Hilfe! Tief, Rückfall oder Tachyphylaxie?

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

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Merle89
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Hilfe! Tief, Rückfall oder Tachyphylaxie?

Beitrag von Merle89 »

Hallo in die Runde,
Ich lese schon seit einer ganzen Weile viele eurer Beiträge mit und fühle mich immer getröstet. Nun geht es mir aber wieder einmal schlecht und da habe mich entschlossen mich zu trauen und auch mal zu schreiben.

Zu mir: ich leide seit einigen Jahren an Angst- und Zwangsgedanken, ich war aber über Jahre stabil bis ich mich 2021 völlig überarbeitet habe und die Ängste wieder kamen. Dann war ich kurz in einer Klinik um zum ersten Mal ein AD zu bekommen (75mg sertralin). Das hat mir auch sehr gut geholfen und habe auch eine Therapie gemacht und nach einem Jahr habe ich es über mehrere Monate ausgeschlichen und war dann direkt schwanger (sehr gewollt). Während der Schwangerschaft hatte ich dann zum ersten mal eine Art traurige Einbrüche über je 1-2 Wochen gehabt und das gleich zweimal. Gut habe ich gedacht - vielleicht ist das noch die Nachwirkung vom absetzten oder die Hormone und weiter gemacht. Im Dezember 2023 kam dann mein unfassbar süßer kleiner Sohn zur Welt. Und dann ging alles Schlag auf Schlag (Umzug in eine neue Gegend in ein unfertiges Haus, überraschender Tod des Schwiegervaters, neuer Job meines Mannes …) und ich bin im März 2024 wieder zusammengebrochen (Diagnose: generalisierte Angststörung). Also habe ich wieder sertralin eingeschlichen und bin jetzt wieder bei 75mg und nach einem Monat habe ich bereits eine deutliche Besserung gemerkt sodass ich meinen Alltag wieder auf die Reihe bekommen habe. Bei Bedarf habe ich am Anfang mal Tavor genommen und habe jetzt noch Promethazin wenn ich mal nicht schlafen kann. So ging es mir Monat für Monat besser und seit gut 3 Monaten auch wieder richtig spitze - ich habe wieder geschlafen und das auch ohne Promethazin! Und auch meine Therapie mache ich ganz brav weiter ;)

Seit drei Tagen allerdings fühle ich mich plötzlich wieder richtig mies. Wie so ein trauriger Einbruch aber auch die Ängste sind wieder da. Noch komischer ist das es mir nicht den ganzen Tag so geht - es sind auch immer wieder ein paar gute Stunden dabei und dann geht’s wieder los: grübeln, Ängste, Bauch, Überforderung, neben mir stehen. Ich verstehe gar nicht was los ist? Es fühlt sich so hinterhältig an.
Kennt ihr das? Geht das von allein wieder weg? Muss ich jetzt neue medis nehmen (ich stille auch noch)? Ich habe auch große Angst das das sertralin plötzlich nicht mehr wirkt (Tachyphylaxie). Geht das schon nach so kurzer Zeit?
Ich habe in anderen Beiträgen schon von Tiefs gelesen. Hört sich das für euch wie ein Tief an oder bin ich wieder in einem Rückfall?

Ich würde mich sehr über eure Erfahrungen und/oder aufmunternde Worte freuen.

Alles liebe, Merle
alibo79
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Re: Hilfe! Tief, Rückfall oder Tachyphylaxie?

Beitrag von alibo79 »

Hallo Merle, ich melde mich kurz eben bei dir, da ich gleich noch mit den Kindern los muss.
Also ich glaube nicht, dass dein Medikament plötzlich nicht mehr wirkt, das halte ich für sehr unwahrscheinlich. Ich glaube eher, dass ein tief sein kann, das wäre sehr typisch, auch wenn es dir vorher stetig aufwärts ging. Gab es besonderen Stress bei dir? Bist du vielleicht Kurz davor die periode zu bekommen? Das wären so die Klassiker für ein tief.
Stelle gerne deine Fragen oder sonstiges was du auf dem Herzen hast, hier darfst du ganz offen sein, du bist mit deiner Geschichte willkommen und brauchst keine Angst vor Verurteilung haben!😊💚
2014 schwere PPD mit Ängsten, 6 Monate Tagesklinik
2015- 2019 mirtazapin, erst 45mg ab 2017 langsam reduziert
Zwischendurch versuch mit citalopram, nach 2 Monaten abgesetzt, da starke Verschlimmerung der Depression
Anfang 2021 erneut schwere Depression wieder 45 mg mirtazapin zusätzlich noch quetiapin 150mg
Über Jahre zusätzlich noch psychotherapeutische Behandlung
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Marika
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Re: Hilfe! Tief, Rückfall oder Tachyphylaxie?

Beitrag von Marika »

Hallo!

Ich schließe mich Alibo an. Und dann ist mir deine Sertralin Dosis mit 75 mg aufgefallen: das ist eine eher geringe Dosis und es ist noch viel Luft nach oben. Es ist möglich, dass du etwas mehr bräuchtest um nachhaltig stabil zu werden.

Ich glaube auch nicht, dass es sich um einen Gewöhnungseffekt handelt, davon könnte man erst reden, wenn man mit der Höchstdosis nicht gesund wird. Du bist nicht mal bei der Hälfte der höchstmöglichen Dosis. Daher ist es eher eine Unterdosierung, die abgeklärt gehört.

Mit fällt auf, dass viele Frauen hier sehr lange 75 mg Sertralin bekommen und mehr schlecht als recht durchkommen. Es zeigt sich auch, dass Dosen von 100 mg bis 150 mg am besten zu einer Stabilität führen. Natürlich ist das alles sehr individuell und immer mit dem Arzt zu besprechen.

Generell sind solche Tiefs aber auch mit AD oft sehr lange zu beobachten. Mein letztes schlimmes Tief hatte ich 1,5 Jahre nach Ausbruch der PPD. Das also ist absolut keine Seltenheit. Ich würde mit dem Arzt die Sertralin Dosis besprechen.
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
Merle89
Beiträge: 5
Registriert: 14:04:2024 3:56

Re: Hilfe! Tief, Rückfall oder Tachyphylaxie?

Beitrag von Merle89 »

Hallo ihr beiden, ganz ganz lieben Dank für eure schnellen Antworten! Das hat mir sehr geholfen <3
Ich kann meine gedanken zu mir selbst in solchen Situationen leider immer ganz schlecht sammeln und packe es dann oft nicht zu antworten 😩 sondern nur zu lesen aber das dann gleich 20 mal …
Habt ihr denn nach solchen Tiefs immer aufdosiert?
Habt ihr trotz der Tiefs angefangen zu arbeiten? Habt ihr mit der Zeit Strategien gehabt diese Tiefs eher zu erkennen und zu verkürzen bzw. geht das überhaupt?
LG Merle
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