Thema Vererbung bei Depressionen

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

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nele

Beitrag von nele »

Hallöchen :-)
Wollte mal wieder hier ins Forum schnuppern und habe gerade diese interessante Umfrage gesehen, zu der ich auch meinen Senf dalassen will!!
Also: Mein Vater hat starke Depressionen, schon seit Jahren. Sein Bruder hat Suizid begangen wg. Depressionen und auch meine Oma väterlicherseits war wg. Depressionen jahrelang in Behandlung.
Denke auf jeden Fall, dass sich so eine Neigung auch vererbt. Hat mein neurologe auch gesagt!
Bis dann, LG !!!
Zoraya

Beitrag von Zoraya »

Tja, dann will ich auch mal:

Meine Kernfamilie schien das Abbild der sog. glücklichen Familie - ich war zwar als Kind schon immer "traurig" und irgendwie "komisch", was meine Mutter mir vorhielt... allerdings war ich nicht die Einzige, meine große Schwester beging Selbstmord wegen Drogen und Depressionen, da war ich elf Jahre alt.

Das habe ich lange verdrängt, aber irgendwann habe ich mir mehr über meine ganze Familie erzählen lassen. Väterlicherseits gibt es viele Alkoholiker, ein Urgroßvater hat bei Spekulationen in den dreißiger Jahren das gesamte Familienerbe (Gutshöfe und Ländereien) verzockt (Hallo Wally!!!). Eine Cousine von mir wurde ermordet. Einer meiner Großcousins hat sich, wie meine Schwester, im Drogenrausch das Leben genommen. Eine Großtante von mir und eine Tante aus der väterlichen Linien begingen Selbstmord.

Die Mutter meiner Mutter starb in den dreißiger Jahren, als meine Mutter gerade 6 oder sieben war. Sie bekam eine sehr hartherzige Stiefmutter. Eine meiner Tanten war zeitlebens "komisch", sie trank viel und nahm sich am Ende das Leben. Meine Mutter hatte ebenfalls eine "komische" Tante sowie einen Onkel, der sich das Leben genommen hat.

Mehr fällt mir im Moment nicht ein... reicht aber, um gewisse eine gewissen Prädesination für Depressionen in meinem Leben erahnen zu lassen. Mich schockt insbesondere die Gewaltkomponente (Selbstmorde und Mord), die meine Familie so wie ein roter Faden durchzieht. Ich erkenne das in meinem eigenen Leben irgendwie wieder, ich hatte bereits zweimal Beziehungen, in welchen mein Partner zugeschlagen hat.

LG

Zoraya
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Marika
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Beitrag von Marika »

Hallo ihr Lieben!

Toll, dass ihr so zahlreich geantwortet habt, war unglaublich spannend das alles zu lesen.

Die Vererbung spielt auf jeden Fall eine Rolle und wenn dann noch weitere ungünstige Faktoren dazu kommen, dann kommt es zum Ausbruch von psych. Problemen und Depressionen.

Bei mir in der Familie bin ich die Erste und Einzige, die so richtig dazu steht, eine Depression gehabt zu haben und dieses Thema auch öffentlich anspricht. Davor hat man das immer unter den Tisch gekehrt - kein Wunder, vor 30 oder gar 50 Jahren war diese Krankheit ja ein noch viel schlimmeres Tabu als heute.

Ich habe meinen Opa (mütterl. Seits) immer nur als weinenden Mann in Erinnerung, der nicht mehr vor die Türe ging und nur im Bett lag. Gegen Medikamente sträubte er sich leider erfolgreich sein ganzes Leben. In seiner Linie (16 Kinder) gab es auffallend viele Selbstmorde - alles Brüder von ihm. Dann der Krieg .... also wen wunderts, dass Opa sehr krank wurde. Meine Mama dann (seine Tochter) kennt zwar Panikattacken, die besonders nach meiner Geburt sehr stark waren, aber eine so starke Depression wie ich hatte sie nicht. Meine Tante (ihre Schwester) hat 4 Kinder und nie eine PPD, mein Onkel (ihr Bruder) allerding hat immer schon sehr gerne dem Alkohol zugesprochen und das viel zu viel. Er ist ein seelensguter Mensch, sehr sensibel und liebevoll, aber es schien irgendwie immer, er müsse etwas was in ihm
schlummert "niedertrinken"....

Ich danke euch ganz herzlich, für eure Geschichten - ich finde es wirklich sehr interessant und sehr ergreifend, was ihr da geschildert habt!

Liebe Grüße von
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Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
wintermami

Beitrag von wintermami »

hallo Marika,

ich denke du hast jetzt viele beispiele bekommen, ich wollte nur noch etwas auch zum thema loswerden: ich denke es ist in wenigen fällen wirklich vererbt (gehirnstoffwechsel, neigung, was auch immer). in den meisten fällen werden die kinder von den vorgängergenerationen und beziehungspersonen so konditioniert, dass sie mit belastenden situationen weniger gut umgehen können. damit meine ich dass auf eine besonders fiese art, die man nicht einmal den eltern zum vorwurf machen kann, verhaltensmuster "vererbt" werden. und so sind wir nochmal dabei, dass es so wichtig ist, einen gesunden, halbwegs ausgeglichenen zustand therapeutisch anzustreben, den kindern zuliebe.

lg,
wintermami
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Marika
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Beitrag von Marika »

Hallo Wintermami,

das mit dem vererbten und vorgelebten Verhaltensmustern stimmt auf jeden Fall. Allerdings sagen neueste Studien schon aus, dass es eine Erbkomponente gibt - also die Art wie unser Nervenkostüm ausschaut (sensibel oder robust) soll eine Erbsache sein, so hat mir mein Psychiater das erklärt.

Stottern z.B. ist auch vererbbar, was ich bis vor kurzem noch gar nicht wußte und auch früher nicht bekannt war. Da wurde immer von psychischen Hintergründen geredet. Es ist jetzt aber deffinitiv "amtlich", dass Stottern genetisch vererbt werden kann.

Liebe Grüße von
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Marika

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