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Und täglich grüßt das Murmeltier ...

Verfasst: 24:08:2012 7:34
von Andrea
Guten Morgen Zusammen,

ich bin gerade mal wieder sehr verzweifelt.
Jeden Tag das selbe - es fühlt sich so sinnlos an. Ich weiß gar nicht für was ich den Tag schaffen soll, für was ich kämpfen soll. Ich sollte für meine Sohn und meine Familie kämpfen - aber ich spüre das nicht...
Für was soll ich mich anstrengen und kämpfen, wenn der morgige Tag doch wieder genauso schlecht wird ?

Ich flüchte immer mehr in dieses Forum und stöbere nach Beiträgen, in der Hoffnung den Beitrag zu finden, der mir hilft. Die Antworten, die ich bereits von euch bekommen habe, haben mir schon Mut gemacht, aber leider hält es nicht lange an.

Nach wie vor denke ich immer, dass ich mein Kind nicht möchte und er weg soll. Gestern hat meine Mutter zu mir gesagt, manchmal denkt sie, ich wünsche es mir wirklich, dass er weg ist. Dass es nicht nur schlechte Gedanken sind, sondern ich tatsächlich in diese Richtung gehen möchte.
Ich habe dies verneint - ich möchte Mutter sein können, eine Familie haben und glücklich sein. Dennoch bin ich mir nicht sicher, ob sie nicht doch recht hat... Ich denke ja ständig, dass er weg muss, damit ich mein altes Leben wieder habe (das es nicht mehr gibt - ich weiß).

Ich habe so große Angst, dass mein Leben nicht mehr gut wird !

Ein Kind muss doch bei seiner Mutter sein - eine Mutter muss sich doch um ihr Kind kümmern ! Wieso geht das bei mir nicht - wieso habe ich so schlechte Gedanken und Gefühle ??? Ich habe mir dieses Kind doch so gewünscht !

Ich höre immer wieder (Eltern, Freund etc.), dass sie sehen, wie es mir besser geht und welche Fortschritte ich mache - aber ich sehe das nicht.
Klar denke ich, es geht mir besser also vor 4-6 Wochen - da konnte ich großteils nur stöhnend auf der Couch liegen und gar nichts tun. Mein Kind habe ich in dieser Zeit auch tageweise vielleicht 1 Std. am Arm gehabt oder so. Aber ich sehe das nicht - es kommt nicht bei mir an. Ich denke immer nur, mir geht es so schlecht und es wird nicht besser.

Ich bin so dankbar, dass ich bei meinen Eltern sein darf, aber ich frage mich, wie lange dieser Zustand anhalten soll. Ich kann ihnen das doch nicht auf Dauer zumuten. Ich kann aber scheinbar auch nicht genug an mir arbeiten, dass ich dies ändern würde. Ich kann nach wie vor nicht alleine mit meinem Kind sein.

Einerseits zermartere ich mir den Kopf, wie ich mein Kind loswerden kann - andererseits leide ich so unter der Situation, dass ich mein Kind nicht genug liebe und glücklich mit ihm bin ! Er ist doch so ein süßes und liebes Kerlchen - und ich bin so eine Rabenmutter !

Ich weiß nicht, was ich tun soll !

Gruß
Andrea

Verfasst: 24:08:2012 9:07
von nic
Hey Süße...

Gibt ein Buch das heißt :"Rabenmütter sind die besten Mütter" :-)

Herzchen, Du kannst jetzt nicht an Dir arbeiten.
Alles was Du tun kannst ist AUSHALTEN.
Zuerst muss Dein Botenstoffhaushalt wieder in Ordnung kommen und das hängt von den Medis ab, wie schnell sie wirken und von Dir verstoffwechselt werden. Hol Dir mal hochdosierte Omega Fettsäuren, die können das ganze ein bisschen flutschen lassen.

Du musst Dir unbedingt eine Therapeutin suchen um eine Psychotherapie zu machen. Hast Du Dich dahingehend schon schlau gemacht? Welche Möglichkeiten habt ihr da in Eurer Gegend?
Wie ist es finanziell bei Euch bestellt, hast Du vielleicht die Möglichkeit die Zeit bis Du eine kassenärztliche Therapie anfangen kannst, einen privaten Therapeuten in Anspruch zu nehmen?

Erst dort kannst Du wirklich an Dir arbeiten.

Und nochmal: Würdest Du Dein Kind nicht lieben, wäre bei Dir alles ok, Du würdest es gar nicht mitschneiden.
Deine Emotionen oder das Fehlen davon wird von der Krankheit gesteuert und diese Krankheit wurde durch die Geburt ausgelöst.
Liegt nahe und ist völlig normal, dass Du Dir wünschst, das Kind nie geboren zu haben...

Du bist nicht lieblos. DU BIST KRANK.

Erkläre das auch Deiner Mutter, es ist nicht hilfreich, wenn sie solche Äußerungen von sich gibt.

Wenn Du magst, können wir mal telefonieren?

Alles Liebe

N!c

Verfasst: 24:08:2012 10:00
von isa
Hallo Andrea,

bei meinem Sohn habe ich mich genauso gefühlt, wie du jetzt. Ich wollte ihn auch nicht mehr haben! Aber das gibt sich, du bist einfach nur krank, und alles kommt wieder in Ordnung.
Klar sehnst du dich nach deinem "alten" Leben zurück, denn da ging es dir ja nicht so schlecht. Und Mutter zu sein ist nun mal nicht einfach, das braucht seine Zeit, bis man sich daran gewöhnt hat.
Mach dir kein schlechtes Gewissen und lass es dir auch nicht von anderen machen.
Wenn es dir besser geht flutscht das mit deinem Schatz schon, du musst dir einfach Zeit geben und darfst dich nicht so unter Druck setzen.

Alles wird gut, du schaffst das!!!

Ich drücke dich!

LG isa

Verfasst: 24:08:2012 11:33
von Schnuti33
Hallo Andrea,

dann mach es! Geh , lass ihn bei deinen Eltern. Sollen die doch zusehen ,was sie mit ihm machen.

Babies sind doch doof und gemein. Immer ist man müde wegen denen , sie haben uns krank gemacht. Man hat überhaupt keine Zeit mehr für sich.

Wer hat uns eigentlich eingeredet, das Kinder das größte Glück der Welt sind?

Alles ist doch scheiße !!!
















Und , was lösen diese Sätze bei dir aus????


Liebe Andrea,

all das habe ich auch durch. Den ganzen Müll. Und es war hart ja. Für uns alle.

Aber weißt du was, ein Leben ohne unseren Sohn ( jetzt 2 Jahre) kann ich mir nicht mehr vorstellen. Ich liebe ihn mehr als mein Leben.

Und ich habe mich wiedergefunden. Viel Neues über mich gelernt , auch durch einen guten Therapeuten und du brauchst auch Hilfe. Bitte such dir jemanden.

Es wird alles wieder gut , ich verspreche es dir. Aber nimm deine letzte Kraft zusammen und hol dir professionelle Hilfe.

Wenn du dein Kind nicht lieben würdest, ging dir das doch alles am A... vorbei, was aus ihm wird.

LG Schnuti

Verfasst: 24:08:2012 13:20
von nic
Hey Schnuti...

das war jetzt geil, ich hab erst gedacht: "ist sie jetzt total plemplem!!!???"

*gröhl*

Verfasst: 24:08:2012 13:58
von Schnuti33
@ Nic :wink:

Verfasst: 24:08:2012 14:18
von Bommelchen
Hallo Andrea,

ich kann mich meinen Vorrednerinnen nur anschließen, aber ich denke, es ist gut, wenn Du es noch einmal liest: Du liebst Dein Kind über alles, Du kannst es im Moment nur nicht fühlen, weil Du krank bist! Aber Du wirst wieder gesund werden. Ich weiß, dass kannst Du Dir im Moment noch nicht vorstellen, das kann niemand, der mitten in der Depression drin steckt. Mach' Dir selber nicht so viele Vorwürfe, Du hast Dir diese Krankheit nicht ausgesucht. Ich hatte zwei depressive Episoden, und ich bin in beiden Fällen wieder rausgekommen. Und Du schaffst das auch!!!

LG Bommelchen

Verfasst: 24:08:2012 14:22
von Andrea
Hallo,

vielen Dank erst mal für eure Antworten.

Hattet ihr wirklich alle auch die Gedanken, dass Kind müsse weg ? Ich kann das immer gar nicht glauben, denke immer dass ist ein einmaliges Problem von mir.

Ich gehe bisher zu einer Gesprächstherapie bei einer Atemtherapeutin, die sich auch auf Wochenbettdepressionen spezialisiert hat. Ich weiß nicht, wo ich zu sonst einem Therapeuten gehen soll. Die Atemtherapeutin hat mal gesagt, sie könne mir in der näheren Umgebund niemanden empfehlen.
Ich habe im anderen Thread schon gefragt, wo andere Frauen Ihre Therapeuten gefunden haben, aber leider noch keine Antwort erhalten :(

@ Schnuti33
Meine ersten, ganz spontanen Gedanken waren : "Spinnt die, mir sowas zu raten ? Das ist doch unmöglich. Das ist doch nicht richtig. Mein Kind gehört zu mir - ich muss mich doch darum kümmern können. Ich möchte doch seine Mama sein."
Aber ich muss auch gestehen, dass danach Gedanken kamen wie: "Ja, eigentlich denk ich leider oft genau, dass Kinder schrecklich sind und wieso ich mir das angetan habe."
Was schließt ihr aus dem, was Deine Gedanken bei mir ausgelöst haben ? (Ich kann mich selber nicht mehr einschätzen)

Gruß
Andrea

Verfasst: 24:08:2012 21:00
von Schnuti33
Ich schließe daraus, dass du eine ganz normale Mutter bist, die ihr Kind liebt!

Weißt du, auch diese schlechten Gedanken gehören zum Mutter ( Eltern) - sein dazu. Auch bei "Gesunden"!!!!!

Nur reden viele nicht darüber. Es ist noch ein Tabu!!!!

Durch die Krankheit PPD, haben wir nur einen noch intensiveren Zugang zu diesen Gedanken.
Sie treffen uns mit voller Wucht und Brutalität, weil alle Schutzmechanismen, alle Filter zur Zeit , die sonst für einen klaren Kopf und eine gesunde Distanz zu solchen Dingen sorgen, nicht greifen.

Heute denke ich auch oft, wenn der Kleine anstrengend ist: "man der nervt aber" oder "ich habe jetzt aber keine Lust."
Ich habe gelernt, dass solche Gedanken meiner Liebe zu ihm keinen Abbruch tun.
Im Gegenteil, in dem ich mir auch mal solche Gedanken zugestehe, haben sie keine Macht mehr über mich. Weil, es ist halt wirklich so. Das ist das wahre Leben!!!

Kinder SIND anstrengend, Kinder rauben einem OFT den letzten Nerv.
Aber Kinder scheinen von Natur aus auch einen eingebauten " WIEDER-GUT-MACH-TRICK" drauf zu haben.

Sie machen oft so süße Dinge oder sagen etwas . Lachen einen an mit einem Charme, wo ich mir denke:" Kind, du bist zum knutschen!"

Liebe Andrea,
du kannst das Ganze aussitzen, was nicht angenehm wird oder der PPD die Stirn bieten und kämpfen.
Desto eher du beginnst diese Krankheit zu behandeln ( denn nur als solche mußt du sie ansehen!!!), desto schneller kommt die Freude und das Licht wieder zurück in dein Leben.

Verfasst: 24:08:2012 23:38
von Czarna84
Hallo,

bin neu hier (seit heute) und habe gerade mir das alles was ihr schreibt durchgelesen. Über mich werde ich bald ein Bisschen schreiben und jetzt kurz dazu was Andrea geschrieben hat.

Also gedanken, dass ich meinen Sohn abgeben will hatte ich nicht. Aber wo meine Depression angefangen hat und ich noch nicht gewusst habe, dass es eine Depression ist und keine Ahnung hatte was mit mir los war, habe ich mir gewünscht, dass mein Kind krank wird und ich meine damit nicht Schnupfen... :cry: ich habe mir gewünscht, dass er behindert ist oder schwere Herzkrankheit hat, was weiss ich, egal irgendwas wo ich mich auf ihm konzentrieren kann und nicht auf mich, nicht auf meinen Gefühlen...
ich war sauer auf mich, dass ich so denke. Es ist doch nicht normal sich sowas zu wünschen!!! Heute bin ich so dankbar, dass meinem Kind nichts zugestossen ist, obwohl ich es mir manchmal gewünscht habe. Ich habe es noch keinem erzählt, nicht mal meiner Psychotherapeutin, obwohl ich schon seit 3,5 Jahren in der Behandlung bin. Ich habe Angst, dass mich jemand beurteilen würde ohne den Hintergrund der Gedanken zu kennen, nähmlich, dass ich KRANK BIN.

Ich wollte dir nur noch was zum Thema Psychotherapie schreiben. Also bei mir war das so, dass ich zuert zu meiner Frauenärztin gegangen bin. Die hat mich zu einer Psychiaterin überwiesen. Hab mich 3-4 Mal mit der Psychiaterin getroffen, die hat mir auch antidepressiver verschrieben, die mir leider nicht so wirklich geholfen haben und dann hat sie mir Überweisung für die Psychotherapie (Verhaltanstherapie - da nicht jede Psychotherapie von der Krankenkasse übernommen wird) gegeben. Ich habe auch ca. 50 Visitenkarten von verschiedenene Therapeuten von ihr bekommen und mit meiner jetzige Therapeutin eine Schnupperstunde vereinbart. Sie war ehrlich zu mir und hat mir noch am Telefon gesagt, dass sie sich erst Mal meine Geschichte anhören möchte und dann sagt sie mir erst, ob sie mir helfen kann und ich sollte gucken ob die Chemie zwischen uns stimmt. Bin schon seit 3,5 Jahren bei ihr und alles bis jetzt übernimmt die Krankenkasse. Ausserdem die Therapie hat mir super geholfen!!!

Liebe Grüsse und Kopf hoch!!!
Du bist nicht alleine
:wink:
Czarna

Verfasst: 25:08:2012 0:36
von Bommelchen
Hallo Andrea,

kennst Du den Film "Das Fremde in mir"? Die Protagonistin erkrankt nach der Geburt an einer PPD. In dem Film wird genau das beschrieben, was Du gerade durchmachst. Auch die Film-Mutter ist nicht in der Lage, ihr Kind anzunehmen. Sie betrachtet es wie einen Fremdkörper und kann keine Liebe empfinden. Aber auch sie wird wieder gesund :-).

LG Bommelchen

Verfasst: 26:08:2012 22:36
von Andrea
Hallo Zusammen,

vielen Dank für eure netten Beiträge !!! Jeder davon gibt mir ein kleines Stückchen Mut um Weiterzumachen !

Ich habe mir den Film "Das Fremde in mir" gestern bestellt - ob ich den Mut habe ihn anzusehen wird sich zeigen :-)

Gruß
Andrea

Verfasst: 27:08:2012 12:54
von nic
Sag mal Andrea,

gehst Du zu der Atemtherapeutin regelmäßig und ist sie auf PPD spezialisiert?

Atemtherapie ist sicher ganz toll und für den "normal" gestressten, aber Du kannst -so glaube ich- die PPD nicht wegatmen...

Da musst Du schon an jemanden herantreten, der auf diese Art von Traumata spezialisiert oder versiert ist.

Erfahrungsgemäß haben diese Therapeuten sehr lange Wartelisten, deshalb solltest Du schleunigst schauen, dass Du da drauf kommst.

Das AD verschafft erstmal nur Linderung, aber die Arbeit an Dir findet dort statt.

Liebe Grüße

N!c

Verfasst: 27:08:2012 20:45
von Andrea
Hallo Nic,

das kam vielleicht bisher noch nicht so richtig rüber wegen meiner Therapeutin. Sie ist offiziell Atemtherapeutin, sie ist auch in der Fachleuteliste von Schatten und Licht verzeichnet und ich mache bei ihr eine Gesprächstherapie. Atemübungen spielen dabei eine absolut minimale Rolle - nur z.B. um ruhiger zu werden oder so.
Außerdem gehe ich da immer mit meinem Kleinen hin und wir machen dann auch immer etwas Babymassage oder irgendwas andres mit dem Kleinen.

Die Therapeutin macht u.a. auch Geburtsvorbereitungskurse, Stillberatung und z.B. auch Rückbildungsgymnastik, wo ich ab nächster Woche auch im Kurs angemeldet bin.

Außerdem habe ich am Wochenende noch eine Ansprechpartnerin in meiner Stadt ausfindig gemacht, aber bisher noch keine Antwort auf meine E-mail erhalten. Es scheint, als wenn es hier sogar eine Selbsthilfegruppe geben würde.

Gruß
Andrea