Meine Schwangerschaft

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

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Elisabeth11

Meine Schwangerschaft

Beitrag von Elisabeth11 »

So, jetzt muss ich hier mal was loswerden, endlich fühl ich mich stark genug!

Als ich mit meiner 2. tochter schwanger wurde, schien alles perfekt und so blieb es auch bis zur 29. SSW. dann begannen meine vorzeitigen Wehen, wegen derer ich eine Woche lang stationär Wehenhemmer i.v. bekam. Danach haben sie mich entlassen mit der Auflage, mich möglichst wenig zu bewegen und mit Wehenhemmern in Tablettenform.

die Wehen hörten nich ganz auf. Das CTG hat sie nie angezeigt, aber man konnte meinem Bauch zusehen, wie er sich anspannte. Das hat aber eigentlich nie jemand beachtet, alle haben mich abgestempelt als übervorsichtig, weil ja schließlich am allwissenden CTG alles stimmte.

Was folgte, waren die schlimmsten Wochen meines Lebens. Ich lag nur noch auf der Couch, hab mich kaum getraut, zu duschen oder aufs Klo zu gehen. Meine Große von der Tagesmutter zu holen, war ein Horrortrip. für sie musste ich dann immer am Nachmittag wen organisieren, der mit ihr rausgeht, ich war ja nur mehr zum Vorlesen zu gebrauchen.

Ich war ungefähr alle 5 Tage im Spital, weil die wehen mal wieder so arg waren, kamen dann im 3Minuten-Takt. CTG zeigte dann natürlich wieder nie was und die waren schon echt genervt von mir, sodass ich schon selber dachte, ich spinne einfach.

In der 32. SSW war ich wieder mal in der ambulanz und da haben sie dann so einen Test gemacht, der das Frühgeburtsrisiko für die nächsten 2 Wochen abschätzt. der war negativ und ich war so glücklich, weil der eigentlich zu 99% sicher ist. Am Abend haben wir auf Empfehlung des Arztes ein Achterl Wei gekippt und viel gelacht, ich dachte, jetzt gehts bergauf.

Als ich dann aber im Bett lag, hatte ich plötzlich ein ganz komisches Gefühl, dass ich einfach raus muss. Ich stadn auf und ging aufs WC. Da begann ich plötzlich zu zittern, meine Brust wurde ganz eng, mein Herz raste und ich dachte, ich kippe um.

Ich hab meinen Mann geweckt, der die Rettung gerufen hat. Im Spital sagten sie mir dann, das war eine Panikattacke. Und das war einfach der Beginn von dieser ganzen blöden Geschichte.

Die nächsten Wochen waren furchtbar. ich hab ständig nur Angst gehabt, blöderweise auch ständig im Internet nach Frühgeburten gegoogelt, mir diverse KH eingebildet (ich hatte meiner Meinung nach ganz sicher SS-Diabetes, eine Gestose und Leukämie sowieso)

Für 4.11.08 war der KS wegen BEL geplant, aber ich wusste einfach nicht, wie ich es bis dahin noch schaffen sollte. ich hab meine Tage minutiös geplant, damit ich möglichst wenig allein bin. Ich hab andauernd meinen Blutdruck gemessen und meinen Puls gezählt und minen Harn getestet (ja, als Krankenschwester hat man ja leider das ganze Zeug) - hab mich also selbst fertig gemacht.

Ich war sogar in der 34. SSW bei einer Psychiaterin, die aber meinte, jetzt könnten wir nicht mehr beginnen mit AD. Passedan und rescue Tropfen waren mein ständiger Begleiter, hab das Zeug literweise getrunken ;-)

Ab der 37. SSW war ich so fertig, dass ich den Gyn angefleht hab, er soll mein Kind endlich holen, weil ich es einfach nimmer pack. Und das einzige, was ich gehört hab, war, das ist schlecht für das Kind, jeder Tag zählt...

Jeder machte sich nur Gedanken um das Baby, niemand um mich! Ich hatte das Gefühl, gar nicht da zu sein, niemand verstand mich und jeder dachte, ich steiger mich rein und bin egoistisch, dass ich mein Kind gefährden will. Aber ich konnte einfach nicht mehr. Ende Oktober ging es mir dann wirklich schon um tage, ich wollte einfach endlich nicht mehr schwanger sein, weil ich dachte, es wäre dann endlich vorbei und ich wäre so wie vorher, nämlich optimistisch und mutig und lustig und selbstbewusst.

Meine liebe kleine Iris hat mich dann gottseidank schon am 1.11. befreit und hat von selbst beschlossen, dass sie raus will. Ich kann euch gar nicht sagen, wie sehr ich selbst die schmerzhaften Wehen genossen hab :-)

Der KS fand dann um 10 Uhr statt, sie war gesund und ich zufrieden. Das blieb zwar nicht lange so, denn schon nach 2 Tagen begann dann meine PPD, aber jetzt konnte ich endlich etwas tun dagegen!!!

Und hier sitze ich ein Jahr nach meiner Panikattacke, die meine einzige geblieben war und schreibe euch das alles. ich bin in Therapie, ich nehm mein AD und kann sagen, dass das letzte Jahr auch viele schöne Momente hatte, auch wenn es sehr überschattet war und es mir oft gar nicht gut ging.

Aber diese SS war einfach das Letzte!

So, danke fürs Lesen von meinem "Roman", sorry, dass es so lang geworden ist. Aber ich musste das echt alles mal loswerden.

Lg e.
Elisabeth11

Beitrag von Elisabeth11 »

Muss mich auch noch entschuldigen, dass ich das in dieses Forum geschrieben hab. Gefühlsmäßig hätte es eigentlich eher in die Vorstellungsrunde gepasst, auch wenn ihr mich ja schon kennt ;-)

Jedenfalls bin ich lustigerweise richtig erleichtert, dass ich mir das mal von der Seele geschrieben hab.

Lg u gute Nacht

e.
Leuchtkäfer

Beitrag von Leuchtkäfer »

Hallo ELisabeth,

ich habe gestern was Langes dazu geschrieben, aber dann hat mein Rooter gestreikt. Nicht daß Du denkst, keiner mag antworten, wenn ich Zeit habe, will ich mal versuchen, das wiederzufinden oder nochmal zu formulieren.

Grüße von Leuchtkäfer
Elisabeth11

Beitrag von Elisabeth11 »

Ach, kein Problem, das Ziel war ja gar nicht, dass jemand antwortet, auch wenn es mich natürlich freut, sondern dass ich das mal für mich aufschreibe und irgendwie Abstand bekomme zu dieser Zeit.

Aber danke für deine antwort!

Lg E.
Leuchtkäfer

Beitrag von Leuchtkäfer »

So, hatte das von gestern noch irgendwo im Zwischenspeicher:

Liebe Elisabeth,

gut, daß Du Dir das alles mal von der Seele geschrieben hast. Es ist wirklich schlimm, wenn man sich so sorgt in der Schwangerschaft und dann noch das Gefühl hat, andere stempeln einen als Simulanten ab.

Ich hatte auch ab der 19. Woche Kontraktionen, die man spüren und auch auf dem CTG sehen konnte, es wurde aber nie wirklich "vorzeitige Wehen"genannt. darüber bin ich sehr froh, denn sonst hätte ich mir auch viel mehr Sorgen, als so schon gemacht. Ich kann mir deswegen ein bißchen vorstellen, wie es Dir ging. Dann bist du auch noch vom Fach, das macht es nicht immer leichter.

Was für ein Gefühl ist denn von dieser Schwangerschaft in Dir geblieben? Nur Angst oder auch Freude und stolz, daß Du Deine kleine Iris trotz dieser Schwierigkeiten so lange so gut in Dir wachsen lassen konntest?

Ja, es ist schrecklich, wenn du schon vor der Geburt das Gefühl hattest, allen geht es nur um Kindswohl und Du zählst nicht, aber schau, die konnten damals nicht in Dich reinschauen und sehen wie schlecht es Dir ging. Du weißt selbst, daß bei einem im Bauch gut versorgten Kind jeder Tag eben auch gut ist. Das darf eigentlich nicht auf Kosten der Mutter gehen, aber das Befinden der Mutter ist eben so schlecht meßbar.

Verstehst Du, was ich meine?
Es ist auch o.k., daß Du deswegen traurig und wütend bist.

Hast Du mit einer Hebamme mal über die Schwangerschaft gesprochen? Über die ganzen Sorgen und Ängste? Ich hatte immer das Gefühl, diese Berufsgruppe schaut am ehesten auf die Belange der Frau.

Vielleicht tut es Dir gut zu hören, daß andere Frauen -ich z.B. - trotz sehr wenigen Komplikationen viel zu viel Sorgen um alles hatte und auch sicher keine glücklich strahlende Schwangere war.

Da ist eben wieder dieses Ding mit Anspruch und Realität. In jedem Babymagazin lächeln einem dickbäuchige, nur so vor Glück strotzende Frauen entgegen, da bekommt man ein falsches Bild.

Ich wünsche Dir, daß du die Schwangerschaft gut verabreiten kannst und es Dir auch weiterhin besser geht.

Liebe Grüße von Leuchtkäfer
Elisabeth11

Beitrag von Elisabeth11 »

Liebe Leuchtkäferin!

Danke für deine liebe Antwort!

Von der SS ist mir schon auch eine positive Sache geblieben: ich weiß, was ich aushalten kann und dass ich fähig bin, mich selbst aus dem Dreck zu ziehen, obwohl ich wirklich gern manchmal nicht die einzige wär, die das tut.

Ich hab das auch gestern in der Therapie thematisiert und bin draufgekommen, dass ich irgendwie immer dazu tendiere, eine möglichst unkomplizierte Patientin zu sein. Vielleicht weil ich selber Krankensr. bin und aus einer Arztfamilie komme. Jedenfalls hab ich auch in dieser Zeit versucht, immer sehr sachlich darzustellen, wie es mir geht - vielleicht hätt ich mehr jammern und heulen müssen, damit das jemand sieht ;-)

Und ich scheine große Angst davor zu haben, dass mir jemand "Selber schuld,kein Mitleid" an den Kopf wirft - ich habe zu Beginn der 2.SS noch geraucht, bis zur 8. SSW und mache mir noch heute Vorwürfe, auch wenn ich jetzt nach dem Abstillen leider auch wieder begonnen hab. Natürlich nicht in Anwesenheit meiner Kinder etc, aber eben doch.

Jedenfalls kristallisiert sich immer mehr heraus, dass ich ein irrsinniges Problem mit Kontrollverlust hab und dass ich selbst sehr streng zu mir bin.
Da werd ich wohl nicht die Einzige sein, aber blöd ist es trotzdem.

Naja, du siehst, ich arbeite meinen psychischen "SS-Bauch" quasi systematisch ab und das Aufschreiben war nicht leicht, aber ganz gut.

Zu den Hebammen, die ich kennengelernt hab, hatte ich irgendwie nicht so das richtige Vertrauen, deshalb hab ich mit denen eher nicht geredet.

Ich hoffe, dass es dir jetzt auch langsam besser geht. Schreib mir gern auch eine pn, wenn ich dir helfen kann.

Lg E.
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