Ich darf mich zu euch gesellen!

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luraja

Ich darf mich zu euch gesellen!

Beitrag von luraja »

Hallo zusammen!
Ich möchte mich kurz vorstellen! Ich bin 34 Jahre alt, verheiratet und habe drei Söhne im Alter von 2, 4 und 5 Jahren. Meine PPD wurde 8 Wochen nach der Geburt meines dritten Kindes diagnostiziert. Die ersten Symptome zeigten sich schon während der Schwangerschaft: zunehmend Ein- und Durchschlafstörung, Müdigkeit bis hin zur Erschöpfung, die kleinsten Kleinigkeiten wurden zum Problem, ich war ständig krank und dadurch voll Sorge ums ungeborene Kind.
Ich muß dazu sagen, die 3. SS war nicht mehr geplant, ich hatte gerade mein Studium wieder aufgenommen und mit den anderen Kindern liefs grad so richtig gut. Den positiven Test in Händen dachte ich: der ist positiv! wieso ist der positiv?! das kann gar nicht sein!
Natürlich weiß ich, wie das sein kann :roll: , aber freuen konnte ich mich nicht. ich hatte sofort das Gefühl, ich schaff das nicht, ich steh keine 3. Schwangerschaft durch. Noch am selben Abend bekam ich leichtes Fieber und ich fühlte mich krank. Dieser Zustand hielt für 2 Wochen an und niemand wußte, was mit mir los war.
Erst danach stellte sich so langsam Freude auf das Kind ein, die wich aber bald wieder der Sorge ums Kind, da ich von nun an praktisch ständig krank war. :cry:
Ich mußte immer Stützstrümpfe tragen und Lovenox spritzen, da ich stark Thrombosegefährdet bin, ich bekam eine Schilddrüsenüberfunktion, ich hatte wahnsinnig oft Kopfschmerzen, mir war die ganze SS hindurch schlecht und ich hatte sehr oft Probleme mit der Verdauung.
Die beiden ersten SS verliefen dagegen problemlos.
Im Juli 2010 wars dann soweit: Ich war stark verkühlt, Nase zu, Hals zu, Husten,Kopfschmerzen und schon seit ein paar Tagen herrschten draußen Temperaturen von ca. 38 Grad und eine Luftfeuchtigkeit wie in den Tropen. Plötzlich hatte ich das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen, mit war unendlich heiß und ich hatte wahnsinnige Angst. Das war meine erste Panikattacke. Was für ein scheußliches Gefühl!
Es sollte vorerst die einzige bleiben. Ab da war ich aber trotz aller Hilfe nur mehr erschöpft und ich wußte nicht, wie ich es bis zum ET am 1. Oktober schaffen sollte. Ich sehnte die Geburt herbei in der Hoffnung, daß dann alles besser würde. Wurde es aber nicht, im Gegenteil.
Die Geburt dauerte 18 Stunden und hat mich sehr geschlaucht. Aber ich konnte mich über meinen Sohn freuen und war sehr froh, daß er gesund war und sooooo süß :D !
Wieder daheim gings allerdings erst so richtig los: wenig bis gar kein Schlaf und ich ging nur mehr auf dem Zahnfleisch. Kleinigkeiten brachten mich an den Rand der Erschöpfung, ich war gerade noch in der Lage, den Kleinen zu stillen, für die anderen beiden Kinder war ständig eine Oma da und den Haushalt schaffte ich eigentlich kaum noch. anfangs dachte noch jeder, mit einem Neugeborenen ist das alles ja normal, das renkt sich schon wieder ein.
Es besserte sich aber gar nichts, eines Tages wußte ich nicht mehr, wie ich aufstehen sollte, geschweige denn, mein Kind stillen sollte. Ich hatte überhaupt keine Kraft mehr, ich hatte seit Tagen nicht geschlafen und war nur noch am Heulen.
Meine Mutter sagte dann: so gehts nicht weiter, pack deine Sachen, ich bring dich in die Klinik!
Und da war ich nun: ohne mein Kind auf der sozialpsychiatrischen Abteilung. Eine Mutter Kind-Staion gibt es bei uns leider nicht. Um meine drei Süßen kümmerten sich ab nun die Großeltern und mein Mann. Besuche waren natürlich jederzeit möglich, allerdings fühlte ich mich erst nach einer woche(!) in der lage dazu.
Rückblickend muß ich sagen, diese erste Woche im KH war die aller schlimmste. Ich war in einem Dauer-Angstzustand, konnte nur mit Temesta halbwags schlafen und das Aller-aller schlimmste war: ich hatte weder für meinen Mann noch für meine Kinder Gefühle, da war nichts! Ich wußte, das ist meine Familie, aber ich konnte es nicht fühlen.
Nach dieser Woche schlugen dann endlich die AD an, von da an gings langsam bergauf. Nach insg. 16 Tagen wurde ich entlassen.
Die Panickattacken sollten noch eine weile meine Begleiter sein, insg. war blickte ich positiv gestimmt in die Zukunft. Ich konnte wenigstens wieder einigermaßen schlafen.
Nur leider bin ich damals bei der falschen Psychotherapeutin gelandet, das erste was sie mir sagte war, daß ich eigentlich gar nicht krank bin, das ist alles normal. Na herzlichen Dank!
Im Feb. 2011 hatte ich dann einen `Rückfall". Seit einigen Tagen hatte ich ständig ein ungutes Gefühl und schließlich einen Tag, an dem eine Panickattacke die nächste jagte. In der Nacht schreckte ich dann plötzlich aus dem Schlaf, weil eines meiner Kinder weinte. Mein Mann war da aber schon auf, um zu sehen was los war. Ich hörte, wie er ein Fenster öffnete,
um kurz frische Luft herein zu lassen - wir hatten vergessen die Heizung herunter zu drehen und es war sehr warm im Schlafzimmer.
Aber ich dachte: was macht der? der schmeißt meine Kinder zu Fenster hinaus!
Mir war zwar gleich darauf klar, daß das absoluter Blödsinn war, und mein Mann lachte, als ich ihm davon erzählte, aber in dem Moment glaubte ich das wirklich! Da wußte ich, daß ich alleine aus meiner Lage nicht mehr heraußkomme. Am nächsten Morgen brachte mich mein Mann wieder ins KH, wo ich eine woche lang blieb. Mein AD wurde erhöht und ich bekam zusätzlich 50mg Quetiapin.
Mein Zustand besserte sich rasch wieder. Ich machte Verhaltenstherapie und konnte endlich meine Ängste besiegen. Ich wurde immer stabiler und das Leben machte endlich wieder Spaß! Ich entdeckte immer mehr alternative Heilmethoden für mich, die mir gut taten: Osteopathie, Bachblüten, Bioresonanz, Massage. Ich lernte auf mich selbst zu achten.
Heuer im April dann wieder ein Rückschlag: eines morgens wachte ich auf und fühlte mich wie in Watte gepackt. Meine vertraute umgebung kam mir so anders vor, meine Kinder waren irgendwie anders, meine Hände fühlten sich an, als ob sie nicht mir gehörten, sogar meine Stimme kam mir fremd vor. Ein paar Tage hielt ich durch, dann kamen die Panickattacken wieder. Ich landete erneut im KH weil ich dachte ich würde verrückt werden! Nach einer Woche wurde ich wieder entlassen, mein Zustand hatte sich ein wenig gebessert. Mehr als AD erhöhen konnte man nicht für mich tun. Ich sollte mir aber keine Sorgen machen, Derealisation und Depersonalisation seien lediglich ein Zeichen von Überbelastung. Na super! Insgesamt lebte ich 4 Wochen in diesem Zustand, ehe er wieder verschwand, was für ein Horror!
Ich machte von nun an system. Familientherapie und Aufstellungsarbeit. Rückblickend kann ich sagen, ich hab wirklich viel an mir gearbeitet und ich konnte viel belastendes ablegen.
Meine Medis nehme ich auch heute noch, möglicherweise bleiben sie mir noch länger oder sogar für immer erhalten. Mittlerweile habe ich mich damit abgefunden. Immerhin geht es mir seither gut, Ich komme prima mit meinen Kindern und dem Alltag zu recht, hab sogar eine neue Ausbildung begonnen, allerdings auf Sparflamme. Ich hab verstanden, daß 3 Kinder eine riesen Aufgabe sind, und das ich mich niemandem gegenüber rechtfertigen muß, warum ich (noch) nicht berufstätig bin. Solange es finanziell machbar ist, wird das auch so bleiben und Punkt! Auch meine Haushaltshilfe werde ich weiter in Anspruch nehmen, obwohl mich so mancher dafür schief anschaut. Von wegen: die ist eh den ganzen Tag zu hause und hat nichts zu tun. Solche Sprüche prallen mittlerweile an mir ab.

So, das ist jetzt ellenlang geworden, aber das mußte jetzt wohl so sein.
Vielen Dank fürs lesen und ich freu mich auf einen Austausch mit euch!

Liebe Grüße!
luraja
scaramouch

Beitrag von scaramouch »

Hallo und Herzlich Willkommen bei uns :D

Donnerwetter :shock: da hast du ja auch einiges durchgemacht...und ich kann nur sagen GROSSARTIG. Du hast gearbeitet an dir, Medikamente genommen und eigentlich alles richtig gemacht. Bravo.
Ich kann diese Ängste, Derealisation usw. so gut nachvollziehen, auch ich habe damals gedacht, ich würde das nicht überleben oder irgendwann in der Gummizelle sitzen weil ich verrückt werde..
Es ist auch heute noch schwierig für mich, wenn ich lese, wie schlecht es dir zum Beispiel ging...mein Gott, was ist das doch eine fürchterliche Krankheit...

Umso mehr freut es mich wie gut es dir heute geht. Auch mein Zustand ist mit damals nicht mehr zu vergleichen.
Hier wirst du so viele finden, mit denen du dich austauschen kannst und vor allem gibt es so viele Neue, denen es leider sehr schlecht geht und die deine Tipps sicher als Geschenk empfinden würden.

Nochmal herzlich Willkommen
luraja

Beitrag von luraja »

Hallo scaramouche!
Danke für deinen Willkommensgruß! Ich hab deine Geschichte gelesen und kann auch nur sagen: Hut ab, du hast ordentlich was geschafft!

Und: ja, das mit der Gummizelle kenn ich auch. Ich hab auch gedacht, daß man mir bestimmt meine Kinder wegnimmt :shock:

Ich hab mir halt jeden Strohhalm gegriffen, der sich mir bot. Ich wollte so schnell wie möglich wieder da raus kommen. Manches hat funktioniert, manches nicht, und von "gesund" bin ich für meine Begriffe auch noch weit entfernt. Aber Aufgeben ist Keine Option! :!:

LG luraja
Juliane77

Beitrag von Juliane77 »

Hallo,

auch von mir herzlich willkommen. Vieles in Deinen Schilderungen habe ich selbst erlebt, zum Beispiel Derealisations- und Depersonalisationserlebnisse, auch kurze Wahnideen kenne ich, wie zum Beispiel der Moment, in dem Du Angst hattest, Dein Mann würde Dein Kind aus dem Fenster schmeißen.l

Leider habe ich auch von Fachleuten erlebt, dass sie mich überhaupt nicht ernst nahmen und sagten, es sei alles normal und gar nicht so schlimm. Ich glaube, dass ist so eine Masche, damit sich die Leute nicht in ihre Krankheit reinsteigern, ist aber bei vielen Patienten meiner Ansicht nach kontraproduktiv.

Du brauchst Dich nicht zu schämen, dass Du nicht voll arbeitest. Du hast drei kleine Kinder!!! Das ist doch an sich schon ein Fulltimejob, wieso wird von einer Frau oder einem Mann hierzulande erwartet, dass er/sie bzw. beide Elternteile Vollzeit arbeiten und mal eben so locker nebenbei zwei bis drei Kinder großziehen! Diese Gesellschaft, die so etwas erwartet, ist krank! Meine Mutter hatte drei Kinder und war dann nur Hausfrau, damals war das völlig normal.

Ich selbst bin übrigens wegen der psychischen Erkrankung und einigen körperlichen Leiden berentet und erwarte das zweite Kind.

Liebe Grüße
Juliane77

Beitrag von Juliane77 »

P.S. Habe übrigens auch immer Angst gehabt, man nimmt mir mein Kind weg oder ich werde fixiert, wenn ich bestimmte Symptome erzähle. Einmal habe ich die Frau vom Handwerker sogar für eine Frau vom Jugendamt gehalten, weil ich dachte, uns hätte jemand dort angezeigt. Auch schon nach der Geburt ging mir das so und obwohl es mir damals sehr schlecht ging, habe ich mir keine professionelle Hilfe geholt, aus Angst, man nimmt ihn mir weg. Mein Mann und eine Bekannte haben damals unseren Haushalt geschmissen, weil ich auch nicht viel mehr machen konnte außer stillen. Ich habe meinen ersten Sohn auch ungeplant während meinem Studium bekommen. Was hast Du denn studiert bzw. was machst Du für eine Ausbildung?
Stella

Willkommen

Beitrag von Stella »

Hallo,

erstmal herzlich willkommen hier. Ich habe diesselbe Erfahrung gemacht, dass man nichts mehr für die Familie fühlt, nachdem ich an der PPD erkrankt bin. Ich hatte im März diesen Jahres auch einen Rückfall, aber mir geht es wieder sehr gut.

Es ist schon komisch wieviele Frauen es gibt, denen es ähnlich geht und das beruhigt ungemein. Ich wünsche dir weiterhin alles Gute mit deinen 3 Mäusen :-)

Stella
luraja

Beitrag von luraja »

Hallo!
Danke für eure Antworten! Es tut gut zu lesen, daß es anderen auch so ging wie mir und daß sie trotzdem wieder gesund geworden sind. Genau das ist nämlich mein momentanes Problem, ich hab den Glauben daran ein wenig verloren. :(

Ich mach grad sowas wie ein Tief durch. Meine Thera. sagt, das ist normal, ich bin ja noch nicht sooo lange in Behandlung. Aber es fühlt sich so an, als ob ich nochmal von vorne anfangen müßte, alles was ich schon erreicht habe scheint wie weggeblasen. Dabei gings mir doch schon so gut! Was soll ich denn noch alles machen, ich nehme Med., mache Therapie, und trotzdem krieg ich grad nichts auf die Reihe.

Ich seh das Loch praktisch vor mir und trotzdem schaffe ich es nicht, herum zu gehen, nein, ich fall geradewegs rein. Und das rausarbeiten ist sooooo mühsam. Kennt das wer von euch?

Und ab wann gilt man eigentlich als gesund? Kann man denn noch gesund werden, wenn es schon so lange dauert? Es zieht sich jetzt doch schon gut 2.5 Jahre :shock:

@ Juliane77: ich hab vorher Zahnmedizin studiert, nach dem 3. Abschnitt hatte ich dann eine Wartezeit von min. 1 Jahr, das wir für die Familienplanung nutzten. Tja, aus einem Kind wurden drei, dann PPD :twisted: und das wars dann. Aber ich trauere dem Studium nicht nach, sehe es mittlerweile auch nicht mehr als verlorene Zeit.
Heuer im März hab ich eine Ausbildung zum Heilmasseur begonnen, die macht mir auch sehr viel Spaß!

Lg
luraja
Stella

Hallo

Beitrag von Stella »

Ich denke schon , jetzt nach meiner Erfahrung mit dem Rückfall, das man immer mal damit rechnen kann. Aber man kann vielleicht besser damit umgehen. Der Rückfall dauerte auch nicht so lange wie die PPD bei mir. Ich achte jetzt mehr darauf Stress zu vermeiden und gönne mir wieder Ruhephasen.

Ich habe im Prinzip auch schon 3 Jahre damit zu tun, davon war ich 7 Monate insgesamt mit PPD und Rückfall krank. Dazwischen ging es mir sehr gut also ganz normal wie vor der Schwangerschaft. Ich hoffe, dass es jetzt der letzte Rückfall war ohne Schwanger zu sein..beim 2. Kind rechne ich dann evtl. mit einer 2. PPD..

Wenn man wieder gesund ist, vergisst man auch viel negatives der PPD...also ichd rück dir die Daumen, dass dein Rückfall nicht lange dauert und das es dir bald wieder gut geht.

lg Stella
Antworten