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Papa sucht Hilfe

Verfasst: 16:04:2012 21:44
von SmilingTear
Hallo,

ich bin R. alias SmilingTear und habe mich für das Angehörigen-Forum registriert.

Meine Frau, nennen wir sie Königin, ist seit Ende 2010 in - teilweise stationärer und auch geschlossener - Behandlung wegen einer schweren Depression. Es ist eine schwere Zeit für alle Beteiligten seit dem - muss ich Euch ja nicht sagen. Anfang 2011 wurden "wir schwanger". Während der Schwangerschaft wurde die Depression durch alle schwangerschaftsbedingten Faktoren noch schwerer handhabbar. Ich wusste zeitweise nicht, ob ich nach der Geburt noch im selben Haushalt wohnen darf. Ich fühlte mich dann bestenfalls als geduldet.
Am 16.10.2011 kam unsere Prinzessin Dahlia zur Welt. Heute hat sie also ihren 1/2. Geburtstag. Sie ist so wundervoll und wunderschön, wir können uns beide nicht an ihr satt sehen. Gerade dieses erste halbe Jahr mit ihr war so voller Wunder und wundervoll - das größte und schönste Abenteuer für uns.
Nach der Geburt schien die Depression meiner Königin in den Hintergrund zu treten. Ich hatte auch 8 Wochen frei ab geplantem Geburtstermin, davon dann die ersten 6 Lebenswochen unserer Prinzessin (hat sich noch hübsch gemacht). Es lief alles Hand in Hand, und Dahlia war bis auf Koliken und empfindliche Popo-Haut nicht kompliziert.
Ab Ende November 2011 musste ich wieder arbeiten gehen, und zu Hause hat sich schleichend die Wochenbett-Depression eingestellt. Mit der Vorerkrankung war meine Königin auch Risikopatientin.
Anfang Februar 2012 wurde es zunehmend schlimmer, und seit Mitte Februar sind Königin und Prinzessin in einer Mutter-Kind-Einheit einer psychiatrischen Klinik.
Morgen werden sie entlassen, und in diesen fast 9 (!) Wochen ist eine spürbare (aber auch ausreichende?) Verbesserung eingetreten. Dahlia hat einen gewissen Tagesrhythmus zu leben gelernt (der allerdings durch die Wochenendbesuche zu Hause immer wieder durchbrochen wurde), und meine Königin hat sich gefestigt und reagiert entspannter auf Belastungssituationen als zuvor.
1/3 ihres jungen Lebens hat unsere Prinzessin nun in der Klinik verbracht, und zwar das Drittel, in dem sie die Umwelt sehr deutlich und nachhaltig wahrnimmt. Teilweise war ich bei Besuchen in der Klinik (positiv) erschrocken, welche Entwicklung sie innerhalb weniger Tage absolviert (Ernährung, Krabbeln, Lachen, Wachstum, Wesen, Charakter ...). Teilweise habe ich das Gefühl, ein Fremder für sie zu sein, von dem sie sich aber versorgen und zum Lachen bringen lässt.

Mein Extrakt: Wir haben eine wundervolle Tochter, und wir sind eine kleine Familie voller Liebe. Wir schauen gemeinsam in die gleiche Richtung, und zwar nach vorn, aber viel zu häufig sorgen dunkle Wolken für schlechte Sicht.

Ich suche vor allem Kontakt zu weiteren Angehörigen betroffener Mütter, möchte mich aber natürlich auch mit den Müttern selbst austauschen und hoffe, auch Sinnvolles und Hilfreiches beitragen zu können. Ich selbst bin Stotterer und weiß, wie hilfreich ein Austausch allein schon sein kann.

Achja, ist nicht wichtig, aber vielleicht interessant: meine Königin ist Sozialpädagogin/Sozialarbeiterin in mehreren Kitas eines Wohlfahrtsverbandes, ich bin Wirtschaftsinformatiker im öffentlichen Dienst (Landesverwaltung). Und ja, ich war während des Studiums auch in Behandlung wegen Depression, die aber nicht als solche erkannt wurde (auch von mir nicht).

Ich weiß, das ist viel zu viel Text für einen ersten Post in einem Forum, aber was hätte ich weglassen können? Seht es mir bitte nach...
Wer den Post bis zu Ende liest, möge ihn kommentieren... :lol:

Verfasst: 17:04:2012 21:31
von Birdee
Herzlich Willkommen !!!

Schön ,dass du in diesem Forum gelandet bist ,hier wirst du sicher regen und hilfreichen Austausch finden!!!

Ich lese heraus ,dass du voll hinter deiner "Königin" stehst und auch voller (berechtigter)Hoffnung bist.

Deine Frau kann stolz sein ,dich zu haben....und du kannst stolz sein auf deine tolle Familie!!!

Auch ich erkrankte nach meiner zweiten Schwangerschaft an einer PPD!!!
Gepaart mit Panikattacken war das der Horror....Mittlerweile...sechs Jahre später...geht es mir-der richtigen Medikation sei Dank-besser.

Glaube mir ,auch deiner Frau wird es besser gehen ,sie hat Hilfe in Anspruch genommen und wird auch sicher weiterhin eine ambulante Therapie in Anspruch nehmen.

Bei mir hat es übrigens keine sechs Jahre gedauert ,bis es mir besser ging...das nur noch mal zu deiner Beruhigung erwähnt.

Ich war auch mehrere Wochen in einer psychiatrischen Klinik,danach ging es "wellenförmig" immer bergauf...wichtig ist es ,nicht aufzugeben und auch die kleinen Schritte zu würdigen.

Mein Mann hat mir in dieser Zeit wahnsinnig viel geholfen.....es war keine leichte Zeit für ihn.

Es ist schwer psychische Erkrankungen zu verstehen...besonders für das Umfeld....aber du kennst dich ja (leider) auch ein wenig mit Depressionen aus....(Heutzutage wird es ja "Burn-Out" genannt ,worüber ich schmunzeln muss.....ist ja letztlich auch nur eine Form der Depression)

Denke auch an dich und deine Kraftreserven....gaaanz wichtig.

Genieße jede Sekunde mit deiner /eurer Prinzessin.....

Alles wird gut!!!!!

Verfasst: 17:04:2012 21:35
von Birdee
Ach ja ,ich möchte noch etwas ergänzen ....NATÜRLICH lag/liegt es nicht nur an der Medikation ,dass es mir besser geht ,sondern auch an meinen tollen Therapeuten und meiner Familie...besonders meinem Mann :P :P

Es ist ein langer Weg , der sich lohnt....ich bin vorsichtiger im Umgang mit mir selbst geworden.....

Ach ja , beruflich bin ich Erzieherin....und stelle fest ,dass wirklich viele Menschen in sozialen Berufen betroffen sind....

So ,"düse" nun in´s Bett...Gute N8 :P

Verfasst: 17:04:2012 22:44
von nic
Hallo König,

ich finde es immer wieder schön, wenn sich hier auch mal Papas anmelden, denn für meine Meinung, müssen die im Zuge der PPD viel zu viel schlucken und können sich kaum mit Gleichgesinnten austauschen.

Viele Angehörige wirst Du hier wahrscheinlich nicht treffen, aber es gibt schon eine Menge alter Hasen hier, die die Akutphase hinter sich haben und einfach beruhigend Zuspruch geben können.

Vielleicht hat Deine Hoheit ja auch die Möglichkeit und das Interesse sich hier anzumelden, dann kann man sich gemeinsam austauschen.

Denk nicht, dass Deine Blume Dich nicht kennt... sie weiß sehr genau, wer Du bist und Du bist bestimmt sehr wichtig für sie.
Es ist auch meines Erachtens nach sehr wichtig, dass die Kleinen bei der "kranken" Mama bleiben (außer natürlich in ganz akuten Fällen, Psychose, Suizidgefährdung) denn die Mütter können, so glaube ich, ohne ihre Kinder nicht heilen.
Und Du bist dann sicher der andere Pol für Deine eigene kleine Tochter.

Die Zeit zu Hause wird sicher erstmal sehr ungewohnt sein, für jeden von Euch dreien, aber wo die Liebe wohnt, da zieht auch das Glück und die Hoffnung ein, das habe ich hier am eigenen Leib erlebt.
Es war alles so verworren, mein Mann so unglücklich, ich so düster und verzweifelt, der Kleinste nur am Schreien... ich wollte nicht mehr Leben.

Heute 1,5 Jahre später nehme ich gerade noch die Mindestdosos eines AD, gehe mit Freude zur wöchentlichen Therapie, lache viel und habe gelernt mein Leben so zu gestalten, dass ich mir keinen Stress aufhalse.

Das erfordert viel Disziplin und Ehrlichkeit im Umgang mit sich selbst, dem Partner und den Kindern und man kommt immer wieder an seine Grenzen.

Aber ich kann Dir sagen: Der Kampf lohnt sich!

Deine Königin wäre nicht die erste Frau, die durch ein durch die Geburt ausgelöstes Trauma geht um es endgültig aufzulösen und ein anderer Mensch zu werden, nämlich der, der sie war, bevor dieses Trauma sie negativ verändert hat.

Fühl Dich frei hier jedwede Frage zu stellen, wir sicnd hier für Dich (Euch) da und versuchen immer ehrlich und helfend zu antworten.
Bei den meisten wie auch bei mir, ist auch das telefonieren kein Problem.

Ich denke, wenn Deine Frau hier Kontakt zu Frauen findet, die die Krise hinter sich gebracht haben, wird sie eine ähnliche Erleichterung spüren, wie wir alle hier das getan haben als wir dieses sagenhafte Forum entdeckten :-)

Ich wünsche Dir viel Kraft, Ausdauer, noch mehr Geduld und einen eisernen Glauben daran, dass es wieder gut wird (ist)!

Alles Liebe

N!c

Verfasst: 18:04:2012 16:21
von scaramouch
Hallo und herzlich Willkommen hier bei uns :wink:

Ich bin sehr gerührt über dein Posting und kann mich den anderen nur anschliessen. Freut mich das du den Weg hier her gefunden hast. Und ich lese aus deinen Zeilen die grosse Liebe zu deiner Frau und eurem Kind. Mensch, ja ich bin sehr nah am Wasser gebaut grad und jetzt sind se schon wieder nass :roll:
Wenn ich mich auch kurz vorstellen darf: Ich bin Mrs. Sensibelchen hier :lol:
Ich bin 26, habe zwei Töchter und bin im Zuge der 2. Geburt vor 2 Jahren erkrankt. Auch ich bin medikamentös eingestellt und es geht mir viel viel besser als damals. Auch dank Therapie.
Bin grad etwas in Eile, aber hoffe, wir lesen uns bald wieder.

Alles wird gut.

Scaramouch

Danke für das herzliche Willkommen!

Verfasst: 20:04:2012 22:17
von SmilingTear
Danke schön Euch allen, das ist ein sehr liebes Willkommen!

Und jetzt sehe ich mir die "Fachthemen" an...