Schlechtes Gewissen

Alles rund ums Kind - Freude, Sorgen, Neuigkeiten

Moderator: Moderatoren

Antworten
jule

Schlechtes Gewissen

Beitrag von jule »

Hallo ihr lieben Forummitglieder!

Ich brauche eure Hilfe bzw. eure Erfahrungen!
Kurz meine Situation: Mein Sohn ist ein halbes Jahr alt und ich bin alleinerziehend seit der Geburt (in der 22. SWS hat sich der Kindsvater von mir getrennt). Ich hatte nach der Geburt und im Mai ca für vier Wochen zwei starke depressive Phasen mit ZG'S . In der zweiten habe ich Unterstützung durch einen Psychiater und Medikamente bekommen, zudem war ich in beiden Phasen bei meinen Eltern, da ich das Gefühl hatte, den Kleinen nicht mehr alleine versorgen zu können.
Jetzt bin ich seit ca 4 Woche wieder zu Hause. Bis auf ein kurzes Tief letzte Woche, das sich vor allem durch Schlaflosigkeit bemerkbar machte, ging es mir gut, d.h. ich habe den Alltag mit meinem kleinen Mann gut bewältigt.
Sobald ich meinen Tagesablauf im Griff habe, wird die Stimme meines Gewissens laut: Du spielst und lachst zu wenig mit ihm!
Zudem habe ich ein schlechtes Gefühl, wenn ich mal genervt bin von seinem Schreien. Er hat jetzt bereits schon einen starken Willen.
Manchmal vor allem abends wird mir die Zeit auch lang mit ihm, ich bin eigentlich müde und möchte mich in die Ecke "hauen", aber er hat seine längste Wachphase von vier bis neun Uhr abends.

Warum wird grade Paul (so nenne ich mein Depressionswurm) aktiv, wenn ich eine Hürde geschafft habe? Er ist so streng und sieht nur das Negative! Und macht meine Haut dünn!
Ich habe mein Sohn von Herzen lieb, er rührt mich an, er wickelt mich um
seine kleinen Finger, er fordert jetzt schon Konsequenz - und ich würde so gerne leichtfüßig mit ihm knuddeln, Spaß haben und nebenbei problemlos meine anderen Aufgaben bewältigen und natürlich immer genau wissen, was im Moment das Beste für meinen kleinen Mann ist.
Mein Wunsch ist wahrscheinlich so unrealistisch wie meine negative Wahrnehmung.
Ich würde mich über eine Antwort sehr freuen und versuche erstmal "Paul das Maul zustopfen". Euch wünsche ich viele leichte Momente
Jule
Zoraya

Beitrag von Zoraya »

Liebe Jule,

Deine Gedanken kann ich sehr gut nachvollziehen. Mich begleitet mein schlechtes Gewissen ebenfalls ständig.

Allerdings bin ich der festen Überzeugung, dass die meisten Mütter, selbst die allergesündesten, nicht frei davon sind, sich hin und wieder mies zu fühlen und zu denken, sie seien keine guten Mütter.

Das Leben an sich ist im Normalfall anstrengend, finde ich. Jemand mit Neigung zur Depression hat so oder so schon einen Riesenpacken zu tragen, das kommt dann noch dazu. Und so ein kleiner Mensch fordert eben sein Recht, als Mutter, besonders als allein erziehende, bist Du ständig auf Trapp. Das Gefühl, sich mal in die Ecke hauen zu wollen, ist vollkommen normal und völlig erlaubt. Denn Du tust es ja nicht wirklich. Es ist nun mal ein ganz legitimer Wunsch.

Klar, fällt einem das Knuddeln und Spielen dann nicht leicht. Ich habe in derartigen Phasen das Problem, dass ich kaum mit meiner Tochter sprechen kann, weshalb ich mir dann Vorwürfe mache. Aber es geht halt über meine Kraft. Aber ich bin nicht Supermann, und ich bin nicht perfekt und ich tue mein Möglichstes.

Ich habe aus Deinem Beitrag rausgelesen, dass Du ebenfalls alles, was Dir möglich ist, tust. Du sorgst ja sogar für Dich und Dein Kind, wenn es brenzlig wird, und scheinst Dir Hilfe zu holen. Ich finde das bewundernswert.

Viele Grüße
Zoraya
Antworten