Sind das Zwangsgedanken?

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

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bellami1983

Sind das Zwangsgedanken?

Beitrag von bellami1983 »

Hallo ihr lieben Muttis,

jeden Tag fällt mir etwas Neues ein, jeden Tag kontroliere ich meine Gefühle, Gedanken und alles andere aufs Neue, so lange, bis ich irgendwas Auffälliges entdeckt habe und das habe ich natürlich nun auch wieder:

Also, heute habe ich ständig die Gedanken "Ich will nicht mehr, ich habe einfach keinen Bock mehr, ich bring mich um." Das läuft wie eine Schallplatte und schwupps, sind diese Gedanken da, gehts mir saumies und ich denke wirklich, dass ich dies noch tun könnte oder so enden werde.

Wieder mal ist es so, dass ich diese Gedanken nicht haben will, ich fühle dabei keine Freude oder Erleichterung, allenfalls etwas Angst und totale Unruhe.

Wann merke ich denn endlich etwas Gutes von dem neuen Medi? Wie lange noch diese Sch... im Kopf?

An sich lief heute alles relativ gut. Wir waren bei meinen Eltern und der Kleine ist soeben ins Bett und schläft.
Es gibt vielleicht manchmal Gründe depressiv zu sein, damit kann ich mich auch abfinden, aber meine Gedanken, die sich immer wieder und immer wieder um Suizid drehen, was mitunter 24 h am Tag sein kann und mich echt kaputt machen wollen, damit kann und will ich mich nicht abfinden.
Dagegen muss man doch was tun können, denn ich möchte nicht dass sich meine Gedanken verselbständigen und ich das irgendwann tue.

Die Verzweiflung steht mir echt ins Gesicht geschrieben, sind dies wirklich ZG oder was meint ihr? Ich empfinde dabei nicht immer Angst, da ich es schon so lange habe, aber ich muss diese Gedanken immer wieder hervorrufen, um sie kontrollieren zu können. Ich kontrolliere sie immer und immer wieder.....

Mal eben am Beispiel erklärt: "Hey Isabell, es sind nur Zwangsgedanken, du willst doch leben und hast Angst vorm Tod." Meine Therapeutin sagte daraufhin zu mir: "Sehen Sie Frau L., sie wollen doch überhaupt nicht sterben, sie haben doch so viele Träume, es sind nur Zwangsgedanken".

Aber dann schlägt mein Zwang nochmal zu und denkt sich: "Haha meine liebe Isabell, dann hast du eben keine Angst mehr davor und willst es doch."

Kann man das irgendwie nachempfinden?

Mein Zwang versucht mir dann vorzugaukeln, dass ich keine Angst mehr davor habe (was ich aber tief im Herzen haben muss, da ich schon beim Anblick eines Sarges totalen Schiss bekomme) und es garantiert tun werde. Für mich passt das alles nicht zusammen und ich bin so hilflos.

Wenn ich mich versuche selbst zu beruhigen, fällt meinem Zwang ständig das Gegenteil ein, als ob er mir mit Karussel fährt und mich nicht mehr loslassen will.

Ach man ey, kennt das jemand? Das Leben wäre sooooooo schön, wenn diese Gedanken nicht wären....

LG Isabell
steffi l.

Beitrag von steffi l. »

Hallo Isabell,

also ich ordne das ganz eindeutig unter Zwangsgedanken ein! Du vertraust Dir einfach hinsichtlich dieser Suizidgedanken nicht ganz und kontrollierts Dich deshalb immer wieder.
Ich denke bei Dir steht die Angst vor dem eigenen Tod im Vordergrund, dass Du Dich nicht mehr unter Kontrolle hast und ihn dann selbst herbeiführst.

Es gibt im Web eine ganz tolle Seite von einem Psychotherapeuten über Ängste, dort steht u.a.:


Sie können durch Angst nicht verrückt werden

Zahlreiche Panikpatienten haben Angst, verrückt zu werden, entweder weil die Gefühle so stark sind oder weil sie zum Schutz vor Überflutung so abgespalten (dissoziiert) sind, dass die Einheit der Person bedroht erscheint. Viele Panikpatienten haben eigentlich „nur“ einen starken Gefühlsstau und befürchten, diesen emotionalen Druck nicht dauerhaft durchstehen zu können. Sie verwechseln die hohe emotionale Anspannung mit mangelnder Klarheit des Denkens und haben Angst durchzudrehen. Häufig bestehen eigenartige Entfremdungsgefühle gegenüber sich selbst (Depersonalisation) oder gegenüber der Umwelt (Derealisation). Diese Erlebnisse treten nicht nur bei Panikattacken, sondern auch bei verschiedenen Schock- und Stresszuständen (z.B. nach einem Unfall oder einer Todesmeldung) auf und haben nicht das Geringste zu tun mit einer beginnenden Schizophrenie. Vertrauen Sie den Fachleuten: ein „Nervenzusammenbruch“ durch eine Panikattacke führt keinesfalls zu einer Schizophrenie! Es ist noch nie vorgekommen, dass jemand durch eine Panikattacke geisteskrank geworden ist. Schizophrenie beginnt ganz langsam, nicht so plötzlich wie eine Panikattacke und von den Betroffenen oft gar nicht richtig erkannt. Schizophrene sind „geistig verwirrt“, Panikpatienten sind „emotional verwirrt“, während die Verstandes- und Realitätskontrolle erhalten bleibt.


Sie werden bei Angst keinen Kontrollverlust erleben

Der große innere Druckzustand bei intensiver Angst geht oft einher mit der Befürchtung, die Kontrolle zu verlieren und sich dabei unmöglich zu verhalten, etwa laut zu schreien, herumzuschlagen, jemand zu verletzen oder Dinge kaputt zu machen. Die Angst, bei einer Panikattacke auf diese Weise „die Nerven zu verlieren“, ist völlig unberechtigt. Sie werden nicht Amok laufen! Eine Panikattacke ist ein heftiger Adrenalinstoß zur Aktivierung des Körpers. Wenn Sie sich dann nicht bewegen, fühlen Sie sich einfach angespannt.



Dort wird zwar über PA geschrieben, aber die Ängste sind ja doch die gleichen und daraus resultieren ja die ZG.
Solange Du nicht sterben willst, wirst Du Dir auch ganz sicher nichts antun!
Diese fiesen Gedanken werden ganz sicher bald verschwinden! Ich hab auch nicht mehr daran geglaubt. Muss zwar zugeben, dass es Schwankungen gibt, also z.B. wenn ich kurz vor der Regel bin, aber die Gedanken machen mir keine Angst mehr und deshalb vergess ich sie gleich wieder (ich hoffe es bleibt so).

Alles Gute weiterhin und

VLG
Steffi ;-)
susi69

Beitrag von susi69 »

Hallo Isabell,

also ich kann Dir sooo nachfühlen....... und würde das auch unter ZG einordnen.
So wie Du es von Deinen Gefühlen her beschreibst ist es der Schlingel,d er Dich immer auf´s Neue heraus fordert. So lange, wie Du darüber erschrickst, aht er leichtes Spiel. Selbst wenn Du keine Angst mehr davor hast, dann kommt er immer wieder mal hervor und will Dich prüfen. Es hängt dann wirklich an Dir den Gedanken nachzugehen oder ihn hinten runter fallen zu lassen. Wenn Du das geschafft hast und er Dir den Buckel runter gerutscht ist, dann läßt er ab. So wie auch Steffi schreibt.


lg Susi
bellami1983

Beitrag von bellami1983 »

Hallo Mädels,

danke für eure Antworten, wie immer :wink: !

@steffi l.: Hat mir etwas Mut gemacht, was du dort geschrieben hast und die Informationen über die Ängste, Panik und so sind sehr gut formuliert. Daran habe sogar ich nichts auszusetzen (sonst such ich ja immer nach der Nadel im Heuhaufen *g*), nett erklärt.

Es stimmt schon, so lange ich Angst davor habe mir etwas anzutun, wird es wahrscheinlich nicht passieren, aber mich hat es so irritiert, dass ich manchmal vor lauter Depressivität keine Angst mehr habe, sondern nur noch will, dass dieser Mist im Kopf aufhört.
Stehe ich dann allerdings total depressiv an einem Bahnübergang, könnte ich schreiend davonlaufen, da mich dort total die Panik überfällt und ich es mit einer Heidenangst zu tun bekomme.

Im Übrigen denke ich, dass meine ZG durch die Angst einen Kontrollverlust zu erleiden da sind. Sobald ich mich unbeschützt fühle, alleingelassen oder genervt oder was auch immer, tanzen meine Gedanken im Viereck und wollen mich schon wieder dazu drängen. Darf ich jedoch beschützt im Arm meines Freundes liegen, gehts mir besser und dort könnte ich dann vor lauter Erschöpfung nur noch heulen.
Oft verbringe ich den ganzen Tag damit, meine Suizidgedanken zu kontrollieren um ja eine Nadel im Heuhaufen zu finden, die darauf hindeutet, dass ich tatsächlich suizidal bin. IST DOCH KRANK ODER????? :?:

Inwiefern hast du heute noch ZG? Kurzzeitig? Wie reagierst du darauf und vor allem wie hast du sie bezwungen?

@susi69: Ich hoffe ich schaffe es irgendwann, dass mir dieser ZG den Buckel runterrutschen kann und ich trotzdem glücklich leben kann, so wie du es geschrieben hast.
Es macht mir Mut und gibt mir Hoffnung, wenn ihr dies auch unter ZG einordnen würdet. Denn ich zweifele ja ständig dran, obs doch gefährlich ist oder nicht.

Ach ihr Lieben, gerade überrollt mich mein Abendtief.... irgendwie haut es mich abends meist um derzeit.... :cry: ....

LG Isabell
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Marika
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Beitrag von Marika »

Hallo Isabell!

Jetzt komm ich auch noch mit meinem Senf daher... :wink:

Du suchst die Nadel im Heuhaufen, du zweifelst ständig ob du nicht doch dir etwas antun könntest, die Gedanken drängen sich auf, wenn du alleine bist weil du befürchtest eher die Kontrolle verlieren zu können....
... ja, ganz genau so äußern sich ZG.

Die Zwangserkrankung heißt ja auch die "Zweiflerkrankheit", weil man ständig am zweifeln ist, ob man nicht doch etwa was ganz schlimmes tun könnte. Die ZG sind der Versuch, die absolute KONTROLLE und SICHERHEIT zu haben. Deswegen prüft dein orbitofrontale Kortex (oh, wie ich diesen Fachbegriff liebe :D ) jeden noch so minimalen Gedanken der irgendwie mit "dir etwas antun" zusammen hängt - und das ohne Unterbrechung. Das ganze legt sich etwas, wenn du eine "Sicherheit" erfährst - also z.B. wenn dein Freund da ist.

Die Angst, doch "die Kontrolle zu verlieren" ist ja auch sooo typisch und war auch für mich ganz schrecklich. Immer wieder drängten sich mir Gedanken auf, dass ich nicht "nur" ZG habe (meinem Kind etwas anzutun), sondern dass ich insgeheim doch eine geisteskranke Mörderin bin und es bisher nur niemand erkannt hat. Es gab Tage, die ich nur mit prüfen und der Such nach eben dieser Nadel im Heuhaufen verbracht habe. Ich wollte mir zwanghaft die 100 % Sicherheit holen nichts Schlimmes zu tun und damit Kontrolle erlangen.

Und nochmal - es ist egal welchen Inhalt oder Person die ZG haben - eines haben sie gemeinsam und das "entlarvt" sie: Die große Angst vor diesen Gedanken man könnte sie in die Tat umsetzen und damit die KONTROLLE verlieren!!!

ZG = Angst vor Kontrollverlust und der Versuch Sicherheit zu erlangen

Hoffe, du kannst ein bissl was damit anfangen!

Liebe Grüße von
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
steffi l.

Beitrag von steffi l. »

Hallo Isabell,

es ist so wie Marika schreibt, also ist es auch ganz typisch, wahrscheinlich für uns alle mit ZG, dass wir uns in der Gegenwart vertrauter Menschen sicher fühlen. Immerhin könnte dieser Mensch einen dann von seiner schrecklichen Tat abhalten, deshalb sind die Gedanken dann auch ganz schnell verschwunden. Es ist einfach das Selbstvertrauen, das fehlt. Im Prinzip ist nichts anders, ob Du jetzt allein bist oder nicht, aber dennoch hat man das Gefühl, genau in dem Moment wo man allein ist, könnte man ja duchdrehen. Ich kenn das alles zu Genüge! :roll:

Also bei mir ist es jetzt so, dass zu manchen Zeiten noch ZG durchkommen, z.B. ich bekomme meine Regel, habe Schlafmangel oder habe mich über etwas so richtig geärgert. Dann kommen die Gedanken, also quasi so eine Art Erinnerung daran, sie machen mir aber keine Angst mehr und verschwinden auch ganz schnell wieder. Manchmal bin ich auch noch etwas angespannt, so dass ich dann denke ich könnte jetzt austicken, aber eigentlich vertrau ich mir soweit, dass ich weiß ich würde es nicht tun. Deshalb spielen sie dann natürlich keine große Rolle mehr und ich glaube Du kannst Dir vorstellen wie glücklich ich darüber bin. Nichts desto trotz bleibt natürlich die Angst, dass es mir irgendwann wieder schlechter gehen könnte. Aber zur Zeit versuche ich den Gedanken daran zu verdrängen und nach vorne zu schauen.

Ich habe meine ZG eigentlich nicht bezwungen. Das hab ich am Anfang ja immer versucht und erst als ich sie mir immer wieder vor Augen geführt habe, haben sie an Bedeutung verloren. Ich konnte viele Gedanken nicht zu Ende denken, aber ich hab zumindest, wenn sie kamen nicht versucht sie zu verdrängen, sondern habe versucht den Gedanken auszuhalten. Ich denke am meisten geholfen haben mir aber die Tabletten. Und ich versuche das 'Verrücktwerden', vor dem ich ja am meisten Angst hatte, mir nicht mehr so dramatisch vorzustellen. Meine Ärztin meinte mal, warum ich solche Angst habe, vor etwas, von dem ich nie weiß ob es überhaupt mal passiert und das ich dann sowieso nicht ändern könnte....

Ich bin mir sicher, dass es bei Dir auch ganz bald besser wird! Noch vor einem Jahr habe ich hier geschrieben, dass ich Angst davor habe nie mehr gesund zu werden. Ich kann nicht ausschliessen, dass es mich, wenn ich noch ein Kind bekomme, nicht wieder betrifft. Aber ich glaube jetzt doch viel eher daran, dass es einem wieder richtig gut gehen kann. Wenn man vielleicht auch nicht so gesund ist wie vorher....ich glaube man muss viele negative Gefühle und Ängste annehmen können, damit es einem wieder besser geht.

VLG

Steffi
Melli79

Beitrag von Melli79 »

Hallo Isabell!!

Ich würde Deine Gedanken auch voll zu den Zwangsgedanken zählen!!

Schau doch mal in den Bericht von Sunhine mit dem Titel: an alle mit Zwangsgedanken.
Da hat sie einen Link den Du anklicken und Dir einen Bericht plus Übungen runterladen kannst. Da ist vieles gut erklärt und wird Dir bestimmt ein wenig helfen!!

Alles Liebe für Dich

Melli
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