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Hallo zusammen!

Verfasst: 24:11:2012 10:19
von Störenfrieda
Vor knapp drei Monaten habe ich mein erstes Kind, einen kleinen Sohn, bekommen. Es ist ein Wunschkind und die Schwangerschaft verlief völlig problemlos. Die Geburt selbst habe ich in schlechter, aber eigentlich nicht traumatischer Erinnerung. Da mein Sohn sehr groß und schwer war dauerte die Austreibungsphase sehr lang und war mit immensen Schmerzen verbunden. Ich verlor außerdem viel Blut und war in den ersten zwei Wochen nach der Geburt sehr geschwächt. Dennoch hatte ich eigentlich gleich das Gefühl, dass mein Sohn zu mir gehört und wir sehr glücklich werden würden.

Leider mussten wir bereits zehn Tage nach der Geburt auf Grund beruflicher Veränderungen bei meinem Mann umziehen. Mein Sohn kam eine Woche zu spät, daher war die Zeitplanung nun noch knapper. Aus dem Umzug habe ich mich komplett herausgehalten, wir hatten viel Hilfe und eigentlich lief alles den Umständen entsprechend gut.

Danach hatte mein Mann noch zwei Wochen Elternzeit, die wir allerdings nicht wirklich genießen konnten, da es noch so viel zu räumen und zu organisieren gab. Seit Oktober arbeitet er nun wieder und - wie bei so vielen - fingen meine Probleme dann so richtig an. Mir war die Verantwortung und der Stress in Kombination mit dem vielen Alleinsein einfach zu viel. Ich habe es als ungerecht empfunden, dass ich die Nachtschichten übernehmen sollte, nur weil mein Mann arbeiten geht - als hätte ich einen leichten Tag! Ich war erschöpft und wurde wütend auf mich, meinen Sohn, meinen Mann. Ich zweifelte daran, ob der Nachwuchs die richtige Entscheidung gewesen war, wollte mein alten Leben zurück, und machte meinem Mann Vorwürfe, weil er arbeiten gehen "durfte" und ich zuhause bleiben musste. Mann muss dazu sagen, dass ich vorher immer berufstätig gewesen war und mich nie nach einem Kind verzehrt habe. Dass ich zuhause bleiben sollte, war eine pragmatische Entscheidung, da es der Karriere meines Mannes deutlich mehr geschadet hätte.

Ich wurde immer verzweifelter, hatte Angst und bekam erste Panikattacken. Da ich bereits 2006 mit Depressionen und Panikattacken zu kämpfen hatte, fühlte ich mich total elend mit der Aussicht, Ähnliches nochmal durchmachen zu müssen. Ich heulte mich bei meiner Mutter am Telefon aus, sie besuchte mich und überredete mich schließlich, zum Hausarzt zu gehen und mir frühzeitig Medikamente verschreiben zu lassen. Bereits letztes Mal wurde meine Depression mit Citalopram (und Gesprächstherapie) behandelt, nun nehme ich seit knapp zwei Wochen erneut 20 mg. Ich bin froh, diese Entscheidung schnell getroffen zu haben, und hoffe, dass ich nun noch die Kurve bekomme und nicht zu tief in die Depression reinrutsche.

Neben den Medikamenten habe ich bisher noch zwei weitere schwierige Maßnahmen ergriffen, damit es mir besser geht. Zum Einen habe ich nach zwei Monaten begonnen, abzustillen. Mittlerweile stille ich gar nicht mehr. Einerseits habe ich ein schlechtes Gewissen meinem Sohn gegenüber, andererseits geht es mir aus verschiedenen Gründen damit erheblich besser. Ich hatte vorher dauernd nasse Klamotten und viel zu viel Milch, mein Körpergefühl war furchtbar. Außerdem kann ich mich mehr entspannen, seit ich weiß, dass der Kleine nicht mehr so total von mir und meiner Person abhängig ist. Ich weiß, das Stillen das Beste fürs Kind ist, aber letztlich bin ich zu dem Entschluss gekommen, dass eine stabile, optimistische Mutter noch wichtiger ist.

Zum Anderen haben wir den Kleinen vor wenigen Tagen aus unserem Schlafzimmer ausquartiert. Auch das ist mir aufgrund meiner Angst vor SIDS sehr schwer gefallen. Aber bisher war es so, dass, auch wenn das Baby schlief, ich kaum schlafen konnte. Der Kleine ist einfach so laut nachts, bei jedem Geräusch saß ich senkrecht im Bett. Nun haben wir das Angel Care gekauft und lassen ihn nebenan bei offenen Türen schlafen. Mein Schlaf ist dadurch schon deutlich ruhiger geworden.

Neben diesen Maßnahmen haben mich aber auch viele Geschichten und Vorstellungen hier im Forum aufgebaut, da ich dadurch erfahren habe, dass ich nicht allein mit meinen Gedanken und Problemen bin. Man macht sich einfach selbst solche Vorwürfe, wenn es einem schlecht geht, obwohl man meint, mann müsste der glücklichste Mensch auf Erden sein! Deshalb möchte ich meine Erfahrungen gerne auch mit allen anderen teilen, denen es ähnlich ergeht.

Von anderen erhoffe ich mir vor allem Ideen und Tipps wie man die unendlich langen Tage alleine mit Baby besser überstehen kann. Da mein Kleiner immer noch unberechenbar beginnt zu schreien, traue ich mich bisher kaum länger mit ihm irgendwohin. Zu oft musste ich schon den Rückzug antreten, da das Geschrei aus dem Kinderwagen alle Blicke auf sich zog.

Liebe Grüße
Johanna

Verfasst: 24:11:2012 11:10
von tasi
liebe johanna..

herzlich willkommen bei uns.. erstmal - du bist nicht allein mit den beschriebenen problemen - wir alle hier verstehen sehr gut was du durchmachst..
mein sohn ist 4,5 monate und bei mir war es ganz ähnlich.. auch ich brach total ein als ich plötzlich mit dem baby allein war und mein mann das privileg hatte zu arbeiten..denn auch ich bin nicht so der nicht-arbeits-typ und liebe meinen beruf und das gefühl etwas zu tun.. dabei ist ja mit baby und haushalt eigentlich genug arbeit - aber es ist nicht das selbe.. ich verstehe dich sehr gut.. mittlerweile kann ich damit aber schon besser umgehen und widme mich so gut ich kann meiner derzeitigen aufgabe.. freue mich aber trotzdem sehr nächstes jahr wieder arbeiten zu können..
gut, dass du schon mit citalopram angefangen hast und damit gut klar kommst.. hast du denn über eine zusätzliche psychotherapie nachgedacht? vielleicht wäre das noch eine gute ergänzung..
finde es auch gut, dass du gemacht hast was dir gut tut und abgestillt hast. wenn man kein gutes gefühl dabei hat ist das die richtige entscheidung. egal was da andere sagen.. das weiß man selbst einfach am besten.. ich habe auch schon versucht abzustillen.. hat aber nicht geklappt.. da die flasche nur wut auslöst.. naja.. jetzt führen wir beikost ein und machen es eben langsam auf diesem weg..

auch mein kleiner spatz weint noch oft und unberechenbar.. wir haben aber einen ganz klar strukturierten tagesablauf.. aufstehen, stillen, spielen, schläfchen,stillen, raus gehen, brei essen, spielen,stillen, schläfchen, raus gehen, baden, eincremen, spielen, stillen, schlafen..
tagsüber schlafen geht nur in der nonomo federwiege wenn ich die ganze zeit schaukle.. auch jetzt grad.. raus gehen nur mit der bauchtrage .. im kinderwagen wird nach 20 min geweint.. den nehm ich als beuteltransporter.. hast dus denn mit ner trage schonmal probiert? ich hab den ergo-carrier.. geht wirklich gut.. klar, auch darin weint er mal, wenn ihm irgendwas nicht passt.. aber lass die leute gucken.. ich weiß, man lässt sich da leicht beeinflussen..
habe gelesen, dass es kindern sicherheit gibt alles immer gleich zu machen - so gut es der alltag eben zulässt.. und ich habe damit bisher wirklich sehr gute erfahrungen gemacht..

schön, dass du nun auch bei uns bist..

liebste grüße
tasi

Hallo Johanna...

Verfasst: 24:11:2012 15:27
von Sibi82
ich fühle mit dir, absolut.
Ich verstehe mich auch selbst nicht, warum ich nicht glücklich sein kann über ein eigentlich so schönes Ereignis: ein Baby. Und wenn man mich fragt, wie es denn nun sei Mutter zu sein, lächle ich immer nett und antworte, was mein Gegenüber hören will aber ich fühle es absolut nicht.

Ich isoliere mich mit meiner Kleinen auch ziemlich, da sie sehr unruhig und schnell knatschig ist draußen....ich habe Panik, dass sie losschreit und sich nicht mehr beruhigt, was alles schon vorkam.
Also gehe ich spazieren um den Block, um überhaupt mal raus zu kommen.

Ansonsten habe ich auch mit ihr einen sehr strukturierten Alltag, immer Alles gleich, wenig Reize, ruhiger Schlafplatz...dadurch ist das Schreien schon besser geworden.
Und seit sie etwas mobiler geworden ist, rollt sie durch die Gegend und ist auch zufriedener, zumindest für einige Zeit!
Also ich denke, habe noch etwas Geduld und dein Baby kann sich dann auch immer mehr mit sich selbst beschäftigen.

Schön, dass du hier bist. Ich bin auch noch ganz neu aber dühle mich hier wohl. Auf bald

Verfasst: 24:11:2012 15:42
von Störenfrieda
Vielen Dank für die raschen Antworten und die Willkommensgrüße!

Das ist ja witzig, Tasi, unsere Kleinen sind sich wohl gar nicht so unähnlich. Bei uns hilft tagsüber auch nur die Federwiege und mittlerweile habe ich an strategischen Orten in der ganzen Wohnung Haken angebracht, damit ich z. B. vom Sofa aus oder am Küchentisch immer wippen kann, falls der Kleine schläft.

Einen ErgoCarrier habe ich auch, allerdings schreit er auch darin gerne, wenn ich stehenbleibe. Solange ich in Bewegung bin, geht es meist ganz gut. Ich bin immer ganz neidisch auf die Mamis, deren Baby im Aldi so brav im MaxiCosi schlafen, während eingekauft wird. Ein derartiges Experiment hat bei uns darin geendet, dass mein Mann mit dem Kleinen fluchtartig den Supermarkt verlassen musste, da das Geplärre nicht auszuhalten war.

Ich versuche den Tag auch recht strukturiert ablaufen zu lassen. So machen wir mittags immer einen einstündigen Spaziergang - das muss ich auch, da wir noch einen Hund haben, der auch versorgt werden will. Nach den Spaziergängen geht es mir immer etwas besser, es ist also bestimmt richtig, rauszugehen, Sibi82.

Ich hoffe natürlich auch, dass der Kleine mit zunehmendem Alter etwas umgänglicher wird und ich ihn mehr in meinen Alltag integrieren oder zumindest wieder etwas mehr am "echten" Leben teilnehmen kann.

Verfasst: 24:11:2012 19:13
von Shootz
hallo Johanna,

deine Entscheidung abzustillen kann ich gut nachvollziehen. Schon in der Schwangerschaft hab eich nur geheult und mich kurz vor der Geburt entschieden nicht zu stillen - einfach um meinen Körper wieder zu haben. Ich denke es war eine sehr gute Entscheidung für mich da ich diese Belastung psychisch und körperlich nicht ausgehalten hätte.

Ich kann dir versichern dass die Fertigmilch meiner Kleinen nicht geschadet hat!

Das Angelcare soll sehr gut sein, eine Bekannte hat dies auch genutzt.

Schön das du deine Mutter hast und auf sie gehört hast, es ist gut jemanden zu haben der auf dich achtet.

Liebe Grüße

Shootz

Verfasst: 25:11:2012 15:45
von Störenfrieda
Danke, Shootz, es ist schön, endlich ein Forum gefunden zu haben, in dem man nicht gleich gekreuzigt und gesteinigt wird, wenn man solch unpopuläre Entscheidungen wie abzustillen trifft.

Manchmal glaube ich, wenn ich meine Familie immer hier um mich herum hätte und etwas mehr Entlastung von Anfang an erlebt hätte, hätte ich vielleicht auch weiterstillen können. Aber auch für mich war - wie Du ja auch schreibst - die körperliche und psychische Belastung durch das Stillen so hoch, dass ich an dieser Stelle Abstriche machen musste. Ich denke auch, dass mein Sohn es aber gut verkraften wird.