Diagnose: Rezidivierende Depression

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

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Gutemine
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Beitrag von Gutemine »

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Marika
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Beitrag von Marika »

"Jeder hat da seine persönlichen Ansätze, Schwerpunkte und Baustellen, deswegen hat auch jede von Euch recht - aber erst mal nur für sich selber."

Das finde ich sehr treffend von dir geschrieben, Gutmine. Deine Geschichte zeigt es auch ganz deutlich: Es gibt mehrere verschiedene Wege, Mittel und Erfahrungen - eben so vielfälltig wie wir selber sind!

Liebe Grüße von
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Marika

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schwere PPD 2005
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Leuchtkäfer

Beitrag von Leuchtkäfer »

Liebe Marika,

genau so war das auch gemeint mit dem Ansatz. Klar, daß jede von uns den Weg finden muß, der zu ihr paßt. Du machst es Dir sicher nicht einfach mit der Wahl Deines Weges im Moment.
Wer bin ich denn, daß ich mit erhobenem Zeigefinger sagen würde: Es muß aber auch ohne AD gehen. Das hast Du jedenfalls bei mir tatsächlich auf dem Beziehungsohr gehört. Es war eher als Entlastung für Dich gemeint, daß Du schon so viel ERfahrung hast, daß Du nun beim "zweiten Durchgang" sicher noch mehr für Dich tun kannst.

Ich sehe es keineswegs so, daß man irgendwann sein Leben ohn AD oder Therapie oder sonstwas schaffen muß. Wozu gibt es das alles. Ich finde nur, daß jede Hilfe im Leben von Zeit zu Zeit hinterfragt werden muß, ob sie noch nötig ist. Da setze ich AD, Therapie oder alles andere, was einem helfen kann, gleich.
Wenn es dann nicht klappt, dann eben nicht.

Gutemine, ich denke tatsächlich, daß man "nur mit AD futtern" nicht weiter kommt. Aber keineswegs, daß es bequem ist, sein AD zu nehmen und gut ist. Das tut aber auch niemand hier. Ich kenne keine, die "einfach" ihre Medikamente nimmt und wartet, daß es besser wird. Jede findet auf ihre Art die Dinge, die sonst noch helfen. Therapie, alternative Heilmethoden und, und, und. Bei Dir z.B. gut auf DIch zu achten und nach vorn zu schauen.
Trotzdem sehe ich einen Rückfall bei einer Krankheit als Signal an, die bisherigen Dinge, die man unternommen hat, nochmal zu hinterfragen und ggf. zu ändern. Natürlich ist es dabei wichtig, daß es einem möglichst schnell erstmal wieder besser geht.

Aber da eine Depression eine an sich heilbare Krankheit ist, finde ich es wichtig, das als Ziel vor Augen zu haben. Für mich wenigstens. Wann das ist und was ich dann als geheilt ansehe, ist eben Auslegungssache.

Nochmal ganz klar: Ich sehe es nicht als Schwäche an, ein AD zu nehmen, finde es auch nicht schlimm, daß sein Leben lang zu tun, niemadn versagt, wenn er nach ein Therapie nicht gesund ist und das Wichtigste ist, jede Frau dabei zu unterstützen, ihren Weg zu finden. Dazu gehört für mich aber auch, kritisch zu hinterfragen, wenn ich das Gefühl habe, es kann dieser Person vielleicht etwas nützen.

Grüße von Leuchtkäfer
AmoebeMS

Beitrag von AmoebeMS »

Ich stimmt Leuchti zu 100% zu. Es sind auch alles meine Gedankengänge. Danke fürs Formulieren, Leuchtkäfer. Es ist bei diesem Thema nicht ganz so einfach, weil man leicht ins – vielleicht "unsachliche" - Diskutieren hineingeraten kann, aber selbst bei einer sich wiederholenden Depression oder depr. Episode kann man ruhig wieder bei A beginnen und sich fragen, so wie Marika es ja auch tut, was man vielleicht just in diesem Moment für sich ändern kann (Kind mal länger im Kiga, Yoga, Auszeiten, etc.), eben zusätzlich zum AD. Ein AD reguliert natürlich den Botenstoffhaushalt, aber wurde dennoch ein gewisser Stresspegel erreicht, so wollte ich nicht mehr als hinterfragen/fragen, ob zusätzliche Maßnahmen auch greifen?! Und das tun sie ja offenbar auch. Von Bequemlichkeit war keine Rede. Auch ich kenne niemanden, der bei einer Depression Medikamente schluckt und abwartet. Dazu gehört einfach viel mehr und meine „Sorge“ ging genau in diese Richtung, da der „Anker“ genannt wurde. Ein Rettungsanker ist eine sehr kluge Einrichtung, aber irgendwann will man ja wieder weiter schwimmen. Ich würde das zumindest wollen. Ich hoffe, ich durfte das jetzt so schreiben.
Gutemine
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Beitrag von Gutemine »

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Marika
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Beitrag von Marika »

Ja - weiterschwimmen möchte ich auch. Im Moment liege ich aber schon noch ein bissl "vor Anker" :wink: - Ruhe ist eingekehrt, ICH bin in mich gekehrt und ich sehe die Zusammenhänge immer besser. Irgendwann werde ich weiterrudern, aber immer mit meinem persönlichen Rettungsanker egal ob er zum Einsatz kommt oder nicht.

Es ist für mich wirklich erstaunlich: mit dem AD komme ich schon gar nicht mehr in diese oft automatisch ablaufenden Stressspiralen rein. Ich wache morgens schon mit einem bei "0" liegenden Stresslevel auf, vorher stand ich unter Strom, bevor ich noch richtig wach war. Ich war da nicht mehr in der Lage mich raus zu holen mit den Maßnahmen die ich in der Therapie erlernt hatte. Jetzt plötzlich geht das alles wieder wie von selber - als wären die Wochen wo es mir schlecht ging, nur ein Traum gewesen, soweit weg ist es bereits. Diese Erfahrung ist wirklich sehr extrem für mich im Moment - extrem in der Hinsicht, wie viel besser es mir geht und ich bin so unendlich dankbar dafür!

Liebe Grüße von
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Marika

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Birdee

Beitrag von Birdee »

Hallo ,liebe Marika....

...ich wußte gar nicht ,dass man das AD weitere fünf Jahre nehmen muss nach erneutem Ausbruch :shock:

Wie lang muss denn die Phase gewesen sein , zwischen zwei Episoden um von einem weiteren Ausbruch zu sprechen?Mitunter ist es ja ein stetiges Auf-und Ab.... :roll: ..und das in einer einzigen Episode...weißt du ,worauf ich hinaus will?

Schön finde ich ,dass du gar nicht haderst ,sondern es so siehst ,wie es ist :Eine weitere Herausforderung und dass es weitaus Schlimmeres gibt....Depressionen sind ja wirklich gut zu behandeln....

Die Einnahme von AD ist oft noch wirklich verteufelt...leider.

Noch hadere ich mit meiner Dosierung , aber das wird sich ändern...hoffe ich.....liegt ja angeblich daran ,dass ich alles zu schnell"verstoffwechsel"...immerhin bin ich schon 10mg weiter runter

:P

Pass ganz doll auf dich auf und viel Spaß bei der Stressbewältigung ,bzw Eingrenzung....ich werde mir mal Tipps abholen :wink:

Mein Mann sagte heute zu mir ,als die Kinder sich wieder gestritten haben und er echt genervt war...weil es im Moment nur so ist:"Und in dieser Situation wolltest du reduzieren?!"

Wie soll man solchen Stress vermeiden ,bei meinen Kindern nicht möglich :?

ICH muss einfach einen anderen Umgang damit finden....obwohl es mich ...berufsbedingt ....tatsächlich nicht so stört wie meinen Mann :wink:

Wir "hören" , gell??

Knuutsch.....
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Marika
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Beitrag von Marika »

Hallo Gutemine und Birdee!

Schön von euch (nochmal) zu hören!

@Gutemine: Du hast gar nix falsches gesagt oder angezettelt - du hast deine Meinung geschrieben und ich kann alles was du gesagt hast, sehr gut nachvollziehen. Und genau wie du bin ich sooooo unendlich froh und dankbar, dass es mit wieder gut geht, nachdem dem Monster "Depression" nochmal ins Maul schauen mußte. Und ich freu mich auch für dich, dass du da die gleiche gute Erfahrung mit dem AD gemacht hast. Du schreibst ja auch, dass deine Ärzte von einer chronischen Stoffwechselstörung der Botenstoffe ausgehen. Diese Fälle gibt es zu Hauf und da sind dann oft eben die dabei (nicht alle, also nicht dass zu denkst, ich stell dir jetzt so frech eine Diagnose :wink: ), die immer das AD brauchen um die Botstenstoffe konstant zu halten. Die anderen Maßnahmen natürlich auch (Stressvermeidung, Auszeiten usw...), aber auch wenn alles super optimal läuft, brauchen sie das AD ein Leben lang. Und jeder Mensch der einmal eine Depression hat oder hatte, trägt das Risiko, genau zu dieser Gruppe zu gehören. Das kann man nur nie im Vorhinein sagen, kein Arzt oder Speziallist vermag das. Vielleicht kann die Forschung da in Zukunft noch mehr raus holen - im Moment ist es noch nicht möglich. Es gibt nur Hinweise, wer ein höheres Risiko trägt für immer ein AD zu brauchen und wer nicht. Und je häufiger man einen Rückfall oder depressive Episode erleidet, umso höher ist die Möglichkeit, auf ein AD angewiesen zu sein. Das ist wie beim hohen Blutdruck, den ich schon oft für das Beispiel gebraucht habe: Ganz viel hängt von den Lebensumständen ab, diesen zu senken (Gewicht, Stress, Bewegung, gesunde Ernährung usw.) Das hat bei meiner Mama z.B. den Blutdruck sinken lassen, aber nicht so, dass sie keine Tabletten mehr braucht. Sie braucht zwar wesentlich weniger und das ist Klasse, aber ganz ohne vermag ihr Körper nicht, den Blutdruck auf einem gesunden Level zu halten. Auch das ist ja eine Stoffwechselstörung und diese können auch eine "Laune der Natur sein", die in vielen Fällen nicht nur mit der Lebensweise komplett zu "heilen" ist. Bei Depressionen ist es eigentlich das selbe. Und DAS ist es eigentlich, was ich eben für mich versuche in mein Leben zu lassen: Die Möglichkeit, dass trotz allen Bemühungen ich ein Leben lang ein AD brauche, weil durch diese "Laune der Natur" mein Körper unterstützung braucht. Diese "Möglichkeit" ist mit dem erneuten Auftreten jetzt um einige Prozente gestiegen - aber immer noch so, dass ein weiteres Absetzen sinnvoll erscheint in ein paar Jahren. Ich bin schon sehr skeptisch dass ich es dann nochmal versuchen soll lt. meinem Arzt und bin froh, dass das noch lange nicht zur Debatte steht. Dieses Grauen zu erleben ein weiteres Mal hat mich sehr schockiert. In Zahlen: wenn ich jetzt 5 Jahre mein AD wieder nehme und in der Therapie arbeite und dann absetze: 40 % dass es klappt, 60 % dass es nicht klappt. Wenn ich dann angenommen eine 3. depr. Episode erleiden würde, dann liegt die Quote für immer ein AD zu brauchen bei 90 % und dann wird auch empfohlen eine Erhaltungsdosis als Provylaxe zu nehmen.

@Birdee: Ja, diese 5 Jahre sind eine Empfehlung der WHO, der Ärzte usw., kein MUSS. Müssen tust du gar nix. Aber es ist wie wenn du erstmalig eine Depression hast, da sagt man auch - nach eintreten der Stabilität das AD noch mind. 6 Monate, besser 1 Jahr nehmen, um einen Rückfall so gering wie möglich zu halten. Und ein Rückfall (oder neue depressive Epiosde - eigentlich ist es egal wie man es nennt), ist es dann, wenn man abgesetzt hat und es erst Monate (oder Jahre) später zum wieder auftreten der Depression kommt. Da meint man dann keine Stimmungsschwankungen, die hatte ich ja auch in diesen 9 Monaten und die fühlten sich auch nicht "krank" an. Sondern da meint man schon die typischen Symptome und die erkennt man schon dann mal recht gut. Und wenn gelegentliche Stimmungsschwankungen immer häufiger werden und die guten Phasen dazwischen immer weniger, dann ist das ein Trend in Richtung richtiger Depression. Das merkt man ja dann aber auch.
Ich weiß, dass du mit deiner Dosis haderst, mußt du aber nicht. Du hast ganz richtig geschrieben: Du brauchst ja schon 10 mg weniger und es geht dir gut damit. Und ich brauche 20 mg weniger als damals - das sind doch tolle Erfolge und zeigt, dass wir durchaus sehr gut an uns gearbeitet haben. Und es zeigt Gott sei Dank auch, dass ein ständiges Erhöhen wenn Stress kommt, NICHT eintritt, sondern diese nennen wir sie mal Erhaltungsdosen unseren Stresslevel schon so absenkt, dass zusätzlich von außen kommender Stress schon gar nicht mehr ein Überschwappen erzeugen kann. Wir können diesem dann besser gegensteuern, weil uns die Kraft dazu nicht fehlt, die sonst schon alleine für das Aushalten von Ängsten, ZG usw. drauf geht. Daher ist das AD ansich auch schon ein Puzzelteil zur Stressbewältigung - und einen guten Teil können wir noch dazu tun mit anderen Maßnahmen.

Mei, jetzt hab ich schon wieder einen Roman geschrieben, es ist
mir ein ganz wichtiges Thema im Moment.

Liebe Grüße von
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Marika

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heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
mici

Beitrag von mici »

@ Gutemine:
und zum andern hab ich heute Morgen vielleicht einfach auch so ein komisches Was-weiß-ich-Ohr gehabt...
:lol: :lol:

@ alle: Es ist doch auch so, dass selbst die Frauen an Depressionen erkranken können, deren Lebensumstände 1A sind und dies einfach deshalb, weil Depressionen vererbbar sind. Deswegen meine Frage: Was sollen denn die Frauen, die ihre Depression geerbt haben, in einer VT / PT tun, um die Botenstoffe wieder in Gang zu bringen, wenn sich doch gar nichts verbessern ließe an ihren Lebensumständen, keine Traumata vorliegen oder sonst was? Sind die nicht u. U. auch ein Leben lang auf AD angewiesen?

MICI
AmoebeMS

Beitrag von AmoebeMS »

Hallo!

Ist nicht eher die Krankheitsanfälligkeit vererbbar und somit nicht direkt die Depression an sich?

Es stimmt wohl eher die Aussage, dass jeder daran erkranken kann, egal um welche Lebensumstände es sich handelt. Aber gerade dann bei einer akuten Stoffwechselerkrankung ist die Behandlung derer am Wichtigsten, wie ich finde, und dazu gehört zu einer vielleicht nötigen Medikamenteneinnahme für mich gerade eine VT, weil in den meisten Fällen ja gerade doch die Lebensumstände geändert werden müssen. Die Lebensumstände waren vielleicht 1A, aber das „war“ ist ab der Erkrankung ja schon wieder Vergangenheitsform.

Und ich muss ehrlich gestehen (ich kenne keine genauen Prozentzahlen), dass ich aber fest davon überzeugt bin, dass in der Mehrheit der Fälle eben doch Vorerkrankungen vorlagen, Angststörungen, Essstörungen, Missbrauch, Fehlgeburten, eben Traumata, und und und.

Ich habe mich gestern allerdings verdammt gewundert, als ich irgendwo las, wie hoch doch die Rückfallraten bei einer Depression sind und dass sie im Laufe vergehenden Jahre stetig zunehmen. Das wusste ich zb überhaupt nicht. Und da kommt auch das Medikament ins Spiel, wie ich Marika Recht geben muss. Es wird oft zu rasch reduziert und abgesetzt, aber genauso vernachlässigt man die Rückfallprävention und dazu gehört nun mal auch die Therapie.

Wie gesagt, jede Mutter kann an einer PPD erkranken, mit den besten Lebensumständen, den besten Voraussetzungen. Doch wenn eine PPD erst einmal aufgetreten ist, stürzt leider jedes noch so 1A Kartenhaus in sich zusammen. Und dann? Ein Leben lang AD. Hab ich kein Problem mit, aber dazu gehört für mich genauso die Therapie, die VT wohlgemerkt, gerade bei sich wiederholenden Episoden.

LG AmoebeMS
Dora

Stoffwechselstörung

Beitrag von Dora »

Hallo Ihr Lieben,
hallo Marika,

ich möchte mich auch kurz zu dem Thema melden. Bei mir ist im letzten Jahr eine chronische Stoffwechselstörung festgestellt worden. Wie bei Dir Marika, habe ich durch Stress weitere Rückschläge erlitten. Vor meiner Diagnose habe ich alles versucht, Therapie, Medis, PME, Naturheilmittel usw.. 15 Jahre, bin ich von einem Arzt/Therapeuten/Heilpraktiker zum anderen gerannt. Jetzt, nachdem ich richtig eingestellt bin (AD), sind meine ganzen Wehwehchen so gut wie verschwunden. Mir geht es richtig gut. Wie DU schon auch erwähnt hast, bin ich jetzt auf dem Level eines Gesunden angekommen :D Meine Erfahrung aus den letzten Jahren werde ich natürlich immer wieder nutzen, es gibt sehr viele positive Sachen, wie Du sicherlich auch bestätigen kannst, die einfach nicht mehr aus unserem Leben wegzudenken sind. Bei mir z. B. ist es die progressive Muskelentspannung, einfach heerrrrlich...

Was ich mit dem Beitrag ausdrücken möchte, es zählt doch letztlich die Lebensqualität, es ist doch vollkommen egal, mir jedenfalls, ob einmal täglich eine kleine Pille geschlucken werden muss.


Lieben Gruß Dora
AmoebeMS

Beitrag von AmoebeMS »

Ich noch mal; ich nerve heute, ich weiß, aber aus irgendeinem Grund „packt“ mich das Thema. Persönlich habe ich gerade auch eine etwas ereignisreiche Zeit und vielleicht „reagiere ich mich gerade so ab“. Entschuldigt.

Eine Depression ist vererbbar. Das stimmt so einfach nicht.

Über die genetische Grundlage einer Depression besteht in unserer Weltgeschichte komplette Uneinigkeit! Nicht belegt, nicht bewiesen, Vermutungen und Annahmen. Einen einzigen Faktor gibt es nämlich einfach nicht!!!

Ein Arzt diagnostiziert dies, ein anderer jenes. Und darauf kommt es meistens auch überhaupt nicht an, sondern auf: wie komme ich da raus, wie ergattere ich mein Leben zurück, wie werde ich ZGs los, wie wie wie. Somit müssen eben Medikamente und Therapien greifen und mit Therapien meine ich nicht nur das brave Sitzen und Plaudern beim Psychiater, sondern die eigenen Hilfen im Alltag. Ein Mensch kann noch so gut mit Medikamenten eingestellt sein und doch entstehen Situationen, in denen er auf die erlernten Therapiemaßnahmen zurückgreifen muss, eben trotz gewisser angenommener Stabilität.

So wie zb Dora, auch wenn sie eine chronische Erkrankung letztendlich diagnostiziert bekommen hat. Ich interpretiere mal für mich weiter. Sie ist bestens medikamentös eingestellt, aber sie „ruht sich nicht darauf aus“. Es geht hier nicht um Bequemlichkeit, AD rein und fertig. Quatsch. Es muss ja nicht zwingend 15 Jahre brauchen, um das zu erreichen, aber sie tut einfach immer (!) etwas für die Prävention und das sollte kein Vorwurf an Marika oder irgendjemanden sein, sondern ein einfacher Hinweis/Frage.

Entschuldige Dora, wenn ich dich jetzt als Beispiel missbrauche und nur diesen deinen Beitrag jetzt mal auseinanderpflücke. Aber dir tut offensichtlich die progr. Muskelentspannung gut und bestimmt noch vieles mehr. Du, mir ebenfalls. Ich hatte hier schon Links dazu eingestellt, habe CDs zu Hause, komme damit super zurecht und es entspannt mich tierisch. Aber Stress hat ebenfalls deinen Rückfall mit verursacht, ob du nun damals bereits die richtigen Medis für dich genommen hast oder auch nicht. Allein mit Medikamenten kann man DAS nicht auffangen. Du hast gewiss das Arbeiten an dir nicht vergessen.

Prävention bedeutet für mich, dass man auf sich achtet und auch nach einer gewissen Stabilität nicht gleich in den tollen Alltag eintaucht und dort weitermacht, wo man aufgehört hat. Therapie heißt für mich auch nicht gleich zum Psychiater oder Psychologen zu laufen (bei einer rezid. Depression) , aber wenn es hilft, dann eben doch! Ich habe keine Ahnung was dem Einzelnen helfen kann. Sauna, Schwimmen, Sport, Treffen mit Freunden, Bachblüten, Schüssler Salze, Medikamente, Therapiebesuche, das Bücher lesen vom Kobold bis zum Ängste bewältigen, Emails schreiben und sich austauschen, im Forum mitarbeiten, die Kinder mal abzugeben oder einen oder zwei Tage auch mal nachmittags im Kiga zu lassen oder zur Oma zu geben, ins Restaurant essen zu gehen (mit Partner oder lieber einer Freundin), mal in der Woche „fertiges“ Essen zu kaufen und eben nicht zu kochen, Atemübungen, Muskelentspannung, Ergo, Osteopathie, Tagespläne, ABC-Analysen der Gedanken somit das Umpolen, usw. Aber: betreiben sollte man dies in einer gewissen Weise mit Konsequenz.

Man muss seinen eigenen goldenen Mittelweg irgendwie finden, jeder für sich. Aber bei einer depressiven Erkrankung, egal wie lange sie zurückliegt, eben nicht diese (oder andere) Maßnahmen vergessen und in den 1A Zustand wieder zurückzukehren. Wenn zb erst Kinder da sind, die hilflos und auf einen angewiesen sind, rutscht man schon mal gerne in den Alttagstrott ab, weil ja alles bestens fluppt oder fluppen muss.

Doch man vergisst sich sehr leicht wieder dabei. Sich, die Frau, die Mutter, den Menschen. Ganz besonders, wenn sich Stressphasen wiederholen. Fluppt ja alles; tja, eben nicht. Man hat sich doch irgendwie „vergessen“. Medikamente? Meiner Ansicht nach nicht gleich zwingend erforderlich, aber die Therapie schon und damit meine ich nicht die Besuche beim Psychiater oder Psychologen, sondern so wie Dora es schrieb, Erfahrungen aus dem letzten Jahren zu nutzen und immer wieder einzusetzen.
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Marika
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Beitrag von Marika »

@Mici: Ja, diese Fälle gibt es zu Hauf. Auf einem Treffen von Schatten und Licht vor 3 Jahren hat ein Arzt aus einer Mutter-Kind-Klinik referiert und uns erklärt, dass eine Therapie, (ähnlich wie auch ein AD) die Botenstoffe zu regulieren vermag, bzw. die Gehirnarele trainiert und stimmuliert werden können. Aber in den meisten Fällen nicht ausreichend genug, damit man gesund wird. Man konnte feststellen, das ganz viel durch Therapieformen wie z.B. die VT erreicht werden kann und das konnte dann sogar wirklich mit bildgebenden Verfahren bewiesen werden. Aber nicht bei allen Patientinnen im gleichen Maße. Es gibt tatsächlich ganz viele Menschen mit einer Depression, die "vererbt" ist, wobei hier eigentlich das "sensible (anfällige) Nervenkostüm gemeint ist. Es geht hier um das sogenannt "vegetative Nervensystem, dass bei solchen Menschen bereits durch einen negativen Zeitungsartikel mächtig belastet wird, dann werden vermehrt Stresshormone (wie z.B. Cortisol) ausgeschüttet, die sich wieder auf die Botenstoffe negativ auswirken - sie "fressen" sie quasi auf. Das ist dann die "Stoffwechselstörung" (die eine Depression ja ist), die nicht "wegtherapiert" werden kann. Und dann natürlich die eher "neueren" Formen psych. Erkrankungen - denken wir an das "Burn out" - wo sicher Stress DER Hauptfaktor ist und sicher seltener ein Trauma dahinter steckt. Diese können sicher eher ohne AD auskommen, weil die "Vererbung" fehlt. Es ist von Mensch zu Mensch verschieden, WAS für ihn Stress ist und WIEVIEL er "verträgt" und das hängt dann wiederrum mit dem "vererbten sensiblen Nervenkostüm" (dem vegetativen Nervensystem) zusammen und danach richtet sich die Behandlung und die Erfolge. Da sind sich die Forscher recht einig.

Jede und Jeder kann depressiv werden - die Hintergründe sind immer anders, wir hier haben alle eine PPD (Amoebe du hast einen anderen Auslöser, aber nicht minder schwer) - und doch braucht jede von uns was anderes und doch oft auch das Gleiche!

@Dora: Ich freue mich riesig, dass es dir so gut geht und 15 Jahre sind eine extrem lange Zeit. Man kann und sollte neben der AD Einnahme für sich enspannende und entlastende Dinge tun, ich glaube das wird jede hier unterschreiben. Ich z.B. liebe das autogene Trainig, habe viele Tiefensuggestions CD`s, liebe Entspannungsbäder (mit einem Gläsle Wein :wink: ), Massagen sind toll usw. Das möchte ich nicht mehr missen und gelernt habe ich diese Dinge, weil ich krank wurde und gemerkt habe, dass ich das für mich dringend brauche. Aber wie du schreibst, gibt es einen recht hohen Prozentsatz von psych. erkrankten Menschen, die trotz all dem für immer ein AD brauchen. Ich werde mal nächtes Mal meinen Arzt fragen, ob er Zahlen hat.

Ich glaube die PPD ist ein bissl eine "Sonderform", hängt mit Schwangerschaft oder Geburt zusammen. Und daher betrifft sie schon mal nur UNS FRAUEN, ist also rein "weiblich". Dazu ist eine Schwangerschaft und Geburt wohl so ziemlich das einschneidenste Ereignis im Leben einer Frau. Daher kann auch jede Frau daran erkranken, nicht nur die, die ein "sensibles Nervenkostüm" haben, sondern auch die "Starken" und oft spielen Traumata usw. eine Rolle Eine PPD ist kein klassisches "Burn out" (obwohl es natürlich auch das "Mütter Burn out gibt), da spielen andere Dinge eine Rolle - bei einem Burn out steht eigentlich kein Trauma dahinter, da gehts um klassische Überfoderung. Worauf es noch an kommt - der Schweregrad einer Depression: Dieser ist auch ausschlaggeben, WIE behandelt wird, wie lange usw. Es ist tatsächlich ja so, dass leichte bis mittelschwere Depressionen z.B. auch mit Johanniskraut gut behandelt werden können. Oder eine Thearpie alleine auch ausreicht - auch das gibt es. Und es gibt aber tatsächlich auch diese Formen von Depressionen, Angsterkrankungen, Zwängen usw. die trotz aller therapeutischen Maßnahmen ohne AD immer wieder absacken - so wie ich das mit dem Blutdruck verglichen habe. Da liegt dann auch eine rein körperliche "Fehlfunktion" vor, die vielleicht einfach eine "Laune der Natur" ist, vor. Ich habe hier ein wunderbares Diagram von meinem Psychiater über die "Stressanpassungsstörung". Leider kann ich sie nicht reinstellen, aber sie entsteht zum einen aus der "familiären Vorbelastung" (und die kann man nicht wegtherapieren) und zum anderen aus oft schon "frühem Stress", die zu einer Störung der Stressverarbeitung führen kann. Diese kann dann entweder "somatische" (körperliche) oder "psychische" (Nervliche) Beschwerden und Symptome erzeugen, die schlußendlich zur Chronifizierung führen kann. Den "Frühen Stress" kann man bearbeiten, die Erbkomponente aber nicht, die ist gegeben. Und solche Menschen reagieren bereits auf minimalste Reize (die bei anderen Null Regung erzeugen) mit Stress also mit Stresshormonen, die aber dann oft noch nicht bewußt gespürt wird. Und das summiert sich dann mit der Zeit zu einem "Grundstresslevel" der bei solchen Menschen dann praktisch "chronisch" immer schon weit höher liegt, als bei einem mit "starkem" Nevenkostüm. So haben diese Menschen dann immer zuviel Cortisol im Blut, was wiederrum die Botenstoffe verringert. So - und wie reduziere ich nun das Cortisol (und erhöhe somit gleichzeitg die Botenstoffe)? Sehr gut sind die genannten Maßnahmen, aber sie können den Wert leider nachweislich nicht komplett anpassen. Auch medikamentös gibt es bis Dato keine Möglichkeit die Stresshormone zu senken, bzw. das Sensible Nervenkostüm zu einem starken zu machen, es gelingt bedingt durch Entspannung oder Therapieformen usw. Das sind dann die Stoffwechselerkrankungen unter die eben auch Depressionen im allgemeinen, bzw. rezidivierende Depressionen im speziellen zählen. Ein schönes Beispiel sind auch andere Hormonstörungen - wie kann uns ein sogar nur leichtes Ungleichgewicht doch negativ beeinflussen! PMS - herrliches Beispiel: kann sehr gut mit alternativen Maßnahmen gelindert werden, aber oft nicht ganz - aber mit "Der Pille" ist alles gut. Hier regulieren sich die Hormone nicht so, dass man sich wohl fühlt. Alles Stoffwechselprobleme.

Bei mir z.B. kann man gut sehen, dass die Therapie auch sehr, viel bewirkt hat: Ich habe keine ZG mehr, brauche keine 30 mg Cipralex mehr, sondern nur noch 10 mg. Das heißt ein guter Teil hat die Therapie geschafft, aber nicht alles. Offen ist noch die Frage, gelingt es mit weiteren Maßnahmen den Rest zu schaffen (also ohne AD) oder nicht? In Zahlen habe ich es eh schon geschrieben: 60 % nein, 40 % ja. Spricht eher dafür, dass ich das AD brauche, aber noch eben nicht deutlich, daher ist für meinen Doc noch nicht aller Tage Abend. Aber die Quote ist halt auch so, dass ich die Möglichkeit in Betracht ziehen muss.

Übrigens: Ich hatte schon als noch Jugendliche immer einen höheren Cortisolwert als andere, das ist meinem Hausarzt immer schon aufgefallen. Auch hier kann eine vererbliche Komponente vorliegen, wie z.B. auch beim hohen Blutdruck.

Das ganze ist unglaublich kompliziert, was da alles körperlich (Hormone, Botenstoffe usw.) und psychisch abläuft - letztlich hängt alles zusammen, niemand weiß das bis heute 100 %. Es gibt viele Menschen mit psych. Erkrankungen aber kein einziger hat die selbe Vorgeschichte oder Vererbungen o.ä. Es gibt zwar Parallelen, aber es ist keine (Krankheits-)Geschichte identisch. Und daher haben wir wohl alle Recht, so wie Gutemine es schon geschrieben hatte.

Also wer meinen Roman bis hier her gelesen hat, dem zolle ich meinen ganzen Respekt, weil bei der Länge da braucht man echt ein starkes Nervenkostüm.... :lol:

Liebe Grüße von
Liebe Grüße von
Marika

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Neue Mami

Beitrag von Neue Mami »

Liebe Marika,

ich finde es auch sehr verantwortungsvoll das du sofort gehandelt hast und dein AD genommen hast, nun bist du wieder stabil und dir geht es ganz gut. Heutzutage ist es nun mal (leider) so, dass fast jeder Zugang zum Internet hat und wir PPD-Frauen möchten uns natürlich über unsere Krankheit informieren und mit Gleichgesinnten austauschen, was auch ganz gut und hilfreich ist. Nun ist es auch so, dass man uns sagt - was ja auch stimmt - das diese Krankheit bei nahezu 100% der Frauen heilbar ist, was man in der akuten Phase der Krankheit auch gar nicht glauben mag, weil es einem ja so schlecht geht und die Hoffnungslosigkeit überhand nimmt.
Es wird einem vorenthalten, dass man vor erneuten depressiven Episoden - was ja bei dir passiert ist - nicht geschützt ist und dann denken die meisten Frauen, wenn sie das lesen, dass du ja gar nicht gesund geworden bist, was ja natürlich nicht stimmt, du hast deine PPD besiegt, du hast lediglich eine neue, natürlich weniger intensive Depression erlitten.

Das sollte man sich vor Augen halten und die Hoffnung nicht aufgeben, weil die PPD ist BEI RICHTIGER BEHANDLUNG ZU 100% HEILBAR!!!!!!

Es stellt sich halt nur die Frage, ob du eine erneute Depression auch ohne PPD erlitten hättest, das wissen wir nicht, das kann einem niemand sagen, es ist zwar weniger wahrscheinlich, aber vor Depressionen IST NIEMAND GESCHÜTZT!!!

Ich bin zwar nicht mehr in der akuten PPD-Phase, mit meinem jetzigen Zustand bin ich auch mehr oder weniger zufrieden, aber die Angst ist auch da, das ich vielleicht nach Absetzen der Medis eine erneute Depri erleide, weil ich mich auch sehr an die Tabletteneinnahme und "Ich nehme meine Tablette und mir geht es deshalb gut-Zustand" gewöhnt habe. Da muss mir die Psychotherapie helfen und da muss ich mir selber helfen, da gibt es keine Medizin.. Ich hoffe für uns alle, dass wir es irgenwann schaffen und keine Angst vor Rückschlägen haben.

Sorry das ich so viel geschrieben habe und ich wünsche dir Marika weiterhin alles Gute und vielleicht klappt ja das Absetzten der Medis in ein paar Jahren, ich wünsche es dir sehr, aber wenn auch nicht, dann ist es kein Weltuntergang, heutzutage nimmt fast jede Frau "die Pille" und denkt auch nicht drüber nach.. Auch wünsche ich allen PPD/PPP Frauen weiterhin alles alles Gute und denjenigen die in der akuten Phase sind, gebt die Hoffnung NICHT auf, weil es wird besser und ihr werdet gesund!!!
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