Der erste Urlaub

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

Moderator: Moderatoren

Celeste

Der erste Urlaub

Beitrag von Celeste »

Guten Morgen ihr Lieben,

gestern bin ich an der Ostsee angekommen.

Nun sitze ich hier mit Panikattacken. Ich bin schockiert.
Mir ist übel. Ich kann nichts essen.

Ich bereue es hergekommen zu sein. Mir geht es richtig schlecht.

Was mache ich jetzt nur??
Claudia

Re: Der erste Urlaub

Beitrag von Claudia »

Liebe Celeste,

das tut mir sehr leid!
Versuche Dir zu sagen, dass es vorübergehen wird. Morgens war bei mir die Angst immer am stärksten, also das bekannte und gemeine Morgentief.

Vielleicht hilft es Dir, am Strand im Wind zu stehen und den Wellen zu lauschen? Oder einfach etwas spazieren gehen? Meine Therapeutin sagte mir damals, ich solle versuchen, morgens einfach irgendetwas zu tun, mich ablenken.

Oftmals ging es mir ab mittags besser und abends war es dann fast wieder richtig gut. Vielleicht kannst Du Dich an diesem Gedanken festhalten?

Ich wünsche Dir von Herzen, dass es schnell besser wird!

LG
Claudia
Benutzeravatar
Marika
power user
Beiträge: 9949
Registriert: 04:06:2005 16:05

Re: Der erste Urlaub

Beitrag von Marika »

Lass dich drücken... hast du ein Notfallmedikament dabei?

Ansonsten wie meine Vorrednerin schon geschrieben hat... auch wenn es schwer ist. Versuch dich abzulenken. Wie geht's die inzwischen?
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
Celeste

Re: Der erste Urlaub

Beitrag von Celeste »

Hallo 👋🏻

Ich bin eurem Rat gefolgt und habe versucht mich abzulenken. Ich war am Strand ( der zum Glück nur 200m von unserem Ferienhaus entfernt ist. Ich hätte nämlich kein Auto fahren können).

Es geht mit gerade ein bisschen besser.

Es hat mich wieder so überrannt. Heute morgen war ich sehr früh (5:45 Uhr) wach und unruhig. Obwohl alle anderen noch geschlafen haben. In den heftigsten Tiefs, fängt das bei mir immer so an. Wacht ihr in euren Tiefs auch immer so früh auf, obwohl ihr noch schlafen könntet?

Irgendwann wurden die anderen auch wach und ich saß im Wohnzimmer auf der Couch. Mein Sohn erzählte mir was und ZACK .... ein eiskalter Angstzustand überkam mich. Wie aus dem Nichts - als würde jemand eiskaltes Blut in mich reinpumpen. Ein Schauer von oben bis unten. Dann Übelkeit, Ohnmachtsgefühle, Kontrollverlust, heftige Panik und keinen Bissen runterbekommen.

Dann kamen wieder die Gedanken, dass ich wohl nie wieder ein normales Leben führen werde und ich für immer in eine Klinik muss. Hinzu hatte ich starke Schuldgefühle meinen Kindern gegenüber. Mir tat es so leid, dass es mir so ging, obwohl sie es nicht mitbekommen haben.

Kennt niemand diese Angstschauer mit diesen Symptomen? Fühle mich total einsam damit 😢

Am 24.8 werden es 12 Monate PPD. Ich dachte, die Symptome schwächen irgendwann ab. Pustekuchen ☹️
Claudia

Re: Der erste Urlaub

Beitrag von Claudia »

Genauso fühlten sich meine Tiefs auch immer an, wirklich ganz genauso.
Ich bin dann auch immer sehr früh wach geworden und konnte vor lauter Unruhe nicht mehr liegen bleiben
Dann gingen die Gedanken los und ich war ganz schnell in der Abwärtsspirale. Auch dieses mit dem Schauer kenne ich genauso.

Ich freue mich sehr, dass es Dir etwas besser geht. Das ist ein sehr gutes Zeichen.
Claudia

Re: Der erste Urlaub

Beitrag von Claudia »

Ach so, was mir auch gerade eingefallen ist:

Bei meinem letzten schlimmen Tief 2017 hatte ich zuvor 1 Woche Urlaub mit meiner besten Freundin an der Nordsee geplant. Mir ging es sooo schlecht, aber wir sind trotzdem gefahren. Wir haben jeden Tag etwas unternommen, und tatsächlich ging es mir nach ein paar Tagen immer besser!

Ich hoffe, dass es bei Dir auch so wird! Ich glaube, Ablenkung ist wirklich eine gute Strategie, und auf einmal merkt man, dass manche Situationen tatsächlich schön waren. Und die werden dann immer mehr!
Mel
power user
Beiträge: 554
Registriert: 25:11:2018 13:07

Re: Der erste Urlaub

Beitrag von Mel »

Hallo meine Liebe,
du weißt wie es die ersten Zwei Jahre bei mir war. Urlaub war der reinste Horror. Aber es wird von Jahr zu Jahr besser und bei mir war es so lange so schwierig weil ich keine passende Medikation hatte!
In einem Jahr wird es bei dir wieder ganz anders aussehen, ganz ganz sicher!
Das schlimmste ist ja eigentlich, dass man in einer schönen Umgebung ist und das gar nicht genießen oder schätzen kann. Stattdessen macht einem der Ortswechsel und die fehlende Struktur nur noch mehr Angst. Ich denke fast alle hier kennen es, wie fürchterlich das Wegfahren ist.
Versuche dich so gut wie möglich auszupowern und dann zu entspannen (ist fast unmöglich, ich weiß). Aber mir hat am Anfang geholfen, mich zwischendurch einfach auf dem Rücken auf den Boden zu legen, um mich etwas zu entspannen. Und vielleicht im Notfall eine Tavor oder Promethazin/ Atosil? Hast du sowas dabei?
Ich drück dich aus der Ferne!!
Mel
PPD seit Juli 2017, seitdem Mirtazapin 15mg
(Mit Unterbrechung), dann 30mg Mirtazapin und Opipramol 75mg,
Seit Sept. 2019 Sertralin,
mittlerweile 200mg und 15mg Mirtazapin.
Opipramol ausgeschlichen
Celeste

Re: Der erste Urlaub

Beitrag von Celeste »

Hallo ihr Lieben ☀️

Ja, ich habe Promethazin dabei. Da es aber so unendlich müde macht, kann ich es nur abends nehmen.

Marika, wie haben sich deine Panikattacken angefühlt?
Celeste

Re: Der erste Urlaub

Beitrag von Celeste »

Guten Morgen ☀️

Es ist 07:15.
Alle schlafen noch und ich liege wieder unruhig im Bett und fühle Seelenschmerz und Übelkeit. Ich fühle mich, als hätte ich die Nacht durchgemacht. Obwohl ich zeitig ins Bett bin, bin ich überhaupt nicht erholt.

Erst jetzt merke ich, welch großen Fortschritt ich gemacht hatte. Auch wenn ich noch lange nicht gesund war, hatte ich doch einen größeren Schritt nach Vorne gemacht als gedacht.

Das Morgentief war sehr viel besser. Nun ist es wieder voll da.

Ich bin traurig. Ich war immer so so gerne an der Ostsee. Ich fühle mich sonst immer so wohl hier und nun ist alles so schrecklich.

In so einem Tief, habe ich so ein Mitleid mit meinen Kindern, dass mir das das Herz bricht. Warum ist das so? Das ist ein Gefühl, welches ich als Kind schon hatte und auch früher bei Liebeskummer. So ein unglaublicher Stich ins Herz.

Ich würde gerne dahinterkommen, woher dieser Schmerz rührt. Hat jemand eine Idee?

Ansonsten entschuldige ich mich, dass ich nun wieder auf euren Zuspruch angewiesen bin. Ich hatte mit einem solchen Rückfall überhaupt nicht gerechnet
6packannie

Re: Der erste Urlaub

Beitrag von 6packannie »

Hey Celeste,

hier ist es gerade ähnlich...
Immer, wenn ich meine, ich bin drüber weg, haut es mich nach Tagen ja sogar mehreren guten Wochen plötzlich wieder um.

Die Angst vor der Angst macht sich bei mir breit und ich habe dann vor allem morgens Magen-Darm-Probleme, kein Appetit, Unruhe... das ganze Programm. Habe dann Angst vorm Tag oder anstehenden Unternehmungen etc. Angst vorm Alleine sein (mit Baby). Meine Maus ist ja auch letztes Jahr im Sommer geboren.

I feel you - fühle Dich ganz doll gedrückt... wir schaffen das schon, oder?!

Können uns die anderen Hoffnung machen?! Bzw habt ihr Tipps gegen das Morgentief?


Liebe Grüße 💕
6packannie

Re: Der erste Urlaub

Beitrag von 6packannie »

Hab mir gerade Rescue-Tropfen aus der Apotheke gekauft...
Kennst Du Dich damit aus?!
Benutzeravatar
Marika
power user
Beiträge: 9949
Registriert: 04:06:2005 16:05

Re: Der erste Urlaub

Beitrag von Marika »

Hallo ihr Lieben,

@6pack: Bachblüten haben mir immer sehr geholfen, sehr gute Idee! Ergänzend zu meinem AD und Therapie habe ich viel von Alternativen Methoden profitiert.

@Celeste: meine Panikattacken haben sicher immer mit Übelkeit, kalt schwitzen Herzrasen, Durchfall angekündigt. Dann gings weiter mit einem extremen Kältegefühl - es war als würde mein gesamtes Blut aus meinem Körper verschwinden und durch Eis ersetzt werden … also ähnlich wie bei dir. Dann Tunnelblick, ich habe nur noch meinen viel zu schnellen Atem gehört und zuletzt das schreckliche Gefühl "ich sterbe jetzt". Am Gipfel der Panikattacke war ich komplett bewegungslos, stocksteif - ich konnte mich nicht mehr bewegen. Dann beim Abebben der Attacke veränderte sich zuerst der Tunnelblick wieder in "normal", ich konnte mich langsam wieder bewegen und mir wurde wärmer... also alles kam langsam wieder. Danach war ich total erschlagen, meist hatte ich extreme Kopfschmerzen.

Man sagt ja oft, mal soll versuchen - wenn man merkt es kommt eine Attacke - sich aus zu powern. Z.B. rennen - das geht auch auf der Stelle. Ist aber gar nicht so leicht, wenn man in der Situation steckt. Mir hat auf jeden Fall regelmässig Sport geholfen, generell die ganzen Stresshormone gut ab zu bauen und niedrig zu halten. Das hat sich wirklich sehr positiv auf mein Gesund werden ausgewirkt. Als mein Sohn noch klein war, hatte ich einen Hometrainer, da bin ich dann einfach drauf und hab ein gemacht so lange es halt ging. Später dann bis heute habe ich Fitness DVD´s für mich gefunden, die ich noch heute sehr gerne und regelmäßig daheim mache. Ich bin eine Indoor Sportlerin.... :D

Zu diesem Schmerz - Gefühl: Ich kenne und kannte das auch schon immer. Bei mir ist es definitiv, weil ich sehr emphatisch bin (wie so viele hier) und ein sehr soziales Grunddenken habe. Dazu kommt ein gewisser Perfektionismus: Z.b.: Im Urlaub muss alles perfekt sein, schließlich MUSS das ja die schönste Zeit im Jahr werden. Aber mit so hohen Ansprüchen, scheitert man mit Sicherheit. Fragt mal nach wie viele sich gerade im Urlaub streiten bis hien zur Trennung... die zu hohen Erwartungen stellen uns da ein Bein. Und dann ist die Endtäuschung riesig und der "Weltschmerz" auch... besonders auf mich hat zugetroffen, heute ist es sehr viel besser... kann aber immer noch hin und wieder auftauchen. Wichtig ist nur, dass ich gelernt habe diesen Mechanismus zu erkennen und zu stoppen.

Zum Tief im Urlaub: auch wenn man an einem schönen Ort ist und eigentlich "glücklich sein muss" darf man nicht vergessen, was für ein Stress dem vorausgegangen ist... Packen, hinfahren, alle auf einem Haufen, den Anspruch "das wird jetzt die Zeit des Jahres"... dieser Druck verursacht den meisten von uns ein Tief. Auch wenn man es so gar nicht wirklich wahrnimmt diesen "Urlaubsstress" - so ist er dennoch Gift für unser noch so sensibles Gefüge nach einer PPD. Da reicht es völlig, wenn z.b. plötzlich alle Familienmitglieder auf einem Haufen sind. Ich hatte z.B noch längere Zeit nach meiner PPD ein regelmäßiges "Sonntagstief"...das heißt am Sonntag wenn alle da waren und mein Rhythmus anderes war, konnte das bei mir ein Tief auslösen. Ja - so sensibel regieren viele von uns noch lange nach einer PPD … die ersten 2 Jahre gingen wir gar nicht auf Urlaub, es wäre schlicht für mich nicht möglich gewesen... :!: :!: :!:
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
Celeste

Re: Der erste Urlaub

Beitrag von Celeste »

Hallo und guten Morgen ☀️

@6packannie: Mit Rescue Tropfen kenne ich mich leider nicht aus. Vielleicht sollte ich sie mal ausprobieren. Ich hoffe sehr, dass wir das alle bald geschafft haben.

Es ist so so anstrengend! Mir gehen langsam die Kräfte aus diese Tiefs zu überstehen.

Meine Morgentiefs waren so viel besser. Wenn ein Tief kam, hatte ich trotzdem kein Morgentief. Und jetzt ist es wieder voll da. Bin so unglücklich darüber.

Hast du auch diese schlimmen Schuldgefühle deinen Kids gegenüber?

@Marika: Du weißt ja liebe Marika, du bist mein absolutes Vorbild! Danke für all deine Ratschläge!

Wenn ein Tief kommt, fühlt es sich an, als würde ich alles verlieren. Es kommen richtige Existenzängste hinzu. Angst, meine Familie zu verlieren, Angst, mein Wohnraum zu verlieren und ein Fall für die Psychiatrie auf Dauer zu werden, Todesangst. Es fühlt sich an wie die Talfahrt auf einer Achterbahn. Nicht verglichen, sondern tatsächlich dieses Gefühl. Nur ohne Ende in Sicht.

Hat jemand auch solche Ängste?

Kennt das jemand?
6packannie

Re: Der erste Urlaub

Beitrag von 6packannie »

Hey Celeste,

ja, ich habe ganz furchtbare Schuldgefühle meinen Kindern und auch meinem Partner gegenüber.
Ist wohl typisch dafür, dieses Gefühl nicht mehr zu funktionieren und den Kindern keine gute Mutter mehr zu sein...

Auch einige Deiner Ängste teile ich - man hat in akuten Momenten das Gefühl, dass es nie wieder gut werden wird..
Habe dann gar keinen Blick mehr für Positives!

Ich habe vor allem Probleme mit mir und der Angst alleine zu sein bzw. hat sich die Angst vor der Angst mal wieder breit gemacht..

Es ist zum verzweifeln...
Celeste

Re: Der erste Urlaub

Beitrag von Celeste »

Hallo Annie,

ja, all die positiven Gefühle sind wie weggeblasen dann.

Momentan ist es morgens wieder am schlimmsten. Gegen Mittag viel besser. Ich war so froh, dass ich das Morgentief los hatte und nun ist es wieder da. So so blöd ☹️

Wie geht es dir momentan?

An alle gesunden Frauen:

Mein Gehirn hat wohl auf den ganzen Vorurlaubsstress, lange Urlaubsfahrt und Ortwechsel sehr extrem reagiert. Legt sich das irgendwann? Kann man irgendwann problemlos in den Urlaub fahren? Ich habe mir da wohl zu viel zugemutet. Wir sind ca. 9 Stunden Auto gefahren. Davon 3 Stunden Dauerstau mit 3 Kindern.
Antworten