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Verfasst: 27:12:2010 19:16
von Elisabeth11
Hallo,
heute war also mein Treffen mit der Psychiaterin. Es war schön, dass sie mal so viel Zeit hatte.
Kurz zusammengefasst meint sie, sie würde in meinem Fall davon ausgehen, dass die Depri rezidivierend ist. Sie meint, auch meinen Rückfall direkt nach der ersten Medi-Einnahme würde sie als eigene Episode bezeichnen, und das bedeutet für mich im Klartext: AD weiter und zwar langfristig, soll heißen, vor einem Jahr reden wir nicht über Absetzen. Weiters soll ich, wenn es mir wieder mal nicht gut geht, Cymbalta zumindest zwischenzeitlich erhöhen. Und sie meint, ich kann versuchen, mit Passedan oder kurzfristiger Einnahme von Beruhigungsmittel quasi die Abwärtsspirale zu unterbrechen.
Soweit die Fakten und wie es mir geht damit, werd ich euch später schreiben, ich muss ins Bad zu den Kindern.
Lg E
Verfasst: 27:12:2010 20:45
von Elisabeth11
Hallo,
was macht eine solche Diagnose also jetzt mit mir? Einerseits macht es mir Angst, weil eben damit zu rechnen ist, dass ich doch noch irgendwann abstürzen werde, zumindest ohne AD.
Andererseits wird die Diagnose rezidivierende Depri ja schon ab der 2. Episode gestellt, also muss es wohl auch nicht ganz schlimm werden.
Irgendwie nimmt es mir sogar Druck weg, ich hab jetzt ganz klar die Ansage, dass ich meine Medis weiternehme, also (noch) keine Angst vor dem Absetzen.
Ich werde einen Weg finden müssen, Frieden zu schließen mit der Depression.
Ich will nicht resigniert klingen, aber vielleicht ist es erfolgversprechender, nicht mehr dagegen zu kämpfen, weil das irre viel Energie kostet, als Ziel die vollständige Heilung für immer zu erwarten. Ich möchte versuchen, das Ziel niedriger zu stecken, bei 2 beschissenen Wochen pro Jahr bleiben noch immer 50 schöne
Was sagt ihr dazu?
Lg E
Verfasst: 28:12:2010 8:06
von Marika
Hallo Lisi,
ich habe ja die selbe Diagnose, nach meinem Rückfall im Sommer. Und? Ich habe Frieden mit der Erkrankung geschlossen und akzeptiert, dass die Möglichkeit besteht, immer ein AD zu brauchen, um gesund zu sein. Ich denke wir alle hier, müssen diese Tatsache akzeptieren, auch wenn es natürlich nie bei allen so sein wird, aber sicher bei einem Teil von uns.
Ich meine "kämpfen" im Sinne von "schauen was brauche ich, um gesund zu sein" ist ein absolutes Muss, dazu gehört auch zu erkennen "ich brauch das AD um gesund zu sein" wenn das nötig ist. Aber kämpfen im Sinne "wie kann ich so schnell wie möglich absetzen" ist nicht das richtige Ziel - ich glaube das merkst du im Moment auch schon ein bissl. Denn es ist erstens extrem Kräfteraubend (auch das merkst bereits,gell) und es macht zusätzlich noch enorm Druck und unter Druck - wissen wir ja alle - sind Ziele immer extrem bis gar nicht zu erreichen.
Schau, ich habe die Empfehlung das AD mind. 5 Jahre zu nehmen - vorher ist ein mögliches erfolgreiches Absetzen so gut wie eh schon zum Scheitern verurteilt. Aber auch nach 5 Jahren sind meine Chancen ohne AD gesund zu sein, bei nur 40 % - das muss ich akzeptieren und hab ich mittlerweile auch. Natürlich wäre es mir lieber anders, aber die Studien und Forschungen kommen nunmal zu diesem eindeutigen Ergebniss. Aber Lisi - du kannst trotzdem ganz viel noch tun, um gesund zu werden. Erstens evlt. das AD erhöhen so wie die Ärztin vorgeschlagen hat, Therapie usw. Es ist ganz wichtig, dass man die richtige Dosis des AD´s heraus findet, um STABIL zu werden. Denn sonst ist ein Absetzen von Vornherein fast unmöglich. Mein Psychiater hat mir letztes Mal gesagt, dass nachweislich sogar Nervenzellen zerstört werden, wenn man nichts oder zu wenig gegen die Depression unternimmt. Also da gehen tatsächlich Nerven, Nervenzellen und Nervenbahnen kaputt - organisches Gewebe wird zerstört und das kann man sogar mit bildgebenden Verfahren nachweisen.
Und noch ein Denkanstoss - was ist GESUND? Ist gesund nur, wenn ich KEIN Medikament brauche, oder ist GESUND ein Zustand (egal ob nun mit Medikament oder ohne), bei dem es mir psychisch und pysisch sehr gut geht? Ich meine zweiteres. Das Leben ist nicht unendlich und daher sollte man seine Zeit so gut wie möglich verbringen. Wenn das nun bedeutet mit einem Medikament (so wie Mill. auf dieser Welt), dann ist das halt Schicksal, aber kein so schreckliches wie ich meine, auch wenn es anders rum optimal wäre. Aber auch die Therapie ist nicht umsonst: Mein Psychiater war vor einer Woche sogar ein bissl erstaunt, dass ich mit nur 10 mg Cipralex (ist die niedrigste Dosis die wirksam ist) so stabil geworden bin und das nun schon seit 4 Monaten. Er dachte eigentlich, dass wir noch ein bissl rauf müssen. Er führt diese Tatsache (nur eine kleine Dosis zu brauchen) auf die Arbeit in der Therapie zurück und wir sehen das beide als absoluten Erfolg - wenn man bedenkt, dass ich damals mal 30 mg brauchte - eine sehr hohe Dosis um stabil zu werden.
Liebe Lisi - ich finde den Besuch bei deiner Psychiaterin sehr positiv und sie zeigt auch, dass das Ergebniss doch anders ist, als die Antwort deiner Therapeutin. Was deine Psychiaterin sagt, klingt sehr logisch und denkt sich mit dem, was alle Studien sagen. Ich war immer etwas erstaunt, über die Aussagen deiner Therapeutin, wollte das aber nicht kommentieren, da ich nur Laie bin. Ich finde deinen nun eingeschlagenen Weg sehr gut und ich würde den Rat deiner Psychiaterin annehmen und Cymbalta erhöhen, damit du STABIL wirst. Setz die DIESES ZIEL - nämlich STABIL ZU SEIN, und nicht jetzt schon "wann kann ich absetzen". Ein Schritt nach dem anderen, das nimmt dir viel Druck weg! Dass du nun die "vollständige Heilung ohne AD" nicht mehr als oberste Priorität siehst, finde ich absolut richtig und mehr "heilbringend" als das festhalten an diesem manchmal ganz einfach nicht zu erreichenden Ziel. Kleine Ziele setzen ist viel besser und bringt auch automatisch Erfolge.
Ich drück dich!
Verfasst: 28:12:2010 22:35
von mici
Liebe Lisi,
endlich komme ich auch mal dazu, Dir zu schreiben! Ich sitze momentan mit meiner Familie in einem Ferienhaus in Dänemark fest und habe nur selten die Ruhe, mich hier zu Wort zu melden.
Erstmal tut es mir sehr leid, dass Du wieder so eine schlechte Phase hattest. Dieser verschnei-te, kalte Winter, die Kinder nicht im KiGa, die Weihnachtszeit, der Kongress, der Druck, das AD absetzen zu wollen / zu müssen... kein Wunder also, dass sich Deine schlechten Gefühle zuspitzen!
Vieles ist ja schon gesagt worden zu Deiner Situation, mich würde mal interessieren, um wel-che Themen Deine Therapie so kreist? Hast Du das Gefühl, dass Du mit vielen Themen Frie-den schließen konntest, oder spürst Du noch viele offene Wunden?
Aus meiner Erfahrung kann ich nur sagen, dass ich seit 12 Jahren in unregelmäßigen Abstän-den schlechte Phasen habe. Oftmals unabhängig von der Einnahme von AD, von Therapien oder äußerlichen Einflüssen. Sie überfallen mich oft aus heiterem Himmel, doch ehe ich ganz herausgefunden habe, worin ihre Ursachen bestehen, ist die Phase auch schon wieder vorbei. Ich frage mich bei solchen Phasen schon lange nicht mehr, ob es sich um einen Rückfall oder einfach eine neue, depressive Episode handelt und zwar einfach aus dem Grund, weil ich gar nicht wüsste, auf welche Ursprungsdepression ich die neuerliche depressive Verstimmung beziehen sollte. Ich finde das für mich auch nicht relevant, weil es doch mein akutes Gefühl nicht beeinflusst, ob ich nun depressiv bin, weil ich einen Rückfall habe oder ob es so ist, weil ich eine neue depressive Phase ohne Vorgeschichte habe. So ist es jedenfalls für mich, ich weiß nicht, vielleicht ist es für einige von Euch durchaus von Bedeutung, ob es ein Rückfall oder eine erneute depressive Phase ist. Für Marika scheint diese Unterscheidung z.B. wichtig und auch deutlicher spürbar gewesen zu sein. Aber ich denke, so eindeutig lässt sich das nicht in jedem Fall bestimmen. Das sage ich deshalb, weil ich denke, dass es für manche von uns darum geht, sich damit abzufinden, jahrelang ein AD nehmen zu müssen. Und für andere geht es vielleicht mehr darum, sich jahrelang mit sich auseinanderzusetzen zu müssen. Sei es in Therapien, sei es mit depressiven Phasen, die einen immer wieder fordern, sich mit sich zu konfrontieren und / oder Vergangenheitsbewältigung zu betreiben. Als eine solche Aufforde-rung würde ich Deine momentane depressive Episode interpretieren: Als eine Aufforderung Deiner Seele, Dich, Dein heutiges Leben, Deine Beziehungen, Deine Ziele, Deine Zukunft, Deine Vergangenheit, Deine Wünsche usw. usf. immer, immer, immer weiter zu berücksich-tigen und mitzubedenken! Und manchmal drängt sich diese Aufforderung zu einem Zeitpunkt auf, zu dem Du gar nicht damit rechnest und manchmal scheint es aktuelle Auslöser zu geben. Und natürlich verunsichert es ungemein, wenn sich depressive Verstimmungen ankündigen, obwohl es auf den ersten Blick keinen Anlass gibt. Deswegen würde ich das alles nicht über-interpretieren. Im Endeffekt ist das Erreichen der seelischen Gesundheit und auch das Auf-rechterhalten derselben eine lebenslange Aufgabe, einfach aus dem Grund weil wir sensible Wesen sind!
Lisi, Du hast keinen Rückfall im klassischen Sinne und ich würde mich an Deiner Stelle auch gar nicht mit dem Ausdruck „depressive Episode“ bzw. rezidivierende Depression aufhalten. Du bist sensibel und seelische Gesundheit ist ein Prozess, der immer wieder neuen Antrieb braucht. Das ist anstrengend, aber es verleiht uns auch auf lange Sicht eine Charakterstärke, die uns helfen wird, andere Krisen souverän zu meistern!
Ich würde mich freuen, wenn Du Dir den Kongress zutrauen würdest
Lieben Gruß,
MICI

Verfasst: 29:12:2010 10:41
von Elisabeth11
Liebe Marika, liebe mici,
wenn ich eure AW lese, kann ich nur sagen, ihr seid sehr viel weiter als ich, in diesem Prozess, die Krankheit anzunehmen als einen Teil des Lebens.
Ich hatte bis dahin irgendwie einfach ein sehr gutes Leben, wenig Downs etc.
Aber gut, so ist es und ich werde natürlich weiter kämpfen, mich aber nicht mehr aufhalten mit dem Wunsch danach, ganz allein und autonom und ohne Medis glücklich leben zu können. Ich habe ja ein gutes Umfeld und nehme jetzt eben mehr Hilfe an. Es fühlt sich zwar komisch an, nur für meine Freizeit und Entspannung meiner Familie die Kinder zu geben, aber ich stelle fest, dass eine halbe Stunde Pause zu Mittag einfach super gut tut.
Muss später weiterschreiben, Kinder rufen
Lg E
Verfasst: 29:12:2010 11:00
von scaramouch
Hallo ihr Lieben
mich beschleicht auch immer noch ständig das Gefühl, dass ich vielleicht für immer ein AD brauchen werde. Ist bei mir natürlich eher ein Bauchgefühl, weil ich keine Diagnose dazu habe.
Ich hadere immer noch so sehr mit der Depression, schaffe es einfach nicht, sie zu akzeptieren, wehre mich regelrecht dagegen, psychisch krank zu sein. Dazu stehen würde ich gerne, kann es aber gar nicht, egal gegenüber wem.
Wie schafft ihr es bloss, Frieden mit ihr zu schliessen?
Lg
scara
Verfasst: 30:12:2010 10:06
von Marika
Hallöchen,
also eigentlich wäre mir die Unterscheidung "Rückfall - neue Episode" nicht wichtig, nur ist sie es insofern, als dass ich dann besser einschätzen kann, was auf mich zukommt. Mit der Diagnose "rezidivierende Depression" weiß ich einfach, was wohl passieren wird: nämlich längerfristig bis evlt. sogar immer ein AD zu nehmen. Dieses Wissen gibt mir SICHERHEIT und das ist es für mich ganz persönlich, was ich zum gesund sein brauche.
Das Annehmen der Krankheit - das ist schwierig zu sagen, wie ich das gemacht habe, denn so genau und so bewußt ging das nicht vor sich. Irgendwann wars einfach da, vielleicht hat mir auch die Therapie dabei geholfen, sicher sogar. Und es ging auch nicht von heute auf morgen, das war ein längerer Prozess.
Ich denke es gibt kein Patentrezept, was man tun oder nicht tun sollte um gesund zu sein bzw. zu werden. Jede von uns wird hier ihren ganz individeullen Weg finden müssen. Nur Ziel haben wir wohl alle das selbe vor Augen: Gesund und glücklich zu sein. Wie wir dahin kommen - diesen Weg muss jede selber finden. Ich kann von Glück sagen, dass ich meinen Weg gefunden habe und mein einziger Neujahrswunsch wäre, dass ihr euren auch findet.
Verfasst: 30:12:2010 14:34
von Leuchtkäfer
Hallo Lisi,
ach Mensch, laß Dich mal drücken. Ich kann Dich so gut verstehen. Ich bin ja auch immer einen von denen gewesen, die es schwer akzeptieren können, krank zu sein. Ich kann es immer noch nicht gut, deswegen fühle ich echt mit Dir.
Mir geht es ähnlich, ich hatte bis zur Depression auch ein realtiv leichtes Leben und alles ging immer gut.
Eine Sache finde ich aber wichtig: Daß Du jetzt mehr Hilfe annehmen "mußt" hängt vielleicht gar nicht mit der Depression zusammen. Du hast zwei Kinder und einen Job und hast einfach viel um die Ohren. Punkt. So geht es tausenden Frauen in Ö und D und dann bleiben die Kinder eben mal bei Oma und Opa oder länger im Kindergarten, wenn Du eine Stunde Zeit für Dich brauchst. Dieses Bedürfnis heißt also nicht, daß Du "kränker" bist als Deine Nachbarin z.B.
Du ordnest das meiner Meinung nach nur anders ein. Vielleicht denkst Du, WEIL Du krank warst brauchst Du diese Entlastung. Nein, die braucht jede Mutter mal, nur die meisten, eben die ohne die Erfahrung einer PPD denken da nicht weiter drüber nach. Wir fühlen uns nur gleich schlecht, weil wir denken, aha, Du schaffst es nicht, Du bist nicht stabil genug u.s.w.
WEißt Du, ich würde mich im Moment als gesund bezeichnen, trotzdem gibt es Tage an denen ich von meinem Sohn einfach nur genervt bin, obwohl er nichts anders macht als sonst. Dann hole ich ihn auch erst um vier von der Kita und nicht schon um drei. Ich habe dann auch ein schlechtes Gewissen, aber viel weniger als zu PPD-Zeiten.
Ich verstehe auch gut, daß Du so gerne ohne Medikamente auskommen willst, ich bin da ähnlich. Das hat für mich aber eher nicht die Bedeutung es ohne "schaffen" zu wollen, sondern gar nicht krank sein zu wollen. Also z.B. auch keine Bluthochdruck oder so haben zu wollen.
Wir haben beide gesehen, daß unser AD unbedingt nötig und gut für uns war und es heitß ja nicht, daß Du es wirklich immer nehmen mußt.
Ich will es aber bewußt nicht klein reden, weil ich das eben so gut nachfühlen kann, auch Deine Enttäuschung mit dieser neuen Diagnose.
Ich finde Du darfst damit auch hadern und traurig sein und wütend und alles, das wäre ich auch. Kannst hier immer gerne alles loswerden,
liebe Grüße von Leuchtkäfer