Endlich Gleichgesinnte

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molli01

Endlich Gleichgesinnte

Beitrag von molli01 »

Hallo,

ich bin durch Zufall auf euch gestoßen. Eigentlich wollte ich mich über meine AD (Citalogram dura) informieren und google-te. Als ich euer Forum fand las ich mir auch die anderen Beiträge durch und fand mich in so vielen Beiträgen wider..... als ich mein 2. kind (heute 8) bekam, ging es mir psychisch extrem schlecht. Ich wollte immer ein Mädchen und als meine kleine Maus kam, empfand ich NICHTS. Ich fand sie hässlich und sie war mir total egal. Ich war irgendwie froh, dass ich sie nicht auf mein Zimmer nehmen mußte, da sie ins Wärmebettchen kam. Ich vermisste sie nichtmal. Als sie mir am 2. Tag gebracht wurde (die Schwester fragte mich, ob ich nicht meine Tochter sehen möchte), tat ich alles um eine Bindung (Mutterglück) aufzubauen. Ich hielt sie stundenlang in meinen Armen, aber nichts tat sich. Natürlich habe ich mit niemandem darüber gesprochen. Wie sollte ich auch erklären, was ich selbst nicht verstand. Ich dachte einfach über mich selbst: TYPISCH, BIST EISKALT UND NICHTMAL IN DER LAGE DEIN KIND ZU LIEBEN.

Sie ist nun 8 Jahre und ich weiß, dass ich mein Kind liebe. Ich würde für sie töten und ich würde für sie sterben, aber wenn ich in so einer psychisch "komischen" Situation bin, dann gehen mir auch dumme Gedanken durch den Kopf. Wenn sie mich nervt, dann denke ich oft, dass ich gerne auf sie hätte verzichten können. Wenn sie ißt (ich war bulimisch) dann denke ich oft, dass sie nicht so viel "fressen" soll, da es mich anekelt. Ich denke tatsächlich dass sie nicht fressen soll und bekomme Wut.

Diese Wut schlucke ich runter, aber ich hasse mich dann selbst für diese Wut und diese Gedanken. Mein schlechtes Gewissen steigert sich dann noch, wenn ich mir vorstelle, dass sie meine Gedanken lesen könnte. Dies habe ich bisher noch niemanden erzählt, denn ich schäme mich unsagbar dafür.

Kann es sein, dass Frau in der PPD stecken bleibt ?

Liebe Grüße, eure molli
Carlotta

Beitrag von Carlotta »

Hi Molli,
also, ich glaube, man kann - in was auch immer - feststecken bleiben, wenn man sich seine eigenen Gefühle (und das sind auch die unangenehmen wie Wut, Trauer, Enttäuschung, Hilflosigkeit etc) nicht anzunehmen traut und sie - wie Du schreibst - immer runterschluckt. Wenn Du diese Gedanken hast, dann solltest Du versuchen, mit ihnen in irgendeiner Weise "Frieden" zu schliessen und Dich nicht selbst deswegen noch fertig zu machen. Ich weiss, das ist leichter gesagt, als getan. Machst Du denn eine Therapie, neben den Medis? Was sind die Ursachen für Deine frühere Bulemie, die jetzige Angst? Du hast "nur eine Chance", wenn Du weisst, gegen was oder wen Du "kämpfst". Du hast doch in einem anderen Beitrag so schön geschrieben, dass es besser wäre, die Angst anzunehmen. Genau das ist es. Und auch die Wut solltest Du annnehmen, es bringt Dir nix, sie zu verdrängen. Tja, mehr fällt mir gerade auch nicht ein, muss mal langsam ins Bett, LG Carlotta :P
molli01

Beitrag von molli01 »

Hallo Carlotta,

da ich früher nie so ausgeprägte Ängste hatte, oder mir derer nicht so bewußt war, konnte ich sie nicht annehmen. In Bezug auf meine Tochter dachte ich stets, ich wäre eine schlechte und eiskalte Frau. Ich hatte vor einigen Jahren eine Therapie wegen meiner Bulimie gemacht. Ich war damals an einem Punkt, wo es nicht mehr um die selbstgewählte Kontrolle über mein Essverhalten ging. Zu Beginn der Bulimie war es klasse die Kontrolle zu haben. Mit den Jahren hatte die Krankheit jedoch mich unter Kontrolle. Ich fühlte mich immer mehr als Versagerin und Schwächling. Irgendwann dachte ich an Selbstmord. Ich versank immer mehr in Selbstmitleid und dachte mir, dass mich eh keiner vermissen würde, da ich nichts wert bin. Mit der Therapie fing ich an, als mir der Gedanke durch den Kopf ging die Kinder mit zu nehmen. Da begriff ich, dass ich dringendst Hilfe brauchte und suchte sie mir.

Die Ursache der Bulimie habe ich während der Therapie erkannt und ich habe auch viel über mein wahres ICH gelernt. Das Erbrechen wurde immer weniger, denn ich lernte mich nicht als Versagerin zu sehen, wenn es geschah. Nach jedem Mal sagte ich zu mir selbst, dass es zwar jetzt nicht in Ordnung war, aber es halt so geschehen ist. Essgestört bin ich nach wie vor, aber Nahrung bestimmt nicht mehr mein Leben (trotz 30kg Übergewicht) und ich verspüre überhaupt nicht mehr den Drang zu viel Nahrung wieder loszuwerden. Es bleibt halt drin und setzt sich sonstwo fest.

Ich dachte auch immer, dass ich nun ein starker und gefestigter Mensch bin, aber ich spüre stetig wie meine Kräfte schwinden. Ich habe keine Interessen mehr. Weder an Bekanntschaften (ich halte regen Abstand), noch an irgendwelchen Feierlichkeiten (ich brachte früher jede Party in Gang). Ich möchte am Liebsten nur noch zu Hause bleiben. Das Widersprüchliche an der Sache ist allerdings, dass mich eine wahnsinnige innere Unruhe überkommt, so bald ich mich unserem Haus nur nähere. Eigentlich will ich nur weg. Ich fühle mich total unwohl in meiner Haut. Ich kann meine Unruhe auch nicht in Aktivitäten umsetzen und somit herrscht Chaos bei uns zu hause. Ich beschreibe es mal so: Mit angezogener Handbremse Vollgas geben. So lange, bis die Reifen qualmen. Ich leide unter massiven Schlafstörungen, habe ständig Magenschmerzen (ohne Befund) und wenn es an der Tür oder das Telefon klingelt bekomme ich Panik und vermeide es mich der Situation zu stellen.

Ich erledige wichtige Dinge erst, wenn es 5 vor 12 ist. Oft auch erst darüber hinaus. Oft belüge ich sogar meinen Mann und sage einfach dass ich was erledigt habe obwohl es nicht stimmt. Wenn er mich ertappt, dann werde ich agressiv und ungerecht ihm gegenüber.

Ich merke, dass ich wieder Hilfe brauche, denn ich finde keine Antworten auf mein Verhalten. Ich bin auch auf der Suche nach einer geeigneten Therapeutin.

Lieben Gruß, molli
Carlotta

Beitrag von Carlotta »

Hi Molli,
tja, das klingt "komisch", ein bisschen depressiv würde ich sagen, wenn Du Dich immer mehr zurückziehst. Was haste denn früher gerne gemacht, arbeitest Du? Sicher gibt es auch bei Dir Dinge, die Dir Spaß machen, oder? Bei mir ist es zb mein Job, und Bücher, Geschichten schreiben, Freunde treffen und gute Gespräche führen, Yoga machen.
Gab es irgendeinen Auslöser, warum Du "damit angefangen" hast, Dich zurückzuziehen? Du schreibst ja, das war früher nicht so?
Wenn Du schon viel über Dein Ich in deiner ersten Thera gelernt hast, gibt es doch sicher irgendwelche Punkte, an denen Du ansetzen kannst, in kleinen Schritten? Klar, wenn man mal drin hockt in so ner Spirale, denkt man, dass man nicht mehr raus kann, aber das ist ja nicht so. Wie ist denn Deine Beziehung? Bist Du glücklich? Lauter Fragen, aber irgendwo stecken die Antworten. An was für eine Theraform hattest Du denn gedacht? Ich will mich ja nicht wiederholen, aber meine Verhaltenstherapie hat mir sehr viel gebracht: das anzunehmen, was ich nicht mehr ändern kann (Dinge aus der Kindheit) und das aktiv anzugehen, was veränderbar ist.
Viel Erfolg bei Deiner Suche und viel Kraft. LG Carlotta
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