Ich gehöre auch zu euch, und das ist meine Geschichte!

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schattenblume
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Ich gehöre auch zu euch, und das ist meine Geschichte!

Beitrag von schattenblume »

Ich schreibe heute zum ersten mal seit meiner Anmeldung im Dez 2012. Ich bin im Nov 2010 Mutter einer wundervollen, lang ersehnten Tochter geworden (nach künstl. Befruchtung)!
Hatte immer wieder schon während der Schwangerschaft Ängste und Befürchtungen um das Baby und um die Zeit danach, sprich ob ich eine gute Mutter werde, ob ich das alles schaffen werde etc...

Nach der Geburt, bin ich dann auch recht schnell in ein tiefes loch gefallen, hatte zeitweise absolut keine Gefühle meiner tochter gegenüber, dadurch natürlich auch total das schlechte Gewissen und eine bleierne Traurigkeit.
Ich aß nichts mehr, trank nichts mehr, schlief nicht mehr und war nur am heulen. Gott sei dank war meine Mutter für fast 3 Monate bei mir und half mir durch die schwere Anfangszeit... Ärztliche Hilfe nahm ich damals aus Scham nicht wahr (was für ein Fehler, wie sich im Nachhinein heraustellen sollte).

Nach ca. 3 Monaten ging es langsam aber stetig täglich aufwärts, die Gefühle kamen und ich fühlte mich in der Mutterrolle immer wohler...
Ich war total glücklich die schwere Zeit hinter mich gelassen zu haben und genoß die Zeit mit meiner kleinen in vollen Zügen.
Das ganze ging bis Anfang März 2012 gut, danach fing es wieder an das ich mich immer wieder mal depressiv und hoffnungslos überfordert gefühlt habe. Ich war ständig traurig und machte mir Vorwürfe meiner kleinen Tochter nicht die Mutter zu sein die sie verdient hätte...

Ärztliche Hilfe war nun unumgänglich, also nahm ich einen Termin bei einem Psychiater wahr der mir nur nach ca. 5 min schon Fluoxetin verschrieb. Ich war total enttäuscht von dem Gespräch und habe mich geweigert die Tabletten einzunehmen, da ich mich zu dem Zeitpunkt noch nicht soooo krank fühlte und dacht es ginge auch ohne Ads. Ich begann aber eine Psychotherapie bei einer sehr netten Therapeutin.

Dann, es war Anfang August letzten Jahres (werde diesen tag nieeeee vergessen), sah ich im Tv In den Nachrichten eine Mutter die ihre beiden Töchter umgebracht hatte und die psychisch krank gewesen sei und es machte PENGGGG... Diese Nachricht machte mir auf einmal soooo eine riesen Angst, ich saß wie gefesstelt vor dem Fernseher und hatte die totale Panik... Meine kleine spielte vor mir auf dem Teppich und ich sah sie an und dachte " oh mein Gott, was ist wenn mir sowas auch mal passiert, schliesslich habe ich auch ei.n psychisches leiden"... Dieser Gedanke hatte von nun an so einen Besitz von mir ergriffen das ich an nichts anderes mehr denken konnte... Es verschlug mir den Appetit, mir war ständig übel und ich bekam ständig Panikattacken vom feinsten... Ich musste ständig an die Nachricht denken und war so erschrocken von der Tat und fragte mich ständig wie man so etwas machen kann und ob ich auch dazu fähig wäre...

Als ich zu meinem nächsten Termin bei meiner Therapeutin ging fing ich schon im Flur bei ihr an zu heulen und konnte garnicht mehr aufhören...
Sie hörte sich mein Leid an und kam recht schnell zum Ergebnis das es sich um einen zwanghaften Gedanken handeln würde und ich nie dazu fähig wäre so etwas zu machen. Bis dato hatte ich auch noch nie so einen Gedanken oder so eine Angst. Sie sagte man könne das recht gut therapieren und nahm mir ein bisschen die Angst, aber nichts war mehr wie früher!

Ich war meiner kleinen gegenüber nicht mehr die alte, ich vermied es mit ihr alleine zu bleiben ging immer mit ihr raus, versuchte mich immer abzulenken. Ich dachte ich werde verrückt, sah mich manchmal gedanklich schon in der Geschlossenen!

Es war die schlimmste Zeit in meinem Leben, ich habe mir damals oft selber den tot gewünscht, ich wollte einfach nicht mehr leben und somit auch nicht mehr denken!!! Ich traute mich nur meinem Mann und meiner Mutter an! Es war fürchterlich ihnen von meinenÄngsten zu erzählen aber sie hörten mir zu und versuchten mit mir eine Lösung zu finden!
Meine Mutter schleppte mich dann zu einem Psychiater der mir 10mg Cipralex und bei Bedarf Tavor verschrieb.

Ich nehme nun schon seit Dez 2012 10mg Cipralex. Mir geht es schon sehr viel Besser, die Gedanken sind zu 90% zurückgegangen, sie tauchen zwar ab und an noch kurz auf aber machen mir nicht mehr eine so große Angst!
Mache auch immer noch eine Psychotherapie und versuche das Geschehene aufzuarbeiten und viel über die Krankheit in Erfahrung zu bringen!

Ich hoffe ich werde irgendwann komplett symptomfrei und somit auch wieder gesund... Ich möchte einfach nur meine wundervolle kleine Prinzessin geniessen... Sie ist so ein tolles Kind, und sieht mir zum verwechseln ähnlich :-) eigentlich habe ich so ein riesen Glück mit ihr aber meine Krankheit lauert wie ein dunkler Schatten über uns.

Ich wünsche diese Krankheit niemandem und denen die es leider haben eine schnelle Genesung!!!
November 2010 Geburt meiner wundervollen Tochter
PPD mit Angststörung nach der Geburt
09/2012 Anfang von Zwangsgedanken
seit 12/2012 Cipralex 10mg
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Marika
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Beitrag von Marika »

Ein ganz liebes Hallo!

Mensch du, da hast du wirklich viel Leid durchmachen müssen. Ich kann dich zu 100 % verstehen, denn ich hatte auch massive Zwangsgedanken, die mir lange das Leben zur Hölle gemacht haben. Doch mit Therapie und auch Cipralex bin ich wieder gesund geworden und ich liebe mein Leben heute mehr, als je zuvor.

Ich bin sehr beeindruckt, dass du dich dann doch noch dazu entschieden hast, Hilfe zu holen. Das ist nämlich sehr schwer, es erfordert sehr viel Mut und Kraft - 2 Dinge die in Phasen der Depression fast als unüberwindliche Hürden empfunden werden. Aber du hast sie übersprungen und es war GOLDRICHTIG!!! Ich hoffe, dass deine Geschichte auch den Mamas bei uns die noch keine Hilfe in Anspruch genommen haben und vor sich hinleiden, helfen kann über den Schatten zu springen.

Genau wie dir, hat mir das Beschäftigen mit der Erkrankung geholfen, diese zu überwinden und aus der Not eine Tugend zu machen: Ich bin nun schon 8 Jahre hier dabei und helfe den Betroffenen Frauen so gut ich kann, ehrenamtlich. Mein Psychiater meinte schmunzelnd: "Wir sind eh schon fast Fachkollegen".... :wink: Ich habe diese "Besonderheit" (ich nenne sie absichtlich NICHT Krankheit!!!!) angenommen und mit den 10 mg Cipralex lebe ich so, als wäre nie was gewesen. In meiner schwersten Zeit braucht ich 30 mg Cipralex, 15 mg Mirtazapin 1,5 mg Tavor TÄGLICH!!! Also ein enormer Cocktail! Die heutigen noch verbliebenen 10 mg Cipralex sind ein großer Erfolg für mich und ich bin dankbar, von meiner "Besonderheit" nichts zu spüren im Alltag!

Meine Liebe, ich hoffe du fühlst dich hier genau so daheim wie ich mittlerweile und freue mich auf Austausch!
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
Corina

Beitrag von Corina »

Liebe Schattenblume,

herzlich wilkommen. Die Umstände unter denen wir uns hier schriftlich kennenlernen sind ja leider sehr traurig.

Diese Schmerzen die man erleiden muss bei dieser Krankheit sind unmenschlich.

Meine Geschichte findest du ebenfalls in der Vorstellungsrunde.

Ich stecke leider noch mitten drin. Und das ganze zieht sich Ende Juli dann schon ein Jahr hin.

Mir geht es natürlich besser als am Anfang. Ich konnte weder essen noch sprechen noch sonst irgendwas. Wie erstarrt.

Therapie mach ich auch und Medikamente nehme ich ebenfalls.

Ich Wünsche uns allen viel Kraft um diese furchtbare Krankheit zu besiegen.
schattenblume
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Beitrag von schattenblume »

Lieben dank für die herzliche Aufnahme,

es tut einem so unendlich gut Menschen um sich zu haben die einen verstehen. Dieses Forum gibt mir immer wieder Kraft und Mut durchzuhalten und nach vorne zu schauen.
Manchmal geht es mir nach einigen Geschichten aber auch schlecht, ich habe dann immer Angst mir könnte das auch wieder passieren etc... Ich merke dann immer dass ich noch sehr anfällig bin.
@ Marika: ich ziehe den Hut vor dir, du bist einfach bewundernswert! Hast immer ein offenes Ohr für jeden und nimmst dich jeder an. Wie schaffst du es nur die Distanz zu solch teils schlimmen Erfahrungen zu bewahren ohne dass es dich mit runterzieht? Dazu gehört echt eine riesenportion Stärke... Nochmals vielen Dank!!!
@ Corina: dir wünsche ich auch ganz viel Kraft und wieder schöne unbeschwerte Tage... ich hoffe wir kommen da bald raus
November 2010 Geburt meiner wundervollen Tochter
PPD mit Angststörung nach der Geburt
09/2012 Anfang von Zwangsgedanken
seit 12/2012 Cipralex 10mg
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Marika
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Beitrag von Marika »

Liebe Schattenblume,

1000 Dank für die lieben Worte. Weißt du, für mich ist das wie eine Berufung geworden, hier mit zu helfen. Bei mir ist die aber Erkrankung schon 8 Jahre her, die Distanz kommt mit der Zeit von alleine - einerseits zur eigenen Erkrankung und auch zu den Geschichten, von denen man sich dann abgrenzen kann. Für mich war das Lesen und antworten hier wie eine zusätzliche Therapie - ich habe mich so immer wieder mit meinen eigenen Baustellen konfrontiert und bekam unendlich viele wertvolle Ansätze durch den Austausch mit den Mädels.

Es tut sooo gut unter Menschen zu sein, die wissen wovon man redet - daher ist dies mein 2. Zu Hause geworden! :-)
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
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