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kennt Ihr das Gefühl nicht anzukommen?

Verfasst: 01:11:2012 11:54
von Bine2203
Hallo zusammen,

ich muss mich heute mal ausheulen, weil ich einfach das Gefühl habe, dass es kein Ende nimmt und ich auch keine klaren Gedanken mehr fassen kann.

Bei mir hat der Spuk vor ca. 3,5 Monaten angefangen, da war meine kleine Maus 4 Monate alt. Ich bin nachts aufgewacht und mir war extrem schwindelig. Habe mir dann ganz schlimme Gedanken gemacht, dass mir vielleicht was schlimmes passiert, ich jetzt schwer krank bin und ich nicht mehr für meine Tochter da sein kann. Hatte leichte Panik. Bin dann irgendwann wieder eingeschlafen und als ich morgens wach wurde, war es da. Extreme Nervosität und dieses befremdliche Gefühl nicht mehr ich selbst zu sein. Seither wache ich jeden Morgen um 5:00 Uhr auf und habe genau dieses Gefühl. Ich beschreibe es immer mit den bösen Schmetterlingen, die bei mir im Bauch rumfliegen. Fühle mich manchmal wie besessen. Das Gefühl lähmt mich und ich würde am liebsten nur meine Ruhe!

Habe jedenfalls angefangen das alles auf meinen Freund zu beziehen (seit 10 Jahren zusammen) und bin zu der Überzeugung gelangt, dass ich ihn nicht mehr liebe. Von morgens bis abends kreisen meine Gedanken um dieses eine Thema und ich habe das Gefühl wenn ich nicht gehe, werde ich mich immer schlecht fühlen.
Meine Therapeutin sagt immer man darf in einer Krise keine Entscheidungen treffen, aber was wenn das der Grund für die Krise ist? Wer sagt mir das?? Ich weiß, dass wir vorher glücklich waren, aber es hat sich so viel verändert, seit die Kleine da ist.

Jedenfalls habe ich ganz oft das Gefühl nicht anzukommen! Wenn ich die Augen schließe, kann ich fühlen und spüren wie sich unsere kleine Familie glücklich anfühlt. Fühle ganz tief in mir dieses Glück, die Liebe, doch wenn ich dann zurück in die Gegenwart komme, ist da nichts mehr, nur Leere und ein befremdliches. wenn ich dann an meinen Freund denke steigt die Nervosität wieder. Könnte dann nur heulen. Warum kann ich das Gefühl nicht mit in mein Leben holen? Ist das nur Wunschdenken und so wird es das niemals mehr wieder geben?

Vielleicht ist das alles ein wenig durcheinander geschrieben, aber muss mir das einfach mal von der Seele schreiben.
Bin einfach verzweifelt, dass ich das Gefühl habe, dass ich nicht vorwärts komme und auf der Stelle trete. Das macht mir dann Angst und ich frage mich, wie ich dieses Gefühl ein Leben lang aushalten kann.
Habe den Weg ja schon mal nach einer Erschöpfungs-Depression da raus gefunden, habe aber das Gefühl, das kann diesmal nicht klappen und überhaupt, dass es diesmal viel schlimmer ist.

Ach ja, kann man sein Leben nicht einfach genießen, so wie es viele andere Menschen da draußen auch tun?

Nehme übrigens bisher keine Medikamente, bin nur in Therapie. Würde mir auch wünschen es ohne zu schaffen!

Allen die es haben einen schönen Feiertag.

Grüße
Bine2203

Verfasst: 01:11:2012 17:56
von scaramouch
Liebe Bine
ich erkenne meine eigene Situation von vor 2,9 Jahren wieder wenn ich deine Zeilen lese. Nur hat sich das bei mir nie auf meine Ehe bezogen. Aber diese Leere, die so quälend sein kann und die stetige Nervosität....das ist wirklich schlimm.
Ich kann eure Beziehung nicht beurteilen und würde mir das auch nie rausnehmen, aber mir scheint es auch eher so, dass du durch deine psychische Verfassung momentan solche Entscheidungen nicht treffen solltest.
In meinen Augen spricht da die Krankheit aus dir. Du bist in Therapie, das ist wirklich gut. Aber woher kommt deine Einstellung, keine Medikamente nehmen zu wollen?
Ich verstehe das natürlich. Keine von uns war scharf drauf welche nehmen zu müssen. Aber ohne ging nichts mehr bei einigen hier und heute bin ich so froh das es diese Mittel gibt denn sie können wirklich die Qualen lindern bzw. heilen. Dies aber unbedingt in Verbindung mit einer Therapie, die du ja schon machst.
Was sagt deine Therapeutin zum Thema Medis??

Und was genau hat sich für dich in deiner Beziehung verändert seit euer Kind da ist?
Das es sich verändert ist logisch, aber in welche Richtung? Wie fühlt sich das für dich an?

Liebe Grüsse
scaramouch

Verfasst: 01:11:2012 20:18
von elfi
Liebe Bine,
auch ich kenne diese Leere und die Nervosität und auch wenn ich nicht an die Liebe zu meinem Mann zweifel, kann ich ein wenig verstehen, was du meinst... Ich denke auch, so wie scaramouch schon geschrieben hat, dass da eher die Krankheit aus dir spricht und dir das Schöne mies reden will. Aber, selbst wenn du irgendwann wirklich zu der Überzeugung gelangst, dass du deinen Freund nicht mehr liebst, dann treffe eine Entscheidung. Aber bitte gib dir die Zeit und treffe sie nicht in so einer sowieso schon schweren Situation (Krankheit).

" Wenn ich die Augen schließe, kann ich fühlen und spüren wie sich unsere kleine Familie glücklich anfühlt. Fühle ganz tief in mir dieses Glück, die Liebe, " Ich glaube, DAS ist die Wahrheit die da aus dir spricht. Ich kenne dich nicht, aber ich weiß, dass man "nur mit dem Herzen gut sehen kann" (der Spruch ist zwar schon "ausgelutscht", aber ich glaube fest daran).

Ich wünsche dir viel Kraft das alles durchzustehen. Gib nicht auf. Und wenn dann doch wieder Zweifel kommen, dann schließe einfach die Augen...

Alles Liebe
Elfi

Verfasst: 02:11:2012 8:50
von Bine2203
Danke für Eure lieben Antworten!

@scaramoush, ich weiß nicht, was ich für eine Einstellung den Medis gegenüber habe? Angst vielleicht?!

Was sich in unserer Beziehung geändert hat kann ich garnicht so genau betiteln. Es war nur am Anfang alles sehr holprig! Als die Kleine ca. 4 Wochen alt war, hatte mein Mann eine kleine Zahn-OP. Leider hat sich das damal entzündet und er ist dadurch total eingebrochen. Er war sehr negativ sich und der Welt gegenüber und hatte das Gefühl, dass in seinem Leben nichts gut ist. Als es ihm besser gibg, hatte er noch ein paar Mal solche Zusammenbrüche. Er hat auch angefangen zu weinen und man hatte das Gefühl für ihn habe das Leben keinen Sinn mehr. Eigentlich wie in einer Depression! Habe ihn mehrfach gebeten sich helfen zu lassen und einfach mal zum Arzt zu gehen, er läßt sich aber nicht helfen. Habe immer das Gefühl ich muss ihm alles recht machen, damit er nicht wieder in so ein Loch fällt. Jeglichen Konflikten versuche ich aus dem Weg zu gehen. Ich denke das ist etwas, was sich bei uns verändert hat.
Hinzu kommt, dass wir sehr verschieden sind! Das war bisher kein Problem, doch mit einem Kind rückt man ja doch noch sehr viel näher aufeinander! Er verbringt lieber die Zeit nur mit uns alleine und ich bevorzuge viele Menschen um mich herum. Gerade monentan, da mir sonst die Decke auf den Kopf fällt. Er fühlt sich so noch mehr hinten angestellt, wenn ich mich auch noch viel mit Freunden treffe.

Jetzt sitze ich gerade wieder hier, es ist 7:45 Uhr und dieses blöde Gefühl beherrscht mich! War es bei Euch auch so, dass es abends oftmals weg war? Denke dann immer:" jetzt hast Du es überstanden und morgen kommt das Gefühl nicht wieder!" Dann wache ich wieder um 5:00 Uhr auf, der Schalter wird umgelegt und alles ist wieder da!

Wünsche Euch einen schönen Tag!

Lieben Gruß
Bine

Verfasst: 05:11:2012 16:39
von scaramouch
Hallo Bine
ich verstehe deine Angst vor den Medikamenten wirklich, aber bei den meisten von uns kam irgendwann der Punkt, an dem wir sie brauchten um wieder gesund und/oder stabil werden zu können.
Was du beschreibst, ist für eine Depression sehr klassisch. Morgens Hölle, abends ist es manchmal nahezu wie im gesunden Zustand auch. Das frühe Erwachen, das Morgentief und die allabendliche Besserung. Ich bin natürlich keine Ärztin aber wenn du mit diesem Zustand nicht weiterhin leben möchtest, solltest du mit deiner Therapeutin wirklich ein Medi in Erwägung ziehen.
Und dein Mann scheint psychisch auch nicht auf der Höhe zu sein, das macht es natürlich nicht einfacher. Da steckt ihr wirklich in der Klemme. Im Vordergrund sollte jetzt aber erstmal stehen, dass es dir besser geht, und zwar bald. Dann hast du auch wieder Kraft, um an allen anderen Baustellen zu arbeiten.

Viele Grüsse
scara

Verfasst: 06:11:2012 12:27
von Qwerty
Liebe Bine,

das Gefühl, dass es abends weg ist und am nächsten Morgen vielleicht doch alles gut ist, kenne ich sehr gut! Mir ging es - auch in der schweren Anfangszeit der PPD - abends eigentlich immer gut. Ich habe mich dann "normal" und ruhig gefühlt. Kind in Bett, fast alles wie früher, sprich alles ist gut. Dann kam der nächste Tag und die grundlose Unruhe und Nervosität waren wieder da und ich habe mich gefragt, wie ich den ganzen langen Tag denn wieder rumbringen sollte. Ich habe mich noch nie vorher so gefühlt, hatte vorher nie mit Depressionen oder ähnliches zu tun gehabt, das war alles so fremd und so "nicht ich"... Aus diesem Grund bin ich zum Arzt, weil ich wusste, dass etwas nicht stimmt. Ich wusste aber auch, dass ich nichts dafür kann, dass ich Hilfe brauche. Habe mich leider lange gegen Medikamente gewehrt und gehofft, es geht einfach so vorbei. Aber die extreme Unruhe und Nervosität haben sich wirklich erst gelegt, als ich Medikamente bekommen habe und dadurch nach und nach einen klarerer Kopf bekommen habe. Es haben schon viele gesagt, niemand will gerne Medikamente nehmen aber man muss sich auch nicht quälen. Sie sind eine Krücke, sie einem auf die Beine helfen bis man wieder alleine gehen kann. Keine Dauerlösung, nur eine vorübergehende Unterstützung.
Zu Deiner Beziehung kann ich wenig mehr sagen als meine Vorrednerinnen schon getan haben. Ich vermute, dass jetzt nicht der richtige Zeitpunkt ist, diesbezüglich eine Entscheidung zu treffen. Ich hatte das große Glück, dass mein Mann eine enorme Stütze für mich war. Er hat die Situation nicht beschönigt, aber sich auch nicht dramatisiert. Er hat immer einen klaren Kopf behalten und das hat mir Halt gegeben.
Ich finde es gut, dass Du rausgehst und Dich mit Freunden triffst. Mir ging es genau so, ich musste auch immer raus, weg aus der Wohnung. Obwohl ich Angst davor hatte rauszugehen, war die Vorstellung zuhause zu hocken noch schlimmer und deswegen bin ich einfach immer unterwegs gewesen. Habe fast jeden Tag Freunde getroffen, die Ablenkung war eine große Hilfe. Wenn es Dir gut tut, dann mache das weiter so, auch wenn Dein Mann sich hinten angestellt fühlt. Das klingt jetzt sehr egoistisch, aber es geht um Dich und Dein Kind. Du bist nicht für seine Situation verantwortlich, das muss er selbst in die Hand nehmen. Du machst es ja auch.
Du wirst Dein Leben wieder geniessen können, die PPD geht vorbei aber es dauert... leider! Dass Du eine Therapeutin hast ist schon mal super. Vielleicht solltest Du mit ihr mal über das Thema Medikamente sprechen.

LG
Q

Verfasst: 06:11:2012 21:59
von baumelfe
Liebe Bine!
Ich kann dich so gut verstehen!!!! Ich habe Zeiten, wo ich meinen Mann als den tollsten Mann auf der Welt wahrnehme (das ist in den kurzen angstfreien Sekunden) und dann denke ich wieder, ich sollte ihn verlassen, dann habe ich "es" hinter mir (was auch immer "es" auch sein soll.) Ich habe schon ein beklemdendes Gefühl wenn ich heimkomme. Ich hasse mich dafür :evil: weil ich denke, damit werde ich ihm gar nicht gerecht.
Auch wir sind schon sehr lange Zusammen und ich habe Angst davor, dass wir uns über unsere Tochter oder auch schon davor entfremdet haben, weil sich mein Leben so fremd anfühlt. Dann aber wiederum möchte ich nur in seinen Armen liegen und einfach alles wieder so genießen können wie früher. Ich will ihn nicht verlieren, finde aber gleichzeitig den Gedanken verlockend, alleine zu sein und mich nur noch um mich kümmern zu müssen. Manchmal dneke ich auch, dass ich überhaupt nicht beziehungstauglich bin. Seit neustem fange ich aber auch an, ein ganz klein wenig die Liebe zu meiner Tochter zu überprüfen. :cry: Das besorgt und beruhigt mich gleichzeitig. Besorgt, weil ich wirklich spinne und beruhigt, weil das ja nun wirklich nicht sein kann!!! Interessanterweise mache ich das bei beiden am Aussehen, Geruch und der Tonlage fest. Echt seltsame Kriterien.
Ich bin mir sicher, dass man in Zeiten der Angst wirklich nichts entscheiden sollte. Die Angst lenkt die Aufmerksamkeit eh nur auf die Dinge, vor denen man Angst hat.
Ich stehe noch/wieder ganz am Anfang einer Therapie. Montag habe ich mein erstes Vorgespräch.
Liebe grüße,
Baumelfe