Zwei Wochen nach Geburt in Psychiatrie
Verfasst: 19:11:2025 12:51
Guten Morgen zusammen,
Ich bin neu hier und weiß gar nicht genau, wo ich anfangen soll…
Mein Mann und ich sind seit fast 13 Jahren zusammen und wir haben lange überlegt ob wir überhaupt Kinder bekommen sollen weil wir beide psychisch vorbelastet sind. Bisher waren meine depressiven Phasen aber nie so stark, dass ich länger „ausgefallen“ bin.
Nach langem Überlegen haben wir uns dazu entschieden, es zu probieren. Wir hätten es aber nicht erzwungen. Dann bin ich direkt nach dem ersten Versuch schwanger geworden, aber leider Fehlgeburt in der 12ssw letztes Jahr an Weihnachten. Das war schon ein großer Schock, aber mir ging’s relativ schnell wieder gut, nachdem mein Alltag im Januar weiter ging. Tatsächlich wurde ich direkt danach wieder schwanger. Da ging’s mir am Anfang der Schwangerschaft psychisch schlecht, ich bekam große Panik vor der Herausforderung, dachte kurzzeitig an Abtreibung. Das hielt aber nicht lange an… Ich hatte vorher 25mg Sertralin genommen und die Dosis dann im ersten Trimester auf 50mg erhöht. Danach ging es mir nach rund 2 Wochen besser und ich war die ganze Schwangerschaft über stabil. Habe auch bis zum Schluss Sport getrieben und war körperlich fit. Im siebten Monat bis zur Geburt habe ich das Sertralin auf 25 mg reduziert.
Vor drei Wochen war dann die Geburt. Trotz, dass sie 17 Stunden ab Blasensprung gedauert hat und am Ende die Saugglocke geholfen hat, empfinde ich die Geburt jetzt im Nachgang nicht als traumatisch. Ich bin froh dass er spontan kam und mein Körper die Geburt quasi „alleine“ eingeleitet hatte. Mein Sohn kam dann wegen dem Sertralin und wegen niedriger Herzfrequenz auf die Kinderintensiv zur Überwachung und war sogar 4 Tage lang dort. Ich bin dann immer alle 2-4 Stunden zu ihm gerufen worden wegen Stillen. Im großen und Ganzen ging es mir da auch noch ganz gut. Auch dass sie mich nachts zum stillen gerufen haben, war für mich ok. Große Freude und Liebe habe ich aber im Krankenhaus noch nicht empfunden, das fand ich zu dem Zeitpunkt aber auch noch nicht dramatisch, das geht ja vielen so… Ich habe mich aber noch gefreut nach Hause zu kommen und sich dann zu dritt einzuleben…
Erst als wir zuhause waren, wurde mir wie ein Schalter ungelegt, anders kann ich es nicht beschreiben. Die erste Nacht war so schrecklich, dass ich direkt weinend zu meinem Mann gesagt habe, ich pack das nicht, das Kind muss woanders groß werden. Auch wenn es die zweite und dritte Nacht etwas besser wurde mit dem Schlafen, ging es mir von Tag zu Tag schlechter. Ich fühle mich seither als hätte ich einen riesengroßen Fehler gemacht, ihn zu bekommen. Insbesondere weil wir ja so lange überlegt haben. Ich habe es regelrecht bereut, das Kind bekommen zu haben.
Meinen Zustand in diesen Tagen war ein reiner überlebensmodus. Ich habe mich nur darauf fixiert, dass er schläft damit ich auch schlafen kann und meine Ruhe habe. Mein Gedanke drehte sich nur um Schlaf, Schlaf, Schlaf. Richtig beschäftigen konnte ich mich mit ihm nicht. Ich legte ihn an und dann direkt wieder ins Nestchen als er fertig war. Ich wollte mich überhaupt nicht mit ihm auseinandersetzen. Mehrfach habe ich zu meinem Mann gesagt, dass wir ihn abgeben müssen, ich schaff das nicht.
Meinem Mann ging es aber ganz anders, er hat den kleinen direkt ins Herz geschlossen und sich liebevoll um ihn gekümmert.
Bereits nach 3 Tagen zuhause habe ich mich der Hebamme anvertraut wie schlecht ich mich fühle. Sie hat sofort reagiert und mir zunächst ein ambulantes Angebot einer zuhause Behandlung organisiert. Die wären ein paar Tage später gekommen.
Vorübergehend bin ich dann nachts auf die Couch gezogen und mein Mann hat alleine übernommen und erst die Muttermilch und dann die Flasche nachts gegeben.
Mit jedem weiteren Tag wurde ich aber immer unruhiger und nervöser als er geweint hat, vorallem abends / nachts. Hab teilweise vor mich hin geflucht mit „das scheiss Kind soll jetzt endlich ruhig sein“. Und ich muss dazu sagen, dass wir jetzt kein Schreikind haben, er meckert nur wenn er was hat (Windel, Müde, Hunger). Mein Mann hat mich dann direkt weggeschickt und sich alleine gekümmert.
Nach mehreren Tagen hin und her überlegen ob ich mir ambulant oder stationär helfen lassen soll, habe ich mich zwei Wochen nach der Geburt in eine Klinik einweisen lassen. Mir ging es noch nie so schlecht, vorherige depressive Episoden waren nix dagegen. Die zwei Tage vor der Einweisung war ich noch bei meinen Eltern zuhause um die Situation erst einmal zu entschärfen. Zwei Wochen lang hat der kleine die Muttermilch entweder über Brust oder Flasche bekommen, dann habe ich abgestillt, damit ich diesen Druckfaktor schon einmal nicht mehr habe. Deswegen fühle ich mich natürlich zusätzlich schlecht…
Jetzt bin ich seit einer Woche in der Klinik, seit 9 Tagen habe ich meinen Sohn nicht gesehen und er ist erst 3 Wochen alt. Ganze drei Tage habe ich es mit ihm nachts in einem Zimmer ausgehalten, eine Woche zuhause zu dritt. Ich habe also auf ganzer Linie versagt, so fühlt es sich an. Wenn ich es nur mal so kurz ausgehalten habe, wie soll das dann im weiteren Leben werden?
Ich bin jetzt alleine in der Klinik nicht mehr ganz so im „Krisenmodus“ aber fühle mich trotzdem hundsmiserabel. War es die richtige Entscheidung so früh in die Klinik zu gehen? Hätte man es auch ambulant hinbekommen können bzw. wäre es auch so wieder besser geworden? Gerade die ersten Wochen des Wochenbetts sollte man doch zuhause genießen und sich kennenlernen. Diese Zeit werde ich jetzt nie wieder nachholen können!!! :-( Das macht mein Mann jetzt alleine mit unserem Sohn. Und er macht das super. Ich habe so ein schlechtes Gewissen dass ich ihn damit alleine lasse, vorallem weil mein Mann ebenfalls psychisch vorbelastet ist. Ich hatte immer Angst, dass er die Belastung nicht schafft und jetzt hat es mich so erwischt… dass das erste Jahr hart werden wird, sagt jeder und ich fühle mich als würde ich mich so „anstellen“.
Heute Nachmittag kommen die beiden mich besuchen, am Samstag und evtl. Sonntag kann ich für ein paar Stunden heim.
Vermissen tue ich mein Baby leider nicht wirklich, auch wenn ich mich freue ihn mal wieder zu sehen. Wäre da nicht das Gedankenkarussell. Die große Last der Verantwortung kommt ja noch auf mich zu wenn ich wieder zuhause bin. Die schlaflosen Nächte bzw. Nicht zu wissen wie die kommende Nacht wird… was ist wenn das Kind das erste Mal krank ist etc.
Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, mich so für einen anderen Menschen aufzuopfern. Diese krasse Fremdbestimmung. Das ist doch für gesunde Menschen schon eine Herausforderung, wie soll ich das schaffen wenn es mir so schlecht geht? Familie und Freunde sind zur Entlastung schon im Boot, ggf. bekommen wir eine Haushaltshilfe. Diese große Hoffnungslosigkeit ist aber immer noch da. Da denke ich mir immer wieder „warum habe ich mir das nicht vorher überlegt???“. Das habe ich und kam wieder zu dem Ergebnis „das haben so viele andere auch geschafft und wenn es das eigene Kind ist, macht das das automatisch weil die Hormone das steuern.“ Meine Hormone haben da nix gesteuert, zumindest nicht in Richtung Zuneigung.
Ich habe jetzt seit einer Woche von 25 auf 75 mg Sertralin erhöht. Bisher merke ich noch keine große Stimmungsaufhellung. Wann geht es mir endlich wieder besser? Wird es überhaupt besser? Soll ich ggf. nach einem weiteren Medikament fragen, das die Wirkung von Sertralin am Anfang verstärken soll ? (Ganz geringe Menge olanzapin oder Risperidon war im Gespräch)
Dass es dauert bis Sertralin voll wirkt, weiß ich natürlich…
Ich bin durchaus ein belastbarer Mensch, habe vorher Vollzeit gearbeitet, nebenher im Fernstudium meinen Master gemacht. War sportlich aktiv. Aber mich jetzt um ein Kind kümmern kann ich nicht…
Wo soll das nur hinführen?
Danke fürs Lesen….
Viele liebe Grüße von Flori
Ich bin neu hier und weiß gar nicht genau, wo ich anfangen soll…
Mein Mann und ich sind seit fast 13 Jahren zusammen und wir haben lange überlegt ob wir überhaupt Kinder bekommen sollen weil wir beide psychisch vorbelastet sind. Bisher waren meine depressiven Phasen aber nie so stark, dass ich länger „ausgefallen“ bin.
Nach langem Überlegen haben wir uns dazu entschieden, es zu probieren. Wir hätten es aber nicht erzwungen. Dann bin ich direkt nach dem ersten Versuch schwanger geworden, aber leider Fehlgeburt in der 12ssw letztes Jahr an Weihnachten. Das war schon ein großer Schock, aber mir ging’s relativ schnell wieder gut, nachdem mein Alltag im Januar weiter ging. Tatsächlich wurde ich direkt danach wieder schwanger. Da ging’s mir am Anfang der Schwangerschaft psychisch schlecht, ich bekam große Panik vor der Herausforderung, dachte kurzzeitig an Abtreibung. Das hielt aber nicht lange an… Ich hatte vorher 25mg Sertralin genommen und die Dosis dann im ersten Trimester auf 50mg erhöht. Danach ging es mir nach rund 2 Wochen besser und ich war die ganze Schwangerschaft über stabil. Habe auch bis zum Schluss Sport getrieben und war körperlich fit. Im siebten Monat bis zur Geburt habe ich das Sertralin auf 25 mg reduziert.
Vor drei Wochen war dann die Geburt. Trotz, dass sie 17 Stunden ab Blasensprung gedauert hat und am Ende die Saugglocke geholfen hat, empfinde ich die Geburt jetzt im Nachgang nicht als traumatisch. Ich bin froh dass er spontan kam und mein Körper die Geburt quasi „alleine“ eingeleitet hatte. Mein Sohn kam dann wegen dem Sertralin und wegen niedriger Herzfrequenz auf die Kinderintensiv zur Überwachung und war sogar 4 Tage lang dort. Ich bin dann immer alle 2-4 Stunden zu ihm gerufen worden wegen Stillen. Im großen und Ganzen ging es mir da auch noch ganz gut. Auch dass sie mich nachts zum stillen gerufen haben, war für mich ok. Große Freude und Liebe habe ich aber im Krankenhaus noch nicht empfunden, das fand ich zu dem Zeitpunkt aber auch noch nicht dramatisch, das geht ja vielen so… Ich habe mich aber noch gefreut nach Hause zu kommen und sich dann zu dritt einzuleben…
Erst als wir zuhause waren, wurde mir wie ein Schalter ungelegt, anders kann ich es nicht beschreiben. Die erste Nacht war so schrecklich, dass ich direkt weinend zu meinem Mann gesagt habe, ich pack das nicht, das Kind muss woanders groß werden. Auch wenn es die zweite und dritte Nacht etwas besser wurde mit dem Schlafen, ging es mir von Tag zu Tag schlechter. Ich fühle mich seither als hätte ich einen riesengroßen Fehler gemacht, ihn zu bekommen. Insbesondere weil wir ja so lange überlegt haben. Ich habe es regelrecht bereut, das Kind bekommen zu haben.
Meinen Zustand in diesen Tagen war ein reiner überlebensmodus. Ich habe mich nur darauf fixiert, dass er schläft damit ich auch schlafen kann und meine Ruhe habe. Mein Gedanke drehte sich nur um Schlaf, Schlaf, Schlaf. Richtig beschäftigen konnte ich mich mit ihm nicht. Ich legte ihn an und dann direkt wieder ins Nestchen als er fertig war. Ich wollte mich überhaupt nicht mit ihm auseinandersetzen. Mehrfach habe ich zu meinem Mann gesagt, dass wir ihn abgeben müssen, ich schaff das nicht.
Meinem Mann ging es aber ganz anders, er hat den kleinen direkt ins Herz geschlossen und sich liebevoll um ihn gekümmert.
Bereits nach 3 Tagen zuhause habe ich mich der Hebamme anvertraut wie schlecht ich mich fühle. Sie hat sofort reagiert und mir zunächst ein ambulantes Angebot einer zuhause Behandlung organisiert. Die wären ein paar Tage später gekommen.
Vorübergehend bin ich dann nachts auf die Couch gezogen und mein Mann hat alleine übernommen und erst die Muttermilch und dann die Flasche nachts gegeben.
Mit jedem weiteren Tag wurde ich aber immer unruhiger und nervöser als er geweint hat, vorallem abends / nachts. Hab teilweise vor mich hin geflucht mit „das scheiss Kind soll jetzt endlich ruhig sein“. Und ich muss dazu sagen, dass wir jetzt kein Schreikind haben, er meckert nur wenn er was hat (Windel, Müde, Hunger). Mein Mann hat mich dann direkt weggeschickt und sich alleine gekümmert.
Nach mehreren Tagen hin und her überlegen ob ich mir ambulant oder stationär helfen lassen soll, habe ich mich zwei Wochen nach der Geburt in eine Klinik einweisen lassen. Mir ging es noch nie so schlecht, vorherige depressive Episoden waren nix dagegen. Die zwei Tage vor der Einweisung war ich noch bei meinen Eltern zuhause um die Situation erst einmal zu entschärfen. Zwei Wochen lang hat der kleine die Muttermilch entweder über Brust oder Flasche bekommen, dann habe ich abgestillt, damit ich diesen Druckfaktor schon einmal nicht mehr habe. Deswegen fühle ich mich natürlich zusätzlich schlecht…
Jetzt bin ich seit einer Woche in der Klinik, seit 9 Tagen habe ich meinen Sohn nicht gesehen und er ist erst 3 Wochen alt. Ganze drei Tage habe ich es mit ihm nachts in einem Zimmer ausgehalten, eine Woche zuhause zu dritt. Ich habe also auf ganzer Linie versagt, so fühlt es sich an. Wenn ich es nur mal so kurz ausgehalten habe, wie soll das dann im weiteren Leben werden?
Ich bin jetzt alleine in der Klinik nicht mehr ganz so im „Krisenmodus“ aber fühle mich trotzdem hundsmiserabel. War es die richtige Entscheidung so früh in die Klinik zu gehen? Hätte man es auch ambulant hinbekommen können bzw. wäre es auch so wieder besser geworden? Gerade die ersten Wochen des Wochenbetts sollte man doch zuhause genießen und sich kennenlernen. Diese Zeit werde ich jetzt nie wieder nachholen können!!! :-( Das macht mein Mann jetzt alleine mit unserem Sohn. Und er macht das super. Ich habe so ein schlechtes Gewissen dass ich ihn damit alleine lasse, vorallem weil mein Mann ebenfalls psychisch vorbelastet ist. Ich hatte immer Angst, dass er die Belastung nicht schafft und jetzt hat es mich so erwischt… dass das erste Jahr hart werden wird, sagt jeder und ich fühle mich als würde ich mich so „anstellen“.
Heute Nachmittag kommen die beiden mich besuchen, am Samstag und evtl. Sonntag kann ich für ein paar Stunden heim.
Vermissen tue ich mein Baby leider nicht wirklich, auch wenn ich mich freue ihn mal wieder zu sehen. Wäre da nicht das Gedankenkarussell. Die große Last der Verantwortung kommt ja noch auf mich zu wenn ich wieder zuhause bin. Die schlaflosen Nächte bzw. Nicht zu wissen wie die kommende Nacht wird… was ist wenn das Kind das erste Mal krank ist etc.
Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, mich so für einen anderen Menschen aufzuopfern. Diese krasse Fremdbestimmung. Das ist doch für gesunde Menschen schon eine Herausforderung, wie soll ich das schaffen wenn es mir so schlecht geht? Familie und Freunde sind zur Entlastung schon im Boot, ggf. bekommen wir eine Haushaltshilfe. Diese große Hoffnungslosigkeit ist aber immer noch da. Da denke ich mir immer wieder „warum habe ich mir das nicht vorher überlegt???“. Das habe ich und kam wieder zu dem Ergebnis „das haben so viele andere auch geschafft und wenn es das eigene Kind ist, macht das das automatisch weil die Hormone das steuern.“ Meine Hormone haben da nix gesteuert, zumindest nicht in Richtung Zuneigung.
Ich habe jetzt seit einer Woche von 25 auf 75 mg Sertralin erhöht. Bisher merke ich noch keine große Stimmungsaufhellung. Wann geht es mir endlich wieder besser? Wird es überhaupt besser? Soll ich ggf. nach einem weiteren Medikament fragen, das die Wirkung von Sertralin am Anfang verstärken soll ? (Ganz geringe Menge olanzapin oder Risperidon war im Gespräch)
Dass es dauert bis Sertralin voll wirkt, weiß ich natürlich…
Ich bin durchaus ein belastbarer Mensch, habe vorher Vollzeit gearbeitet, nebenher im Fernstudium meinen Master gemacht. War sportlich aktiv. Aber mich jetzt um ein Kind kümmern kann ich nicht…
Wo soll das nur hinführen?
Danke fürs Lesen….
Viele liebe Grüße von Flori