Teil 2 von gestern

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

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scaramouch

Teil 2 von gestern

Beitrag von scaramouch »

Hey ihr Lieben

mensch, ich staune immer wieder, wie hilfsbereit ihr alle hier seid...

Hmmm, was hab ich "vorher" gerne gemacht?

Ich habe unheimlich gerne und viel gelesen. Eigentlich in jeder freien Minute.
Heute lese ich meistens nur noch abends im Bett, damit ich besser schlafen kann.
Ich merke auch immer, wenn ich lese, dass das die einzigen Situationen sind, wo ich mich nicht mit der PPD beschäftige, sondern gedanklich abschalten kann und in einer "anderen Welt" bin.
Allerdings bin ich nicht sicher, ob es gut ist, denn eigentlich soll ich doch nicht flüchten oder?

Leider habe ich mit meinen beiden Kindern selten die Zeit auch tagsüber zu lesen.

Ansonsten bin ich immer gerne shoppen gegangen, irgendwie tat es mir meist gut, mir was schönes zu kaufen wenn es mir schlecht ging.

Im Moment ist das undenkbar, ich gehe ja nicht mehr oder kaum mehr raus weil mich die Panik lähmt.

eines meiner Hobbies ist auch seit je her das Singen. Ich habe in mehreren Bands gespielt bevor die Kinder kamen und hatte manchmal Auftritte für kleines Geld an Hochzeiten oder so.
Ich glaube ich habe grosses Talent, aber ich habe mich für die Kinder entschieden und seitdem nie wieder öffentlich gesungen.
Hier zu hause mache ich mir öfter mal Musik an und singe mit meiner Grossen.

Gestern abend bin ich mit meinem Mann und den Kindern zu meiner Schwimu gefahren zum Grillen. Es war an sich ganz nett, aber ich fühle mich entweder gar nicht oder eben wie ein Fremdkörper, so als wäre ich gar nicht dabei.
Alles ist wie ein Film.

Heute nacht habe ich von dem Onkel meiner Tochter geträumt, der sich ja vor ein paar Tagen das Leben genommen hat.
Ich bin klatschnass wach geworden und hab mich mitten in einer Attacke wiedergefunden.
Da lag ich dann, gelähmt vor Angst und Verzweiflung.

Das morgen früh der Termin in der PPD-Sprechstunde ist, macht mich noch panischer. Mir konnten so viele nicht helfen und ich habe Angst, dass ich ein hoffnungsloser Fall bin oder das sie mich auch nur wieder mit ADs vollpumpen wollen wie der eine Idiot.

Ich gehe davon aus, dass ich meine jetzigen Medis absetzen muss, da sie ja wieder mal nicht helfen und dann geht alles wieder von vorne los- wieder neue Tabletten, wieder wochenlang Nebenwirkungen und warten warten warten, ob sie diesmal helfen.
Das ist das schlimmste, dass man immer wieder Geduld haben muss in einem Zustand, der mehr als unerträglich ist.

Heute morgen bin ich fast nicht fähig gewesen aufzustehen. Mein Mann hat frei und ich bin dann gleich mal in Tränen ausgebrochen und habe ihn angefleht, mich endlich zu verstehen und mir zu helfen.
Er fragte was los sei und ich sagte "Ich habe solche Angst".
Daraufhin er: "Ist das was neues?"
Was soll ich dazu noch sagen?

Und gleich danach klingelte das Telefon und seine Mitarbeiterin war dran, weil wieder mal was ohne meinen Mann nicht klappt.
Das macht mich traurig. Ich merke erst jetzt was für einen hohen Stellenwert sein Job in unserem Leben hat.
Scheinbar einen Höheren als ich.

Ich bin so froh das ich hier her "kommen" kann wenn ich fast am durchdrehen bin.

Meine Mama hat eben noch angerufen. Sie wollte sich verabschieden weil sie ja heute für 3 Wochen weg fliegt und ich habe mit den Tränen gekämpft und ihr versichert das es mir besser geht, und glatt gelogen. Sie arbeitet so hart nur für diesen einen Urlaub im Jahr und das soll sie geniessen.
Aber ehrlich gesagt fiel es mir schwer, nicht zu schreien, dass sie hier sein soll, bei mir.
Ich vermisse sie so sehr. Und mir reichen die 600 km die sie weg wohnt schon aus, jetzt ist sie dann tausende km weg und wir können nicht telefonieren.

So, genug gejammert. Danke euch das ihr da seid und euch für mich interessiert.

DANKE
selina

Beitrag von selina »

Scara warum hast du ihr nicht gesagt das du si ebrauchst?Klar hat deine MAma den Urlaub verdient aber du bist ihre Tochter,überlege mal du wärst in der Situation dann wäre di rder Urlaub sowas von Scheiss egal glaub mir.Du bist wichtig und jetzt wichtiger sag doch offen was du denkst ohne Rücksicht!

Lesen ist immer gut und keine flucht denn es entspannt unheimlich!Ausserdem ist auch ablenkung super und das solltest du vertiefen!

Was dein Mann sagt ist natürlich ....Deshalb brauchst du andere Stützen.Darf ich fragen was dein Mann im allgemein über deine Krankheit denkt`?Alles einblidung?
scaramouch

Beitrag von scaramouch »

Hey Selina
ja, das trifft es so ziemlich genau.
Zu anfang hat er immer gesagt das sei alles eine Frage des positiven Denkens, ich müsste einfach stark sein und dürfte mich nicht hängen lassen.

Als er merkte das es mir immer schlechter ging, meinte er, ich sollte vielleicht doch mal zum Psychiater gehen.

Da war ich dann, teilte ihm die Diagnose mit und er meinte, ich solle bloss nicht auf die Idee kommen, ADs zu nehmen, weil er nichts davon hält.

Also liess ich es sein und es wurde noch schlimmer.
Dann nahm ich sie ein, es wurde etwas besser und er war damit natürlich zufrieden.

Dann wurde es trotz AD wieder schlimmer und er ist nun der Auffassung das ich mich da rein steigere und mit meiner Panik kann er gar nichts anfangen.
Er versteht nicht das ich nicht weiss wovor ich Angst habe genau.
Und er hat keine Vorstellung von diesen ZGs, obwohl ich sie ihm immer mitgeteilt habe und erklärt.

Er will sich nicht informieren über die Depressionen und die verschiedenen Formen die es gibt.
Er nimmt mich natürlich in den Arm und will mir helfen, aber er weiss nicht wie und ich bin mittlerweile so enttäuscht über sein Unverständnis, dass ich mich zurückziehe.
Das merkt er natürlich und kennt es nicht von mir, weil ich immer so eine Klette war früher.

Wenn ich hier ins Forum schreibe, benimmt er sich fast eifersüchtig und versteht überhaupt nicht das ich mir bei euch Rat suchen will.

Habe ihm dann nach einigen Angeboten eurerseits vorgeschlagen das er mal mit einer von euch sprechen oder schreiben soll, aber das will er auch nicht. Er will nur mit mir reden meint er...

In meinen Augen hat er den Ernst der Lage immer noch nicht erkannt und das liegt daran, dass ich immer noch versuche zu kämpfen und mich nicht hängen lasse.
Vermutlich wirke ich noch zu normal auf ihn.
selina

Beitrag von selina »

Leider sind Männer oft ziemlich unbeholfen und haben große Angst wenn "frau"nicht mehr funktioniert!Sie sind dann häufig wie Kinder!

Weisst du was ich gemacht habe?Ich habe mal einen Beitrag hier rein geschriben und da mein Mann sehr oft am Pc ist habe ich den Beitrag einfach offen gelassen und auf Doof gesagt als er was anderes machen wollte:Warte ich warte auf eine Antwort und dann hat er mein Text gelesen und ich glaube auch das er sich dann informiert hat.

Früher hat mein Männe auch immer gesagt:Panik was ist das?Wovor?Das hat mich so fertig gemacht hat.Aber als ich dann nicht mehr konnte und freiwillig in die Klinik gegangen bin hat es wohl auch bei ihn klick gemacht!

Versuch nochmal mit ihm zu reden oder sag ihm du kannst vor lauter Angst nicht alleine zu dem Termin oder zum Psychiater er soll sich begleiten?!Er muss es irgendwann verstehen und sich informieren!!!!Ich hoffe das du ihn umstimmen kannst!Erzähl ihm doch von unserem "angehörigen unterforum" dann kann er sich dort vielleicht mit anderen Männern ode rso austausschen?!Es gibt auch eine Betroffenen List und angehörigen Liste die du bestellen kannst bei Schatten und licht da könntest du auch noch mal Kontakte knöpfen?!
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Marika
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Beitrag von Marika »

Hey du - ich drück dich mal.

Selina hat recht: Lesen IST KEINE FLUCHT!!! Du darfst - ja du mußt unbedingt Dinge tun, die dir Freude machen, das ist wichtig für die Heilung!!!

Früher oder später wird sich dein Mann informieren müssen. Es ist nicht an ihm zu sagen - ich will nicht - er wird müssen, denn sonst wird eure Beziehung irgendwann auf dem Spiel stehen. Dann aber weil DU es willst. Er hat schlicht und einfach Angst.

Du merkst selber, dass seine Ratschläge immer ins Nichts geführt haben und das kommt eben, weil er sich nicht informiert. Es tut mir so leid für dich, leider sind viele Männer in dem Punkt so. Orientiere dich jetzt mal auf das Gespräch morgen. So hart es klingt: Auf deinen Mann hören, ist im Moment falsch - solange er sich nicht informiert. Dass du dich zurück ziehst von ihm, verstehe ich voll und ganz und ehrlich: Ich finds total o.k., das ist dein Selbstschutz.

Würde er evlt. mit einem Mann reden, dessen Frau eine PPD hat bzw. hatte? Vielleicht könnte man da einen Kontakt über Schatten und Licht herstellen!?

Ich drück dir fest die Daumen für morgen, sag uns Bescheid, was raus gekommen ist, ja!!!

Liebe Grüße von
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
Elisabeth11

Beitrag von Elisabeth11 »

Hallo!

Das mit der Flucht hab ich mir auch oft gedacht, dann hab ich mir das durchgedacht: die Depression ist eine Krankheit, die dich zwingt, zu grübeln und dich besch.... zu fühlen. Wenn du dem beim Lesen entfliehen kannst, bedeutet das somit, dass die Depression IN DIESER ZEIT nicht da ist - und das kann ja wohl nur positiv sein, oder?

Lg E
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