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Edronax

Verfasst: 28:08:2007 10:28
von Zoelita
Hallo,

ich nehme seit ca. 4 Wochen ein neues Antidepressivum zusätzlich zum Cipralex. Es heißt Edronax. Kennt das jemand? Vielleicht aus persönlicher Erfahrung? Ich bin ziemlich verunsichert weil sich mein Zustand bisher nicht wirklich gebessert hat. Ich habe sehr starke Schwankungen in der Stimmung. Leider geht es mir meist ziemlich mies. Wäre erfreut über Antworten.

Danke für´s Lesen

Liebe Grüße

Nina

Verfasst: 30:08:2007 21:45
von ubure
Liebe Nina,

ich versuche jetzt zum dritten Mal, Dir zu antworten (jedes Mal war der Text weg!).

Also, ich nehme Solvex, das ist derselbe Wirkstoff. Das Ganze ist ein NARI, ein Noradrenalinwiederaufnahmehemmer. Noradrenalin ist dafür verantwortlich, dass Du Antrieb hast, Energie usw. Ich nehme das AD auch zusätzlich zu Citalopram, weil es mir zwar viel besser ging, aber der Antrieb total fehlte, immer Langeweile, immer keine Ahnung, wie ich den tag verbringen sollte, keine Energie. Das hat sich mit Solvex komplett geändert. ABER: es gab und gibt nach wie vor schlechte Tage und auch Phasen, und egal, wie gesund ich jemals wieder werde, damit werde ch immer zu kämpfen haben, denn das gehört zum Leben dazu. Aber was nciht dazu gehört, ist dieses negative Denken, das jede Mücke zum Elefanten macht. Ist das bei Dir vielleicht so, dass Du irgendetwas Ungutes spürst und schon dreht sich die Spirale wieder, bis es Dir richtig schlecht geht? Wenn das so ist, dann können Deine ADs wirken, wie sie wollen, Du denkst Dich wieder kaputt.
Machst Du eine Therapie? Ich könnte einpacken ohne mein verändertes Denken, ganz ehrlich.

Liebe Grüße,
Inez

Verfasst: 31:08:2007 9:40
von Zoelita
Guten Morgen Inez,

danke für Deine Antwort. Das hat mir weiter geholfen. Ich war nämlich auf dem Informationsstand, daß es ein Serotoninwiederaufnahmehemmer ist. Jetzt weiß ich auch warum ich aktiv bin und mich trotzdem so mies fühle. Mit den Gedanken hast du wohl auch recht. Mich regt einfach alles auf. Gestern habe ich im ganzen Ort in den Apotheken mein Medikament nicht bekommen. Ich war so wütend, daß ich kurz davor war los zu schreien und zu heulen. Das ist nur ein Beispiel von vielen.
Ja, ich habe vor ein paar Wochen eine Verhaltenstherapie angefangen. Ich kann noch nicht sagen, ob es mich weiterbringt. Ich bin leider immer sehr ungeduldig. Darf ich fragen, was ihr in der Therapie so gemacht habt. Wie war sie strukturiert? Wie lange hat es gedauert bis Du Dich besser gefühlt hast? Sorry, jetzt habe ich viele Fragen gestellt.

Liebe Grüße

Nina

Verfasst: 31:08:2007 20:59
von ubure
Hi Nina,

sicherlich musst Du noch etwas Geduld für Deine Therapie mitbringen - das dauert einfach. Es kann auch gut sein, dass Du Dein Cipralex noch ein wenig erhöhen müsstest, aber das muss Dein Arzt entscheiden. Bei mir war es z.B. so, dass ich den ganzen Sommer über mit 4 mg Solvex und 40mg Citalopram gut ausgekommen bin. Momenan scheint das aber nicht zu reichen (und ich habe wirklich 2-3 Wochen gewartet, damit ich sicher sein kann..naja, nach 6 Jahren kennt man sich und das Krankheitsvieh schon ziemlich gut, deshalb kann ich das schon beurteilen) und deshalb habe ich auf 6mg Solvex und 50mg Citalopram erhöht. Bingo! Passt wieder, zu 100%. Dabei war es nicht so, dass ich irgendwelche Tiefs hatte, aber dieses bestimmte Unwohlsein, ich weiß nicht, wie ich es beschreiben soll, das hat einfach nicht gepasst.

Ach ja, Therapie habe ich keine gemacht, mir aber quasi autodidaktisch das Ganze angeeignet (das ja auch Bestandteil der kognitiven Verhaltenstherapie ist), hat aber wirklich sehr lange gedauert, das kannst Du bestimmt auch kürzer haben 8) .

Es ist jedenfalls gut, dass Du eine Verhaltenstherapie machst, da wirst Du genau das lernen, mit dem Umdenken lernen etc.

Liebe Grüße,
Inez

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Verfasst: 01:09:2007 15:49
von luna3864
Hallo Inez,
mich interessiert deine kognitive Arbeit. Ich mache ja auch seit dem Frühjahr eine Therapie, sie ist aber tiefenpsychologisch fundiert.
Eine andere Ärztin sagte mir jetzt, ich müsse mal endlich an mir arbeiten (wie lustig, als ob man sich eine Depri wünschen würde). Ich versuche auch immer wieder, positiv zu denken, - oh, es gelingt nicht ! Es ist wie eine Spirale, die automatisch im hinteren Kopf abläuft.
Ich habe auch, dank eines neuen Medis (Elontril), glaube ein Noradrenalin- und Dopamin.... (?), guten Antrieb. Doch das Grübeln und das Unwohlsein im Bauch ist leider nicht weg. Vielleicht muss ich wirklich selbst was dazu tun, dass die Medis da nicht dran kommen.
Wie bist du die ganze Sache angegangen ? Hattest du Bücher oder CD's zur Hand ???
LG
Christel

Verfasst: 01:09:2007 22:39
von ubure
Hallo Christel,

ich erzähle Dr gerne, was ich mir so antrainiert habe, möchte aber der Form halber auch betonen, dass ich weder Psychologie studiert habe und somit kein Psychologe bin, noch dass meine Art Selbsthilfe jedem helfen kann. Das war mir jetzt noch wichtig zu sagen.

Noch was kurz zur Tiefenpsychologie. Ich habe ein meiner Meinung nach sehr gutes Buch gelesen: Yapko, Michael D., Breaking the Pattern of Depression. Der Mann ist Psychologe und Depressions-Spezialist. Er sagt, dass von allen Therapien die Tiefenpsychologische am wenigsten Erfolge bringt. Kurz dazu:"Clinical psychologist and depression expert Yapko provides the latest evidence that depression is more a product of learning than a biological reaction, and his book helps sufferers systematically diffuse patterns which contribute to and encourage depression. Over a hundred easy self-help exercises place the knowledge and ability to control depressions squarely in the sufferers' hands, exploring the problem-solving skills necessary to achieve control. Case history examples fuel discussions."

Bevor ich dieses Buch gelesen habe, habe ich ich rgendwann beobachtet, dass meine Tiefs, meine Gedanken, mein körperliches Empfinden immer wieder gleich ablaufen. Und ich habe mir irgendwann die Mühe gemacht, das alles ganz genau zu beobachten und zu analysieren. Das ging ganz gut, auch wenn's erst nach einem "Anfall" war. Be mir war das halt so, dass es immer einen konkreten Auslöser gab. Früher, das weiß ich jetzt, waren das der Stress mit den Kindern und mein dauerndes schlechtes Gewissen ihnen gegenüber, dazu gerade in den letzten beiden Jahren enorme finanzielle Probleme. Naja, gerade in den ersten Jahren der Depression kam immer alles haufenweise, oder zumindest kam es mir so vor, weil ich mit gar nichts umgehen konnte, alles immerübermäßig schwierig war, der Stress gnadenlos und ohne Ende (aber das kennen wir ja alle, oder? Macht ja einen Großteil unserer Krankheit aus.).
Aber gerade im Laufe des letzten Jahres, als eben alles finanziell so katastrophal wurde, konnte ich das als Auslöser orten und hatte zumindest den Schuldigen. Das hat mir schon etwas Luft gebracht. Ich hab dann versucht, ganz konkret nachzudenken, was ich jetzt in dieser Situation tun kann, um das Problem (das mir eben immer ein gewaltiges Tief bescherte) zu behandeln und längerfristig zu lösen. Da ist mir immer etwas dazu eingefallen. Am Anfang nur Kleinigkeiten, die mir Erleichterung in der Finanzsache und schließlich auch in der psychischen Krise gebracht hat. Der Gedanke "Du hast gerade einen Schritt getan, damit alles wieder etwas besser läuft" hat mir so gut getan. Ja, und je öfter ich das gemacht habe, umso besser hat es geklappt. Und die Schritte wurden größer, konkreter, effektiver. Man könnte auch sagen, meine Finanzmisere hat mich dazu gezwungen, aktiv zu werden, um meine Situation, finanziell und psychisch, zu verbessern. Denn eines bedingte das andere.
Das war ja nicht immer leicht, ich musst viele sehr unangenehme gespräche führen, viele unangenehme Situationen durchmachen, aber das hat mich immer ein Stück weiter gestärkt. Und immer hab ich mir gesagt, ich gebe nicht auf, schon allein um irgendwann bestimmten Leuten eins auszuwischen.Mein Mann hat mich immer bestärkt, wenn ich mal schwankte, erschöpft war, nicht mehr wollte (das aber nie während eines Tiefs, da hatte ich diese Gedanken nicht), tja, und da habe ich immer weiter gemacht.
Mit dem Ergebnis, dass ich seit Ostern stabil bin.
Ich habe zu unterscheiden gelernt zwschen hausgemachten Krisen (die einen äußeren Auslöser haben) und einer Verschlechterung der Krankheit selber (gehört aber beides zur Krankheit, oder?) - weiß nicht, ob man das verstehen kann, was ich da schreibe -, also eben diese innere Unruhe OHNE einen erkennbaren Grund, die grundlose Traurigkeit, ...
Die hausgemachten Krisen kann ich mittlerweile innerhalb kürzester Zeit abschalten oder gar nciht erst aufkommen lassen. Die Zeichen der Krankheit selber habe ch lange nciht gespürt, erst in den letzten 2-3 Wochen. dann habe ich um eine Quäntchen meine AD's erhöht - seitdem ist wieder alles so, wie's sein soll.

Tja, so funktioniert's bei mir. Ich bin froh, einen Weg gefunden zu haben, denn die nächste Prüfung steht bevor: mein Großer beginnt in einer Woche mit der Schule, der Kleine mit dem Kindergarten, und trennen konnte ich mich noch nie gut von den Kids. Aber ich arbeite gerade an dem problem, damit's nicht zu arg wird.

LG,
Inez

Ich muss noch was ganz wichtiges ergänzen: ich tu immer alles, was mir nachweislich gut tut und vermeide Dinge, die mir nicht gut tun!
Z. Bsp.:
- Ich gehe jeden Tag für längere Zeit nach draußen (ich hab Glück eine großen Garten zu haben und einige Tiere, da gibt's immer was zu tun), weil ich das Licht brauche (für den Winter ganz essentiell!!)
- Ich setze mich nicht hin und fange an zu grübeln - egal ob es gute oder schlechte Grübeleien sind, ich lasse es, stehe auf und tu irgendwas, ein Fenster putzen, Wäsche aufhängen, ein Fußballmatch mit den Kids...irgendwas, auch wenn ich keine Lust habe. Hab's schon oft gesagt - aktiv sein ist so wichtig!
- und. ich backe fast jeden Tag was, meistens Brot - für mich die reinste Entspannung!

Und noch was ist mir eingefallen: ich musste erst wieder lerne, dass es sich durchaus lohnt, sich selber mal was Gutes zu tun. Ich dachte immer, das braucht's nicht, ist doch nicht wichtig...ist es aber doch.
So gönne ich mir durchaus regelmäßig nachmittags draußen in der Sonne einen Eiskaffee, und obwohl ich so gut wie keinen Alkohol mehr trinke, gibt's ab und zu einen Campari Orange, weil mich der an Italien und Urlaub erinnert.
Ich pflege mich wieder mehr, hab auch schon einige Kilos abgenommen, mach mir aber keinen Stress. So wie früher, als das alles von alleine ging und selbstverständlich war. Leben wieder genießen, nicht erst morgen, oder nächstes Jahr, sofort und auch nur Winzigkeiten!!

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Verfasst: 01:09:2007 23:18
von luna3864
Liebe Inez !
Zuerst einmal vielen Dank für dein tolles, langes Schreiben ! Ja, ich habe auch schon gehört, dass die kognitive Therapie am besten sein soll. Ich werde nach meinem Urlaub mich auf die Suche nach dem Buch machen und hoffe, dass es nicht in Englisch geschrieben ist.
Ich finde es toll - und du bist ein richtiges Vorbild hier für uns - wie du mit eigener Arbeit und Medikamenten zum Ziel gekommen bist !!! Das ist wirklich super ! Ich wünsche dir, dass es dir weiterhin gut geht und du mit so viel Freude deinen Alltag bewältigst. Ganz liebe Grüße,
Christel ;)

Verfasst: 02:09:2007 0:41
von ubure
Hi Christel,

vielen Dank für die Blumen! Aber Quatsch, Vorbild. Will eigentlich nur Mut machen, dass es auch nahc mehreren Jahren mit Depressionen noch ein Weiterkommen gibt. Aber ich bin ja selber schuld daran, dass es so lange gedauert hat. Hätte ich eine Therapie gemacht, wär's sicher schneller gegangen. Bin halt eher ein do-it-yourself-Mensch...

Das Buch ist leider auf Englisch (ich lese grundsätzlich alles auf Englisch :roll:, naja, meine Literatur ist halt eben größtenteils auf Englisch oder einfach besser auf Englisch, bin so 'ne anglophile Tante), aber es gibt von Yapko auch "SOS Depression" auf Deutsch (ist halt nicht dieses Buch). Deutsche Bücher mit entsprechendem Inhalt kenne ich leider keine...denkst Du, es wird gar nicht gehen auf Englisch?

Ich schau mal, was es an deutschen Übersetzungen von guten Büchern gibt, ja?

LG,
Inez

Verfasst: 04:09:2007 9:32
von Julia73
Liebe Christel,

ich möchte nur kurz "loswerden", dass ich meine Krise mit einer tiefenpsychologischen Therapie überwunden habe. Ich habe keine Ahnung, ob es wissenschaftlich bewiesen ist, ob eine Verhaltenstherapie oder tiefenspsychologische Therapie besser hilft. Ich glaube letztendlich ist es eine Typenfrage. Wenn dir deine Therapeutin sympatisch ist und du das Gefühl hast, dass ihr auf einer Welle seid, würde ich erst mal nicht die Therapie wechseln. Denn letztendlich geht es doch darum, ob ihr dieselbe Sprache sprecht. Und mittlerweile ist es auch so, dass die Therapieformen gemischt werden … also von beiden Ansätzen etwas dabei ist.

Und im Übrigen sind viele Sachen, die Inez schreibt auch Grundlage einer tiefenpychologischen Therapie :).

Ich wünsche dir viel Erfolg bei deiner Therapie, es braucht aber schon noch ein bisschen mehr Zeit – denke ich.

Viele, liebe Grüße
Julia