Arbeiten gehen

Austausch alltäglicher Sorgen oder Freuden

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Astrid77

Arbeiten gehen

Beitrag von Astrid77 »

Hallo! Ich wollte mal so in die Runde fragen, wer von euch berufstätig ist und wie es euch damit geht? Und, gibt es auch jemanden wie mich die nicht arbeiten geht und damit total unglücklich ist?
Ein Nebeneffekt der PPD war und ist, dass ich mir gar nichts mehr zu traue. Manchmal traue ich mich sogar nicht, einkaufen zu gehen - bzw. überhaupt aus dem Haus zu gehen. Natürlich muss ich es dann doch tun und es geht auch. Aber dass ich jemals wieder arbeiten gehe, also mit Kind und Beruf normal leben werde, das ist für mich ein völlig utopischer Gedanke!
Das Problem dabei ist, dass es mich wahnsinnig macht. Der Gedanke und die Sorgen, von meinem Partner und dem Staat finanziell abhängig zu sein, ist allgegenwärtig und spukt den ganzen Tag in meinem Kopf herum. Ich habe oft Angst, dass sich diese Situation gegen mich wenden könnte und ich im Fall von Verlust meines Partners zum Beispiel ohne alles dastehe! Was die Sache dann noch zusätzlich erschwert ist, dass mein vorheriger Beruf (Grafikerin) ein völlig kinderunfreundlicher Beruf ist, wie mir jetzt klar wird. Halbtagsstellen gibt vielleicht eine von 50 Angeboten, der Rest ist Vollzeit. Und da werden Mütter nicht genommen weil es genug junge, kinderlose Arbeitssuchende gibt, die ohne Murren Überstunden machen - so wie ich früher. Ich habe nie länger als 2 Wochen gebraucht um eine Arbeit zu finden aber jetzt antwortet mir noch nicht mal jemand .
Gibt es hier jemanden, die auch auf Arbeitssuche war, und vielleicht eine Erfolgsstory zu erzählen hat?
LG Astrid
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Marika
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Re: Arbeiten gehen

Beitrag von Marika »

Hallo Astrid,

ich habe wieder angefangen zu arbeiten, als mein Sohn (und auch die PPD) 3 Jahre alt war. Solange war ich in Karenz. Das war aber von Anfang an so geplant, dass ich die volle Karenz Zeit von 3 Jahren ausschöpfe. Dass die PPD dazu kam, war ein Zufall. Mir hat das Arbeiten sehr gut getan, habe aber ganz klein und langsam auf geringfügiger Basis angefangen. Ich war damals zwar eigentlich wieder oben auf, aber noch lange nicht da, wo ich heute bin. Mein Glück war, dass ich auch einen Betrieb und Stelle gefunden habe, die mir sehr entgegen gekommen ist und auch Kinderfreundliche Arbeitszeiten hatte. Dazu kam auch, dass ich meinen Sohn bei meiner Mama sehr gut aufgehoben wußte. Die Rahmenbedingungen waren also top und ich konnte mich wirklich auf mich und die Arbeit konzentrieren, wass wieder um meinem Selbstvertrauen sehr gut getan hat.

Ich bin heute nach fast 8 Jahren immer noch dort und arbeite 15 - 20 Stunden die Woche.
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
Graureiherin
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Re: Arbeiten gehen

Beitrag von Graureiherin »

Liebe Astrid,

als ich die PPD bekam habe ich recht schnell angefangen ehrenamtlich zu arbeiten. Eben weil ich gemerkt habe, dass mein Selbstvertrauen schwindet und ich mir immer unsicherer wurde, ob ich überhaupt jemals! wieder arbeiten kann.

Die ehrenamtliche Arbeit war nur dazu da, abgelenkt zu sein und mein Selbstvertrauen wieder gewinnen. Einfach weil ich gemerkt habe, ja ich kann noch arbeiten. Ich war damals im Weltladen, hatte also Kundenkontakt und Mitehrenamtliche die alle gar nicht gemerkt haben, dass ich so an mir zweifel und in einer Krise bin. Das hat mir gut getan.

Denkt doch erst mal nur an kleine Schritte, wie z. B. nur wenige Stunden, einmal die Woche. Gar nicht als Grafikerin sondern einfach etwas was Dir vielleicht Freude macht und Du als sinnvoll empfindest. Und noch keine großen Probleme mit Babysitter organisieren bringt. Die Gedanken, was ist wenn... Dein Mann nicht mehr ist... sind fiktive und negative Zukunftszenarien und bringen Dir gar nix.

mit herzlichem Gruß
die Graureiherin
postpartale Zwangserkrankung 10/2012
Cipralex bis 2014
Rückschlag 2015, wieder Escitalopram bis 15mg
langsame Reduzierung auf 5 mg Escitalopram seit Juli 2017
Verhaltenstherapie beendet seit September 2017
Sanna
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Re: Arbeiten gehen

Beitrag von Sanna »

Hallo Astrid!

Mir ging es ähnlich wie dir. Mein Selbstvertrauen war total am Boden. Ich konnte mir nicht vorstellen jemals wieder in meinem Beruf zu arbeiten. Ich habe ca. 2 Jahre nach Beginn der PPD ehrenamtlich bei den Tafeln angefangen. Einmal in der Woche. Dann habe ich beim Kinderschutzbund im Kinderladen angefangen, auch ehrenamtlich aber mit mehr Stunden. Nach ca. acht Monaten habe ich gemerkt, dass es geht und mich nach einer bezahlten Arbeit umgesehen. Ich habe dann 16 Monate bei Takko im Verkauf gearbeitet. Ich musste mich selbst erst davon überzeugen, dass ich der Verantwortung wieder gewachsen bin. Als dann ein Jahr rum war und ich keinen einzigen Tag wegen meiner Erkrankung gefehlt hatte, war mir langsam klar, dass ich auch wieder in meinem Job arbeiten kann. Seit dem 1.12.16 arbeite ich wieder als Lehrerin. Auch da hab ich langsam angefangen mit 15 Stunden in der Woche. Bevor es losging habe ich förmlich darauf gewartet, dass es mir schlechter ging und im Endeffekt ist NICHTS passiert. An meinem ersten Unterrichtstag bin ich in die Klasse marschiert und nach fünf Minuten war ich wieder voll drin. Es macht unheimlich Spaß und war ein enormer Schub für mein Selbstbewusstsein. Gerade letzte Woche habe ich meinen Vertrag auf 20 Stunden aufgestockt. Allerdings mit Vorbehalt. Falls ich merke, dass es mir doch nicht gut tut, kann ich jederzeit wieder auf 15 Stunden zurück.

Der ganze Prozess vom Anfang der Ehrenamtlichen Arbeit bis jetzt hat ca. ein Jahr und zehn Monate gedauert. Alles hat seine Zeit. Vielleicht überlegst du mal, was dir Freude machen könnte und gehst es langsam an. Schritt für Schritt.

Liebe Grüße, Sanna
schwere PPD 2012, heute komplett symptomfrei
Astrid77

Re: Arbeiten gehen

Beitrag von Astrid77 »

Hallo!
Danke für eure Rückmeldungen.
Ich wurde jetzt sogar endlich mal zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen - in meinem Beruf Grafikerin, 20 Stunden die Woche. Es klang alles positiv am Telefon, das Vorstellungsgespräch ist am Montag. Ich bin am Zweifeln, manchmal denke ich, probiere es einfach aus, manchmal denke ich - das wird eh nix. Bei meiner Medikamenten"Karriere" hatte ich bisher immer den Eindruck, dass ich so nicht arbeiten gehen könnte (mir war immer schwindelig, und das letzte Medikament hat mich absolut verpeilt gemacht), also müsste ich es irgendwie ohne schaffen. Momentan geht es so eh ganz gut, aber ob ich das mit dem Arbeiten schaffe? :/ Ich hatte eigentlich geplant, irgendwo geringfügig angestellt zu arbeiten (ist in Österreich so wie in Deutschland 420 Basis oder wie viel das momentan ist), das ist aber a) ziemlich wenig Geld pro Monat und b) fragt mich jetzt schon jeder, ob ich nicht an meine Rente denken müsste (also mehr Arbeiten). Hm! Es gibt immer so viele Für und Wider, dass ich immer nur Gedanken hin- und herwälze. Ich bin ja nur froh, dass ich in meinem Job nicht vor/mit Leuten reden muss, so wie du, Sanna - DAS kann ich mir nämlich gar nicht vorstellen! Naja, ich berichte demnächst mal weiter, ob sich was entwickelt. Jedenfalls bekomme ich ab 27.3. kein Geld mehr vom Staat - und dann MUSS ich arbeiten gehen - oder mich wegen Depression krank schreiben lassen, aber davon war meine Psychologin überhaupt nicht begeistert als ich das Thema mal angesprochen habe. LG Astrid
Alice2304

Re: Arbeiten gehen

Beitrag von Alice2304 »

Hallo
Ich habe 2 Kinder 4&5 und gehe 21 Stunden die Woche als Verkäuferin arbeiten.
Es ist manchmal nicht einfach alles zu managen da wir bis 20 Uhr geöffnet haben, und morgens um 6 Uhr anfangen.
Aber mein Mann und ich Händeln das bis jetzt ganz gut.
Unsere Große kommt im August zur Schule, wie es da funktionieren wird wissen wir noch nicht.
Ich habe während meiner Elternzeit begonnen zu arbeiten das waren damals 33 Stunden im Monat, einfach mal raus was anderes sehen und hören und nebenbei noch ein wenig Geld dafür bekommen.

Lg
Alice
lenismama

Re: Arbeiten gehen

Beitrag von lenismama »

Hallo Astrid,
ich habe zwei Kinder im Alter von 1Jahr und 3 Monate und 11 Jahren. Nach einem Jahr Elternzeit arbeite ich wieder in einer Apotheke als Pka und muß sagen es ist wie Therapie für mich.
Ich leide schon seit Jahren an einer Zwangsstörung und Depressionen. Vor der Geburt meiner Tochter waren es eher Kontrollzwänge,jetzt sind es Zwangsgedanken.

Lg Jessica
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