Es ist doch wirklich eine KRANKHEIT

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

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Martina

Es ist doch wirklich eine KRANKHEIT

Beitrag von Martina »

Hallo liebe Schicksalsgenossinnen,

heute ist mir zum ersten Mal richtig klar geworden, wie Depressionen doch wirklich eine KRANKHEIT sind.

Man könnte bei mir z.B. sagen, ALLES IST GUT; ich bin zur Zeit (gaaaaaaanz) frisch verliebt, ich habe ein süßes Kind (obwohl das in der Trotzphase ist und mich allein komplett überfordert UND ich in 2 Jahren und 7 Monaten nur etwa 2 Monate lang durchschlafen durfte), ich lebe an einem schönen Ort und habe eine gute Arbeit (die mich auch etwas überfordert, aber einfach aus Angst), ich habe viele Freunde, ich wohne in einem schönen Haus und habe Eltern, die mich finanziell unterstützen - und ich nehme Antidepressiva, die mir helfen, und mache eine Therapie.

UND TROTZDEM. Heute hatte ich wieder einen Scheißtag. Es fing schon morgens an; ich saß heulend auf dem Klo, als mein süßes nerviges Kind plötzlich vor mir stand. Ich sah sie an, hatte mal wieder den Gedanken, die einzige wirkliche Lösung ist tot sein, aber schau dir das süße Kind an. Wie kann sowas angehen.

Und dann wurde mir auf einmal klar, wie sehr es eine Krankheit ist. Man kann nichts dafür. Aber es ist heimtückisch. Und bei keiner anderen Krankheit würde jemand einem sagen "gib dein Kind ab aus Liebe, du kannst nicht richtig für es sorgen". Oder?

Und es ist eine dieser Krankheiten, die nicht immer heilbar sind.

Ich grüße euch und wünsche euch allen, dass es euch möglichst gut geht,
Martina
Martina

Und dazu frage ich mich...

Beitrag von Martina »

...kann man als Depressive überhaupt "verantworten", eine neue Beziehung einzugehen? Es erscheint mir doch ein gefährliches Unterfangen zu sein.

LG @alle
Martina
Christina

Beitrag von Christina »

Hi Martina,

es ist doch gut das du es jetzt so sehen kannst das es eine Krankheit ist was du hast, das ist ein großer Fortschritt. Und ich kann dir versichern das diese Krankheit heilbar ist. Auf jeden Fall. Ich gehöre zu den geheilten. Es hat zwar eine ganze Weile gedauert bis ich sagen konnte, "jetzt bin ich gesund" aber es ist jetzt so. Und das kannst du auch. Wenn du es annimmst das du krank bist und auch dazu stehst dann ist es weniger schlimm. Und warum solltest du nicht zu deiner Liebe stehen. Es ist doch wunderschön einen neuen Partner zu haben der dich auch liebt. Wenn er zu dir steht und dich unterstützt um so besser. Nur wegen der Krankheit sollst du darauf auf keinen Fall verzichten.

Verlier nicht den Mut nur wenn ab und zu mal ein paar dunkle Tage kommen. Das gehört dazu. Auch Muttis die keine PPD hatten, haben manchmal dunkle Tagen das darfst du nicht vergessen.

Genieß die Sonnentage und die neue Liebe und kopf hoch. Es geht irgendwann mal ganz vorbei.

Sei ganz lieb gerüßt ins schöne Griechenland

Chris
Jenny

Beitrag von Jenny »

Martina, Liebe ist die beste Medizin, das siehst du ja schon daran, dass du dich NICHT umbringst wegen deines süßen Kindes, aus Liebe zu ihm.

Es gibt auch genug andere Krankheiten, die chronisch sind und / oder net wirklich heilbar, wie Diabetes, Multiple Sklerose oder schwere Allergien. Auch solche Krankheiten stellen eine "Zumutung" für den Partner dar und man muss es dem Partner überlassen, ob er die Krankheit mitträgt oder nicht. WENN er es aber tut, gibt es NICHTS, was GEGEN eine neue Beziehung spricht.

Ja, und was das "Nicht-richtig-Sorgen-Können" angeht: Natürlich gibt es auch körperliche Krankheiten, bei denen man der Mutter net zutraut, ihr Kind zu versorgen. Ich kenne aber zufällig aus meiner Zeit in Heidelberg ein Paar, da sind BEIDE querschnittgelähmt und sitzen im Rollstuhl. Sie haben mit künstlicher Befruchtung 2 Kinder bekommen und meistern ihr Leben hervorragend. Obwohl ihnen das kein Mensch zugetraut hatte.

Die Depression scheint dich phasenweise echt im griff zu haben. Ich bin aber sicher, dass letztendlich DU die Krankheit in den Griff bekommen wirst.

Liebe Grüße ins ferne Griechenland!
Jenny
Martina

Beitrag von Martina »

@Christina, Danke für den Hinweis, so habe ich es noch gar nicht gesehen, aber du hast sicher Recht, da ja Einsicht der erste Schritt zur Besserung ist... nicht wahr? Schön, dass du geheilt bist, da besteht ja noch Hoffnung für uns andere. Obwohl ich es manchmal für ausgeschlossen halte.

@Jenny, Danke auch für deine Worte. Ja, stimmt so, sie hat mich manchmal echt im Griff, aber früher noch viel viel mehr. Das liegt aber auch daran, dass ich ganz allein mit Lydia bin seit der Trennung, und das ist nicht einfach.

@Christina & Jenny: Die "neue Liebe" ist noch ganz ganz frisch und über die Depression habe ich mit ihm noch gar nicht gesprochen. Ich warte auf den richtigen Moment, fürchte ihn aber auch gleichzeitig. Ich meine aber auch nicht nur, dass es für den Partner eine Zumutung darstellt, sondern das für einen selbst schwer ist. Man weiß nie, warum man wie reagiert, oder ob man vielleicht nicht überreagiert. Das finde ich sehr schwer und denke, vielleicht sollte ich doch mal davon ablassen. Andererseits war ich so lange allein, wirklich allein...

Danke für eure wie immer tröstlichen Worte.

LG
Martina
Ava

Beitrag von Ava »

Hallo Martina,

genieße die junge frische Liebe, sag´ Deinem Kopf, er soll Dir nicht andauernd die schweren Gedanken schicken.... dann wirst Du irgendwann von selbst wissen, wann und ob Du mit ihm über die Depressionen sprechen willst. Wie Du empfindest, das bist Du, ganz egal, ob Du eine Depression hast oder hattest oder ob Dein Empfinden anders ist als bei anderen. Ich habe mich auch lange damit geplagt, ob ich anders bin als alle, bis ich zu der Erkenntnis gekommen bin, dass es scheißegal ist.... seitdem geht es mit mir bergauf!!!! Das ist doch toll, dass Du verliebt bist! DU BIST OKAY SO WIE DU BIST! Ich würde es ihm übrigens nur erzählen, wenn nicht nur der Kopf, sondern auch Dein Gefühl Dir sagt, dass Du es tun willst!

Alles Gute wünscht Dir Ava
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