Immun gegen Antidepressiva

Erfahrungen mit Medikamenten, Fragen, Infos, Tipps, ...

Moderator: Moderatoren

Antworten
Jule2006

Immun gegen Antidepressiva

Beitrag von Jule2006 »

Hallo,
ich war letztens wieder mal beim Doc. Ich habe schon einige Antidepressiva ausprobiert, da ich auch vor der Geburt schon damit zu tun hatte, nur leider nicht ständig, so wie es nach der Geburt läuft. Ich probierte Zoloft und andere Medikamente. Citalopram oder wie das heißt, liegt noch in meiner Schublade, aber ich probiere es erst garnicht. Der Arzt sagte, ich sei ein Mensch, der auf sowas nicht anspricht. Ich solle es mit Entspannungsübungen- haha - versuchen. Die mache ich, seit ich weiß nicht wann, jedenfalls seit der Schwangerschaft fast täglich, schlafe nur leider immer sofort ein. Entspannung pur. Mittlerweile kann ich kaum mehr schlafen. Tagsüber versuche ich es garnicht mehr, außer ich bin kurz vorm Umkippen, so wie heute, aber ich schlafe nachts schlecht, habe schlechtes Gewissen ohne jeglichen Grund. Ich denke, ich tue nicht genug für das Kind, dabei mach ich alles für sie. Laut Arzt geht es ihr super, laut meiner leeren Geldbörse geht es ihr bestens. Ich kann nicht mehr tun und trotzdem wache ich schweißgebadet von Alpträumen auf. Die Träume haben sich im Gegensatz zu früher nicht geändert, aber ich scheine sie vielleicht anders zu nehmen als früher. Ich träume, daß mein lieber Opa stirbt (gestorben vor ca. 20 Jahren) und wache heulend auf. Alles so ähnliche Sachen. Ich weiß, daß ich große Verlustängste habe und das schon seit ich winzig klein war. Habe als Kind alles zusammengeschrien, wenn Muttern zur Nachbarin ging. Ich habe das alles erkannt und trotzdem hilft es mir alles nichts. Wenn ich nicht bald wieder schlafe, habe ich Angst, daß ich mal die Treppe runterflieg mit Baby oder einfach umkipp. Aber wer will schon um 7.00 Uhr ins Bett? Man will ja auch etwas Freizeit. Um zB einen Roman zu schreiben, wie ich es gerade tue. Ich würde noch 1 Mio Zeilen schreiben, aber dann liest es wohl keiner mehr. ;o)
Sue
00julchen

Beitrag von 00julchen »

Hi Sue,

ohje, ich kann nur zu gut nachvollziehen, wie es dir geht. Die 1.Monate der PPD konnte ich keine Nacht wirklich schlafen.. höchstens 1,5 Std und dann bin ich mit Panik aufgewacht. Tagsüber konnte ich vor lauter Angst auch nicht schlafen. Es wurde letztendlich erst besser, als ich nach 4 Monaten das richtige AD gefunden hatte und mit Hilfe eines Einschlaftees, den ich in der Klinik bekam (wenn du Interesse hast, dann schreib mir einfach ne PN).

Wieso solltest du immun gegen ADs sein? Wie lange hast du denn jeweils eines genommen und wurde es auch hoch genug dosiert? Meine Neurologin meinte vor kurzem, daß die meisten Ärzte ambulant nicht hoch genug gehen und z.B. Zoloft bei manchen erst in Dosen von 200mg richtig wirkt.
Benutzeravatar
Marika
power user
Beiträge: 10522
Registriert: 04:06:2005 16:05

Beitrag von Marika »

Hallo,

hab dir im anderen Forum bereits geschrieben (und gefragt) und leider erst jetzt diesen Eintrag von dir gesehen.

Also ich kann mich Julchen nur anschließen! Immun gegen ein AD sein - sowas habe ich noch nie gehört :?: :shock: Entspannungsübungen sind super, aber reichen halt nicht immer aus. Ich hab dir eh schon in meinem anderen Beitrag ein AD empfohlen, dass auch eine schlafanstoßende Wirkung hat. Ich hab so eines auch eine Zeitlang probiert und konnte wieder sehr gut schlafen. Bin nämlich auch wegen jedem Pips aufgewacht und konnte schlußendlich nur noch oberflächlich dösen und litt unter schrecklichen Albträumen.

Such dir einen guten Psychiater/in - die kennen sich am besten mit AD´s aus und bieten auch tolle Therapiemöglichkeiten an. Ich fühle mich bei meinem Psychiater sehr gut aufgehoben und habe so Gesprächstherapeut und Medikamenten Verordnung aus einer Hand. Genau so gut kannst du aber auch in eine psychiatrische Ambulanz gehen. Hausärzte verordnen leider die AD´s oft nicht zugeschnitten auf den Patienten und setzen die Dosis zu niedrig an. Dann gibts natürlich keine Wirkung. Und es dauert auch 2-4 Wochen, bis man von einem AD überhaupt was merkt. Und dann geht es erst langsam bergauf.

Also ich würde das ganze nochmal ganz intensiv mit einem guten (neuen) Psychiater angehen!

Alles Gute von
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
Melli79

Beitrag von Melli79 »

Hallo Sue,

kann mich den Mädels nur anschließen! Manchmal ist es ein langer Weg um das richtige AD und auch noch die richtige Einstellung zu finden.

Therapie ist super wichtig, allein das Wissen warum man diese Krankheit hat reicht nicht!
Ich habe letztens in einer Broschüre über PPD gelesen: Gefahr erkannt, Gefahr gebannt, dieses trifft jedoch nicht auf Frauen bzw.Menschen zu, die an Depris, Angsterkrankungen etc. leiden!

Das war jetzt mein Wortlaut, aber so in etwa stand es da.

Vielleicht kannst Du ja zusätzlich von Deinem Arzt etwas zur Beruhigung bekommen, damit Du schlafen kannst und etwas beruhigter bist?
Es gibt Tabletten zur Beruhigung die nicht süchtig machen und Dich auch nicht völlig außer Gefecht setzen! Frag Deinen Arzt!

Liebe Grüße

Melli
tabbymatty

Beitrag von tabbymatty »

Ich habe von meiner Ärztin derzeit überhaupt kein Antidepressiva verschrieben bekommen, weil sie meinte, dass das nur meine Angstzustände und Panikattacken verstärken würde.
Gegen die Panikattacken habe ich "Tafil" verschrieben bekommen (aber nur für den Notfall, die machen nämlich abhängig) und gegen meine massiven Schlafstörungen das Medikament "Atosil"...eigentlich ein Antiallergikum, das aber so müde macht, dass es jetzt in der Psychiatrie eingesetzt wird. Das hilft mir total super und ich haben so zu einem gesunden Nachtschlaf zurückgefunden...ich nehme es als Tropfen und brauchte von Anfang an nicht mal die Höchstdosierung. Und wenn man für sich die richtige Menge ausprobiert und gefunden hat, haben die nicht mal am Tag danach eine Echowirkung, so wie viele andere Schlafmittel...wo man den Tag dann vor lauter nachwirkender Müdigkeit kaum bewältigen kann. Vielleicht versuchst Du es mal damit?
Benutzeravatar
Marika
power user
Beiträge: 10522
Registriert: 04:06:2005 16:05

Beitrag von Marika »

Hallo tabby!

Mhhh, also ich will deiner Ärztin nie und nimmer widersprechen - ABER: Ein AD ist ja dazu da, um die Angst-und die Panik zu NEHMEN!!! Es kann nur manchmal am Anfang so sein, dass es als Nebenwirkung vorkommt, dass sich Angst und Panik verstärken - aber nur kurz. Dann setzt der andere Mechanismus ein.

Ich habe damals zusammen mit meinem AD auch einen Angsthemmer bekommen (Xanor - ist so wie dein Tafil), um evtl. NW vom AD zu hemmen. Das hat super geklappt und nach 3 Wochen konnte ich das Xanor absetzen, weil es ja auch abhängig macht und nur als Überbrückung und Notfallmedi seine Berechtigung hat. So konnte ich dann das Antidepressiva ganz alleine nehmen und es ging immer mehr aufwärts, da ein AD ja die Botenstoffe im Gehirn wieder so reguliert, dass eben genau Ängste und Panik verschwinden.

Ein AD ist nicht wie z.B. Tafil, welches die Ängste und Panik "nur" überdeckt - also eine Zeitlang betäuben. Ein AD wirkt z.B. auf das Serotonin im Gehirn und bewirkt, dass dieses in einem richtigen Verhältniss zwischen den Synapsen verbleibt. In etwa so, als würdest du einen Stöpsel in die Badewanne stecken, damit Wasser gesammelt wird, damit du baden kannst....denn mit zu wenig Wasser kein baden :wink: und mit zu wenig Serotonin keine Freude und nur Ängste und Panik. Ein AD verhindert das zu schnelle "Wiederaufnehmen des Serotonins" - deswegen heißen diese AD´s auch = Selektive Wiederaufnahmehemmer. Gibt natürlich auch andere AD´S die wieder um andere, auch wichtige Botenstoffe im Gehirn wirken. Das Serotonin ist nur ein Beispiel.

Dazu gibt es auch AD´S die eine schlafanstossende Wirkung haben. Dazu verringen sich mit der Zeit die Ängste und die Panik immer mehr - und das mit nur einem Medikament. Du brauchst jetzt im Moment 2 Medis - das Schlafmittel und das Tafil. Die Therapie ist natürlich gaaaanz ausschlaggebend für eine Genesung - das war sie für mich auch. Das AD brauchte ich aber trotzdem, da eine Depression in Wellen verläuft, also immer wieder Tiefs kommen. Mit einem AD ist es einfach leichter und hat nichts mit Schwäche zu tun, sondern eigentlich mit Stärke und Selbstverantwortung. Leider denken viele Leute noch, dass Menschen die ein AD nehmen, ihre Persönlichkeit ändern, das Leiden nur überdecken und sichs "leicht" machen. Das ist absolut nicht der - ich kanns beurteilen, da ich bereits 2,5 Jahre ein AD nehme - ich war sehr, sehr krank, daher die lange Einnahmezeit. Im kommenden Frühjahr werde ich erstmals einen Absetzversuch machen, ich jetzt fast ein Jahr stabil bin!!! :D

Eine Depression ist eine Stoffwechselerkrankung (der Botenstoffwechsel im Gehrin ist da betroffen) genau so wie z.B. Diabetes. Beim Diabetiker wird halt vom Körper kein Insulin mehr produziert und muss zugeführt werden. Niemand käme auf die Idee, das als Schwäche zu sehen. Nur beim Thema Depressionen und AD denken viele einfach, dass man nur stark genug sein muß und positiv zu denken braucht, damit es einem wieder besser geht - also einfach zusammen reißen. Aber genau das geht nicht, weil eben dieser Botenstoffwechsel im Gehirn durcheinander ist und dieser eben genau diese Emotionen leitet.

Ich wollte das jetzt nur nochmal schreiben, damit man nicht allgemein denkt, AD´s wären "Teufelszeug" :wink: :wink: . Ich verstehe auch nicht so ganz, warum deine Ärztin das gesagt hat mit dem Verstärken der Angst...*grübel* denn das ist nur eine kurze NW....! Lieber Tafil bei Bedarf... *grübel*... Klar geht das auch, aber evtl. brauchst du dann öfter Tafil als es nötig wäre, wenn du ein AD nimmst.

Entschuldige bitte, dass ich jetzt hier so einen Vortrag über AD´s gehalten habe. Natürlich darf und muss jede Frau selbst entscheiden, wie sie die Depression angeht, das ist keine Frage. Ich wollte nur die Aussage deiner Ärztin ein bissl klarer formulieren, damit hier keine Missverständisse aufkommen.

Liebe Grüße von
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
Antworten