Neu hier, völlig unvorbereitet

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Mama Vier

Neu hier, völlig unvorbereitet

Beitrag von Mama Vier »

Guten Morgen.

Ich bin neu hier. Und wäre am liebsten gar nicht hier :cry:
Vor 10 Tagen ist mein Leben komplett gerissen, völlig ohne Vorwarnung und ohne Chance es zu flicken.

Ich bin Mama von jetzt 4 Kindern, beim ersten hatte ich nach der Geburt etwas länger mit Traurigkeit zu kämpfen (einige Monate), beim zweiten war es nur kurz, beim Dritten gab mir die Hebamme den Tipp, Plazenta zu mir zu nehmen und in dem Wochenbett war alles in Ordnung. Ich dachte damit, die Lösung gefunden zu haben.

Die Schwangerschaft von Kind Vier war völlig problemlos und super schön. Ich lebte in einem glücklichen Continuum mit abends erfüllt ins Bett fallen und morgens mit vielen Plänen aufstehen. Die Corona Situation hat uns kaum belastet, wir waren hier einfach glücklich als Familie.

Die Geburt selbst haben wir minimal nach 9 Tagen nach ET angeschubst (Eipollösung) und am Tag drauf ist meine kleine Tochter geboren. Die Geburt war wunderschön und friedlich im Geburtshaus. Um 18:32 Uhr ist sie geboren, um 23:30 Uhr waren wir zu Hause.
Ich hatte mich so sehr auf alles gefreut, auf das Baby, die Geburt, das Wochenbett (auch wenn ich wusste das mein Mann nicht zuhause bleiben würde).

Gegen Nachmittag des ersten Tages ging "es" los. Ich fühlte innerlich nur noch ein Fallen. Habe wieder Plazenta genommen, doch es ging trotzdem unaufhaltsam weiter. Ich konnte schon einen Tag später vor lauter Angst, Trauer, Panik nicht mehr denken, nicht mehr essen oder den anderen dreien eine gute Mama sein. Ein oder zwei Tage war alles dann nur noch im Nebel. Ich habe über Umwege über Pfingsten mir Progestogel besorgt, das 1 prozentuge, kann aber nicht sagen obs hilft.
Meine Hebamme schlug zwischenzeitlich mal stationär vor, was aber nicht funktioniert weil ich keinen für die großen habe.
Ein Arzt Termin brachte keine Erkenntnis (hormonstatus sei egal zu wissen, man könne eh nix machen, Medikamente seien alle nicht zum stillen zugelassen).

Jetzt freue ich mich jeden Abend, das ich endlich schlafen gehen kann, mit der riesen Enttäuschung am nächsten Morgen, dass doch wieder n neuer Tag angebrochen ist, ich doch wieder aufwachen musste.

Ich finde den Fehler nicht. Warum passiert das??? Warum so schnell??? Wo liegt der Fehler?
Ich war wirklich (!) glücklich und zufrieden die ganze Zeit.
Jetzt ist alles komplett kaputt und wird nicht wieder heile. Nie mehr 😭

So.... Das war jetzt die lange Vorstellung.
Lg
Mama Vier
Celeste

Re: Neu hier, völlig unvorbereitet

Beitrag von Celeste »

Guten Morgen Mama Vier ☀️

Herzlich Willkommen hier bei uns.

Das was du beschreibst, kenne ich sehr sehr gut. Meine PPD ist am 24.8.19 ausgebrochen und hält leider heute noch an.

Diese Angst und Panik habe ich sehr intensiv erlebt und ich dachte wirklich, dass ich an dieser Angst, Trauer und Verzweiflung sterben werde. Dieser Seelenschmerz war unerträglich. Ich konnte mir nicht mal mehr ein Glas Wasser holen.
Also, ich verstehe dich sehr sehr gut.

Meiner Meinung nach, ist die Ursache zu 95% hormonell bedingt. Denn oft kommt es von jetzt auch nachher, unangekündigt, mit voller Wucht.
Bei mir fing es an, nachdem ich abrupt abstillen musste. Ich vermute ganz stark, dass das Hormon Prolaktin eine Rolle spielt. Ich bin natürlich kein Arzt. Es sind nur Beobachtungen und gesammelte Informationen von mir persönlich.

Was sein Arzt gesagt hat, bzgl. der Medis beim Stillen, ist nicht wahr. Es gibt Medikamente, die du nehmen kannst, auch wenn du stillst.

Was ich dir dringend rate: Notiere dir auf, wann es dir schlecht geht und wann etwas besser. Das ,besser‘ kommt nicht sofort, aber ich verspreche dir .. das BESSER kommt.
Schreibe es dir auf. Irgendwann kannst du Muster erkennen . Bei mir z.B ist es ab 1 Woche vor der Periode besonders schlimm. Bei mir hat sich also eine PMDS ( Premenstruelle dysphorische Störung )entwickelt. Die gesteigerte Version von PMS ( Premenstruelles Syndrom ) .

Du wirst hier auf ganz viel Unterstützung und sehr liebe und verständnisvolle Frauen treffen. Sie haben alle das Gleiche oder ähnliches durchgemacht oder stecken noch drin.

Fühl dich wohl hier ❤️
Celeste
Mama Vier

Re: Neu hier, völlig unvorbereitet

Beitrag von Mama Vier »

Liebe Celeste,

vielen Dank für die Antwort.

Ich denke auch, dass es nur an einer Hormonschieflage liegen kann. Aber warum weiß denn da keiner was drüber. Warum kann man das denn nicht mit dem Hormon wieder beheben?
Bei Prävention hab ich gelesen man hätte zb direkt diese progestoron creme nehmen können.
Jetzt ist alles zu spät :cry: :cry: :cry:

Ich fühle mich so betrogen um mein ganzes Glück. Ich will, daß es aufhört. Sofort. 😭😭

Und wie kommt es dazu das man ADs nimmt wenn es doch an Hormonen liegt.
Ich verstehe es alles nicht 😭
Celeste

Re: Neu hier, völlig unvorbereitet

Beitrag von Celeste »

Liebe Mama Vier,
so geht es mir auch. Leider weiss da keiner was drüber.
Meine Gynäkologin meinte, dass es nur 2 sehr gute und auch bekanntere Endokrinologen gibt, die genau auf sowas spezialisiert sind: Einer sitzt in der Schweiz der andere in Hamburg.

Hast du momentan Unterstützung zu Hause?
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Marika
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Re: Neu hier, völlig unvorbereitet

Beitrag von Marika »

Herzlich Willkommen bei uns!

Es tut mir sehr, sehr leid was du im Moment erleben musst. Gerade wenn alles so schön war und voller Freude, ist so ein Absturz ein richtiger Schock, ein Trauma. Der Hormonsturz nach er Geburt ist massiv - das ist spielt eine gravierende Rolle.

Zwei Fakten:

1. Es gibt Medikamente die sehr wohl mit dem Stillen vereinbar sind - hier die Fachleute dazu: www.embryotox.de
2. Hormone spielen eine entscheidende Rolle beim entstehen einer PPD. Sie können den Botenstoffwechsel im Gehirn derart massiv beeinträchtigen, dass es zu Ängsten, Depressionen und allen anderen Symptomen die du kennst, kommen.

Die gute Nachricht: Es gibt Hilfe - du musst sie dir allerdings holen. Da du das Gefühl hast, dass Progesteron nicht hilft, wäre die 2. Möglichkeit bei einem Psychiater/in vorstellig zu werden. Eine entsprechende Überweisung kann dir dein Hausarzt ausstellen. Er/Sie kann dann abschätzen, ob bzw. welches Medikament nötig wäre damit es wieder bergauf geht. Wie gesagt: es gibt Medikament mit denen du selbstverständlich stillen kannst. Auch die Schilddrüse sollte angeschaut werden.

Es ist oft sehr schwer zu erkennen, WARUM gerade jetzt die PPD ausbricht. Man weiß dass die Hormone da extrem mitspielen. Andere Frauen sind schon früher latent psych. sensibel, dann wieder kann die Schilddrüse durch den Hormonsturz beeinträchtigt werden. Es ist wie ein Puzzel: Man muss Geduld haben, viel suchen und wenn man etwas findet, dann meist nur ein Bruchstück vom Ganzen. Bei jeder Frau liegt die Sachlage anders und daher muss auch jede ihren ganz eigenen Weg finden. Es gibt leider nicht "den Auslöser" für uns alle - dann wäre es einfach, dann wüsste man sofort was hilft.

Ich wünsche dir sehr, dass du deinen Weg findest, wir helfen dir sehr gerne dabei! Wie gehst du nun weiter vor?
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
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Marika
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Re: Neu hier, völlig unvorbereitet

Beitrag von Marika »

Ich nochmal - zu den Hormonen:

Leider ist es total schwer, in den Hormonhaushalt ein zu greifen. Und: der Auslöser kann z.B der Hormonsturz sein, der beeinträchtigt die Botenstoffe im Gehirn. Die Hormone können sich wieder einpendeln, nur können sie leider so massiven Schaden bei den Botenstoffen anrichten, dass diese sich nicht mehr regulieren können. Daher helfen dann AD´s.

Also: der Hauptauslöser ist sicher der Hormonsturz - aber nicht zwingend das Behandlungsfeld. So einfach ist es leider nicht. Bei mir ist das der Fall. Der Hormonsturz hat massive Schäden im Botenstoffwechsel im Gehirn angerichtet, sie können sich nicht mehr selber regulieren. Meine Hormone sind (wieder) in Ordnung gekommen, aber nicht das Problem im Gehirn.

Es ist bei jeder Frau anders: Lass alles anschauen, Hormonstatus machen lassen, Schilddrüse, alle anderen Blutwerte um Defizite zu erkennen. Gleichzeitig hat mir mein Psychiater damals geholfen - mit Therapie und Medikament. Und nochmal, bei jeder Frau ist die Sachlage ganz individuell!
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
Mama Vier

Re: Neu hier, völlig unvorbereitet

Beitrag von Mama Vier »

Vielen Dank für eure Antworten.

Das klingt alles nicht nach schnell beheben können oder ner baldigen Lösung 😔

Welcher Endokrinologe wäre das denn in Hamburg? Hamburg ist für mich quasi nebenan.

Hat es das schonmal gegeben, das solche "schweren" Symptome sich einfach auch wieder gegeben haben nach dem Wochenbett?

Ich habe das Gefühl, das progestogel hilft minimal... Ansonsten verläuft alles wellenförmig.

Ich hätte eigentlich nicht ausschließen wollen, dass dieses Kind das letzte ist, aber mit dieser Erfahrung wird es das wohl auf jedem Fall bleiben. Das macht mich grad zusätzlich so traurig. Auch an diese wunderschöne Geburt kann ich gar nicht denken ohne gleich abzustürzen. Da war alles noch so glücklich und in Ordnung.

Ich habe morgen nochmal n Termin bei einem allgemein Arzt und Psychologen in einer Person. Allerdings hab ich eigentlich gar keine Hoffnung, daß der irgendwas tun kann. Was sollte er auch.

Bin seit Tag 1 alleine unter der Woche im Wochenbett, lade mir aber ab und zu Freundinnen ein um nicht allein zu sein.

Würde am liebsten schlafen und bedaure jedes Aufwachen sehr.
Mel
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Beiträge: 554
Registriert: 25:11:2018 13:07

Re: Neu hier, völlig unvorbereitet

Beitrag von Mel »

Liebe Mama Vier,
ich hatte heute morgen eine Nachricht angefangen zu schreiben, hatte aber keine Zeit diese zu beenden. In der Zwischenzeit haben Dir Marika und Celeste schon lieb geantwortet, aber ich schicke meine Nachricht trotzdem noch hinterher, auch wenn sich einige Dinge, die die beiden geschrieben haben, wiederholen:
schön, dass du hierher gefunden hast! Alle hier können nachvollziehen, wie es dir geht... wir wissen, wie schrecklich sich das alles anfühlt. Eine Erklärung dafür, warum das passiert, ist leider nicht so einfach. Es wird vermutet, dass viele Faktoren (hormoneller Umschwung, frühere Traumata oder psychische Erkrankungen, Komplikationen bei der Geburt oder in der Schwangerschaft, familiäre Vorbelastung und viele andere psychosoziale Faktoren der Grund sein können). Die Betonung liegt auf KÖNNEN. Letztendlich weiß man es nicht so genau, aber wir sind uns hier zum Teil sehr einig, dass die Hormone eine große Rolle spielen bzw. ein wichtiger Auslöser sind.
So, und nun muss ich deinem Arzt sehr deutlich widersprechen. Es gibt Hilfe in Form von Pychotherapie, Verschiedenen Hilfen durch die Krankenkasse oder über das Jugendamt, Beratungsstellen, und nicht zuletzt, und das oft auch zu einem großen Anteil, durch die passenden Medikamente.
Soweit ich weiß, gibt es einige Medikamente, die Stillverträglich sind, zum Beispiel Sertralin- du kannst dich da an Embriotox wenden- die kennen sich oft besser aus als die Ärzte vor Ort.
Und wichtig ist dann auch ein wirklich guter Psychiater, der sich mit dem Thema auskennt (Psychologen und Allgemeinmediziner haben da oft viel zu wenig Ahnung!!)
Du musst leider ein wenig Durchhaltevermögen und Geduld haben um für dich das richtige zu finden. Hole dir hier ruhig soviel Unterstützung, wie du brauchst.
Alles Liebe
Mel
PPD seit Juli 2017, seitdem Mirtazapin 15mg
(Mit Unterbrechung), dann 30mg Mirtazapin und Opipramol 75mg,
Seit Sept. 2019 Sertralin,
mittlerweile 200mg und 15mg Mirtazapin.
Opipramol ausgeschlichen
Elisabeth77

Re: Neu hier, völlig unvorbereitet

Beitrag von Elisabeth77 »

Hallo, wie bereits geschrieben, können die Ursachen für eine psychischer Erkrankung sehr vielfältig sein...die Frage nach dem "Warum?" ist daher oft sehr anstrengend und kann dauern. Meist ist es ein Zusammenwirken unterschiedlicher Faktoren, die einen Menschen verletzlich für eine psych. Erkrankung machen. Es ist aber nicht so, dass du diese Frage beantwortet haben musst, um eine Besserung zu erfahren. Ein passendes Medikament kann dir helfen, ohne dass du bereits warum bei dir die Erkrankung ausgebrochen ist. Daher fände auch ich den zeitnahen Gang zum Psychiater sehr sinnvoll (nicht Psychologe). Der Psychiater kann sich wenn nötig auch mit Embryotox kurz schließen bzgl. Med und Stillen, wobei viele Psychiater bereits Erfahrung mit der Thematik haben. Das die Aussage, dass man keine Med. beim Stillen nehmen darf falsch ist, wurde ja bereits mehrmals geschrieben. Ich finde es wirklich unverantwortlich, dass solche Aussagen von Ärzten getroffen werden.
Wenn die Ängste bei mir sehr groß wurden und ich mich regelrecht darin verrannt habe, mit allen körperlichen Begleitsymptomen, hat es mir geholfen bei der Telefonseelsorge anzurufen, zu mailen, im Forum zu schreiben etc.
Du bist aktuell in einer akuten Krise, diese wird auch wieder aufhören! Eine Krise hat immer einen Anfang und ein Ende. Dein Leben ist nicht unwiderruflich kaputt! NEIN! Du hast dich hier im Forum angemeldet, du sprichst mit deiner Hebamme, d.h. du bist schon dabei dir Hilfe zu suchen, das ist großartig. Mach weiter!
Nelli
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Beiträge: 291
Registriert: 20:06:2018 1:55

Re: Neu hier, völlig unvorbereitet

Beitrag von Nelli »

Hallo Du!
Ich weiß, dass es besonders schlimm für dich ist, wie plötzlich dich diese Krise trieft, aber:
das bedeutet auch, dass du eigentlich einen ganzen Vorrat an positiver Energie beherbergst, du hast jetzt keinen Zugriff darauf,
wegen der Krankheit (ganz wichtig: eine Krankheit und entsprend ernst zu nehmen, nicht werten), aber er ist nicht weg. Du wirst wieder anknüpfen können an dieses Glück, deine Stärke reaktivieren können.
Gib dir Zeit, nimm dir Hilfe, auch und gerade privat (Haushalt, Kinderbetreuung, etcetera)!!! Wende dich an Fachleute.
Ich kenne diese Sehnsucht nach dem Schlaf so gut! Er war die Erlösung, und dann der Schock am Morgen...
Du schaffst das!
Nelli
Jari

Re: Neu hier, völlig unvorbereitet

Beitrag von Jari »

Hallo Mama Vier,

ich konnte gerade nicht alle Antworten durchlesen, die Du schon bekommen hast (keine Zeit gerade, hole ich aber nach). Also auf die Gefahr hin, dass es Wiederholungen gibt:
Ich würde unbedingt zu einer Psychiaterin gehen und nicht zum Allgemeinarzt. Gibt es denn auf der Schatten- und Licht-Expertenliste jemanden, der bei Dir in der Nähe ist? Oder die Ambulanz einer Klinik, die vielleicht mehr Fachkompetenz haben, als ein "Wald- und Wiesenpsychiater"? Ich finde es wichtig, jemanden zu haben, dem das Thema "Krise rund um Schwangerschaft, Geburt und Muttersein" nicht fremd ist.

Es gibt etliche Medikamente, die sich sehr wohl mit dem Stillen vereinbaren lassen. Ich selbst stille auch mit Medikamenten, fühle mich gut und kompetent von meiner diesbezüglich sehr erfahrenen Ärztin beraten, die mir ausdrücklich zum Weiterstillen geraten hat.

Vielleicht kannst Du mit einer der ehrenamtlichen Beraterinnen von Schatten & Licht (ebenfalls siehe Liste) mal telefonieren? Mir hat das bei allen drei PPDs sehr geholfen, da ich mich nicht so allein damit gefühlt habe, wenn ich gefühlt keinen Boden mehr unter den Füßen hatte.

Alles Gute Dir!

Herzliche Grüße,
Jari
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