Zweites Kind, zweite PPD…

Hier können sich unsere Mitglieder vorstellen

Moderator: Moderatoren

Antworten
Christei
Beiträge: 2
Registriert: 14:10:2024 13:59

Zweites Kind, zweite PPD…

Beitrag von Christei »

Hallo liebe „Mitleidenden“,
Nach einigen Wochen stillen Mitlesens möchte ich mich auch kurz vorstellen.
Ich bin Christina, 38 Jahre alt und habe zwei Kinder (4,5 J. und 8 Monate).
Während meiner ersten Schwangerschaft (lang ersehntes Wunschkind) bekam ich plötzlich ein Flimmern auf dem linken Auge. Nach viel Diagnostik stellte sich letztlich heraus, dass ich ein Aderhauthämangiom (ein gutartiger Gefäßtumor hinter der Netzhaut) habe, das durch SS-Hormone beeinflusst Flüssigkeit absondert, die als „Blase“ meine Netzhaut abhebt. Daraus resultieren verschiedene Sehstörungen.
Die Geburt meiner Tochter war schlimm und lang, und als die Beschwerden nach der Entbindung nicht komplett weggingen und auch nicht behandelt werden konnten, kam die PPD. Ich konnte nicht mehr schlafen, hatte nur noch Angst, massive Unruhe… Ich habe dann abgestillt und etwas um Schlafen verordnet bekommen. Und nach und nach gingen die Symptome zurück.
Nach 3 1/2 Jahren dann der Entschluss, trotz aller Risiken ein zweites Kind zu bekommen. Diesmal sollte alles anders werden: ich habe mittlerweile eine tolle Augenärztin, und mit speziellem Laserverfahren lassen sich die Symptome am Auge ganz gut behandeln (komplett „weggehen“ wird es nicht mehr). Ich hatte mich super auf die Geburt vorbereitet und durfte eine wunderbare, selbstbestimmte Geburt erleben. Mein Sohn war da, und ich für ca. 4 Wochen auf Wolke 7. Ich war so glücklich und froh, das Wochenbett nochmal richtig genießen zu können.
Es sollte wieder anders kommen.
Retrospektiv habe ich, weil es mir so gut ging, das ganze Wochenbett nicht ernst genommen. Meine Mutter ist kurz bevor ich schwanger wurde verstorben und ich habe mich 7 Tage nach Entbindung zum
Notar geschleppt um mein Elternhaus zu verkaufen. 4 Wochen später war ich Trauzeugin auf der Hochzeit meiner besten Freundin. Die Liste ist lang, was ich alles möglich machen wollte.
Zwei Monate nach der Geburt hatten sich die alten Sxmptome nach und nach wieder eingeschlichen. Staeker Druck, massive Schlaflosigkeit und massive Ängste.
Ich nehme mittlerweile Mirtazapin 15 mg Abends ein und kann wieder schlafen. Es gibt auch schon wieder gute Tage, aber irgendwie lässt mich diese Episode nicht los. Immer wieder Überforderung im Alltag mit beiden Kindern, immer wieder Unruhe, und wenn sich das steigert, Sinnlosigkeit, Wut auf mich, meinen Mann, viel Ungeduld mit meinen Kindern…
Ich verstehe es einfach nicht. Alles war so super. Jetzt ist seit fast einem halben Jahr wieder diese Depressionen da, die mich nicht loslässt. Ich verstehe das einfach nicht und bin so traurig und enttäuscht von mir selbst. Dass ich es wieder nicht hinkriege. Ich wollte so gerne noch einmal Mutter werden, und ich liebe meine Kinder so sehr-und trotzdem kriege ich dieses Mama-von-zwei-Kindern sein nicht hin.:(
Vielen Dank fürs Lesen bis hierhin…
alibo79
power user
Beiträge: 1454
Registriert: 16:06:2021 11:15

Re: Zweites Kind, zweite PPD…

Beitrag von alibo79 »

Ein herzliches Hallo hier im forum.
Alles was du von dir erzählt hast, kennen viele, die hier im forum aktiv sind. Schlafstörungen, Traurigkeit, Wut, Verzweiflung usw war auch bei mir präsent. Auch diese Wut, warum es einen wieder erwischt hat, aber du kannst ja nichts dafür, es ist einfach eine Krankheit, die sich keiner ausgesucht hat. Gut ist, dass du schon aktuell in Behandlung bist und dass du im Prinzip die Krankheit von der 1. Ppd kennst. Was ich so gedacht habe, ob du mit deinem Arzt nochmal über die Medikamente reden willst. 15 mg mirtazapin ist nicht viel und vielleicht brauchst du etwas mehr, um die Genesung voran zu treiben. Machst du auch eine Therapie? Denn neben Medikamente, ist Therapie eine wichtige Säule für die Behandlung von Depressionen. Und natürlich auch die Entlastung zu Hause, mit 2 kleinen Kindern ist immer viel los, das weiß ich. Es ist manchmal schwer Pausen einzubauen. Trotzdem ist es total wichtig für sich zu sorgen.
Schreib alles was dir auf dem Herzen liegt, hier darfst du ganz offen sein, du wirst nicht verurteilt, sondern wir frauen hier werden dich verstehen und mental unterstützen!
Liebe Grüße
2014 schwere PPD mit Ängsten, 6 Monate Tagesklinik
2015- 2019 mirtazapin, erst 45mg ab 2017 langsam reduziert
Zwischendurch versuch mit citalopram, nach 2 Monaten abgesetzt, da starke Verschlimmerung der Depression
Anfang 2021 erneut schwere Depression wieder 45 mg mirtazapin zusätzlich noch quetiapin 150mg
Über Jahre zusätzlich noch psychotherapeutische Behandlung
Sternschnuppe2023
power user
Beiträge: 392
Registriert: 24:06:2023 12:42

Re: Zweites Kind, zweite PPD…

Beitrag von Sternschnuppe2023 »

Huhu du Liebe, ich kenne auch sehr gut, was du beschreibst. Bei mir waren es auch hauptsächlich Schlaflosigkeit, Unruhe und Druck auf der Brust. Ich habe jedoch nur ein Kind und kann mir vorstellen, dass es mit 2 Kindern nochmal herausfordernder ist. Meine Freundin (nicht an einer PPD erkrankt) war das erste Jahr mit 2 Kindern auch Land unter, wütend, ungeduldig und mit den Nerven am Ende. Ich denke, oft denken wir, bei anderen läuft alles gut. Aber so ist es oft gar nicht. Mama sein ist einfach extrem herausfordernd, schon mit einem Kind und besonders im ersten Jahr. Wir machen uns da glaube ich selbst viel Druck. Aber mit einer PPD ist es glaube ich nochmal besonders wichtig zu versuchen, sich ganz viel Entlastung zu suchen, wo irgend möglich. Gibt es bei dir da die Möglichkeit?
Mirtazapin nehme ich auch zum Schlafen und noch ein Haupt AD. Das musste auch mehrmals hochdosiert werden, bis ich gemerkt habe, jetzt wird es langsam 😊.
💚
Liebe Grüße
Mammsie
Beiträge: 79
Registriert: 26:05:2023 11:05

Re: Zweites Kind, zweite PPD…

Beitrag von Mammsie »

Du hast dir da auch einiges aufgehalst. Mutter verstorben, Haus verkauft, Hochzeit....und das alles in einer Zeit, in der du nur auf dich und das neue Menschlein achten solltest. Natürlich ist das die Idealvorstellung, aber du hattest echt viel zusätzlichen Stress und die Energie reicht eben nicht für alles.
Du merkst jetzt, dass es viel zu viel war.
Es wird besser werden, du schaffst es. Die Kraft und Freude werden zurück kommen. Mache dir kleine Ziele, belohne dich so oft es nur geht, sei gnädig mit dir.
Christei
Beiträge: 2
Registriert: 14:10:2024 13:59

Re: Zweites Kind, zweite PPD…

Beitrag von Christei »

Hallo ihr Lieben,
ich danke Euch sehr für Eure Antworten.
Es tut gut, sich einfach mal alles von der Seele zu schreiben und auf Menschen zu treffen, die das verstehen.

Es stimmt, ich hatte und habe eine ganze Menge anderer Baustellen neben den Kindern. Gerade in der Vorweihnachtszeit kommt die Trauer um meine Eltern nochmal richtig hoch. Meine große Tochter freut sich unfassbar auf Weihnachten und will das natürlich richtig zelebrieren mit allem Drum und Dran und ich möchte ihr das nicht vermiesen, aber in mir drin ist so gar nichts weihnachtlich. Mein Mann sagt, man müsse sich doch über das erste Weihnachtsfest zu viert mit unserem Sohn freuen, aber ich fühle es einfach nicht. Für mich ist diese Zeit einfach nur schrecklich und so überladen an Emotionen.

Ich war letzte Woche zusammen mit meinem Mann bei einem erneuten ambulanten Termin in Herten in der LWL und ich habe die Dosierung von Mirtazapin angesprochen. Die Antwort war: wenn das Schlafen wieder funktioniert und es auch wieder helle Tage gibt (die gibt es ja definitiv), dann ist das Medikament ausreichend dosiert. Unsere Erwartung daran könne nicht sein, dass alle traurigen Emotionen unterdrückt werden, und an Weihnachten gibt es eben viele davon.

Mein Mann will mir schon irgendwie helfen, aber Dinge, die mir wirklich helfen würden (Arbeitszeitreduzierung zB) kommen für ihn nicht infrage. Auch ein stundenweises Babysitting nicht ("Wir wollten ihn doch nie unter einem Jahr an Fremde abgeben!").
Bleiben zur Entlastung nur meine Schwiegereltern, aber seitdem ich "bekannt" gemacht habe, an einer Depression erkrankt zu sein, ist das Verhältnis sehr schwierig. Es wird halt so gut es geht "totgeschwiegen" und es wäre ihnen mehr als recht, wenn man nie wieder darüber reden würde. Wenn ich vor ihnen weine, heisst es "Bitte nicht vor den Kindern!". Ansonsten wird nicht wieder nachgefragt. Sie können und wollen es einfach nicht.
Deswegen fällt es mir so wahnsinnig schwer, ausgerechnet deren Hilfe anzunehmen, weil ich so wahnsinnig wütend werde wenn ich nur an die beiden denke. Sie sind ganz tolle Großeltern und die Kinder lieben sie, aber ich und meine Erkrankung sind absolutes Tabu und um Gottes Willen soll darüber nicht mehr gesprochen werden.

Insgesamt geht es mir wie gesagt schon deutlich besser, aber immer wieder bricht diese dunkle Wolke über mich herein, zum Beispiel heute, nachdem ich drei Abende mit den Kindern allein zuhause war. Es ist mir einfach zu viel, aber das versteht mein Mann einfach nicht. Er sagt, ich müsse doch "nur" Essen machen, und ins Bett bringen, er verstehe nicht woher das Gefühl der Überfordernung kommt. Ich für mich merke aber, wie meine Stimmung und mein Anspannungslevel über die Tage immer schlechter werden, bis ich wieder heulend auf dem Küchenboden sitze.

Kennt das jemand vielleicht aus der eigenen langsamen Genesung, dass sie Stimmung tage- manchmal wochenlang gut sein kann, man alles gut hinbekommt und man denkt es sei endlich überwunden, und dann bricht es wieder voll über einen herein? Ist das "normal"? Wie geht ihr mit dieser schrecklich-schönen Weihnachtszeit um, vor allem mit Kindern?

tausend dank fürs Lesen,
Christina
strollo
Beiträge: 57
Registriert: 05:05:2024 22:37

Re: Zweites Kind, zweite PPD…

Beitrag von strollo »

Liebe Christina,

es ist zwar schon etwas her, dass du geschrieben hast, aber vielleicht kannst du die Antwort doch gebrauchen.

Zu allererst ist es völlig normal, dass es immer wieder Tiefs gibt. Die kommen, wenn man sich übernommen hat - oder auch einfach mal so. Man kommt leider häufig in der Genesungsphase nicht drum rum. Trotzdem darfst du dir in Erinnerung rufen, dass Schwankungen gut sind, das heißt es geht bergauf und es gibt nicht nur schlechte Tage.

Ich muss sagen, dass mich deine Berichte richtig wütend gemacht haben. Deine Schwiegereltern wirst du nicht mehr ändern können, aber ich glaube Dein Mann braucht dringend eine Aufklärung von einer Fachperson, mit welcher Erkrankung ihr es da zu tun habt. Seine Unterstützung ist das A und O, es MUSS Entlastung her, es ist eine sehr ernstzunehmende und gefährliche Erkrankung.
Vielleicht habe ich es überlesen, aber hast Du eine TherapeutIn? Vllt könnte dort mal ein Angehörigengespräch stattfinden. Ansonsten könnte auch eine Beratungsstelle sowas übernehmen.

Berichte doch mal, wie es dir zu geht.
LG strollo
Antworten