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Verfasst: 17:08:2006 22:13
von Milla
Melanie W. hat geschrieben:Liebe Milla,

ich möchte auch noch ein paar Gedanken zu deinem Problem loswerden und hoffe sehr, dass mir das gelingt, ohne dass du dir dabei "auf den Schlips getreten" fühlst.

Auch ich finde das Verhalten und die Sprüche deiner Therapeutin, wie du sie uns beschrieben hast, völlig daneben ("hatte noch nie eine Patientin wie Sie" usw.). Dass du dich gegen eine solche Behandlung wehrst, finde ich völlig richtig.

Was mich aber etwas nachdenklich macht, ist, dass es sich in deinem letzten Beitrag fast so anhört, als wäre deine Therapeutin mit ihren Macken dein Hauptproblem. Das ist es aber nicht! Deine Depression ist dein Problem, gegen das du kämpfen musst! Für mich hört sich dein letztes Posting ein bisschen so an, als wäre schon alles in Ordnung, wenn nur deine Therapeutin mehr deiner Linie folgen würde (z.B. in Bezug auf das Thema Johanniskraut oder synthetisches AD). Aber selbst wenn sie sich da so verhalten würde, wie du das wünschst, und eine mustergültige Therapeutin wäre - hätten sich damit deine Probleme schon gelöst?

Mir kommt es ein bisschen so vor, als würdest du im Moment deine Tiefs etwas verharmlosen. Natürlich sieht man die Welt nicht mehr so schwarz, wenn man ein Tief dann wieder überwunden hat, gottseidank - aber ganz ehrlich, ich finde deine Tiefs auch so heftig, dass ich denke, du brauchst da mehr und andere Hilfe als bisher! Ob das das synthetische AD ist oder etwas ganz anderes, kann ich nicht beurteilen. Nur ein Beispiel: In deinem letzten Posting schreibst du: "Nur daß sie von ein paar Einbrüchen (gerade 1,2 pro Monat,wenn überhaupt),die zeitlich sehr punktuell sind (am nächsten Tag geht es mir meist wieder gut), nicht davon ausgehen kann,daß ich SCHWER depressiv bin und deshalb ein synthetisches AD brauche." Vor kurzem hast du uns zu einem "bösen, bösen Tief" geschrieben: "Ich habe Angst,irgendwann durchzudrehen und Selbstmord zu begehen. Ich möchte so gerne,daß jemand mir hilft! Ich will nicht,daß die Kinder mit einer hysterischen (ich schreie manchmal meine Tochter an,wenn sie selber schreit), depressiven Mutter aufwachsen oder noch schlimmer, mit einer Mutter, die Selbstmord begangen hat. Ich möchte das niemanden antun, weder meinem Mann noch meinen Kindern!" Milla, das war alles andere als ein punktuelles, oberflächliches, harmloses Tief!

Für uns PPD-Frauen ist es ja typisch, dass wir versuchen, "uns am Riemen zu reißen", das alles "nicht so schwer zu nehmen", die Fassade von "ich hab das schon alles irgendwie im Griff" aufrecht zu erhalten. Aber selbst heilen können wir uns mit dieser Strategie nicht! Bitte überleg nochmal, welche Hilfe du gebrauchen könntest, und schließ nicht alle Optionen, die dir angeboten werden, von vornherein aus (AD wegen möglichen Nebenwirkungen, Klinik wegen deiner Tochter usw.). Sag deiner Therapeutin, was dich an ihrem Verhalten stört, aber mach sie nicht zum "Feindbild" im dem Sinne, dass sie das einzige wäre, was deiner Genesung im Weg stünde. So ist es nämlich doch auch nicht, oder?

Ích hoffe, meine Gedanken kommen bei dir als Anregung an und nicht als Vorwürfe o.ä. - ich finde es immer schwierig, so etwas rüberzubringen... Milla, ich mache mir einfach Sorgen um dich und wünsche dir, dass du einen Weg aus deiner Krise findest!

Liebe Grüße
Melanie
Hi liebe Melanie! :D

"Auch ich finde das Verhalten und die Sprüche deiner Therapeutin, wie du sie uns beschrieben hast, völlig daneben ("hatte noch nie eine Patientin wie Sie" usw.). Dass du dich gegen eine solche Behandlung wehrst, finde ich völlig richtig. "

Danke! :D

"Was mich aber etwas nachdenklich macht, ist, dass es sich in deinem letzten Beitrag fast so anhört, als wäre deine Therapeutin mit ihren Macken dein Hauptproblem. Das ist es aber nicht! Deine Depression ist dein Problem, gegen das du kämpfen musst! Für mich hört sich dein letztes Posting ein bisschen so an, als wäre schon alles in Ordnung, wenn nur deine Therapeutin mehr deiner Linie folgen würde (z.B. in Bezug auf das Thema Johanniskraut oder synthetisches AD). Aber selbst wenn sie sich da so verhalten würde, wie du das wünschst, und eine mustergültige Therapeutin wäre - hätten sich damit deine Probleme schon gelöst?"

Nein,ich habe mit diesen gelegentlichen depressiven Tiefs ein Pb,unabhängig davon,was meine Thera meint oder nicht.
Ich verlange nicht von ihr,daß sie "meiner Linie folgt",sondern nur daß sie meinen Weg respektiert,sprich akzeptiert,daß ich momentan kein synthetisches AD nehmen möchte,weil ich das für übertrieben halte.

"Aber selbst wenn sie sich da so verhalten würde, wie du das wünschst, und eine mustergültige Therapeutin wäre - hätten sich damit deine Probleme schon gelöst?"

Nein,natürlich.Aber das würde mir mehr helfen,als mich zu verdächtigen und anzuschuldigen,wie sie das letzte Mal gemacht hat!

Ich verharmlose nicht meine Tiefs,im Gegenteil.Ich habe in der Tat solche schlimme Tiefs,daß ich dabei oft Selbstmordgedanken habe.Aber ist ein AD überhaupt die Lösung für solche Stimmungsschwankungen?

Ich habe nämlich schon ein AD (Fluoxetin)9 Monate lang genommen und habe damit eine bipolare Depression bekommen (extreme Höhen-war euphorisch -und extreme Tiefs-Agressivität und Selbstmordgedanken,eben).

Das andere Pb mit dem AD ist,daß ich mich ca. 28 Tage von 31 Tage wohl fühle.Soll ich dann aber 31 Tage ein AD nehmen?

Außerdem haben viele Frauen hier mit AD heftige Schwankungen oder, noch schlimmer,es geht ihnen damit wirklich schlecht.

Angesichts dieser Unberechenbarkeit einer Therapie mit AD habe ich also keine Lust,2-3 Wochen (oder länger?) durch die Hölle zu gehen,indem ich wiederum an extremen Nebenwirkungen leide,wie es die letzten Male der Fall war (Fluoxetin und Sertralin).

Aber danke liebe Melanie für diese Anregungen und für die Mühe, die du dir gemacht hast,um mir diese lange Antwort zu schreiben. :D

Verfasst: 18:08:2006 8:45
von Milla
Muschelkalk hat geschrieben:Liebe Milla!

Ich finde es schön, dass Du meine Anmerkungen als hilfreich erachtest. Wie es einem Menschen geht, kann man in so einem Forum eh nur oberflächlich erfahren. Es gibt diejenigen, die gewissermassen immer auf hohem Niveau jammern und die, die immer kontrolliert und stabil (?) wirken. Ich bin überzeugt, dass beide sehr krank sein können. Es ist allerdings schwer, die Nuancen zu erahnen. Ich nehme Dich eben nicht als jemand wahr, der sehr affektiert rüberkommt. Eigentlich eher nüchtern und auch geerdet. Aber Dein letztes Posting ist so ganz anders. Alleine schon die Überschrift. Da wird man hellhörig. Und dass es nicht nur mir so geht, zeigen die Aussagen von Julia und Melanie...(hab ich jemand vergessen?). Jenny hat vielleicht auch recht, wenn sie sagt, das klinge momentan nach einem grossen Befreiungsschlag. Wie auch immer: Wichtig ist doch, dass wir hier nicht wie auf Knopfdruck funktionieren sondern differenziert Hilfe geben. Das ist ja übrigens das, was uns Deine Thera abspricht. Die denkt ja offensichtlich, hier wäre ein hirnloser Krabblegruppenverein. (Finde ich übrigens auch als Nichtmama unheimlich beleidigend! :twisted: :D )

Melde Dich einfach regelmässig und höre Dir unterschiedliche Meinungen und Sichtweisen...ich entnehme Deiner Antwort auf meinen ersten Kommentar schon, dass sich was bei Dir bewegt. Finde ich seeeehr gut! Heisst nämlich auch: Egal, wie es Dir momentan geht (denn das weisst nur Du): Du kannst "noch" logische denken, Dir eine Meinung bilden, selbstreflexiv sein.

Das ist sehr wichtig und zugegebenermassen gerade in Phasen schwerster Depression nicht möglich, oder?

Herzliche Grüsse
Hi liebe kleine Muschelchen! :wink:

Ja, der letzte Streit mit meinem Mann (und vorher die Auseinandersetzung mit meiner Therapeutin) war schon sehr heftig (auch wenn diesmal keine Türen zugeschlagen worden sind! :wink: ) , ich fühlte mich in meiner Lebensplanung (die Wahl,für DIESEN Mann, den ich über alles liebte und liebe,alles hinter mir zu lassen,Familie,Freunde,Heimat,Studium,Karriere) plörtzlich völlig verunsichert:"Was, er denkt so und ich habe es die ganze Zeit nicht gemerkt?Ich kann mit jemanden,der eine solche völlig unterschiedliche Lebenseinstellung hat,nicht leben."Ich weiß nicht,wie ich mein Gefühl beschreiben kann.Schwierig.Auf jeden Fall fühlte ich mich verraten,in Stich gelassen,usw.

Aber gleichzeitig war diese plötzliche Erkenntnis,daß mein Mann eben so denkt und so leben will,auch eine Befreiung,denn ich verstand ihn plötzlich,während er für mich die letzten Jahren zu einem immer größeren Geheimnis wurde und ich also das Gefühl hatte,mich von ihm emtional immer mehr zu entfernen.Und dieses Verständnis hat mir erlaubt,ihn so zu akzeptieren,wie er eben ist,mit seinen großen Qualitäten (er ist wirklich ein wunderbarer Mensch!) wie auch mit seinen Schwächen.

Und er konnte mir plötzlich auch verzeihen,weil er auch plötzlich verstanden hat,daß ich ihm nie absichtlich weh getan hatte.

Weiß nicht,ob du verstehst, was ich meine.Ist wahrscheinlich sehr schwierig,wenn man unsere Vorgeschichte nicht kennt.

Naja, auf jeden Fall war diese Krise wie eine schwierige Geburt:sehr schmerzhaft und anstrengend,aber unser Kind (unser wiedergewonner Verständnis für einander,das gegenseitige Verzeihen,die wiedergewonne Nähe,das Gefühl,zu lieben und geliebt zu werden)ist wunderschön! :wink:

Naja, jetzt müssen wir es erziehen,d.h. den Umgang miteinander pflegen und schauen,daß Mißverständnisse so schnell wie möglich aufgeklärt werden.

Ja, du hast es richtig gesehen:ich bin keineswegs schwer depressiv,nur in manchen Momenten besonders empfindlich und wenn ich mich gekränkt fühle und die alten Wunden sich wieder öffnen (diese Problematik des "Abgelehnt sein" hängt mit meiner sehr schwierigen Beziehung zu meinem Vater,welcher mich psychich sehr unter Druck gesetzt hat und unfähig war,mich so zu akzeptieren,wie ich war), dann richtig depressiv und evtl. selbstmordgefährdert.

Aber ich lebe noch und ich bin sicher, daß ich einen Weg finden werde,um diese alten Wunden zu heilen (EMDR ,z.B.) und diese Tiefs zu überwinden oder sogar vermeiden.

Danke für deine Unterstützung! :D