Hallo miteinander!
Sehr gerne teile ich mit euch meine Erfahrungen. Eines gleich vorweg liebe Alibo: ich tappe nach wie vor auch noch ab und an in diese Falle der Überforderung, aber es wird immer seltener und ich merke es immer früher. Somit ist die Antwort auf die Frage, wie lange es bei mir gedauert hat, auch schon klar: ich bin immer noch auf dem Weg... und werde es wohl immer ein Stück weit bleiben
Bis ich erstmals begriffen habe, dass ich an dieser Balance arbeiten muss, hat es aber 3 Jahre gedauert. Das weiß ich noch sehr genau, davor hat man mir das zwar in der Therapie nahegelegt, aber ernst genommen habe ich es nicht. Erst danach kam das mehr und mehr ins rollen, auch durch viele verschiedene Gespräche unter Frauen allgemein. Da hat es mir dann gedämmert, dass wir Frauen da generell oft benachteiligt sind und ich im speziellen noch mehr auf mich achten muss wegen meiner Hochsensibilität. Genau wie du sagst Alibo ist es mir speziell in den Jahren als mein Sohn noch klein war und ich wieder Teilzeit gearbeitet habe, schwer gefallen da einen Ausgleich zu finden. Mein Glück ist mein Mann - genau wie deiner Alibo, haut den so gut wie nichts aus den Socken.

Und er kennt mich unglaublich gut, womit er oft schon vor mir erkannt hat, wenn etwas zu viel war oder wurde. Ich selber habe oft bewusst nicht hingeschaut, weil es mich auch so sehr genervt hat, dass ich nicht so belastbar wie andere bin. Ich wollte so sein wie die anderen und dann mit der Brechstange durch... das Ergebnis war nie gut. In all den Jahren - und nicht zuletzt auch durch den Austausch hier - ist mir klar geworden: ich muss auf mich achten, tue ich es nicht sagt mir auch niemand danke, schon gar nicht mein System. So wurde innerhalb der vergangenen Jahre mein Gespür für mich selber - was geht und was nicht - immer besser. Auch weil ich mich getraut habe "nein" zu sagen... meinem Mann, meinem Umfeld. Und ich habe gelernt die Überraschung oder das Erstaunen auszuhalten. Ich habe mich getraut "Ich zu sein" - ganz ehrlich und authentisch. Und erstaunlicher Weise wurde das sehr gut aufgenommen. Viel, viel besser als ich immer gedacht habe. Sehr geholfen hat mir dabei wirklich mein Mann, das muss ich ehrlich sagen.
Ich glaube auch, wenn man noch kleinere Kinder hat, ist es einfach viel schwieriger. Seit Noah aus der Schule raus war, fing es wirklich an extrem leichter zu werden. Dazu habe ich das große Glück in der Firma meines Mannes zu arbeiten - ganz ohne Druck - ich kann es mir selber einteilen. Die 13 Jahre im Handel davor mit kleinem Kind waren extrem anstrengend, aber ich wollte es unbedingt so. Ich wollte meinen eigenen Job haben. Auch so ein "ich muss mir was beweisen" Ding... Ich habe also über all die Jahre hinweg immer mehr zu mir gefunden und mich getraut, mich meinem Umfeld so zu zeigen wie ich bin: sensibel, introvertiert, begrenzt belastbar... aber dafür auch empathisch, hilfsbereit, liebevoll. So jedenfalls beschreibt mich mein Mann...
Gerade letztes Jahr an Weihnachten hatte ich es mir wieder mal beweisen wollen: 4 Tage volles Haus, ständig Gäste, Kochen von Früh bis Abends, meine Mama hat bei uns geschlafen da der Papa da vor kurzem gestorben war. Ich habe alles alleine gemacht, mir von niemandem helfen lassen... Geschlafen fast nicht, denn es musste ja perfekt sein. Das Ergebnis: am 3. Tag am Mittag - Schwindel, Übelkeit, Atemnot. Da habe ich erst gemerkt, was ich da wieder mal von mir wollte. So bescheuert, ich wollte wieder mal allen etwas beweisen.

Heuer passiert uns das nicht mehr: Wir fahren 9 Tage über Weihnachten und Silvester in den Urlaub - in ein Wellness Hotel. 4 Tage mit meiner Mama, unserem Sohn und dessen Freundin, dann 5 Tage nur noch mein Mann und ich. Ich freue mich extrem, einfach nichts tun und fallen lassen. War die Idee meines Mannes... dafür liebe ich ihn.

Wir gönnen uns mehrmals im Jahr kleine Auszeiten zu zweit, jetzt haben wir die Zeit, da unser Sohn aus dem Haus ist. Also das älter werden hat tatsächlich auch Vorteile.
