Wochenbettdepression & meine Fragen an euch
Verfasst: 10:04:2022 14:05
Hallo,
ich bin neu hier und möchte über meine Wochenbettdepression berichten (es ist ein etwas längerer Bericht geworden). Ich hoffe eure Erfahrungen mit dem Thema können mir helfen, aktuell geht es mir leider nicht gut.
Triggerwarnungen:
Schwieirige Geburt, erkranktes Kind, Schilderung depressiver Symptome, Suizidgedanken
Ich habe im Dezember 2021 meine Tochter auf die Welt gebracht. Der Großteil der Geburt verlief recht gut, am Ende wurde es jedoch ziemlich schwierig. Ich lag vier Stunden mit Presswehen im Kreißsaal, da meine Kleine ihren Arm um den Hals gelegt hatte und nach jeder Wehe wieder im Becken zurück rutschte. Zum Schluss wurde kristellert (von außen versucht, das Kind runter zu drücken) und es standen drei Hebammen und eine Ärztin um mich herum. Mit sehr viel Anstrengung und kurz vor einer Saugglockengeburt habe ich meine Kleine endlich geboren. Auch wenn es ziemlich schwierig war, habe ich die Geburt nicht als (psychisch) traumatisch erlebt. Meine Probleme fingen zwei Tage später an. Aufgrund einer Neugeborenen-Infektion musste meine Tochter in ein größeres Krankenhaus verlegt werden. Ich wurde nicht mit dort aufgenommen, da es keine Eltern-Kind-Zimmer auf der Neugeborenenstation gibt. Wir durften sie (Corona-bedingt getrennt voneinander) jederzeit besuchen, jedoch war ich nach der Geburt ziemlich wund und konnte auf den harten Stühlen dort maximal vier Stunden sitzen. Nachts habe ich dann das erste Mal in meinem Leben Panikattacken bekommen. Ich bin schweißgebadet und wild atmend aufgewacht und musste mich erst einmal wieder beruhigen. Das passierte dann etwa fünf Mal jede Nacht, die ich von ihr getrennt war. Zudem entwickelte ich ein vor allem morgens auftretendes Gefühl der Unruhe, Angst und des Unwohlseins. Ich konnte zudem kaum etwas essen, was ich aber aus anderen Stresssituationen von mir kenne.
Meine Kleine konnte nach fünf Tagen gesund wieder entlassen werden, meine Panikattacken legten sich und auch das Gefühl der Unruhe und Angst verschwand nach etwa drei Wochen wieder. Ich dachte, dass ich es damit ausgestanden hätte. Mein Mann hatte sich zwei Monate Elternzeit genommen. Wir lebten uns zuhause ein, teilten uns die Arbeit mit der Kleinen und entwickelten eine gewisse Routine. Etwa eine Woche vor Ende seiner Elternzeit merkte ich dann, dass ich ziemlich großen Respekt, fast schon Angst, vor der Zeit entwickelte, die ich allein für sie verantwortlich sein würde. Vor allem vor den Nächten grauste es mich. Die erste Nacht war dann auch direkt ziemlich schrecklich, die Kleine schrie nur und ich konnte sie erst nach vier Stunden umhertragen auf mir einschlafen lassen. Ich hatte sie zuvor noch nie nachts auf mir schlafen lassen (müssen) und war dementsprechend nervös. Mit einem kleinen wuseligen Mädchen auf meiner Brust Ruhe zu finden war zudem so gut wie unmöglich. Der nächste Tag war dementsprechend anstrengend. Zudem war die Kleine sehr quengelig, weinerlich und launisch. Schlaf war nur im Tragetuch möglich. Ende der Woche war ich nervlich ziemlich angeschlagen. Was mir aber glaube ich den Rest gegeben hat war, dass meine Tochter an Gewicht verloren hat, wie meine Hebamme feststellte. Meine Milchmenge hat sich über den Stress so stark reduziert, dass sie nicht genug bekommen hat. Ich sollte sie dann doppelt so häufig anlegen, um die Milchproduktion wieder anzuregen. Das bedeutete allerdings, dass sie alle ein bis zwei Stunden meine Brust angeweint hat, was mich sehr belastete. Ich selber habe häufig ebenfalls geweint. Das Fläschchen zum zufüttern hat sie immer dankbar genommen, dann hatte sie aber häufig noch so großen Hunger, dass sie weiter geweint hat. Schlussendlich hat sie dann einen Stillstreik entwickelt und die Brust komplett verweigert. Zu dem Zeitpunkt war ich dann ein nervliches Wrack. Schweren Herzens habe ich abgestillt. Meine Hebamme sagte zwar, dass man einen Stillstreik auch wieder in den Griff bekommen kann, nur hätte ich das in dem Moment psychisch nicht geschafft.
Ich habe die ganze Zeit gemerkt, wie ich langsam in ein schwarzes Loch kippe. Wie ich dagegen anstrampel, mich wehre, mir sage, dass das alles vorbei geht und nur eine Phase ist…wie wenig mir das aber nützt und ich immer weiter kippe. Ich konnte morgens nicht mehr aus dem Bett aufstehen. Die Kleine schrie neben mir und ich wusste, dass ich sie beruhigen kann, wenn ich sie durch die Wohnung trage. Ich konnte aber einfach nicht aufstehen, es fehlte mir jede Kraft dazu. Ich kann zudem nicht mehr mit ihr lachen und stehe wie ein Stein vor ihr, selbst wenn sie mich anlächelt. Es ist meist einfach nur das Gefühl einer großen Leere in mir. Und Schuld. Gedanken wie „Ich kann nicht die Mutter sein, die meine Tochter braucht, ich versage in meiner Mutterrolle“, „andere bekommen es doch auch alleine hin und ich stelle mich hier an, als wäre die Betreuung eines Babys eine unlösbare Aufgabe“, „mein Mann hat grade einen super stressigen Job und anstatt ihn entlasten zu können wirst du selber zur Belastung“. Besonders schlimm sind die Momente, in denen ich einfach nur von meiner Tochter weg möchte. In denen es mir wie eine riesige Belastung vorkommt, sie auf dem Arm zu tragen und eng bei mir zu haben. Wenn ich in ihrer Gegenwart panisch werde.
Morgens liege ich im Bett und habe wieder dieses Gefühl der undefinierbaren Angst und Unruhe. Es ist, als ob ich unter Strom stünde. Das Gefühl kenne ich sonst nur kurz vor Klausuren. Nur dass dieses jetzt mehrere Stunden anhält, ehe es sich im Verlauf des Tages ein wenig bessert. Ich esse kaum, habe die Freude an meinen Hobbies verloren und breche häufig in Tränen aus. Die Geräusche meiner Tochter zu hören jagt mir häufig einen Schauer den Rücken hinunter. Und ich kann absolut nicht mit ihr alleine sein. Wenn sich diese negativen Gefühle und vor allem die Angst am Morgen stetig steigern entstehen Gedanken wie „alles, nur das nicht mehr fühlen müssen…wenn du vom Balkon springst, musst du es nicht mehr fühlen“. Diese Gedanken dränge ich schnell beiseite, sie machen mir Angst. Ich möchte leben und für meine Tochter da sein. Es ist der starke Wunsch nach Flucht, der mich manchmal so denken lässt.
Ich habe mir dann vor einigen Wochen Hilfe gesucht. Ich mache eine Psychotherapie und bekomme aktuell 20mg Citalopram, worunter mein Antrieb schon besser geworden ist. Bislang war meine Familie eine große Unterstützung für mich, ich musste an keinem Tag allein sein. Es haben auch immer alle hier übernachten müssen, da es mir besonders schlecht ab etwa 6 Uhr morgens geht und ich die Kleine abgeben muss, um auf Besserung zu warten. Ab kommendem Dienstag bekomme ich eine Haushaltshilfe (sollte ich bis dahin Corona-negativ sein), die acht Stunden am Tag hier sein wird. Ich habe ein wenig Bammel davor, ob wir uns gut verstehen werden, wie sie mit der Kleinen umgehen wird und vor der Zeit zwischen ihrem Feierabend und der Rückkehr meines Mannes von der Arbeit, in der ich mit der Kleinen alleine sein werde (etwa 1 ½ bis 2 Stunden am Tag).
Habt/Hattet ihr auch eine Wochenbettdepression und wenn ja, welche Symptome habt/hattet ihr? Was hat euch geholfen? Ab wann habt ihr gemerkt, dass es euch wieder besser ging? Und ab wann konntet ihr alleine für euer Kind sorgen?
Viele Grüße
ich bin neu hier und möchte über meine Wochenbettdepression berichten (es ist ein etwas längerer Bericht geworden). Ich hoffe eure Erfahrungen mit dem Thema können mir helfen, aktuell geht es mir leider nicht gut.
Triggerwarnungen:
Schwieirige Geburt, erkranktes Kind, Schilderung depressiver Symptome, Suizidgedanken
Ich habe im Dezember 2021 meine Tochter auf die Welt gebracht. Der Großteil der Geburt verlief recht gut, am Ende wurde es jedoch ziemlich schwierig. Ich lag vier Stunden mit Presswehen im Kreißsaal, da meine Kleine ihren Arm um den Hals gelegt hatte und nach jeder Wehe wieder im Becken zurück rutschte. Zum Schluss wurde kristellert (von außen versucht, das Kind runter zu drücken) und es standen drei Hebammen und eine Ärztin um mich herum. Mit sehr viel Anstrengung und kurz vor einer Saugglockengeburt habe ich meine Kleine endlich geboren. Auch wenn es ziemlich schwierig war, habe ich die Geburt nicht als (psychisch) traumatisch erlebt. Meine Probleme fingen zwei Tage später an. Aufgrund einer Neugeborenen-Infektion musste meine Tochter in ein größeres Krankenhaus verlegt werden. Ich wurde nicht mit dort aufgenommen, da es keine Eltern-Kind-Zimmer auf der Neugeborenenstation gibt. Wir durften sie (Corona-bedingt getrennt voneinander) jederzeit besuchen, jedoch war ich nach der Geburt ziemlich wund und konnte auf den harten Stühlen dort maximal vier Stunden sitzen. Nachts habe ich dann das erste Mal in meinem Leben Panikattacken bekommen. Ich bin schweißgebadet und wild atmend aufgewacht und musste mich erst einmal wieder beruhigen. Das passierte dann etwa fünf Mal jede Nacht, die ich von ihr getrennt war. Zudem entwickelte ich ein vor allem morgens auftretendes Gefühl der Unruhe, Angst und des Unwohlseins. Ich konnte zudem kaum etwas essen, was ich aber aus anderen Stresssituationen von mir kenne.
Meine Kleine konnte nach fünf Tagen gesund wieder entlassen werden, meine Panikattacken legten sich und auch das Gefühl der Unruhe und Angst verschwand nach etwa drei Wochen wieder. Ich dachte, dass ich es damit ausgestanden hätte. Mein Mann hatte sich zwei Monate Elternzeit genommen. Wir lebten uns zuhause ein, teilten uns die Arbeit mit der Kleinen und entwickelten eine gewisse Routine. Etwa eine Woche vor Ende seiner Elternzeit merkte ich dann, dass ich ziemlich großen Respekt, fast schon Angst, vor der Zeit entwickelte, die ich allein für sie verantwortlich sein würde. Vor allem vor den Nächten grauste es mich. Die erste Nacht war dann auch direkt ziemlich schrecklich, die Kleine schrie nur und ich konnte sie erst nach vier Stunden umhertragen auf mir einschlafen lassen. Ich hatte sie zuvor noch nie nachts auf mir schlafen lassen (müssen) und war dementsprechend nervös. Mit einem kleinen wuseligen Mädchen auf meiner Brust Ruhe zu finden war zudem so gut wie unmöglich. Der nächste Tag war dementsprechend anstrengend. Zudem war die Kleine sehr quengelig, weinerlich und launisch. Schlaf war nur im Tragetuch möglich. Ende der Woche war ich nervlich ziemlich angeschlagen. Was mir aber glaube ich den Rest gegeben hat war, dass meine Tochter an Gewicht verloren hat, wie meine Hebamme feststellte. Meine Milchmenge hat sich über den Stress so stark reduziert, dass sie nicht genug bekommen hat. Ich sollte sie dann doppelt so häufig anlegen, um die Milchproduktion wieder anzuregen. Das bedeutete allerdings, dass sie alle ein bis zwei Stunden meine Brust angeweint hat, was mich sehr belastete. Ich selber habe häufig ebenfalls geweint. Das Fläschchen zum zufüttern hat sie immer dankbar genommen, dann hatte sie aber häufig noch so großen Hunger, dass sie weiter geweint hat. Schlussendlich hat sie dann einen Stillstreik entwickelt und die Brust komplett verweigert. Zu dem Zeitpunkt war ich dann ein nervliches Wrack. Schweren Herzens habe ich abgestillt. Meine Hebamme sagte zwar, dass man einen Stillstreik auch wieder in den Griff bekommen kann, nur hätte ich das in dem Moment psychisch nicht geschafft.
Ich habe die ganze Zeit gemerkt, wie ich langsam in ein schwarzes Loch kippe. Wie ich dagegen anstrampel, mich wehre, mir sage, dass das alles vorbei geht und nur eine Phase ist…wie wenig mir das aber nützt und ich immer weiter kippe. Ich konnte morgens nicht mehr aus dem Bett aufstehen. Die Kleine schrie neben mir und ich wusste, dass ich sie beruhigen kann, wenn ich sie durch die Wohnung trage. Ich konnte aber einfach nicht aufstehen, es fehlte mir jede Kraft dazu. Ich kann zudem nicht mehr mit ihr lachen und stehe wie ein Stein vor ihr, selbst wenn sie mich anlächelt. Es ist meist einfach nur das Gefühl einer großen Leere in mir. Und Schuld. Gedanken wie „Ich kann nicht die Mutter sein, die meine Tochter braucht, ich versage in meiner Mutterrolle“, „andere bekommen es doch auch alleine hin und ich stelle mich hier an, als wäre die Betreuung eines Babys eine unlösbare Aufgabe“, „mein Mann hat grade einen super stressigen Job und anstatt ihn entlasten zu können wirst du selber zur Belastung“. Besonders schlimm sind die Momente, in denen ich einfach nur von meiner Tochter weg möchte. In denen es mir wie eine riesige Belastung vorkommt, sie auf dem Arm zu tragen und eng bei mir zu haben. Wenn ich in ihrer Gegenwart panisch werde.
Morgens liege ich im Bett und habe wieder dieses Gefühl der undefinierbaren Angst und Unruhe. Es ist, als ob ich unter Strom stünde. Das Gefühl kenne ich sonst nur kurz vor Klausuren. Nur dass dieses jetzt mehrere Stunden anhält, ehe es sich im Verlauf des Tages ein wenig bessert. Ich esse kaum, habe die Freude an meinen Hobbies verloren und breche häufig in Tränen aus. Die Geräusche meiner Tochter zu hören jagt mir häufig einen Schauer den Rücken hinunter. Und ich kann absolut nicht mit ihr alleine sein. Wenn sich diese negativen Gefühle und vor allem die Angst am Morgen stetig steigern entstehen Gedanken wie „alles, nur das nicht mehr fühlen müssen…wenn du vom Balkon springst, musst du es nicht mehr fühlen“. Diese Gedanken dränge ich schnell beiseite, sie machen mir Angst. Ich möchte leben und für meine Tochter da sein. Es ist der starke Wunsch nach Flucht, der mich manchmal so denken lässt.
Ich habe mir dann vor einigen Wochen Hilfe gesucht. Ich mache eine Psychotherapie und bekomme aktuell 20mg Citalopram, worunter mein Antrieb schon besser geworden ist. Bislang war meine Familie eine große Unterstützung für mich, ich musste an keinem Tag allein sein. Es haben auch immer alle hier übernachten müssen, da es mir besonders schlecht ab etwa 6 Uhr morgens geht und ich die Kleine abgeben muss, um auf Besserung zu warten. Ab kommendem Dienstag bekomme ich eine Haushaltshilfe (sollte ich bis dahin Corona-negativ sein), die acht Stunden am Tag hier sein wird. Ich habe ein wenig Bammel davor, ob wir uns gut verstehen werden, wie sie mit der Kleinen umgehen wird und vor der Zeit zwischen ihrem Feierabend und der Rückkehr meines Mannes von der Arbeit, in der ich mit der Kleinen alleine sein werde (etwa 1 ½ bis 2 Stunden am Tag).
Habt/Hattet ihr auch eine Wochenbettdepression und wenn ja, welche Symptome habt/hattet ihr? Was hat euch geholfen? Ab wann habt ihr gemerkt, dass es euch wieder besser ging? Und ab wann konntet ihr alleine für euer Kind sorgen?
Viele Grüße