Am Rande des Todes und zurück ins Leben
Verfasst: 02:02:2025 21:20
Ihr lieben Menschen,
schon länger bin ich stille Mitleserin in diesem Forum und möchte nun gerne meine Geschichte mit euch teilen, da ich denke und hoffe, dass sie der ein oder anderen Betroffenen Mut und Hoffnung geben kann.
In meinen dunkelsten Phasen, als nichts mehr half, haben eure Erfahrungsberichte die kleine Flamme meines Lebenswillens am Leben gehalten. Danke dafür!
Ich habe im Juni 2024 meine Tochter geboren, mein erstes Kind. Ich bin selbst Hebamme und hatte eine schöne Schwangerschaft und eine großartige, selbstbestimmte Hausgeburt. Das Stillen, Bonding, die ganzen ersten Wochen verliefen unkompliziert und so wie ich es mir immer erträumt hatte.
Und dann kam der Oktober. Meine Kleine war fast 4 Monate alt und mein Mann ging wieder zur Arbeit. Ich spürte immer wieder, dass Angst und Unsicherheit, sowie depressive Gefühle in mir aufkamen. Es gab keinen konkreten Auslöser. Ich hatte in meiner Vergangenheit schonmal eine depressive Episode, diese liegt jedoch lange zurück und ich gehe seitdem einen tiefen psychologischen Heilungsweg. Somit hatte ich niemals damit gerechnet, dass ich eine PPD bekommen würde.
Im Oktober schlief ich 3 Nächte am Stück keine Sekunde und danach fiel ich in ein Loch.
Die Depression verschluckte mich komplett und nahm ein Ausmaß an, dass ich niemals mit Worten beschreiben kann. Ich verlor komplett die Kontrolle, war zu nichts mehr in der Lage. Hatte über Wochen starke Suizidgedanken und Todessehnsucht. Ich nahm sofort Hilfe in Anspruch, bekam Medikamente. Es half alles nichts. Ich geriet tiefer und tiefer in die Depression, meine Tochter spürte meinen Schmerz und wahrscheinlich auch meine komplette Unfähigkeit sie zu lieben oder für sie da zu sein. Sie verweigerte die Brust, meine Milchproduktion ließ nach. Gleichzeitig verweigerte sie die Flasche. Ich konnte weiterhin nicht schlafen. Das alles sorgte für den kompletten Zusammenbruch. Anfang November musste ich stationär in die Akutpsychiatrie. Die Ärzte nahmen mich auf die geschlossene Station auf, da ich stark suizidal war.
Nur Tavor bewahrte mich in den Wochen darauf davor, mir das Leben zu nehmen. Leider musste ich in der Klinik um jede Tablette betteln, wozu ich keine Kraft hatte.
Ich konnte kaum an meine Tochter denken, es fühlte sich an, als wäre ich in einer Welt zwischen Leben und Tod gefangen. Ich verlor gefühlt den Bezug zur Realität.
Nach einer Woche flehte ich meine Mutter an mich mit zu meinen Eltern nach Hause zu nehmen.
Gott sei Dank hat sie es gemacht, gegen ärztlichen Rat.
Ich hätte es nicht mehr lange in der Klinik geschafft.
Meine größte Stütze in den darauffolgenden Wochen war eine unglaubliche gute und kompetente Psychiaterin, die sich auf PPD spezialisiert hat und bei der ich glücklicherweise schnell einen Termin bekam. Sie erstellte mir einen Medikamentenplan und vor allem gab sie mir mit all ihrer Erfahrung und Menschlichkeit sehr viel Halt. Bis heute werde ich von ihr betreut. Kann mich jederzeit mit Fragen und Sorgen an sie wenden.
Von Mitte November bis Ende Dezember wurde Tavor fest angesetzt, außerdem bekam ich Venlafaxin und später noch Lithium, da ich immer wieder schlimme Tiefs hatte.
Weihnachten war unglaublich schlimm...meine ganze Familie, vor allem mein Mann und meine Mutter waren komplett am Ende.
Und nun, nach all dem Horror, sitze ich hier und kann sagen, dass ich seit 5 Wochen in einem komplett anderen Zustand bin. Ich fühle mich stabil, normal, glücklich. Kann 24 h mit meiner Tochter verbringen und einen ganz normalen Alltag mit ihr und meinem Mann verbringen. Es gibt nichts, was ich nicht machen kann. Ich kann es selbst kaum glauben, aber ich scheine die PPD hinter mir gelassen zu haben. Ich mache weiterhin Therapie, was mir sehr hilft. Die Gefühle für meine Tochter kommen zurück und ich genieße es so sehr bei ihr sein zu können und miterleben zu dürfen, wie sie sich entwickelt. Ich hatte so Angst um unsere Bindung und um ihre psychische Gesundheit, da ich ja so heftig erkrankt war, sie von einem auf den anderen Moment abstillen musste und nicht mehr da war. Sie entwickelt sich prächtig und ist so ein sonniges Kind. Ich bin so dankbar und stolz auf sie.
Dass ich das überhaupt alles überleben werde, habe ich nicht geglaubt...
Es waren rückblickend "nur" 3 Monate, aber es hat sich angefühlt wie ein ganzes Leben.
Ich weiß, dass jeder Heilungsweg anders verläuft und die Zeiträume sehr unterschiedlich sein können. Ich möchte mit meiner Geschichte Mut machen. Das Leid kann unermesslich sein und einem als Betroffene jegliche Hoffnung nehmen. Wie meine Therapeutin zu mir gesagt hat als ich vor ihr auf dem Boden lag und sterben wollte:
Du sitzt in der Hölle, ich kenne sie auch. Und sie wird nicht ewig dauern.
Alles Liebe für euch!
schon länger bin ich stille Mitleserin in diesem Forum und möchte nun gerne meine Geschichte mit euch teilen, da ich denke und hoffe, dass sie der ein oder anderen Betroffenen Mut und Hoffnung geben kann.
In meinen dunkelsten Phasen, als nichts mehr half, haben eure Erfahrungsberichte die kleine Flamme meines Lebenswillens am Leben gehalten. Danke dafür!
Ich habe im Juni 2024 meine Tochter geboren, mein erstes Kind. Ich bin selbst Hebamme und hatte eine schöne Schwangerschaft und eine großartige, selbstbestimmte Hausgeburt. Das Stillen, Bonding, die ganzen ersten Wochen verliefen unkompliziert und so wie ich es mir immer erträumt hatte.
Und dann kam der Oktober. Meine Kleine war fast 4 Monate alt und mein Mann ging wieder zur Arbeit. Ich spürte immer wieder, dass Angst und Unsicherheit, sowie depressive Gefühle in mir aufkamen. Es gab keinen konkreten Auslöser. Ich hatte in meiner Vergangenheit schonmal eine depressive Episode, diese liegt jedoch lange zurück und ich gehe seitdem einen tiefen psychologischen Heilungsweg. Somit hatte ich niemals damit gerechnet, dass ich eine PPD bekommen würde.
Im Oktober schlief ich 3 Nächte am Stück keine Sekunde und danach fiel ich in ein Loch.
Die Depression verschluckte mich komplett und nahm ein Ausmaß an, dass ich niemals mit Worten beschreiben kann. Ich verlor komplett die Kontrolle, war zu nichts mehr in der Lage. Hatte über Wochen starke Suizidgedanken und Todessehnsucht. Ich nahm sofort Hilfe in Anspruch, bekam Medikamente. Es half alles nichts. Ich geriet tiefer und tiefer in die Depression, meine Tochter spürte meinen Schmerz und wahrscheinlich auch meine komplette Unfähigkeit sie zu lieben oder für sie da zu sein. Sie verweigerte die Brust, meine Milchproduktion ließ nach. Gleichzeitig verweigerte sie die Flasche. Ich konnte weiterhin nicht schlafen. Das alles sorgte für den kompletten Zusammenbruch. Anfang November musste ich stationär in die Akutpsychiatrie. Die Ärzte nahmen mich auf die geschlossene Station auf, da ich stark suizidal war.
Nur Tavor bewahrte mich in den Wochen darauf davor, mir das Leben zu nehmen. Leider musste ich in der Klinik um jede Tablette betteln, wozu ich keine Kraft hatte.
Ich konnte kaum an meine Tochter denken, es fühlte sich an, als wäre ich in einer Welt zwischen Leben und Tod gefangen. Ich verlor gefühlt den Bezug zur Realität.
Nach einer Woche flehte ich meine Mutter an mich mit zu meinen Eltern nach Hause zu nehmen.
Gott sei Dank hat sie es gemacht, gegen ärztlichen Rat.
Ich hätte es nicht mehr lange in der Klinik geschafft.
Meine größte Stütze in den darauffolgenden Wochen war eine unglaubliche gute und kompetente Psychiaterin, die sich auf PPD spezialisiert hat und bei der ich glücklicherweise schnell einen Termin bekam. Sie erstellte mir einen Medikamentenplan und vor allem gab sie mir mit all ihrer Erfahrung und Menschlichkeit sehr viel Halt. Bis heute werde ich von ihr betreut. Kann mich jederzeit mit Fragen und Sorgen an sie wenden.
Von Mitte November bis Ende Dezember wurde Tavor fest angesetzt, außerdem bekam ich Venlafaxin und später noch Lithium, da ich immer wieder schlimme Tiefs hatte.
Weihnachten war unglaublich schlimm...meine ganze Familie, vor allem mein Mann und meine Mutter waren komplett am Ende.
Und nun, nach all dem Horror, sitze ich hier und kann sagen, dass ich seit 5 Wochen in einem komplett anderen Zustand bin. Ich fühle mich stabil, normal, glücklich. Kann 24 h mit meiner Tochter verbringen und einen ganz normalen Alltag mit ihr und meinem Mann verbringen. Es gibt nichts, was ich nicht machen kann. Ich kann es selbst kaum glauben, aber ich scheine die PPD hinter mir gelassen zu haben. Ich mache weiterhin Therapie, was mir sehr hilft. Die Gefühle für meine Tochter kommen zurück und ich genieße es so sehr bei ihr sein zu können und miterleben zu dürfen, wie sie sich entwickelt. Ich hatte so Angst um unsere Bindung und um ihre psychische Gesundheit, da ich ja so heftig erkrankt war, sie von einem auf den anderen Moment abstillen musste und nicht mehr da war. Sie entwickelt sich prächtig und ist so ein sonniges Kind. Ich bin so dankbar und stolz auf sie.
Dass ich das überhaupt alles überleben werde, habe ich nicht geglaubt...
Es waren rückblickend "nur" 3 Monate, aber es hat sich angefühlt wie ein ganzes Leben.
Ich weiß, dass jeder Heilungsweg anders verläuft und die Zeiträume sehr unterschiedlich sein können. Ich möchte mit meiner Geschichte Mut machen. Das Leid kann unermesslich sein und einem als Betroffene jegliche Hoffnung nehmen. Wie meine Therapeutin zu mir gesagt hat als ich vor ihr auf dem Boden lag und sterben wollte:
Du sitzt in der Hölle, ich kenne sie auch. Und sie wird nicht ewig dauern.
Alles Liebe für euch!