Neu hier mit großen Ängsten

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flowergirl

Neu hier mit großen Ängsten

Beitrag von flowergirl »

Hallo Ihr,
ich weiß gar nicht, ob ich hier richtig bin, aber ich versuchs einfach mal, zunächst mal meine Geschichte:

Ich bin 34 Jahre alt und habe seit vier Wochen eine Tochter. Sie war ein absolutes Wunschkind, es hat lange Zeit nicht geklappt, bis sich dann Anfang letzten Jahres herausstellte, dass ich Hashimoto habe und deswegen nicht schwanger wurde. Die Zeit bis dahin, etwa ein Jahr, war für mich sehr frustrierend, weil immer wieder schon nach 19-23 Tagen meine Periode eintrudelte und für mich die Welt zusammenbrach, zumindest für ein paar Tage, bis man wieder auf ein Neues hoffte. Mein Mann ist schon etwas älter, er machte mir anfänglich (sicher unbewusst) zusätzlich Druck, weil er meinte, er wollte noch vor 44 Vater werden, danach fühle er sich zu alt. Im Januar ist dann irgendwie der Knoten geplatzt, ich wurde mit Hormonen eingestellt, hörte auf, Temperatur zu messen und im ersten Zyklus ohne Stress klappte es dann, trotz einer minimalen Blutung war der Schwangerschaftstest positiv. Ich bin wie eine Irre hier durchs Haus gerannt und habe mich gefreut, mein Mann ebenso.

Dann fing ich jedoch umgehend an, mir wieder Sorgen zu machen. Ist die SS intakt? Bleibt das Kind? Die ersten zwölf Wochen waren höllisch, ich hatte wahnsinnige Angst, das Kind wieder zu verlieren. Dazu kamen Blutungen, die nur vom Muttermund kamen, aber jedes Mal war ich panisch, dass das Kind nicht bleibt. Erste Maßnahme war dann: kein Sex, weil ich danach immer blutete, minimal, aber ich konnte nicht anders. Insgesamt haben wir vielleicht maximal 8 mal in der Schwangerschaft miteinander geschlafen, ich immer mit schlechtem Gewissen, dass dem Kind was passiert.
In der 16. Woche hatte dann ein Kind aus meiner Umgebung Windpocken. Ich bin zur Abklärung des Titers zur Frauenärztin gefahren, die rief 3 Tage später an, sie müsse nochmal Blut abnehmen, es gäbe einen ungewöhnlich hohen Wert. Blanke Panik. Insgesamt dauerte, weil das Labor wohl etwas langsam zur WM-Zeit arbeitete ;-), die Auswertung ganze zwei Wochen. Ich wartete ständig auf Anrufe aus der Praxis oder rief selbst dort an. In der Zeit war ich dann auch nicht arbeiten, weil das Kind auf meiner Arbeitsstelle "verkehrte". Irgendwann bin ich dann persönlich in die Praxis gestiefelt und habe dann endgültig Antwort bekommen, dass mein Immunschutz ausreiche. Bis dahin war ich aber schon mit den Nerven am Ende, die Familie meinte, wenn das Kind behindert wäre, dann solle man es doch nicht so ins Leben geben etc.
Zwei Wochen später bekam ich dann eine Blasenentzündung und einen Nierenstau und sollte Antibiotika nehmen, der nächste Schock, denn im BPZ stand deutlich, nicht in der SS anwenden. Trotzdem sagten die Ärzte, es sei unbedenklich und ich solle es nehmen, sonst käme die Kleine vermutlich zu früh. Auch hier hatte ich wahnsinnige Angst, dem Kind zu schaden.
So ging es eigentlich munter weiter mit begründeten und unbegründeten Ängsten, ich war völlig verunsichert und hatte Angst vor jedem Frauenarztbesuch. Mal wollte meine Ärztin Gestose ausschließen, mal hatte ich auf einer Party ausversehen etwas gegessen, was man in der Schwangerschaft nicht essen sollte etc. Einzig beruhigend waren die Besuche bei der Hebamme, die mich wirklich lieb betreute. Allerdings wollte sich das Köpfchen nicht ins Becken senken und ab der 38. SSW machte ich mir wiederum Sorgen, dass ich bei einem Blasensprung einen Nabelschnurvorfall haben könnte. Irgendwann war aber auch das Köpfchen runtergerutscht und wir warteten. 5 Tage nach ET, 7 Tage, am 8. Tag spürte ich kaum noch Bewegungen, ging zur Hebamme, die schickte mich in die Klinik, aber die Versorgung war für den Status der SS noch optimal. Trotzdem rieten mir die Ärzte zur Einleitung, was ich ob meiner Ängste dann auch dankbar annahm. Die erste Tablette führte dazu, dass die Herztöne total schlecht wurden, ich wurde also viel länger überwacht als normal und jedesmal, wenn die Hebamme mich vom Gerät nehmen wollte, wurden die Herztöne wieder schlecht. Trotzdem wurde mit der Einleitung fortgefahren und morgens gegen halb fünf hatte ich ernstzunehmende eigene Wehen. Jedoch öffnete sich der Muttermund nicht, obwohl die Wehen richtig weh taten. Mir wurde eine PDA gelegt (das wollte ich eigentlich vorher auch nicht, aber wenn es hilfreich ist...). Danach ging alles total schnell, eigentlich war der Abend anvisiert, aber unser Kind hatte es etwas eiliger. Innerhalb von zwei Stunden war sie da, ich hab in meinem Delirium (ich spürte die Presswehen trotz PDA extrem) immer nur gefragt, ob es dem Kind gut geht. Das CTG konnte ich nur hören, nicht sehen, für mich war es der Alptraum, nicht zu wissen, wie es meinem Kind geht. Ich hatte das Gefühl, alle lügen mich an. Als der Oberarzt reinschneite (der vorher sagte, er käme nur, wenn etwas nicht stimme), war meine Panik komplett. Irgendwas musste mit dem Kind nicht stimmen. Mein Mann erzählte hinterher, dass die Herztöne mal auf 90 runtergingen, ich spürte ja auch, wie jede Wehe unserer Tochter zu schaffen machte, ich konnte nicht zu ihr atmen, obwohl ich mich wahnsinnig anstrengte. Trotz allem, nach 8 oder 9 Presswehen flutschte die Kleine raus (ich musste geschnitten werden), unsere kleine Kämpferin. Und als ich sah, wie Hebamme und Arzt ihr ganz schnell die Nabelschnur, die zweimal um ihren Hals gewickelt war, abwickelten, wurde mir ganz schlecht, ich dachte nur, Gott sei Dank, sie lebt. Ich habe sie geboren und sie lebt. Dieses Bild, wie die Schnur von ihrem Hals gewickelt wird, verfolgt mich heute noch immer.

Auf der Wochenstation waren alle ganz lieb, aber die Kleine hatte große Anpassungsschwierigkeiten, sie weinte, zuckte im Schlaf und schlief nur ruhig auf meiner Brust oder der meines Mannes. Als er am nächsten Tag ein paar Dinge im Büro erledigen musste und ich ein paar Stunden allein mit der Kleinen war, war ich völlig aufgelöst, als er wiederkam, sie hatte die ganze Zeit nur geweint und ich fühlte mich völlig überfordert. Die Schwestern meinten, sie habe Hunger und ich hätte zu wenig Milch (was aber auch normal ist und die Babys kommen in den ersten Tagen mit den paar Tropfen aus). Die Flasche verweigerte sie.
Dann äußerte die Schwester den Verdacht auf Gelbsucht, Blut wurde abgenommen, das konnte ich mir nicht mit ansehen, hörte meine Tochter aber über den ganzen Flur schreien, das tat mir im Herzen weh. Auch dieser Verdacht bestätigte sich nicht, ich war heilfroh. Am Sonntag sollte wir dann entlassen werden, die Sachen waren schon gepackt, als bei der Nachuntersuchung festgestellt wurde, dass noch etwas in mir drin geblieben ist. Ich sollte zur OP mit Vollnarkose, die Anästhesistin meinte, 24 Stunden nicht stillen, der Gyn sagte 6 Stunden, was sollte ich nun glauben. Ich weinte eigentlich durchgehend bis ich narkotisiert war, ich hatte wahnsinnige Angst, meinen Mann und meine Tochter nie weider zu sehen, nicht wieder aufzuwachen, so kurz, nachdem ich das größte Glück der Welt erfahren hatte.
Ich wachte wieder auf, meine erste Frage war, ob es der Kleinen gut geht. Wir verließen fast fluchtartig abends das KH, ich wollte unbedingt nach Hause, endlich Ruhe finden.

Hier bin ich nun und ich kann nur sagen, meine Ängste sind seit der Geburt nicht weniger geworden. Ich habe furchtbare Träume, in denen man mir meine Tochter wegnimmt, ich mag gar nicht beschreiben, was in den Träumen passiert, so furchtbar sind sie. Und immer bin ich Schuld daran, dass ihr etwas zustößt.
Die nächste Herausforderung stand Anfang der Woche vor uns, ich habe Lippenherpes bekommen und wieder Angst, dass ich die Kleine angesteckt habe. Ich male mir die furchtbarsten Szenarien aus und quäle mich selbst damit. Das Schlimme ist, dass ich einfach nicht in der Lage bin, meine Gedanken zu stoppen, ich mache so lange weiter, bis ich ein Häufchen Elend bin und nur noch das Nötigste mit allergrößter Mühe schaffe (Stillen und Wickeln). Ich drehe mich total im Kreis mit diesen Gedanken und kann an nichts anderes mehr denken, weine nur noch bei jedem Lächeln, das mir die Kleine schenkt, weil ich solche Angst habe, sie zu verlieren.

Ich war übrigens schon vor der SS einmal in psychotherapeutischer Behandlung wegen Depressionen und habe einfach das Gefühl, dass der Hormoncocktail in der SS und danach wieder alte Denkmuster in mir wachruft.

Danke fürs Mitlesen, ist lang geworden, ich weiß...
LG
flowergirl
flowergirl

Beitrag von flowergirl »

Tschuldigung, dass mein Beitrag doppelt drin ist, meine I-Net Verbindung hat gesponnen.
Tanny

Beitrag von Tanny »

Hallo
Ja diese quälenden Gedanken,machen ein schon ferig.
Das habe ich zeitweilig auch ganz schlimm ,immer Angst mir oder meiner
Tochter könnte was passieren.Meine Phantasie funktioniert dann auch immer wunderbar.
Mittlerweile habe ich es aber im Griff,und kann mich sehr schnell wieder
beruhigen.
Bitte scheue dich nicht und gehe zum Artzt.
Er kann dir helfen.
Liebe Grüße Tanny
bellami1983

Beitrag von bellami1983 »

Ein liebes Hallo an dich, flowergirl, schön, dass du dich uns anvertraust und hergefunden hast!
Du hast viel durchgemacht, aber ich möchte euch dennoch ganz herzlich zu der Geburt eurer Tochter gratulieren. Sie ist bestimmt auch für euch das schönste Baby der Welt :wink: .

Dass du vor der SS schonmal in psychotherapeutischer Behandlung warst wegen Depressionen kann auch ein Vorteil sein, denn man kennt gewisse Sachen vielleicht schon, auch wenn sie natürlich nicht schön sind.
Könntest du vielleicht noch einmal Kontakt aufnehmen mit deinem behandelnden Therapeuten damals? Hast du dich dort gut aufgehoben gefühlt?
Auf alle Fälle lege ich dir sehr ans Herz, einen fachkundigen Arzt aufzusuchen ggf. erst der Hausarzt, aber meiner ist da z. B. auch nicht kompetent genug. Jedoch für Überweisungen muss es ja sein.

Die Ängste um das eigene Kind verspürt wahrscheinlich jede liebende Mutter, wenn sie aber dein Leben so sehr einengen und beeinflussen (wie es auch in meinem Fall ist), sollte man professionelle Hilfe in Anspruch nehmen, das finde ich ganz wichtig.
Ich möchte dir keine Angst machen, eigentlich nur Mut, aber du weißt sicherlich schon, dass - wenn man vor der SS schonmal psychische Probleme hatte - man anfälliger für eine PPD oder PPP ist.

Ich würde vielleicht wirklich einmal meinen damaligen Therapeuten anrufen, sofern du voll und ganz zufrieden mit ihm oder ihr warst. Am besten so schnell wie möglich, so kann dir auch am schnellsten geholfen werden.

Nun lass dich mal doll drücken, jede Frau hier kann dich sicher verstehen und viele machen dasselbe durch und haben es durchgemacht. Schreib, wenn dir danach ist, dafür ist dieses Forum da.

Ich wünsch dir alles alles Liebe

Isabell
Madeleine

Beitrag von Madeleine »

Hallo Flowergirl,

auch ich möchte Dir raten, dich möglichst schnell wieder in psychologische Behandlung, gesprächstherapie o.ä. zu begeben, da die gefahr besteht, dass sich diese Gedanken und reaktiionen verfestigen und verselbständigen - in´Richtung Zwanghaftigkeit.
Jede Mutter macht sich Sorgen e.t.c., aber wenn einen diese Gedanken, ich nenn es mal " alltagsuntauglich " machen, hat es, meiner Ansicht nach, krankheitswert.Hab ich selbst alles erlebt, leider viel zu spät gehandelt.

DU BIST ALS MUTTER NICHT AN ALLEM SCHULD UND WIRST NICHT AN ALLEM SCHULD SEIN; WAS DEINER TOCHTER AB JETZT PASSIERT:SO MÄCHTIG SIND WIR MÜTTER GOTT SEI DANK GAR NICHT!!!!!

Leider sind wir scheinbar aber alle in DIESEM Bewusstsein aufgewachsen ( dank Freud ? ).....
Wie gesagt, hol Dir Hilfe , sprich mit anderen und Du wirst sehen, wie viele an sich zweifeln und vielleicht ähnliche Gedanken haben, hatten.Es gibt mehr, als man glaubt.

Alles Gute für Dich
miss-talitha

Beitrag von miss-talitha »

Hallo flowergirl,

auch von mir ein herzliches Willkommen hier. Ich wünsch dir das Gefühl des Auf- und Angenommenseins hier im Forum.
Einige Dinge in deiner Geschichte erinnern mich an meine.
Bei mir war die Schwangerschaft emotional so horrormäßig (der Vater wollte das Kind erst nicht, es stand immer im Raum, dass ich alleinerziehend sein würde, irgendwann wollte er auch das Sorgerecht nicht), dass ich während der SS immens gelitten habe. Und ich wusste, ahnte, befürchtete, dass mein Kind all mein Leid mitfühlt und abkriegt und mega-vorbelastet zur Welt kommt. Ich hatte also auch viel Angst um mein Kind, eher vor psychischer Belastung. Nun ja, sie kam vor 5 Monaten "pumperlgesund" zur Welt, hat aber die ersten Wochen und Monate wahnsinnig viel geschrieen und ich hab alles auf die SS bezogen... Viele Schuldgefühle!
Die Geburt empfand ich als traumatisierend, und ich war wochenlang wie unter Schock. Ich war wochenlang innerlich und äußerlich wund. Und ich hatte anfangs gar keine tollen Gefühle, ehrlich gesagt kann ich meine Tochter erst seit ich wieder Medikamente nehme, so richtig genießen.
Mein erstes Gefühl, als ich sie nach der Geburt im Arm hatte war: ich schaff es nicht, sie zu trösten! Ich komm nicht an sie ran! Verzweiflung und das Gefühl, nicht gut genug zu sein. Von wegen Mutterglück...
Ich hatte in den ersten Wochen regelrecht Panik, wenn sie geschrieen hat, dann kam wieder das Gefühl, das sie schrecklich leidet und ich ihr nicht helfen kann. Ich hatte sogar Angst vor ihr und allein mit ihr zu sein, war schrecklich.
Und - das Stillen, also das Saugen an meiner Brust, hat jedesmal schlimme Verlassenheitsgefühle bei mir ausgelöst. So, als wären sie und ich zusammen verloren. Und das bei jedem Stillen! Das ist immer noch so, aber ich kann es so an mir vorbeiziehen lassen, ich weiß, dass es vorbei geht.
Ich nehme, seit sie 4 Monate alt ist, Paroxetin und es geht mir viiiiel besser. Ich bin auch sicherer im Umgang mit ihr und spüre, wie ich sie erreiche.
Ich wünsch dir ganz viel Geduld mit deinem Kind und mit dir. Und Unterstützung, wo und wie du sie bekommen kannst.
Herzliche Grüße,
miss-talitha
flowergirl

Danke

Beitrag von flowergirl »

für Eure lieben Antworten. Ich war gestern bei unserer Ärztin hier, die gleichzeitig oder in erster Linie auch Kinderärztin ist. Wen es interessiert, es sieht gut aus, habe die kleine Maus wohl nicht mit Herpes angesteckt, da bin ich sehr erleichtert. Die Ärztin hat mir nach einem langen Gespräch einen Überweisungsschein ausgestellt wegen Verdacht auf Angsstörung/PPD und das, ohne dass ich ihr die Begrifflichkeiten um die Ohren werfen musste.
Ich werde mich Montag mal umhören, sie hat mir ein paar Psychologen hier in der Nähe genannt, da muss ja auch die Chemie stimmen. Da ich umgezogen bin, kann ich leider nicht zu meiner ehemaligen Psychotherapeutin gehen.

Schön, dass man nicht allein ist.
Danke nochmals
flowergirl
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