Seite 1 von 1

Gedanken....

Verfasst: 16:12:2007 12:56
von Maike
Seit ein paar Tagen fängt Mika an zu lachen, wenn man lange genug mit ihm redet...ein Moment, wo sich jede Mutter richtig drüber freuen sollte...immer wieder mit ihm „Blödsinn“ reden, damit man das wunderbare Kinderlächeln sehen kann....aber auch das kann ich nicht. Ich kann mich nicht so freuen, wie mein Freund es tut oder auch meine Mutter...es tut einfach nur weh! Ich habe das Gefühl gefangen zu sein in meinem eigenen Körper....ich möchte wieder glücklich sein und diese schöne Zeit genießen können, aber leider kann ich das nach 9 Wochen immer noch nicht wirklich!
Jeder fragt mich, wie es mir geht...und jedes mal komme ich mir doof vor, wenn ich sage: „es geht...besser als vorher...aber noch nicht gut!“ Wieder kommt dann die Angst hoch, dass ich damit nerve, dass die Leute sagen: „nun reicht es doch mal, oder? Ist doch alles gut!“ Ich weiß, dass mir das egal sein sollte. Meine Freundin sagte letztens zu mir, dass diese Leute es gar nicht wert wären. Und eigentlich ist diese Angst auch total unbegründet, denn gesagt hat mir das bis jetzt noch niemand....!
Wenn ich einen richtig doofen Tag habe, könnte ich mich nur verkriechen. Das Loch in dem ich dann sitzen möchte, kann eigentlich gar nicht tief genug dann sein! Diese Tage werden zwar weniger im Gegensatz zur Anfangszeit, aber sie sind noch immer da! Und genau diese Tage ziehen dann immer diese Hoffnung, dass alles mal gut sein wird, wieder runter...ganz weit weg vom Ziel entfernt. An solchen Tagen versuche ich mich wieder mal abzulenken. Ich rufe Leute wie Verena, Nadin oder Tessi an, die auch alle vor kurzem erst entbunden haben. Die Spaziergänge und deren Anwesenheit tun dann einfach nur gut...als ob mein Gehirn durchgepustet wird und die ganzen doofen Gedanken wieder weg sind und irgendwie das Gefühl zu haben, nicht alleine zu sein. Obwohl keiner der dreien darunter leidet!

Gestern wurde ich von meinem Chef zur Weihnachtsfeier eingeladen. Die Feier fand in einem Hotel statt mit organisierter Party und auch Übernachtung. Es war ein toller Abend, ich habe getanzt und gesungen und gelacht...es tat einfach gut...auch mit meinen Kollegen zusammen zu sein...es war ein wirklich schöner Abend! Heute morgen beim Frühstück fragte mich meine Kollegin, ob ich denn Mika schon vermisse. Meine Antwort war: „ja, doch...es geht...!“ Und genau diese Antwort hat mich sehr schockiert! Es ist mein Sohn, ich wollte diese Schwangerschaft und ich habe das Gefühl, ihm nicht diese Liebe geben zu können, die eine jede Mutter hat, gerade in der ersten Zeit, wenn sie doch noch so klein sind! Viel schlimmer, ich habe Angst davor, dass er das vielleicht merken könnte...!
Die letzten Tage habe ich eigentlich recht normal verlebt. Ich hatte nicht so oft das Gefühl, mich verkriechen zu müssen...doch dann kommen wieder Tage wie heute, die all die Hoffnungen wieder verdrängen!
Ich habe einen Therapieplatz zur Gesprächstherapie bei einer Psychologin bekommen. Im Januar geht es los...am 22. Januar das erste mal...noch gute 4 Wochen! Diese Zeit muss ich noch überbrücken....ich weiß, dass ich das schaffen werde, doch sind es weitere 4 Wochen, die ich mit mir selber ausmachen muß...auch wenn ich weiß, dass ich nicht alleine bin!

Verfasst: 16:12:2007 13:44
von sevcan
hallo maike!!

beim lesen deine bericht kammen mir die tränen.
mir gehts genauso und das seit 7 mon.es tut so weh es quält mich jeden tag anders stärker.ich wache jeden morgen mit der hoffnung das der spuck vorbei ist,aber leider es ist immer noch da und kein bisschen weniger.sei froh du kannst wenigsten unter die menschen gehen,tanzen singen,,,,ich kann oder bin nicht mal in der lage mich anzuziehen,wenn ich das wort höre komm doch raus,kommt mir immer wieder die angst,wie kriege ich mich angezogen,wie kriege ich denn kleinen fertig ist er zu dünn angezogen oder zu dick.
manchmal mache ich den schrank auf und finde nicht für ihm was anzuziehen.dann kommt die angst wieder oh gott ich muss für ihm einkaufen gehen wie mache ich das,und so falle ich wider ganz tief in meine loch das ich keine hoffnung mehr habe.

sei froh liebe maike,du kannst ja doch denken,bei mir ist mein gehirn ausgeschalltet,ich lebe nur noch mit denn augen,und mit rutine.
fühlen tue ich gar nichts.

ich hoffe das wir alle irgendwann das hinter uns haben und wider wie ein normale mensch leben können.

ich wollte dir mit meinem schreiben nur sagen,das es manch andere noch schlimmer erwischt hat.

kopf hoch,gott ist mit uns hoffentlich

lg
sevcan

Verfasst: 16:12:2007 14:36
von Nenette
Hallo Maike,

dein Bericht ging mir sehr nahe. Auch ich fühlte mich in den ersten Monaten nach der Geburt meines Sohnes ähnlich. Ich hatte unaufhörlich ein schlechtes Gewissen, weil ich mich nicht wirklich an meinem Kind erfreuen konnte. Und auch mich nervte es, dass die Leute, die wussten, dass es mir nicht gut ging, mich ständig fragten: "Und, geht es dir schon besser?" Und ich antwortete jedesmal mit ja, weil ich davon ausging, dass das von mir erwartet wurde und ich Angst hatte, die Leute mit meiner Depression zu nerven. Aber eigentlich ist es viel wichtiger, an Dich zu denken und weniger daran, ob du anderen auf den Keks gehen könntest. Setz dich nicht unter Druck! Es wird besser. Aber oft geht das eben nicht von heute auf morgen. Die Geburt eines Kindes kann für manche Frauen sehr traumatisch sein, und die "Wunde" danach ist dann oft sehr groß. Das braucht seine Zeit, um zu verheilen, aber es verheilt. Du schreibst ja selber, dass die schlimmen Tage schon weniger geworden sind. Das ist doch schon mal ein gutes Zeichen!

Ich kann auch deine Angst gut verstehen, als du nach Eurer Firmenweihnachtsfeier, merktest, dass du deinen Sohn nicht so vermisst, wie du solltest. Vor ein paar Wochen (also, als es mir psychisch schon wieder gut ging) fuhr ich mit meinem Freund zum ersten Mal nach der Geburt unseres Kindes allein übers Wochenende fort. Unser Kleiner blieb in dieser Zeit bei seinen Großeltern, die er sehr liebt und bei denen er sich sehr wohl fühlt. Ich genoss diese zwei Tage sehr und fand es schön, wieder einmal nur Zeit für mich und meinen Partner zu haben. Ich machte mir zwar teilweise Sorgen, ob auch alles mit meinem Kind in Ordnung war und rief mehrmals am Tag bei meinen Schwiegereltern an, aber ich litt nicht vor Sehnsucht nach ihm. Natürlich freute ich mich, als ich ihn wieder sah und sein Strahlen, als er mich kommen sah, ließ mir das Herz aufgehen. Trotzdem habe ich das Wochenende ohne ihn in vollen Zügen genossen. Bin ich deswegen eine schlechte Mutter? Bedeutet die Geburt eines Kindes, dass man sich selbst völlig vergisst? Sicher ist da jeder bzw. jede anderer Meinung. Ich denke jedoch, dass auch jeder Mama hinsichtlich dieser Frage eine andere Sichtweise zusteht. Solange es dem Kind dabei gut geht, finde ich Auszeiten für sich selbst völlig legitim. Einem Vater wird komischerweise fast nie die Frage gestellt, ob er sein Kind vermisst hätte. So war es auch bei uns. Nach unserem romantischen Wochenende bombardierten mich unsere kinderlosen! Freunde und Freundinnen mit der Frage, ob ich meinen Sohn sehr vermisst hätte. Meinen Partner blieb dies erspart. Bekannte, die schon Kinder haben, stellten uns diese Frage übrigens meist nicht und ich erntete von den Frauen, die bereits Kinder haben, eher Verständnis, wenn ich - etwas beschämt - zugab, dass mir unser kinderloses Wochenende sehr gut getan hätte. Also, ich hoffe, ich konnte dich mit dieser kleinen Anekdote etwas aufmuntern. Vielen Frauen geht es so, auch wenn sie nicht unter PPD leiden. Mich nervt es ziemlich, dass von den Müttern auch heute im 21. Jahrhundert noch erwartet wird, alle ihre Bedürfnisse hinten anzustellen und nur noch Mama zu sein. Ständig wird von Gleichberechtigung geredet, aber sobald ein Kind da ist, verfällt man oft wieder (auch ich) in die alten traditionellen Rollen oder bekommt ein schlechtes Gewissen, wenn es nicht so ist.
So, jetzt bin ich aber ein bisschen vom Thema abgekommen… :roll:

Es wird wieder, ganz bestimmt! Und du hast dich ja auch schon um eine Therapie bemüht, die bald anfängt. Das war auch ein ganz wichtiger Schritt und wird dir sicher auf deinem Weg zur Heilung helfen.

Liebe Grüße

Nenette

Verfasst: 16:12:2007 18:39
von Maike
Hallo!

Vielen Dank für Euren Beitrag! Es tut gut, zu wissen, dass man nicht alleine damit steht (obwohl man es ja sowieso schon weiß)! Ich weiß es auch, dass es irgendwann wieder gut sein wird und ich weiß auch, dass ich die "harmlose Version" der Depression habe. Anderen, wie bei Dir, Sevcan, geht es viel schlechter! Und trotzdem ist dieses irgendwann oft so unendlich weit entfernt! Geduld zu haben ist im Moment nicht meine Stärke!
Gerade hab ich mit meiner Mutter telefoniert und u.a. auch darüber geredet. Obwohl ich weiß, dass sie das gut meint und dass sie auch so unendlich viel Verständnis dafür zeigt, hat sie mir Sachen gesagt, wie: rede doch einfach mit ihm, versuch es doch einfach. Sing Mika was vor! Ich weiß es doch selber, aber ich kann es einfach nicht! Dann denke ich wieder nur, dass ich mich da doch vielleicht reinsteiger! Und das schlimme daran ist, ich weiß, dass meine Mutter genau DAS nicht so meint! Sie will mir damit helfen! Ich tue ihr unrecht....und das nervt mich auch wieder!
Nenette, Du hast vollkommen recht, dass ich an mich denken muß und dass ich mich nicht unter Druck setzen darf! Ich glaube, ich muß mich über die kleinen Erfolge freuen!
Ich bin schon sehr gespannt auf die Therapie, auch wenn ich schon ein wenig Angst davor habe, dass ich weitere 4 Wochen warten muß! Aber wenigstens etwas, ich habe einen Therapieplatz!