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Hallo Zusammen! Hier kommt meine Geschichte...

Verfasst: 12:11:2014 10:50
von mondkind0511
Guten Morgen alle Zusammen,

ich bin 33 Jahre alt, seit 9 Jahren mit meinem Mann zusammen, seit 5 Jahren verheiratet. Es war immer klar, dass wir uns irgendwann gemeinsam Nachwuchs vorstellen können, wir haben jedoch recht lange gebraucht, weil wir unsere Freiheiten (Urlaube, Gammeln auf der Couch, etc.) zugegebenermaßen lange nicht aufgeben wollten.

Ich habe meinen Job extrem geliebt, arbeitete ca. 50-60 Stunden pro Woche im Eventbereich / in der Großstadt mitten im Trubel und fand es immer wunderschön abends dann bei der 40-minütigen Heimfahrt mit der Bahn die Felder unserer Vorstädte zu bewundern und freute mich stets auf Zuhause, meine Couch, meinen Feierabend.

Als es dann losging mit dem "scharf schießen" ;-) war ich prompt im 3. Zyklus schwanger. Ich hatte genug Zeit für die Übergabe meiner kleinen Abteilung an eine Kollegin und genoss dann die 5 Wochen Mutterschutz vor der Entbindung doch sehr... Immer mit der Aussicht darauf, dass ich wohl 1 Jahr Zuhause bleiben und dann Teilzeit wieder einsteigen würde.

Unser kleiner Schatz kam im Juli zur Welt - ich hatte eine Traumschwangerschaft bis zur 38. Woche, in der dann die Herztöne des Wurms nicht in Ordnung waren und ich zweimal von der FÄ in die Klinik eingewiesen wurde. Dort wurde ich jeweils wieder heimgeschickt, weil das CTG dort passte. Ab dann täglich zur CTG-Kontrolle bei der FÄ, bis in der 39. Woche dann unser Sohn ritzeblau nach 16 Stunden Wehen per Sectio mit doppelter Nabelschnurumschlingung zur Welt kam. Zunächst war ich überglücklich, dass alles gut gegangen war und total verliebt in mein Baby.

Ab der 2. Nacht Zuhause gingen dann extreme Schreiattacken beim Kleinen los, die teils bis heute (er ist jetzt 4 Monate alt) noch anhalten, mittlerweile allerdings nur noch ca. 30-45 Minuten jeden Abend.

Plötzlich saß ich da, mit schrill schreiendem Baby, kulturgeschockt in meinem Kaff, in dem um 18 Uhr die Bordsteine hochgeklappt werden fühlte mich völligst gefesselt und isoliert und es überkam mich die tiefe Traurigkeit. Ich vermisste meine Kollegen, die Großstadt, die Freiheit, den (vorher nächtlichen 8-9 Stunden-) Schlaf, die Innigkeit mit meinem Mann, die Möglichkeit mich gesund zu ernähren - wie das halt so ist mit Baby - die vorherige Struktur völligst im Eimer... Ich hatte eine beknackte Hebamme (Pflicht-Hausbesuche, null persönlicher Draht...) Ich nur am Heulen, mein Mann überfordert mit meinem Zustand, meine Schwiegermutter, aus der irgendwann rausplatzte ich solle mich endlich mal zusammen reißen, der Job meines Mannes ginge vor, ich müsse Rücksicht nehmen, usw.

Von der FÄ bekam ich dann einen Psychiater empfohlen, der mir hochdosiertes Johanniskraut und eine Gesprächstherapie bei einer Psychologin (bei der ich vor längerer Zeit schon mal wegen der Alkoholsucht meines Vaters in Behandlung war, jedoch OHNE Depression...). Ich versuchte verzweifelt so viel wie möglich mit meinem schreienden Baby zu unternehmen - damit mir nicht die Decke auf den Kopf fällt, aber jede einzelne Stunde Zuhause fühlte sich an wie die pure Qual.

Inzwischen geht es mir zu 30% besser und zu 70% immer noch ziemlich schlecht. Seit einigen Tagen nehme ich Valdoxan (u.a. auch wegen Durchschlafstörungen), das Johanniskraut habe ich abgesetzt, nach RS mit dem Psychiater. Dieser ist sich nicht sicher, ob ich tatsächlich eine PPD habe, oder ob einfach nur "viel zusammen gekommen ist" bei mir...

Ich habe vor ab Februar zumindest 1 Tag pro Woche wieder arbeiten zu gehen und mein Kleiner kommt 1,5 Tage zu einer lieben, erfahrenen Tagesmutter, die neben ihm noch 4 weitere U4-Kids betreut.

Obwohl das alles absehbar ist, und ich mich sehr auf die Rückkehr in meine geliebte Firma freue, fühlt sich immer noch alles ziemlich übel an. Ich würde sagen, anders als die ersten Monate, aber einfach noch nicht gut. In den 5 Monaten meiner Abwesenheit hat sich viel verändert im Büro, was es mir einfach "fremder" macht. Ich fühle mich, als würde ich in der Bedeutungslosigkeit und Isolation verschwinden. Auch habe ich Angst davor, dass die Tagesmutter unseren einigermaßen eingependelten Rhythmus durcheinander bringt... usw.

Der Kleine lacht und gluckst und ist total süß, ich liebe ihn - aber die abendlichen Schreiattacken und das völlige Fremdbestimmt- und Eingesperrtsein machen mir sehr, sehr zu schaffen. Es tut richtig weh.

Es gibt Stunden, da geht es mir besser und dann kommen Tage, an denen ich ALLES negativ sehe - ALLES! Ich vermisse mein altes Leben so, so sehr und ich kann einfach nicht sehen "was ich gewonnen" sondern fast einzig und alleine "was ich verloren" habe. Ich frage mich immer wieder: WIESO HABEN WIR UNS DAS ANGETAN? Unser Leben war schön! Sehr schön sogar! Ich habe es geliebt in meiner Stadt (Arbeitsstadt) zu sein, wir hatten viele Freunde - zu denen der Kontakt größtenteils eingeschlafen ist, weil ich nicht die Kraft habe, mich mit Ihnen zu treffen, weil es einfach nur weh tut und ich sie um Ihr Leben (das ich Ihnen gleichzeitig wirklich von Herzen gönne) beneide. Eine Freundin, die selbst 2 Kinder aber die komplett andere Erziehungsansichten als ich hat, habe ich komplett verloren - sie weiß allerdings auch nicht wirklich, was in mir vorgeht. Ich möchte es Ihr nicht sagen, weil Ihre Eltern u.a. auch mit meinen Schwiegereltern befreundet sind. Schwieriges Thema. Babykurse besuchen - Nein Danke! Fast alle meine Freundinnen sind "Happy Moms", ich kann mir nicht noch zusätzliche antun...

Ich sehe die Nachbarn mit Ihren größeren Kindern (alle um die 14 Jahre alt) und denke mir: "Wäre es doch nur schon soweit..."

Wie seid Ihr mit all dem umgegangen?
Ich freue mich über Ratschläge, Erfahrungsberichte & Co.

Liebe Grüße & Euch allen einen schönen Freitag
S

Re: Hallo Zusammen! Hier kommt meine Geschichte...

Verfasst: 19:11:2014 21:19
von Sanna
Hallo!

Herzlich willkommen bei uns! Ob du an einer PPD leidest oder nicht vermag ich nicht zu sagen. Vielleicht machst du mal den Test auf der Homepage und/oder wendest dich an deinen Hausarzt.

Es kann sein, dass bei dir einfach viel zusammen gekommen ist, vielleicht geht es aber auch schon darüber hinaus. Es wäre wichtig, das von einem Fachmann abklären zu lassen, damit dir besser geholfen werden kann.

LG, Sanna