten sehr viel besser betreut - ich war auch bei einem Privaten Psychiater/Psychotherapeut. Du hast gar nichts falsch gemacht, lass dir das ja nicht einreden - bei dir hat einfach wohl das System versagt. Was du noch tun kannst - hab ich mir hier angelesen: In jedem Krankenhaus gibt es eine psychiatrische Notfallambulanz, die dich dran nehmen müssen. Sie können dir weiter helfen wo du dich hinwenden kannst. Das kannst du auch in Anspruch nehmen, wenn der Termin im März nicht gut läuft, oder du da dann auch nochmal ewig warten musst. Evtl. könnte dir dein Hausarzt oder dein Frauenarzt helfen und bei einem Therapeuten die Dringlichkeit einer Therapie ansprechen - die kennen sich ja oft unterer einander.

Es ist schon eine Schande, dass zwar erkannt wird das man präventiv etwas machen muss, aber da das "die Kasse ja nicht zahlt" das schon mal Hauptanliegen zu sein scheint.... :evil:
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
lotte

Re: Therapie nach zwei Jahren??

Beitrag von lotte »

Hey Du,

natürlich hast Du nichts "falsch" gemacht. Ich hätte an Deiner Stelle allerdings mit der ersten Therapeutin "mehr gesprochen", also sie gefragt, warum sie keine Therapie mit Dir machen wollte? Sicher hast Du damals doch auch hier gelesen, dass ein AD alleine nicht so gut wirkt, vor allem, wenn es abgesetzt wird, ohne dass nach den Ursachen der Krankheit zu schauen.

Weisst Du, auch wenn man noch sehr jung ist, trägt man trotzdem auch ein gewisses Maß an Eigenverantwortung, dazu gehört eben auch das Nachfragen (auch oder gerade wenn man in diesem oder anderen Bereichen keine Ahnung hat).

Logisch, dass Deine erneute SS alte Ängste wieder rauf holen kann. Das Risiko, erneut an Ängsten etc zu erkranken, wenn man schon mal so was hatte, liegt immerhin bei 50%.
Hoffentlich findest Du noch jemanden auf die "Schnelle".

LGL
Sanna
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Beiträge: 915
Registriert: 17:03:2013 14:36
Wohnort: Ruhrgebiet, NRW

Re: Therapie nach zwei Jahren??

Beitrag von Sanna »

Hey!

Ich erinnere mich noch an dich! Erstmal, herzlichen Glückwunsch zur zweiten Schwangerschaft!

Und nein, du hast nichts falsch gemacht!! Du bist nur von allen Seiten schlecht behandelt worden. Gibt es vielleicht bei dir in der Nähe eine Mutter-Kind-Ambulanz? Dort könnte man dich gut betreuen.

Ansonsten würde ich hartnäckig bleiben und weiter nach einem Therapieplatz suchen. Manchmal hat man Glück und bekommt kurzfristig was. Ist mir gleich zweimal passiert.

LG, Sanna
schwere PPD 2012, heute komplett symptomfrei
Pippilotta

Re: Therapie nach zwei Jahren??

Beitrag von Pippilotta »

Hallo Ihr Lieben,

Danke für eure Antworten!

Lotte, ich gebe dir zu 100% Recht, dass jeder auch eine Eigenverantwortung hat und vor allem, wenn man sich so umfassend hier informiert hat. Heute, nach der Depression und in meiner Mutterrolle (die ich damals noch nicht angenommen habe), habe ich angefangen, über meinen Schatten zu springen und immer zu sagen (naja, fast immer ;-) ), was mir nicht passt oder wo ich Fragen habe. Irgendwie kommt das mit einem Kind, dass man plötzlich für die Bedürfnisse einspringt. Erst einmal für die des Kindes (wenn jemand auf dem Spielplatz geraucht hat und die Kippe in den Sand warf, hab ich immer etwas gesagt) und als ich merkte, dass das gar nicht so schwer ist, auch für meine eigenen. Auch in meiner Beziehung, vorher wurde alles totgeschwiegen.
Heute würde ich den Ärzten all diese Fragen stellen, die ich mir nicht getraut habe, zu fragen. Damals habe ich einfach manches gut sein lassen, in manchen Lebenssituationen und bin damit durchgekommen. Es gab ja auch keine unmittelbaren Konsequenzen daraus, dass ich keine Therapie bekommen habe. Da hat mir die Weitsicht einfach gefehlt.


LG

Pippilotta
lotte

Re: Therapie nach zwei Jahren??

Beitrag von lotte »

Hey Du,

finde ich gut, dass Du das auch so siehst ;)
Dachte nach dem Abschicken meines Posts kurzzeitig, dass Du Dich vielleicht "aufn Schlips getreten" fühlen könntest. Ich sehe das ganze halt ein bisserl "altmodisch": wer Kinder kriegen möchte, sollte/müsste sich auch bereits im Vorfeld drum kümmern, dass es ihm selbst gut geht - und nicht verwundert "Huch" sagen, wenn das Kind dann quasi schon in den Brunnen gefallen ist.

Aber so wie Du jetzt klingst, kriegst Du das sicher hin ;)

LGL
Anke
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Re: Therapie nach zwei Jahren??

Beitrag von Anke »

Liebe Pippilotta,

ich habe Dir eine PN geschrieben.
Viele Grüße von Anke

"Die Zeit heilt alle Wunden..."
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