Seite 1 von 1

mutterseelenallein

Verfasst: 13:06:2005 1:29
von Peggy
Hallo,

ich bin sooooo froh, dieses Forum entdeckt zu haben!!! Hier habe ich das Gefühl, dass Menschen einen verstehen, was man durchmacht, weil sie es aus ganz eigener Erfahrung kennen.

Ich habe an anderer Stelle schon mal berichtet, dass meine Depression sich entwickelt hat, weil unser Kleiner uns seit seiner Geburt viel abverlangt hat, mit starken Koliken in den ersten Lebensmonaten und als sehr, sehr schlechter Schläfer bis heute mit 15 Monaten (d.h. jede Nacht Schlafunterbrechung aller 1-2 Stunden, was ich bis zum 13. Monat allein gemanagt habe).

Ich mache gerade die Erfahrung, dass es wirklich schwierig ist, in dieser Situation mit seinen Gefühlen von seinen Mitmenschen verstanden zu werden. Vielleicht ist es auch zuviel verlangt? Und doch würde ich es mir so sehr wünschen, mich wenigstens von den engsten Freundinnen oder in der Familie verstanden zu fühlen!

Ich habe mich mit meinen derzeitigen Problemen noch bisher noch wenigen anvertraut. Aber meiner Mutter und einer Freundin habe ich schon mal angedeutet, wie ich mich zur Zeit fühle.

Meine Mutter hielt mir vor, dass ich doch froh sein müsse, so einen gesunden süßen Sohn zu haben und dass es halt Durststrecken gibt, die man halt durchhalten muss. Ich habe oft den Eindruck, dass sie nur Positives von mir hören möchte. Naja, vielleicht fühlt sie sich von meinen Sorgen ja auch überfordert und schützt sich selbst mit diesem Verhalten?!
Eigentlich wollte ich ja auch weniger irgendwelche Ratschläge, sondern eher soetwas wie Mitgefühl.

Meine Freundin meinte, sie hätte sich mit anderen über schlecht schlafende Kleinkinder unterhalten und die sagten: "Warum soll es anderen besser gehen als uns", und das müsse sie mir halt auch einfach mal so sagen. Ich müsste mit meinem Sohn einen genaueren Rhythmus einhalten, dann würde das schon alles besser werden. Was wir nicht schon alles versucht haben!

Ich wohne seit 5 Jahren ca. 400 km von meiner Heimat entfernt. Vielleicht hat man sich deshalb auch irgendwie entfremdet, dass man sich nicht mehr verstehen kann? So bin ich mit meinen Gefühlen auch hin und her gerissen, dass ich es einerseits schade finde, so weit entfernt zu sein und andererseits meine ich, es ist vielleicht auch gut so, weil wir uns nun ja so wie so nicht mehr so gut verstehen.

Ja, da fühlt man sich schon irgendwie "mutterseelenallein".

Jetzt habe ich mir das einfach mal von der Seele geschrieben. Vielleicht gibt es ja jemanden, der ähnliches kennt. Bitte schreibt mir auch, wenn ich Euch mit meinem Seelenkram nerve!

Euch alles Gute!

L.G. Peggy

Hallo Peggy,

Verfasst: 13:06:2005 1:49
von Sas
erstmal willkommen hier im Forum!
Ich kann Dich total gut verstehen. Bei mir war Schlafmangel eine der Ursachen für die PPP. Und das nach nur ca. 10 Tagen!!!
Meine Kleine hat mit etwa 6 Monaten einigermaßen durchgeschlafen. Was war das für eine Erleichterung.
Ich bewundere Dich, weil Du das nun schon über 15 Monate aushältst.
Ich nehme an, dass Deine Freundin wohl keine Kinder hat, ansonsten würde sie sich sicher nich so leicht tun mit reden.
Leider ist es oft so, dass das Umfeld etwas komisch reagiert. Die Reaktion Deiner Mutter spiegelt das wieder, was die Gesellschaft von einer frischgebackenen Mama erwartet: glücklich sein. Ich kann da gar nicht so mitreden, weil ich überall auf volles Verständnis gestossen bin. Ich denke, das liegt an der mangelnden Aufklärung. Bekommst Du in irgendeiner Form medizinische oder psychologische Hilfe? Das ist jetzt ganz wichtig und Du hast ein Recht darauf.
Du nervst überhaupt nicht, schreib ruhig weiter. Wir sind für Dich da, das wird schon wieder!

LG, Saskia

Verfasst: 14:06:2005 10:49
von luisa
Hallo,
fühl Dich in den Arm genommen - Du redest mir absolut aus der Seele.
Auch meine Eltern wohnen weit entfernt (600km), und auch ich habe das Gefühl, daß niemand, der es nicht aktuell durchmacht, nachvollziehen kann, daß irgendwie gar nichts mehr geht.
Kinderlose sowieso nicht, und die, die ältere Kinder haben, haben es - zum Glück wohl - schon hinter sich.
Und Sprüche wie von meiner Mutter "Stell Dich nicht an, ich habe schließlich drei Kinder großgezogen." sind dann natürlich so hilfreich wie ein Kropf.
Schreib Dir alles von der Seele, wenn Dir danach ist - seit ich dieses Forum hier vor wenigen Tagen entdeckt habe und sehe, daß es meinen Leidensgenossinen 100%ig genauso ergeht wie mir, und sie sich mit den selben Problemen herumschlagen müssen, habe ich unsagbar viel neue Energie bekommen. Und das zu einem Zeitpunkt, an dem ich glaubte, mich psychiatrisch einweisen lassen zu müssen.
Luisa

Dieses Gefühl kenne ich...

Verfasst: 17:06:2005 22:08
von Ana
Hallo Peggy,

durch einen heftigen Streit mit meiner Mutter heute am Telefon und dem nachfolgenden starken Gefühlsausbruch, bin ich das erste Mal auf den Gedanken gekommen, dass ich durchaus unter einer Depression leiden könnte. Prompt bin ich beim Suchen nach Erklärungen für meine Situation auf dieses Forum - und Deinen Eintrag gestoßen.

Wir sind letztes Jahr im November aus dem Rhein-Main-Gebiet in Richtung Hannover gezogen. Da war ich im 5ten Monat schwanger. Obwohl uns die Nachbarschaft das Einleben sehr leicht gemacht hat, fehlen einem die Familie und Freunde sehr. Nun, nachdem unser Sohn auf der Welt (ungeplanter Kaiserschnitt) ist, kann ich mich über Langeweile nicht mehr beschweren. Alex hat mit exakt vier Wochen mit "angeblichen" Koliken angefangen, hat stundenlange Schreiphasen - aber nicht täglich, schläft wenig, trinkt schlecht (ist oft zornig und hibbelig, wenn es ans Trinken geht) - kommt alle 2-3 Stunden, spuckt (unterschiedlich) viel und ist einfach ein zeitintensives Kind. Viele Arztgänge waren schon erforderlich und schlauchen zusätzlich (Herzgeräusche/Herzklinik, Blut im Stuhl/Kinderklinik, nun neu das Kiss-Syndrom... usw.) und er ist erst neun Wochen alt! Obwohl er auch viel Freude macht, fühle ich mich einfach müde, ausgelaugt, reagiere auf "gutgemeinte" Ratschläge von Mutter und Schwiegermutter ..."Du mußt das so und so machen"... äußerst gereizt und unverhältnismäßig. Nun leben wir hier doch fern der Heimat recht allein. Niemand da, dem man das Kind eben mal in die Hand drücken könnte, um mal abzuschalten. Mein Mann ist sehr bemüht und hilft wo er kann, aber er ist geschäftlich stark eingespannt und viel unterwegs (was so nie geplant war, als wir uns zum Umzug entschlossen haben!) - meist im Ausland. So schleicht sich das Gefühl des Alleinseins und manchmal der Hoffnungslosigkeit immer mehr ein. Die Schlaflosigkeit ist für mich eigentlich das Schlimmste, denn ich bin noch nie jemand gewesen, der gut früh aufstehen konnte und habe meist mit Übelkeit darauf reagiert. Nun muß ich ständig und dauernd und das schlaucht sehr... und die Sprüche von anderen, wie von meiner Mutter heute "ich habe wohl keine Kinder großgezogen"! führen dazu, dass man plötzlich mitten im Satz einfach auflegt und völlig entsetzt über die Entgleisung des Gesprächs und der Reaktion ist.

Bin ich depressiv? Ich bin mir nicht sicher... aber ich fühle mich "mutterseelenallein" und kann dich da nur zu gut verstehen...und wenn ich lese, wie lange du schon durchhälst...dann weiß ich nicht, ob ich das schaffe...!

Wie geht es Dir jetzt? Und was wirst Du weiter tun...?

Alles Liebe und viele Grüße,
Ana

Verfasst: 21:06:2005 17:55
von Peggy
Hallo Saskia, Luisa und Ana,

bin ein paar Tage nicht dazu gekommen ins Forum zu schauen. Mein Kleiner hat es gar nicht gern, wenn ich mich mit dem Computer beschäftige und nicht mit ihm! Also: Entschuldigt, dass ich jetzt erst antworte!

Ich danke Euch sehr für Eure Anteilnahme! Das tut echt gut! Die letzten Tage geht es mir auch mal wieder etwas besser, obwohl ich merke, dass meine Stimmung noch ziemlich labil ist. D. h. bei Kleinigkeiten kann das auch schnell mal wieder umschlagen.

Leider muss ich auch jetzt schon wieder aufhören zu schreiben, werde aber bald nochmal versuchen ausführlicher zu antworten. Bis dahin liebe Grüße und alle guten Wünsche an Euch!

Peggy

Verfasst: 22:06:2005 20:57
von Peggy
Hallo,

hier melde ich mich nochmal.

Ich wollte vor allem Dir, Ana, noch etwas ausführlicher antworten, weil Du mehrere Fragen gestellt hast.

Ich kann mich auch noch sehr gut an dieses anstrengende erste Vierteljahr bei unserem Sohn erinnern. Er hatte auch diese angeblichen Koliken und hat viel geschrien. Das einzige, was ihm etwas geholfen hat, ihn in Fliegerhaltung auf dem Unterarm herumzutragen. Das war echt anstrengend! Oft haben mein Mann und ich abends abwechselnd gegessen, damit immer jemand den Kleinen tragen konnte. Ich war damals auf Empfehlung der Hebamme auch bei einem Ostheopath, die sich ja z.B. unter anderem auch Kiss-Kinder behandeln. Aber eigentlich wurden die Koliken erst nach 12 Wochen besser. Auch Heilpraktiker behandeln ja Koliken oft erfolgreich, aber ich habe das damals erst später erfahren.

Wenn Du fragst, ob Du depressiv bist, meine ich, das muss noch lange nicht der Fall sein. Diese erste Zeit ist mit einem Kind, was viel Fürsorge braucht ist einfach total schlauchend. Noch dazu, wenn Dein Mann oft unterwegs ist. Das ist einfach ganz normal, dass man da die Grenzen der eigenen Kräfte überschreitet und sich so ausgelaugt fühlt.
Mir hat damals geholfen, wenn ich andere Mütter getroffen habe z.B. bei der Rückbildungsgymnastik, die auch ähnlich wenig schlafende und viel schreiende Kinder hatten. Da konnte man sich gegenseitig auch mal bisschen "auskotzen".

Sorgen, dass ich depressiv sein könnte habe ich mir erst so richtig gemacht, als ich in Nächten, wenn mein Kleiner doch mal besser geschlafen hat, wach lag und grübeln musste und so ein komisch lähmendes Angstgefühl in mir spürte und morgens total energielos aufwachte.

Im Moment schlafe ich mal wieder besser und habe auch etwas mehr Energie. Heute hatten wir die ganze Krabbelgruppe zu Besuch im Garten mit Planschbecken, Sandkasten und Rutsche hatten die Kleinen viel Spaß. Und auch mit den Müttern und einem Vater war es ganz nett. Wenn ich die Kraft für soetwas aufgebracht habe, geht es mir auch wieder ein Stück besser. Aber ich hatte auch schon Tage, wo ich mich hier tagsüber auf eine Matratze gelegt habe, in der Hoffnung, mein Sohn spielt neben mir einigermaßen selbständig, was allerdings auch fast nie geklappt hat.

Eigentlich weiß ich im Moment nicht so richtig, was ich unternehmen werde. Vor ein paar Tagen noch dachte ich, ich muß dringend Hilfe in Anspruch nehmen, damit ich wieder auf die Beine komme. Jetzt hab ich fast die Hoffnung, es wird von allein wieder, wenn ich mich weiter erhole. Aber so richtig traue ich dem "Frieden" noch nicht. Nächste Woche habe ich einen zweiten Termin bei einer Fachärztin, ich weiß nocht nicht, was ich da sagen werde.

Es ist schwierig, etwas zu raten, was Dir helfen kann. Wenn Deine Kräfte reichen, vielleicht kannst Du in Deiner Umgebung ein paar Mütter (Rückbildungsgymnastik/Pekip oder Familienbildungsstätte) finden, denen es ähnlich geht und Ihr Euch wenigstens mit gegenseitigem Verständnis unterstützen könnt. Vielleicht kannst Du ja auch jemanden Nettes finden, der ab und zu mal mit Deinem Kleinen mit dem Kinderwagen losschiebt (z.B. über Aushang im Supermarkt) und Du inzwischen eine Auszeit für Dich hast.

Die Nächte bleiben leider meist an einem selbst hängen. Bei uns war das jedenfalls lange Zeit so, da der Kleine nur mit Stillen wieder einschlief. Jetzt schafft es manchmal auch mein Mann mit Händchen halten.
Schade, dass man hier im Forum meist so weit auseinander wohnt, sonst könnte man sich gegenseitig auch mal praktisch unterstützen!

Alles Gute und Liebe für Dich!

Viele Grüße

Peggy

Veränderung...

Verfasst: 25:06:2005 15:09
von Ana
Hallo Peggy,

vielen Dank für Deine liebe Antwort und die Anregungen!

Es ist nun eine Woche her, seitdem ich völlig erschöpft und am Boden zerstört in dieses Forum kam. Seitdem ist viel passiert...

Das KISS-Syndrom bei unserem kleinen Schatz ist wohl tatsächlich die Ursache für seine Unruhe, die Schreiereien, das schlechte Trinkverhalten usw. wir waren nun bereits zwei Mal bei der Krankengymnastik, ich arbeite viel mit ihm und so oft es geht und versuche ihn schmerzfrei zu halten. Am Mittwoch geht es zum "Einrenken" und dann hoffen wir, dass es noch besser wird. Jedenfalls ist er wie ausgewechselt seitdem. Er schläft plötzlich 4-5 Stunden am Stück, trinkt langsamer (leider aber auch nicht mehr!) und ist insgesamt einfacher geworden. Leider ist er aber immer noch so furchtbar zappelig. Im Internet gibt es ein Forum (www.kiss-kid.de) über dass ich mich ebenfalls informiert habe. Bei welchem Arzt warst Du damals mit Deinem Kind?

Zurück zu meiner selbstgestellten Frage, habe ich eine Depression: nein, wohl nicht. Ich war total erschöpft. Schlafentzug - macht auf Dauer krank, soviel steht fest. Nun habe ich plötzlich Zeit zum Erholen. Habe am Montag mit der Rückbildungsgymnastik angefangen, weil ich den Kleinen nun auch mitnehmen konnte (ging vorher nicht, weil er permanent schlecht drauf war und schrie) und habe mit zwei Müttern aus dem Geburtsvorberitungskurs Treffen vereinbart. Das Leben scheint wieder lebenswerter zu sein..., wenn man plötzlich wieder Hoffnung sieht. Ferner suchen wir nun aktiv nach einer Babysitterin, die unseren Kleinen stundenweise hier bei uns betreut. Das Vertrauen muß erstmal wachsen...
Im Augenblick geht es mir gut und ich bin glücklich über die Veränderung. Das dass nicht immer so bleiben wird, dass vermute ich. Es wird immer mal wieder Phasen geben, die schlauchen und Zeiten, in denen es wieder schwerer und anstrengender wird. Eines ist mir aber klar geworden: Selbstmitleid - ist kein guter Ratgeber...
Ja, Du hast recht. Es ist schade, dass man so weit voneinander entfernt wohnt. Wo bist Du zuhause?
Auch Euch alles Liebe, herzliche Grüße und vor allem - viel Kraft!
Ana