ich noch mal

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

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Maike

ich noch mal

Beitrag von Maike »

Hallo Ihr,

ich bin es noch mal...ich hab ja heute schon einen recht langen Bericht von mir herein gesetzt, der bestimmt ziemliche Mühe macht sich das durchzulesen...sind ja auch nur Gedanken, die ich einfach mal wieder nieder geschrieben habe...

Aber dennoch hab ich eine Frage....geht es Euch auch so, dass Ihr das Gefühl habt, ihr als Mensch habt Euch verändert?

Vor ein paar Wochen hat meine Mutter zu mir gesagt, dass ich vorher so ein fröhlicher Mensch war und jetzt oft noch einfach so in mich gekehrt bin...Das hat mich traurig gemacht, nicht, weil sie es gesagt hat, sondern weil sie recht hat und ich es nicht wahr haben möchte. Ich möchte mich nicht verändert haben. Manchmal denke ich, ich kann dagegen was tun, einfach wieder aus mich heraus kommen, aber es funktioniert irgendwie nicht. Ich fühle mich gefangen in meinem eigenen Körper.
Ich habe bestimmt weitaus mehr gute Tage und eigentlich kann ich zur Zeit nicht klagen, aber die Vergangenheit holt mich oft wieder ein und dann möchte ich mich verkriechen, weglaufen...keine Ahnung...die Zeit wo ich mich in mein "imaginäres" Schneckenhaus zurück ziehe...das was meine Mutter wohl meint...!

LG Maike mit Mika (*08.10.07)
Martina

Beitrag von Martina »

Hallo Maike,

ja, ich habe auch das Gefühl, dass ich mich durch die Krankheit verändert habe und mir ein Stück der Unbeschwertheit verloren ging. Aber ich habe auch das Gefühl an der Krankheit gewachsen zu sein, reifer geworden zu sein. Ich lebe jetzt mit einem teil von mir zusammen den ich vorher nicht kannte.

Ich habe jetzt nicht mehr das Gefühl ein anderer Mensch wie vorher zu sein. Hatte ich aber bis vor wenigen Wochen noch. Und nach Außen scheint das auch anzukommen: vor einer Wochen habe ich nach vielen Jahren wieder eine Christmasparty gemacht. Als ich mich einem Freund auf der Terrasse stand sagt er unvermittelt zu mir, dass es ein schöner abend sei und ich so viel lachen würde. Und tatsächlich habe ich mich an dem abend so wohl gefühlt! Ohne Gedanken wie müde ich am nächsten morgen sein werde wenn Lilli um 6 Uhr aufstehen will, egal ob die Küche aufgeräumt ist... Ich fand einfach nur toll mit meinen Freunden zusammen zu sitzen. Fast wie früher. Wieder ganz normal.

Ich glaube auch das braucht einfach Zeit. Bei mir hat es bis vor 5 Wochen gebraucht. Und es ging ganz unauffällig. Plötlich merkte ich, dass ich mich einfach gut fühlte. Daran merkte ich, wie oft ich noch zurückgezogen war. Bei Gesprächen mit mehreren in der Runde einfach abschaltete und mich zurück gezogen habe. Ich dachte es wäre eben so, dass ihc die Unbeschwertheit und ein Teil der Freude verloren habe. So unbeschwert wie vorher bin ich vielleicht nicht mehr, aber dazu habe ich, wie alle hier, zu viel mitmachen müssen und bin an Grenzen und Abgründe gestoßen die nicht unbeschwert sind. Das gehört jetzt zu mir. Aber die Offenheit für das Leben, die Freude und die Gelassenheit sind zurück gekommen.

Liebe Maike, gib dir noch Zeit, ich glaube fest daran, dass du wieder aus dir heraus kommst. Vielleicht ist die Schnecke ein, zwar nicht sonderlich originelles aber treffendes, Sinnbild. wenn sie sich in ihr Haus zurückgezogen hat braucht sie erst ein bißchen bis sie wieder rauskommt.
Sie prüft ob es sicher ist raus zu kommen, und zieht vielleicht noch mal den Kopf ein, bevor sie in der Lage ist ganz rauszukommen und offen in die Welt zu blicken. Etwas pathetisch, aber das fiel mir gerade so ein.

Ich wünsche dir sehr, dass deine Fröhlichkeit wieder kommt. Ich kann es mir nicht anders vorstellen

Ich habe übrigens deinen langen Bericht gerne gelesen, und vieles so nachfühlen können, ich hatte aber irgendwie das Gefühl, dass eine Antwort unpassend sei, als ob du deine Gedanken mitteilen wolltest ohne dass jemand was dazu sagt. Kam das bei mir falsch an?

Liebe Grüße
Maike

Beitrag von Maike »

Hallo Martina,

vielen Dank für Deine lieben Worte! Du hast das alles wirklich toll beschrieben, vor allem dass mit dem Schneckenhaus :-) !

Ich weiß gar nicht ob oder ob ich keine Antwort auf meine Gedanken haben wollte....keine Ahnung:-)! Aber mal ganz davon ab, denke ich,dass es schwer ist auf solche Gedanken zu antworten. Es tat mir wirklich gut, dass ich sie nieder geschrieben habe (das hat mich schon ne Weile gequält) und auch hier rein gestellt zu haben...! Aber danke, dass Du Dir das durchgelesen hast:-)!

Du hast geschrieben, dass Du jetzt mit einem Teil von Dir lebst, den Du vorher nicht kanntest....ist es vielleicht der Teil " mit der Vergangenheit zu leben...sie zu akzeptieren"? Ich glaube nämlich, dass das so manches mal mein Problem ist und dadurch fühle ich mich selber manches mal so fremd, nicht mehr das was ich vorher war. Weil ich es einfach nicht zulassen will, dass mich meine Vergangenheit immer wieder mal einholt...
Ich weiß ja auch, wenn ich es geschafft habe meine Vergangenheit wirklich zu akzeptieren, dass ich dann da bin, wo Du jetzt schon bist...!
Du hast recht, ich muß mir Zeit lassen, aber manchmal bin ich so ungeduldig und genervt von mir selber....!

Darf ich Dich fragen, was bei Dir damals passiert ist bzw. wie es bei Dir gelaufen ist?

Vielen Dank noch mal für Deine lieben Zeilen, sie haben mir wieder ein Stück Hoffnung gegeben, dass ich es IRGENDWANN überwunden habe...komplett überwunden (bin ja schon auf dem richtigen Weg...)

Ganz liebe Grüße und ich wünsche Dir (falls wir nicht mehr voneinander hören) einen guten Rutsch ins neue Jahr und einen tollen Start für das Jahr 2009)

LG Maike mit Mika (*08.10.07)
Martina

Beitrag von Martina »

doppelt
Zuletzt geändert von Martina am 02:01:2009 19:02, insgesamt 1-mal geändert.
Martina

Beitrag von Martina »

Hallo Maike,

ja, ich habe meine Vergangenheit (weitestgehend) akzeptiert. Ob das nun die Geburt von Lilli ist, oder die PPD und die damit verbundnen Schrecken und Erlebnisse. Es hört sich immer ein bißchen lari fari an, wenn man sagt "ich habe meine Vergangenheit akzeptiert". So als ob man sich nur kräftig zusammen reißen müsste um das hin zu bekommen. Aber es ist ein hineinwachsen. und jetzt ein erkennen und zurückblicken. Ich kann jetzt versöhnlich an Lillis Geburt denken. Ich finde es immer noch traurig wie es lief, aber es macht mich nicht mehr verzweifelt. Die PPD ist im Rückblick kein Monster dem ich jetzt noch ausgeliefert bin, sondern eine Krankheit mit der ich gekämpft habe und der ich jetzt begegnet bin. Immerhin hat sie mich gezwungen mich mit Dingen aus meinem Leben und mit mir zu beschäftigen.

Als ich mich hier angemeldet habe und du mir in der Vorstellungsrunde geschrieben hast, ging es mir noch nicht so gut wie jetzt. Da steckte ich mitten im Therapieprozess. Dass es mir jetzt gut und versöhnlich geht sehe ich erst im Rückblick darauf, wie es mir noch vor ein paar Wochen ging. Das ist bestimmt auf die Therapie und die Bearbeitung der verschiedenen Baustellen zu rück zu führen und auch hier wieder: Zeit.
Ich weiß nicht mehr, machst du noch Therapie?
Ich werde meine Therapie noch eine weile weiter machen.

Vielleicht fängt das Akzeptieren der Vergangenheit damit an, dass sie dich nicht einholt, sondern dass sie ein Teil von dir ist und als solche da sein darf (akzeptiert wird :wink: ).

Du fragtest wie es bei mir damals war. Unsere "Geschichte" ähnelte sich in dem, dass wir beide unsere Kinder nach der Geburt nicht sehen konnten, bzw. nicht bei uns haben konnten. Du schriebst mir in der Vorstellung, dass du viel Hilfe hattest, ich stand überall vor verschlossenen Türen. Daran habe ich lange geknabbert.

Ich kann so gut verstehen, wenn du sagst du bist so ungeduldig! Aber Geduld hin, Ungeduld her, du kannst es nich erzwingen. Du kannst dir nur Zeit geben. Auch so eine Phrase die leichter gesagt als getan ist. Aber das meine ich aus ganzem Herzen.

Ich wünsche dir auch noch ein gutes Neues Jahr und ganz viel Geduld und Zuversicht!

Liebe Grüße
Maike

Beitrag von Maike »

Hallo Martina,

mir ist es ein bißchen unangenehm, dass ich mich gar nicht dran erinnert habe, mit Dir in der Vorstellungsrede schon geschrieben habe... :oops: ...tut mir leid!!! Aber wo ich das gelesen habe, fiel es mir auch wieder ein!

Ich mache keine Therapie mehr. Im Sommer hatte ich meine letzte eigentliche Therapie, aber zwischendurch war ich noch zweimal da. Einmal als Mika 1 Jahr alt wurde und es alles wieder hoch kam und als es so ganz extrem mit mir war, dass mich meine Vergangenheit immer wieder eingeholt und runter gerissen hat. Ich kann immer bei ihr anrufen und würde auch sofort wieder Termine bekommen (Zahle die Therapie privat) aber eigentlich hab ich keine mehr!

Du hast das mal wieder wunderbar beschrieben mit der Vergangenheit...und ich denke auch, dass das AKZEPTIEREN ein zulassen ist, dass sie dann auch da sein darf...an Tagen wie heute kann ich gut damit leben und ich gebe meiner Vergangenheit einen Platz in mir...leider gibt es aber immer noch Tage, wo es mir nicht gelingt, den Platz frei zu machen. Aber ich sollte positiv denken, und darauf aufbauen...auf die guten Tage, die auch immer mehr werden.
Ich möchte viel zu viele Sachen im Leben erzwingen, die ich von mir forder, aber vielleicht lerne ich ja durch diese ganze Geschichte mal, dass ich vieles nicht erzwingen kann und dadurch auch die Geduld kommt...!

Liebe Martina, Deinen Satz, wie Du die PPD jetzt siehst, find ich super toll! Ich glaub, den muß ich mir merken und auch darauf bauen...!

Vielen Dank, Du hast mir echt geholfen!!!!

Ganz lieben Grüße
Martina

Beitrag von Martina »

Hallo Maike,

muss dir nicht unangenehm sein. Ich tauche hier ja auch nicht so oft auf.

Ich wünsche dir noch ganz viel Geduld und dass es weiter stetig bergauf geht!

Liebe Grüße
Antworten