"Leichte" Wochenbettpsychose?

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

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Lebiax

"Leichte" Wochenbettpsychose?

Beitrag von Lebiax »

Hallo!

Meiner Frau wurde im BKH eine Wochenbettpsychose diagnostiziert. Sie wurde am Montag im BKH aufgenommen, durfte aber bereits
am folgenden Samstag und Sonntag 12 Stunden das BKH verlassen.
Die Woche darauf konnte Sie schon eine Nacht von Mittwoch auf Donnerstag zu Hause verbringen, ehe wir Sie wieder zurück ins BKH gebracht haben.

Medikamente nimmt sie momentan Haldol und Tavor, wobei letzteres bereits ausgeschlichen wird.
Vorausgegangen war eine schwere Woche, in der sämtliche Symptome einer Psychose aufgetreten sind, allerdings sind hier nahezu alle verschwunden, nur der
Schock und die Angst scheinen noch in ihr zu sitzen, außerdem scheinen die Medikamente auch recht müde zu machen....Gespräche zu folgen scheint ihr auch noch schwer zu fallen. Angeblich darf sie bereits nach 2 Wochen das BKH schon verlassen.

Kann es sich hierbei um eine "leichte" Wochenbettpsychose handeln, die schnell wieder vergeht oder wie ist das ganze zu beurteilen? Hat jmd. ähnliche Erfahrungen
gemacht?

Vielen Dank bereits für eure Antworten!

LG
Sonnenschein84

Re: "Leichte" Wochenbettpsychose?

Beitrag von Sonnenschein84 »

Hallo Lebiax,

Willkommen hier im Forum. Mir fällt es nicht ganz leicht die Ausprägung der Psychose deiner Frau einzuschätzen, nur aufgrund der Aussagen des BKH.

Grundsätzlich hört es sich sehr gut an, dass das Tavor schon wieder ausgeschlichen werden kann. Das ist ein ganz gutes Zeichen. Dass die psychotischen Symptome verschwunden sind, ist auch sehr gut. Das liegt höchstwahrscheinlich daran, dass das Medikament (Haldol) gut angeschlagen hat und vielleicht auch daran, dass deine Frau im Krankenhaus mehr Ruhe und Schlaf bekommen hat (auch durch das Tavor). Die Medikamente machen sicher müde. Das ist eine ganz typische Nebenwirkungen der NL und auch nach meiner Erfahrung macht Tavor auch müde. Dass es deiner Frau noch schwer fällt Gesprächen zu folgen, kann auch sehr gut noch am Tavor liegen, aber vielleicht auch noch am Haldol. Mich wundert es etwas, dass Sie Haldol bekommt. Ich weiß, dass das ein Medikament ist, dass es schon sehr lange gibt und dementsprechend gut erprobt sein sollte, aber ich dachte immer, dass es mittlerweile nicht mehr unbedingt das Neuroleptikum der 1. Wahl ist aufgrund von Nebenwirkungen. (Natürlich haben die anderen NL auch Nebenwirkungen....) Aber gut, die Ärzte werden das wohl berücksichtigt haben und wichtig ist es ja, dass die psychotischen Symptome erst mal verschwunden sind.
Dass deine Frau nach 2 Wochen das BKH schon verlassen darf, ist sicher überdurchschnittlich früh bei einer (Wochenbett)Psychose, aber ist doch auch ein gutes Zeichen. Wenn die psychotischen Symptome verschwunden sind und die Medikamenteneinstellung gut ist, dann wird deine Frau zu Hause in vertrauter Umgebung sicher auch gut weiter genesen können. Trotzdem würde ich es nicht überstürzen und zu schnell nach Hause zurück kehren. Wenn sich deine Frau noch nicht stabil genug fühlt, kann sie vielleicht besser noch eine Woche länger im Krankenhaus bleiben und zwischendurch oft nach Hause kommen. Aber das werdet ihr sicher am besten beurteilen können und die Ärzte haben da sicher auch Erfahrungen.

Was genau verstehst du unter einer "leichten" Wochenbettpsychose? Auch weiß ich nicht, was genau es für dich bedeutet, das sie "schnell wieder vergeht"? So wie ich dich verstehe, sind die "positiven Symptome" einer Psychose (z.B. Stimmen hören, seltsame Gedanken, Halluzinationen ) ja bereits (durch die Medikamente) verschwunden. Das ist schon mal sehr gut und wird auch voraussichtlich so bleiben, vorausgesetzt, dass die Medikamente nicht zu schnell abgesetzt werden. Deine Frau wird aber sicher noch länger ( sicher Wochen und Monate) mit dem Schock und der Angst zu kämpfen haben. Stell dir vor, jemand hatte einen ganz schweren Autounfall. Auch wenn die Knochenbrüche und Wunden operiert sind, fragt man sich vielleicht noch Monate später, warum einem das passiert ist und hat vielleicht noch ganz lange Angst, dass einem wieder so ein schlimmer Unfall passiert.

Es gibt Studien, die besagen, dass die Heilungschancen bei Psychosen, bei denen die Symptome sehr schnell und sehr heftig aufgetreten sind, viel besser sind, als bei psychosen, die schleichend beginnen und bei denen die Symptome nicht so stark ausgeprägt waren.
Auch ist es ganz wichtig, dass möglichst schnell eine Behandlung (mit Medikamenten) der Psychose stattfindet. Je früher, desto besser die Heilungschance.
Dann gibt es noch viele weitere Faktoren, die dafür sorgen können, dass die Psychose schnell vergeht. Halt in der Familie, gute soziale Kontake, Freunde die zu einem stehen machen viel aus. Gerade bei Wochenbettpsychosen ist die Prognose sehr gut, wieder vollständig gesund zu werden. Wie lange das dauert ist sicher unterschiedlich und kommt auf die Definition an, wann man sich selbst wieder als ganz gesund bezeichnet.

Ich selbst hatte auch eine Wochenbettpsychose nach der Geburt meines Kindes (10 Wochen nach der Geburt). Nach 2 Wochen hatte ich so gut wie keine psychotischen Symptome mehr, habe mich aber noch sehr unsicher und müde gefühlt. Es war nicht einfach, wieder neues Selbstbewusstsein und Selbstsicherheit aufzubauen. Außerdem hat es mich belastet, dass ich Medikamente nehmen musste, weil ich mich dadurch müder gefühlt habe und Gewicht zugenommen habe. Auch wenn es mir manchmal lange vorkam, bin ich eigentlich sehr schnell wieder gesund geworden und auch ohne Medikamente gesund geblieben. Ich bin genauso belastbar wie vor der Krankheit, aber bin achtsamer mit mir selbst geworden. Außerdem kann ich Gesundheit viel besser schätzen, als vor der Krankheit. Auch die Beziehung zu meinem Partner und unseren Familien ist dadurch noch intensiver geworden.

Ich drücke dir die Daumen, dass es für euch ebenfalls so gut verläuft. Bei Fragen, kannst du dich gern auch per PM melden.

Viele Grüße
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