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Verfasst: 02:09:2005 11:27
von Anke
Hallo Milla und die anderen,

wenn ich Eure Beiträge lese, muß ich feststellen, dass ich da wohl vielleicht eine Ausnahme bin und meine PPD mit Sicherheit nicht mit meiner Kindheit zu tun hat, denn die war nämlich schön.

Ich habe mittlerweile mein "Puzzle-Spiel" selbst zusammengesetzt und weiß, dass meine Eltern mir die größte Stütze während meiner Krankheit waren. Tausendmal mehr als mein (damaliger) Mann oder andere Personen. Es waren andere Dinge, die mich in eine schwere PPD brachten, z. B. einleiten der Geburt, dann doch Kaiserschnitt, starke Gelbsucht, eine OP meines Sohnes, sehr schlechte Nachsorge meiner Hebamme, gleich allein zu Hause mit dem Kind, etc.

Krank durch Kindheit

Verfasst: 02:09:2005 21:04
von Ava
Liebe Mitleserinnen,

ich habe mich als Kind immer einsam und verlassen gefühlt. Wenn ich Unterstützung gebraucht hätte, war sie nicht da. Ich hatte schon als ganz kleines Kind das Gefühl, unerwünscht zu sein, nicht gewollt. Meine Mutter hatte andauernd Wutanfälle, die sie an mir und meinem Bruder ausließ, mit Schlägen und Anschreien. Ich fühlte, ich war ein Hindernis, ich war ihr im Weg, wegen mir konnte sie nicht ihren Beruf ausüben, sie ist promovierte Chemikerin, und mein Vater verlangte, dass sie zu Hause bleibt und uns, meinen Bruder und mich, erzieht. Diese Wut und den Frust hat sie - statt an ihm - an uns ausgelassen. Sie hat uns nicht vernachlässigt, wir gingen aufs Gymnasium und studierten, aber die Liebe und die Geborgenheit, die fehlten. Ich durfte nicht so sein, wie ich war, wie ich mich fühlte, ich mußte so sein, wie es ihr gefiel. Sie hat mich emotional und sexuell mißbraucht bis in die Pubertät hinein. Das ist eigentlich der absolute Hammer, aber das wurde mir erst viel später bewußt. Wenn ich mich gegen ihre sexuellen Übergriffe wehrte, sagte sie immer, dass ich selbst daran schuld sei, dass sie mich berühren muß, dass sie nicht anders könne, weil ich so hübsch sei. Außerdem verkaufte sie mir ihre Übergriffe als lustiges "Spiel". Oft wünschte ich, dass mein Vater mich "rettet", aber er war im Beruf eingespannt und übertrug auf mich noch dazu seine bürgerliche Bildungsmacke, sein Elitedenken (er war immer Klassenbester auf einer Eliteschule) und den Leistungsdruck, immer super sein zu müssen. Wenn ich in der Schule eine 1- schrieb, war er imstande, mit mir zu erörtern, warum es keine glatte 1 war. Er konnte sich nicht mit mir freuen. So arm war das.
Ich fand Liebe und Anerkennung nicht bei meinen Eltern, sondern bei meiner Oma, bei Tanten und Großtanten, später bei Freundinnen und Freunden. Durch die Geburten meiner Kinder wurde dieses mächtige innere Loch, diese Leere und Angst, nicht geliebt zu werden, zum ersten Mal so richtig krass fühlbar. Im Grunde ist meine Krankheit wie eine alte Wunde aus frühen Kindertagen, die plötzlich aufgerissen ist.
Ich bin sehr froh, dass ich nicht alleine bin und Euch alle und dieses Forum habe.

Danke fürs Lesen

Ava

Verfasst: 03:09:2005 12:56
von Christina
Liebe Ava,
deinen Beitag zu lesen tut richtig weh. Du musstest viel entbehren als Kind. Da ist es kein Wunder das du was davon trägst. ICh wünsche dir das du das alles verarbeiten kannst und mit deinen Eltern mal klären kannst.

Ich bin auch sehr froh diese Seite und den Verein gefunden zu haben. Da fühle ich mich nicht ganz so alleine mit allem. Wenn alle Stricke reissen kann ich mich immer noch hierher flüchten, mit der Gewissheit verstanden zu werden.

LG
Chris