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Verlorene Zeit
Verfasst: 13:07:2012 9:26
von Bommelchen
Hallo Ihr Lieben,
ich habe jetzt mehr und mehr Tage, an denen es mir gut geht und ich meinen kleinen Sohn richtig genießen kann. Allerdings wird er nun schon bald zwei, und es tut mir in der Seele weh, dass ich soviel Zeit mit ihm verloren habe, weil es mir nicht gut ging und ich mich nur von Tag zu Tag geschleppt habe. Wenn ich alte Photos sehe, könnte ich heulen. Er war so ein süßes Baby, und ich war so neben der Spur! Kennt Ihr dieses Gefühl? Wie geht Ihr damit um? Das Beste ist es wahrscheinlich, die Vergangenheit hinter sich zu lassen und sich auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren, aber das ist einfacher gesagt als getan...
LG Bommelchen
Verfasst: 13:07:2012 9:48
von Marika
Hallo Du,
ja natürlich kenne ich das auch. Das este Jahr mit meinem Sohn war mehr Qual als schön und die Zeit kann ich nicht mehr zurück bringen. Ich konnte nie die Babyzeit eines Kindes genießen, denn ich habe "nur" meinen Süßen und wir werden auch kein 2. Kind haben. Somit fehlt auch mir diese Erfahrung, was mich auch hin und wieder weh mütig macht - und manchmal fühle ich mich vom Schicksal betrogen.
Allerdings muss ich sagen, dass diese Gefühle mit den Jahren immer mehr verblassen, meine PPD ist ja schon 7 Jaher her, mein Süßer hat grad die 1. Klasse Volksschule hinter sich. Ich sehe heute das Positive, dass die PPD mit sich gebracht hat: Ich war gezwungen schon lange in mir Brodelndes an zu schauen, daran zu arbeiten. Ich erreicht somit viel mehr Selbstvertrauen, Selbstliebe und die erlangte somit eine Lebensfreude die mir bis dahin verschlossen war, von der ich nicht mal wußte, dass es sie gibt. Und ich habe nach diesem ersten sehr harten Jahr ganz, ganz viele Momente mit meinem Sohn erlebt, die mich für alles entschädigt haben.
Du hast recht: Versuch aktiv immer mal wieder nach vorne zu schauen und das Hier und Jetzt mit deinem Sohn zu genießen. Somit hält sich die Wehmut über die Vergangenheit in Grenzen und verblasst allmählich. Ganz "hinter dir lassen" und vergessen kannst du diese Zeit nie - aber es wird so sein, dass sie mit der Zeit nur noch eine Erinnerung ist, die die meiste Zeit keinen Einfluss in deinem Leben hat. So ist es jetzt bei mir und es fühlt sich sehr gut an.

Verfasst: 13:07:2012 13:37
von viva12
Hallo,
mir geht es auch soo..., ich habe nur ein Jahr Elternzeit bekommen! Mein Süßer ist schon fast 5 Monate alt und ich konnte die Babyzeit noch nicht genießen. Wahrscheinlich geht's mir erst dann besser, wenn ich wieder zur Arbeit gehe, schlimm wenn ich dran denke... Es tut so weh, dass ich das nicht genießen kann...
Aber ich sehe das wie Marika ''etwas'' positiv, vielleicht ist das der liebe Gott, der mir den Weg gezeigt hat um endlich in meinem Kopf aufzuräumen und auch was gegen meine Krankheit zu tun... Nach der Geburt brach das völlig aus und mir gings so schlecht, dass ich endlich was dagegen getan habe... Zwar geht es mir noch nicht gut, aber ich gib die Hoffnung noch nicht auf...
Natürlich würde ich auch gerne stolz wie die anderen Mütter mit dem KInderwagen durch die Stadt fahren, anstatt hier mit mir zu kämpfen, aber mir bleibt nichts anderes übrig...
Die Babys sind so süß und die Zeit ist Einmalig!!! Aber wir holen alles nach, wenns mir besser geht, dann geht die Post ab Razz
Und eine erneute Schwangerschaft und Geburt kann ich mir nicht vorstellen, habe mich noch nicht nach meiner PPD erholt. Ich glaube das ich die PPD ein zweites Mal nicht überlebe...
Marika hattest du Angst nochmal schwanger zu werden?
Alles Liebe und ein wunderschönes Wochenende!
Anna
Verfasst: 13:07:2012 18:46
von Marika
Hallo Anna,
nein, es hatte nichts mit der PPD zu tun, dass wir kein 2. Kind haben. Es ist einfach so, dass mein Partner und ich recht "spät" Eltern geworden sind (32 ich, 34 er) mittlerweile sind wir beide 40!

Wir sind schon seit 20 Jahren zusammen - ja wirklich - 20 Jahre. Davon 2 Jahre sogar verheiratet, dann geschieden worden und doch wieder zusammen gekommen. Erst nach all dem haben wir uns gesagt, wenn der Liebe Gott oder das Schicksal es will dass wir ein Baby bekommen, dann lassen wir es einfach drauf an kommen. 1 Jahr geschah nix, dann als wir dachten, es klappt nicht - kam Noah.

Wir waren uns von vorn herein klar, dass wir "nur" ein Kind möchten in unserem "Alter" und mein Mann hat sich dann auch gleich der Vasektomie unterzogen.
Ich hatte auch nie richtig das Bedürfniss mehr Kinder zu haben - in meinem Kopf war immer "eines oder keines" - ich bin selber ein Einzelkind und habe nichts vermisst. Die PPD war also kein Grund! Obwohl heute wo alles geregelt ist, ertappen wir uns beide bei dem Gedanken, "was wäre gewesen wenn"... wie hätte ein 2. Kind wohl ausgesehen, Mädchen oder Junge... aber da das Thema buchstäblich "abgeschnitten" ist

, bleibt es eine schöne Spekulation und wir genießen unseren Sohnemann in vollen Zügen!!!

Mir geht es auch so!!!
Verfasst: 13:07:2012 23:10
von leaanna
Hallo ihr Lieben.
Bei meiner ersten Tochter, die ich 2007 bekommen habe, hatte mich ja leider auch eine schwere PPD erwischt. Vor ca. 6 Monaten haben wir nun unsere zweite Tochter bekommen und ich bin bis jetzt gesund!!
Habe ja auch einiges an Prophylaxe betrieben.
Bei meiner zweiten Tochter konnte/kann ich jetzt die Babyzeit so richtig geniessen und merke erstmal wie wunderschön es ist!!!
Erst jetzt ist mir richtig bewusst geworden, was mir kostbares bei meiner ersten Tochter genommen wurde. Die ganze erste Babyzeit. Ich denke sehr oft darüber nach. Und manchmal tut es richtig weh, weil ich das mit der Grossen auch gerne "gesund" erlebt hätte.
Aber ich habe mich damit abgefunden, dass es eben nicht so sein sollte. Dafür darf ich jetzt die Babyzeit meiner kleinen genießen. Und weiss es auch richtig zu schätzen, da ich ja selbst erlebt habe wie "anders" es sein kann.
Zu meiner grossen Tochter habe ich allerdings ein ganz inniges, vertrautes und besonderes Verhältnis, da uns die erste schlimme Zeit auch irgendwie sehr verbunden hat. Wir zwei sind ein perfektes Team geworden und haben gemeinsam eine sehr schwere Zeit überstanden. Trotz der PPD habe ich alles für sie getan und würde es immer wieder tun.
Jeden Tag bin ich dankbar dafür, dass ich meine beiden Mäuse habe und das wir gesund sind.
Aber wie Marika schon sagt, mir geht es heute auch besser als je zuvor. Ich habe viel über mich gelernt, bin erst wirklich "ICH" geworden. Und ich fühle mich einfach super dabei.
Wir sollten nicht soviel über die verlorene Zeit nachdenken, da wir es ja eh nicht ändern können. Wir müssen die Gegenwart schätzen und geniessen. Obwohl ich glaube, dass jede von uns in gewisser Weise um die verlorene Zeit trauert. Das ist aber auch gut so und gehört zum verarbeiten dazu. Man sollte es nur nicht übertreiben.
Wünsche euch allen ein schönes Wochenende!!!

Verfasst: 14:07:2012 8:45
von Marika
Das was Leaanna beschreibt - diese Innigkeit zum Kind - die habe ich auch mit meinem Sohn. Wir sind uns extrem nahe - wir kleben aneinander wie Kletten....

Wir sind eine Einheit, jetzt mal mit übertriebenen Worten beschrieben um verständlich zu machen, wie sehr diese Zeit mich für das "verlorene" erste Jahr entschädigt.
Verloren habe ich zwar die Babyzeit, aber dafür mein ICH gewonnen und heute eine so tiefe Bindung zu meinem Sohn, um dich ich schon auch beneidet werde.
Verfasst: 15:07:2012 11:28
von viva12
Ihr habt das soooo...
WUNDERSCHÖN beschrieben

Verfasst: 16:07:2012 8:33
von Bommelchen
Finde ich auch! Vielen lieben Dank für all Eure bisherigen Antworten

.
LG Bommelchen
Verfasst: 16:07:2012 12:17
von Schnuti33
HAllo ihr Lieben!
Mir geht es da genauso wie euch!
Manchmal habe ich das Gefühl, dass mein Sohn und ich über eine besondere mentale Ebene miteinander verbunden sind.
Auf Babybildern erkennne ich ihn erst jetzt. Nehme ihn erst jetzt war, wie er als Baby aussah.
Es verursacht mir auch immer einen Kloß im Hals. Und, auch wenn ich es sind sein soll, bin ich trotzdem oft wütend auf mich, dass ich so sehr mit mir beschäftigt war in dieser Zeit. *heul*
Er ist das WICHTIGSTE in meinem Leben für mich. Ich bin so unendlich dankbar dafür, dass er sich trotzallem so toll entwickelt und ein Sonnenschein ist.
Für mich ist auch eine positive Seite, dass ich so viel über mein Innerstes gerlernt habe. Mich weiterentwickelt habe, aber ohne mich selbst , mein altes Ich, dabei zu verlieren.
Ich empfinde mich jetzt als eine "bessere" Version von mir selber und bin "liebevoller" mit mir selbst.
die Zeit ist nicht verloren
Verfasst: 16:07:2012 21:04
von leaanna
Hallo ihr Lieben.
In den letzten Tagen habe ich mir nochmal Gedanken über meine "verlorene Zeit" gemacht.
Wisst ihr was?? Die Zeit ist nicht verloren. Wir haben sie nur "anders" verbracht als vorgesehen.
Irgendwann im Leben wäre es uns wahrscheinlich eh passiert. Und meine Lebesqualität hat sich stark gebessert, im Gegensatz zu vorher. Durch die Therapie und allem was dazu gehörte, geht es mir auch besser denn je. Ich bin mutiger, selbstbewusster, ich stehe einfach voll und ganz zu mir selbst.
Und ich denke das wurde auch Zeit. Seid dieser Höllenzeit, sehe ich das Leben anders, ich lebe intensiver und genieße viel mehr als voher. Ich bin mit mir selbst zufrieden.
Für mich kann ich sagen, die Zeit ist nicht verloren. Es hat sich gelohnt zu kämpfen und ich liebe mein Leben wie noch nie zuvor!!!!!
Hätte ich diese Hölle nicht erlebt, wäre es vielleicht nicht so... Versteht ihr?
Geht es euch nicht auch so?
Ich habe mal einen schönen Spruch gelesen:
" Die Depression ist wie eine Dame in schwarz. Wenn sie anklopft, bitte sie herein und höre genau zu, was sie dir zu sagen hat! "
Wünsche euch allen einen schönen Abend!!!

Verfasst: 16:07:2012 21:27
von Marika
@Leanna: Alle - wirklich alles was du schreibst, kann ich voll und ganz bestättigen. Deine Wortwahl hätte ich haargenau so gewählt und genau so fühle ich es auch!!!

Verfasst: 16:07:2012 23:21
von Schnuti33
Super Leaanna,
genauso ist es!
Irgendwann hätten uns die alten Wunden eingeholt, so oder so!
Zu dem Zeitpunkt, als wir am verletzlichsten wahren ist es passiert!
Und wir, die wir uns bereits der "schwarzen Dame" gestellt haben, haben zugehört, gelernt und ihr dankbar "Auf wiedersehn" gesagt!
Ab und zu kommt Sie auf einen kurzen Besuch zurück, um uns zur Vorsicht zu ermahnen! Aber wir kennen jetzt den Weg zurück.