Sertralin

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Kunsi
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Sertralin

Beitrag von Kunsi »

Hallo in die Runde,

ich habe mich vor ein paar Tagen bereits kurz vorgestellt. Ich habe eine wichtige Frage zu der Einnahme von Sertralin. Vor ca. 2,5 Monaten habe ich angefangen mit 25mg, vor rund 4 Wochen habe ich auf 50 mg erhöht. Zur Nacht nehme ich 7,5mg Mirtazapin. Da es mir nach wie vor sehr schlecht geht (fühle mich wie gelähmt und extrem erschöpft, mein Körper fühlt sich bleischwer an und kann kaum etwas spüren/fühlen), soll ich nun auf 75 mg erhöhen. Ich habe eine wahnsinnige Angst das Medikament weiter zu erhöhen, da ich die Gefühllosigkeit kaum aushalte. Tagsüber bin ich innerlich noch sehr unruhig, aber trotzdem fühle ich mich wie betäubt. Ich schlafe zwar, aber denke jedes Mal wenn ich aufwache, dass ich gar nicht geschlafen habe und bin komplett gerädert (normalerweise liebe ich den Morgen). Ich fühle mich der Situation einfach wie ohnmächtig ausgesetzt. Ich möchte den Psychiatern natürlich vertrauen, aber es fällt mir so schwer mich auf das Medikament einzulassen und an die positive Wirkung zu glauben. Hilft Sertralin wirklich oder wird man dadurch innerlich noch unruhiger? Ich möchte einfach wieder ich sein, Glück empfinden und mich nicht mehr so erschöpft fühlen.

Danke für eure Hilfe!

Liebe Grüße

Caro
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Marika
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Re: Sertralin

Beitrag von Marika »

Hallo Caro!

Schön dich kennenzulernen und danke für dein Vertrauen in uns.

Zu deiner Frage: Sertralin hat eine Antriebssteigernde Wirkung und beeinflusst den Botenstoff Serotonin im Gehirn positiv. Es ist bei Zwangsgedanken z.b. ein Mittel der Wahl. Da du es in sehr niedriger Dosis nimmst, ist es logisch dass dein Arzt es erhöhen will. Mit deiner jetzigen Dosierung und der schwere deiner Symptome ist es fast unmöglich eine Besserung zu erzielen. Daher bitte vertrau deinem Arzt.

Die Gefühllosigkeit kann von deiner Erkrankung kommen, es kann auch eine Nebenwirkung von Sertralin sein, weil dieses einfache zu niedrig dosiert ist. Wenn nämlich ein AD zu niedrig angesetzt ist, wird oft beobachtet dass die positive Wirkung nicht zum Tragen kommt, dafür aber die Nebenwirkungen die jedes AD am Anfang hat (meist kommt es in den ersten Wochen zu einer Erstverschlimmerung) nicht richtig abklingen. Man leidet dann quasi ewig an dieser Erstverschlimmerung, das war zum Beispiel bei mir ganz am Anfang der Fall, da ich mein AD zuerst vom Hausarzt bekommen habe und der sehr vorsichtig und niedrig dosiert hat. Mein Psychiater ist dann aber gleich rauf mit der Dosis und das war genau richtig. Ab da ging es dann langsam besser.

Ich litt wie du extrem unter Zwangsgedanken, auch ähnlich wie du schon mein ganzes Leben lang. Aber vor der Geburt war es nur leicht und ich konnte gut damit leben. Nach der Geburt aber brach alles zusammen und ich bekam eine schwere Wochenbettdepression mit Hauptsymptom Zwangsgedanken. Ich bekam dann Escitalopram (das ist deinem Sertralin sehr ähnlich), ebenfalls Mirtazapin aber 15 mg und dann Tavor für die ersten Wochen um die schwierige Anfangsphase mit der Erstverschlimmerung abzufedern. Ich musste Escitalopram 3x erhöhen um stabil zu werden. Gerade bei Zwangsgedanken braucht es sehr oft eine recht hohe AD Dosis. Scheu dich nicht davor, vertrau deinem Arzt. Diese Gefühllosigkeit hatte ich am Anfang auch, das wurde dann aber immer besser.

Du schaffst das liebe Caro, nimm das Sertralin so wie vom Arzt angeordnet. Mit 50 mg bist du meiner Meinung nach viel zu niedrig eingestellt. 75 mg sind dann schon besser, erfahrungsgemäß brauchen viele 100 bis 150 mg. Aber das könnt ihr dann Schritt für Schritt erarbeiten.
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
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Marika
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Re: Sertralin

Beitrag von Marika »

P.s. habe noch vergessen zu erwähnen, dass Sertralin am Anfang unruhig machen kann, das sollte aber dann mit der passenden Dosis verschwinden.
Liebe Grüße von
Marika

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schwere PPD 2005
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Bine79
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Re: Sertralin

Beitrag von Bine79 »

Hallo Caro,

ich kann mich Marika nur anschließen. Ich nehme selbst Sertralin seit 14 Jahren, mit wenigen Unterbrechungen! Es können Unruhezustände als NW auftreten, aber in erster Linie glaube ich, dass es Symptome der Erkrankung sind. Man muss eine bestimmte Dosis einnehmen, um eine positive Wirkung zu bekommen. Diese wird dann immer noch Geduld haben müssen, mit vielen Höhen aber auch Tiefs!
Ich z.B. bin, nachdem ich im Januar eine Reduzierung versuchte, von 50 mg auf 25 mg zurück auf 75 mg gegangen. Die erhoffte Wirkung kam diesesmal später als erhofft! Beim letzten Mal ging es schneller! Also ich bin nachwievor in den Startlöchern, weiter zu erhöhen, falls ich nicht die erwünschte Wirkung spüre! Dazu bin ich in einer Therapie und gebe auch da weiter Geduld hinein ( was mir wahrhaftig nicht immer leicht fällt, nach 14 Jahren !
Ich bin natürlich schon ein alter Hase ☺️, du möchtest alles schneller erreichen, doch leider geht das nicht, wie wir uns das wünschen!
Habe Geduld, vertraue deinem Arzt und gebe allem viel Zeit! Erhöhe erstmal und schaue ( mit Geduld ) wie es dir geht!
Alles Gute, Sabine
Jana
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Re: Sertralin

Beitrag von Jana »

Liebe Caro,
ich möchte auch noch ergänzen, dass die Tatsache, dass du nicht an die positive Wirkung glauben kannst, ein Symptom der Erkrankung ist. Ich habe damals hier im Forum gelesen, wie so viele Frauen berichtet haben, dass sie wieder gesund geworden sind und hatte sogar drei Personen im Freundeskreis die mit Medikamenteneinnahme wieder gesund geworden sind und trotzdem wollte mein Gehirn lieber glauben, dass es keine Aussicht auf Besserung gibt. Ich habe mir dann immer gesagt: wenn ich aufgebe, ist es sicher, dass mein Leben zerstört ist. Wenn ich die Medikamente ausprobiere, gibt es zumindest eine winzig kleine Chance, dass es noch irgendeine kleine Wendung in meinem Schicksal gibt.
Liebe Grüße von Jana

Beginn PPD 1. Kind Mai 22
Stabil seit September 22

Trimipramin 50 mg (abgesetzt)
Sertralin 100mg (seit Mitte April 2024 ganz abgesetzt)
Kunsi
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Re: Sertralin

Beitrag von Kunsi »

Ihr Lieben,

Ich sehe eure Antworten erst jetzt. 10000 Dank für eure Rückmeldungen und ganz generell für Eure Mega Arbeit, die ihr hier leistet.

Ich werde das Sertralin auf jeden Fall erhöhen, weil schlimmer als aktuell kann es mir fast nicht gehen. Danke, dass ihr mich daran bestärkt. Mein Problem ist einfach, dass ich die Depression so körperlich spüre. Das passt leider auch einfach fast zu 100 Prozent zu meinem Zwangsgedanken Long Covid zu haben. Also die ganz schwere Form, die die Betroffenen sowohl kognitiv als auch körperlich komplett lähmt und viele bettlägerig werden lässt. Ich habe viel zu viele Horrorgeschichten gesehen. Ich bin so krank erschöpft und kann an manchen Tagen kaum ein Essen zubereiten (kognitiv) und dann bekomme ich Panik und denke, dass ich nach Corona einfach nie wieder fit geworden bin. Das hört sich für euch vermutlich total bescheuert an, aber ich denke dann immer dass ich niemals eine echte Mama für meine Tochter sein kann, die die Energie zum Spielen hat. Ich kenne mich sonst eher als Menschen, der ganz viel Power hat, viel lacht und redet und vor allem Glück empfinden kann. Es wäre einfach zu schön, wenn die Depression mein wahres Ich nur verdeckt und ich in Wahrheit viel Energie und gar nicht Long Covid habe. Jetzt bete ich einfach nur, dass das Medikament besser wirkt. Danke, dass ihr das mit mir durchsteht.

Liebe Grüße

Caro
alibo79
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Re: Sertralin

Beitrag von alibo79 »

Hey kunsi, ich kann mir diese blöden Gefühle und Empfindungen so gut vorstellen. Wenn ich gesund bin, bin ich auch ein Mensch, der nur so vor Energie strotzt. Körperlich wahnsinnig viel Power und Kraft hat, das leben in vollen Zügen genießt, voller tatkraft und fast immer fröhlich usw. Das war in meinen Episoden aber auch komplett weg. Ich kann dich aber auch beruhigen, dass kommt alles wieder und durch meine Krankheit schätze ich mein Leben um so mehr. Nach zwei Episoden und mit zwei Kindern und Job und dem Alltag und auch dem Alter, dass ich jetzt habe, muss ich sagen ich muss mehr auf mich achten und kann nicht dauerhaft mehr Vollgas geben. Aber ich finde es nicht schlimm und völlig normal nicht unendlich stark zu sein.
Du bist auch eine super Mama, denn schau mal du bist wirklich krank und trotzdem versuchst du für dein Kind da zu sein. Und alles andere kommt mit der Zeit auch wieder zurück.
2014 schwere PPD mit Ängsten, 6 Monate Tagesklinik
2015- 2019 mirtazapin, erst 45mg ab 2017 langsam reduziert
Zwischendurch versuch mit citalopram, nach 2 Monaten abgesetzt, da starke Verschlimmerung der Depression
Anfang 2021 erneut schwere Depression wieder 45 mg mirtazapin zusätzlich noch quetiapin 150mg
Über Jahre zusätzlich noch psychotherapeutische Behandlung
Jana
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Re: Sertralin

Beitrag von Jana »

Liebe Caro, ich kann diesen Gedanken mit Long Covid auch gut nachfühlen. Dadurch, dass deine Gehirnchemie so durcheinander ist, kann dein Kopf im Moment nur in diese eine Richtung denken. Wenn du gesund wärst, wärst du in der Lage das ganze rationaler zu betrachten. Aber dafür sind wir jetzt da! :)
Bei mir war es auch sehr stark körperlich und kognitiv. Gekocht habe ich lange gar nicht und ich weiß noch wie ich, als es mir langsam ein bisschen besser ging, einen Salat gemacht hab und richtig stolz war. Ich war auch so unendlich erschöpft...
Du wirst wieder gesund!
Liebe Grüße von Jana

Beginn PPD 1. Kind Mai 22
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Kunsi
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Re: Sertralin

Beitrag von Kunsi »

Danke ihr beiden! Das hilft mir gerade so sehr durch diese Zeit ❤️
Kunsi
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Re: Sertralin

Beitrag von Kunsi »

Hallo ihr Lieben,

ich bin gerade in einer Tagesklinik um die Medikamente richtig einzudosieren. Vor einer Woche sind wir auf 75 mg hoch und seit 4 Tagen nehme ich 100 mg Sertralin. Ich merke, dass das Gewicht an meinem Körper deutlich leichter ist. Mein Körper ist auch viel fitter und ich bin nicht mehr so extrem erschöpft. Aber ich bin so unglaublich benebelt bzw. betäubt. Mir ist alles so egal. Ich sehne mich so sehr nach einem Glücksgefühl. Hier in der Klinik ist eine andere Mama, die sich total auf ihr Baby gefreut hat und quasi aus der Klinik rausgerannt ist, als ihr Kind draußen gewartet hat. Genau das fehlt mir. Diese Vorfreude. Momentan kann ich sie nur für Essen empfinden 😂 War das bei euch ähnlich? Ich weiß dass ich mir noch mindestens eine Woche geben muss, bis ich wirklich die Wirkung vom Sertralin spüren kann. Aber ich würde einfach gern wissen, ob ich wohl auf dem richtigen Weg bin. Es ist so schwer diesen betäubten Zustand auszuhalten.

Liebe Grüße

Caro
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Marika
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Re: Sertralin

Beitrag von Marika »

Hallo Caro!

Ich denke, dass es eine sehr gute und vielversprechende Entwicklung ist. Es geht dir besser, das zeigt dass Sertralin langsam anfängt zu wirken. Das freut mich sehr. 😀

Das beneblte Gefühl ist sehr wahrscheinlich noch eine NW die aber bald verschwindet. Die meisten kennen dieses Gefühl in den ersten Wochen mit AD. Daher: versuch Geduld zu haben, das Glücksgefühl wird kommen. Vielleicht schneller als du denkst.

Auch ich kenne dieses beneblte Gefühl. Aber ich weiß auch heute noch das erste überwältigende Glücksgefühl als ich mein Kind ansah... ich musste lange 4 Monate darauf warten. Aber dafür war es das schönste was ich je erlebt habe und ich bekomme noch heute 17 Jahre später, immer noch Gänsehaut.😍

Bleib drann, ich bin überzeugt dass die Richtung stimmt. Und vergleich dich nicht mit anderen, jede Situation ist anders.
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
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Re: Sertralin

Beitrag von Kunsi »

Vielen Dank Marika 😊 Ich versuche durchzuhalten!
Jen
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Re: Sertralin

Beitrag von Jen »

Oh man. Das Gefühl sich über das Essen zu freuen, kenne ich auch aus meiner Zeit in der Klinik.
Die Highlight des Tages für mich. Besonders das Frühstück und der Kaffee.

Aber nach und nach kamen dann auch viele weitere Glücksgefühle dazu.
Übers Essen freue ich mich weiterhin 😂

Bleib dran!

Alles Liebe Jenni
12/20 1. Geburt PTBS / Ängste
Aktuell bei 10 mg Escitalopram
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