Während meiner Depression war ich sogar ausgesprochen aggressiv - oder sagen wir besser "zickig". Ich wollte eigentlich nur meine Ruhe haben, am Liebsten gar nicht mehr da sein, aber das ging ja nicht. Ich hatte nicht nur das Neugeborene zu versorgen (was das geringste Problem war), sondern auch noch Mann, Hund, Haushalt und die damals zehnjährige Tochter.
Ich hatte es ja soo toll, musste nimmer arbeiten gehen, "nur" für die ganze Familie da sein - ich war einfach überfordert! Und wenn dann was net nach Plan lief (was läuft in einer Familie schon nach Plan?) und ich habe improvisieren müssen - da bin ich dann schon fast am Rande meiner Kraft gewsen. Und wehe, das Improvisierte war dann in meinen Augen net so perfekt wie das ursprünglich Geplante!
Ich habe geschimpft, geschrieen und geheult oder einfach gar nichts mehr gesagt. Oder einfach nur noch das Nötigste gemacht, denn es hatte ja in meinen Augen eh alles keinen Sinn...
Ich bin nicht der Typ, der schnell handgreiflich wird, aber in dieser Zeit habe ich die Älteste geohrfeigt und geschubst und meinem Mann eine heiße Tasse Kaffee ins Gesicht geschüttet

Wenn ich in dieser Situation in einem Umfeld gewesen wäre, das Gewalt akzeptiert - ich weiß nicht, was passiert wäre.
Ich denke, man ist in der psychischen Erkrankung schon anders als man "normalerweise" ist, aber nicht so sehr anders, als dass die Persönlichkeit nicht doch noch durchschimmern würde.
Man sagt immer:"Das fiele mir im Traum nicht ein!" wenn man sich etwas gar nicht vorstellen kann. Und wenn man sich gar nicht vorstellen kann, sein Kind zu misshandeln, wird man es auch in der Depression nicht tun.
Ich denke einfach, dass solche psychischen Ausnahmezustände genau wie Alkohol oder Drogen das, was in einem ist, noch verstärkt. Deshalb kann man nicht pauschal sagen, dass Frauen, die in der PPD sind, grundsätzlich ihre Kinder gefährden. Ein Auge drauf haben sollte man aber schon.