ein kleiner Einblick...

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

Moderator: Moderatoren

Antworten
rosered

ein kleiner Einblick...

Beitrag von rosered »

ein Kleiner einblick in mein Leben:

Gut. also, ich hab 1 Bruder, 1 Schwester und 2 Halbschwestern. Mein Vater hat meine Mutter betrogen und verlassen als ich 3 Jahre alt war. Er hat die andere Frau geheiratet, und mit ihr ein Kind gezeugt. Meine Mutter hat wieder neu geheiratet, als ich 5 war. Und sie hat auch noch ein Kind bekommen. Mein Vater ist gestorben (Hinterwand-Infarkt) als ich 6 war. Mein Stiefvater hat mich jahreland sexuell missbraucht. Meine Mutter hat das ewig nicht kapiert (ich denke, sie kapierts heute noch nicht, und wenn, dann wertet sie es ab). Und irgendwann hat sie ihn dann doch rausgeschmissen. Da war ich 13. Mit 14 bin ich magersüchtig geworden, meine Mutter wäre fast an Krebs gestorben und mit 16 bin ich von meinem besten Freund vergewaltigt worden. Ich hab ihn angezeigt, aber es stand aussage gegen aussage, und naja... Er hatte gute Beziehungen... Das Verfahren wurde eingestellt... :evil:

Dieser Mensch wohnt 4 Kilometer weit weg von mir, und ich bin gezwungen, ihn häufig zu sehen. (Lässt sich am Land leider nicht vermeiden).

Weiter im Text... Also mit 16 Jahren kam ich wegen der Magersucht das erste mal in die Klinik. Nach 3 Tagen bin ich abgehaun. Dann kam ich 3 Monate später wieder in die Klinik, und dort wurde dann aus meiner Magersucht eine anorektische Bulimie. (Bulimarexie)

Ich kam dann nach 3 Monaten nach hause, und war 2 Monate später in der nächsten Klinik, in der ich dann mit 40kg bei einer Größe von 181 cm fast gestorben bin. DAmals hatte ich einen Tag, da war ich mir sicher, ich würde sterben, wenn ich nicht was essen würde, und es auch in mir behalten würde. Und naja. Die Ärzte meinten, es sei ein Wunder, dass ich überlebt hab. Und ich hätte auf keinen Fall eine weitere Nacht überstanden. Von diesem Tag an gings bergauf. Ich nahm zu, hörte zu brechen auf, und als ich gesund nach hause kam, lernte ich meinen jetzigen Freund kennen, und wurde schwanger. ich nahm 60 ( :!: ) Kilo zu, und die Kleine kam zur welt. Heute weiß ich, dass ich damals schon während der SS eine PPD hatte. Aber mit der Geburt war diese wie weggeblasen. als die kleine 1 1/2 Jahre alt war hab ich angefangen meine Matura nachzuholen. (Bin bis heute noch nicht fertig damit.) Ich wollte eigentlich warten, bis die kleine 3 Jahre ist udn in den KiGa geht, aber meine Mutter meinte: "Wenn du jetzt gehst, zahl ich dir die Schule, später nicht!" Na toll. Ich wollte meine Matura unbedingt, also musste ich gleich gehen. (Zwischenzeitlich meldete sich meine Bulimie recht schlimm wieder zurück, aber ich hab grad noch den Absprung geschafft, dank meiner damaligen Thera) Und nach einem recht erfolgreichem Schuljahr, merkte ich, wie sehr meine Tochter darunter litt, dass ich ganzen Tag (und später ganze Woche) nicht zu hause war, und beschloss bei ihr zu Hause zu bleiben, bis sie 3 ist. Und naja, da kam dann meine Beziehungspause dazwischen, und ich wurde mit meinem Sohn schwanger. Das heißt, als sie 3 wurde, war ich nicht in Lage(Scheiß SS mit vorzeitigen Wehen ab der 22. SSW) die Schule weiter zu machen, denn ich hatte einfach keine Kraft dazu. Und nach einer SS voller Schmerzen und Ängste kam dann der Kleine auf die Welt. Der Notkaiserschnitt, (wäre bei der OP fast gestorben. Hatte eine PDA und mein Blutdruck rasselte so dermaßen in den Keller, dass die Ärzte total panisch wurden, und mich gerade noch stabilisieren konnten), danach die Stillprobleme, dann nahm der Kleine nur ab... Und dann kam die erste schwere Panikattacke... Und dann war klar: PPD!

Und da bin ich jetzt. Total am Ende. :cry:

Wenn ich meinen Freund nicht hätte, wäre ich wahrscheinlich schon lange nicht mehr am Leben. Ich weiß nicht, was ich ohne ihn machen soll!!! Ich liebe ihn sehr. Und ich bin froh, dass ich ihn hab. Er hat zwar hin und wieder seine Macken, aber die sind im Großen und ganzen erträglich. :wink:

jup... Das war meine GEschichte. Recht lang. Aber ich denk mal so... Viel schlimmer kanns nicht mehr werden. :wink:

Was meint ihr? Hat mich die PPD aufgrund meiner Vorgeschichte so stark getroffen??? :?
Jenny

Beitrag von Jenny »

Liebe Rosered, bin echt erschüttert. Soviel Leid in einem einzigen jungen Leben!!! :shock:

Nun ja, zu deiner Frage. Ich bin überzeugt davon, dass gravierende Änderungen in unseren Lebensumständen alle Arten von Krankheiten auslösen können, wenn in uns ungelöste Konflikte schlummern. Sicher kam auch die Krebserkrankung deiner Mutter nicht von ungefähr...
Du hast immer noch viel Groll und Bitterkeit in dir, wie ich "zwischen den Zeilen" lese, hast mit der Schiete, die dir passiert ist, noch lange nicht abgeschlossen. Vermutlich würde es dir gut tun, wenn ENDLICH einmal eine ENTSCHULDIGUNG käme für das, was dir zugefügt wurde. Dass endlich einmal zugegeben würde: JA, du BIST missbraucht worden, JA, du BIST vergewaltigt worden, JA ich habe dich NICHT BESCHÜTZT, NEIN, man hatte KEIN RECHT, sowas mit dir zu tun.
Ich bin aber sicher, dass es im Rahmen deiner Therapie möglich sein müsste, dich so stark zu machen, dass du mit dem Leben vorher abschließen und nochmal von vorn beginnen kannst. Du hast einen Mann, der zu dir hält und Kinder, die dich brauchen und lieben (auch wenn du es vielleicht noch nicht spüren kannst). Das ist schon sehr viel, wenn ich mir "anlese", wie es manche andere hier mit ihrem Mann getroffen hat!
Diese Matura-Geschichte (Matura ist bei euch die Hochschulreife, gell?) zeigt mir, dass deine Mutter noch viel zu sehr über dein Leben bestimmt. Sie hat dich mit dem bezahlen der Matura zu einem VON IHR GEWÄHLTEN Zeitpunkt tierisch unter Druck gesetzt und dich wieder zu etwas gezwungen, was du (zu dem Zeitpunkt jedenfalls) nicht wolltest und nicht leisten konntest. Ich bin sicher, sie sieht dich deswegen auch schief an ("Da zahlt man dem Kind schon die Schule und dann lernt es nicht mal!").
Ja, und die "böse" Rosered glaubt wahrscheinlich, dass sie es wieder mal nicht recht gemacht hat und "nicht lieb" war. Stimmts?
Versuche einen Weg zu gehen, in dem vorerst nur DU, deine Kinder und dein Mann vorkommen. Genau in dieser Reihenfolge. Das wird dich stärken. Dann wird es dir auch besser sein.

"Wer es machen will jedermann Recht
Ist bald jedermannes Knecht!"

Alles Liebe!
Benutzeravatar
Marika
power user
Beiträge: 10806
Registriert: 04:06:2005 16:05

Beitrag von Marika »

Liebe Rosered,

auch bin total erschüttert, von deiner Lebensgeschichte. Du hast sehr viel Gewalt und Druck erfahren in deinem jungen Leben. Ich denke, das erklärt so ziemlich alles - deine Bumlimie und wohl auch die PPD.

Ich glaube aber ganz fest, dass DU es trotz allem in der Hand hast, wieder gesund zu werden und ein tolles Leben mit deiner Familie zu leben. Klar, im Moment ist es schwer - du steckst voll in der PPD drinnen. Du nimmst auch die Medis auch erst kurz. Da wird wohl noch einiges an Geduld von dir abverlangt werden.

Das mit der Matura - ich finde es gerade in deinem Zustand schlecht, dass deine Mama (obwohl sie es sicher gut meint) dich da gerade jetzt reindrücken will. Horch mal in dich rein: Wäre es möglich, dass du die Matura, wenn du dich jetzt dazu aufraffst, dir ein bissl Erleichterung bringen würde? Evtl. weil du dich dann ablenken könntest? Oder fühlst du ganz klar, dass du das jetzt nicht durchstehen kannst? Wenn das zweite zutrifft, dann sag das ganz klar deiner Mutter... weiß sie eigentlich von der PPD Bescheid? Gegen deinen Willen, dir jetzt die Matura aufzwingen zu lassen, würde meiner Meinung nach nix bringen.

Liebe Rosered, du hast dein ganzes Leben lang erlebt, wie es ist, wenn einem ALLES aufgezwungen wird. Aber ich glaube du kannst (in einer Therapie) ganz sicher lernen, dass DU auf DICH hören kannst und sollst. Dass DU wichtig bist und das GANZ ALLEINE DU über dein Leben bestimmst.

Liebe Grüße und ich hoffe, ich konnte ein bissl helfen!
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
Antworten