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Was heißt eigentlich "Rückfall"?
Verfasst: 10:08:2008 18:11
von bambam
Hallo!
Hätte mal eine Frage bezüglich eines sog. "Rückfalls": heißt das, man hat sein Medi zu früh reduziert oder abgesetzt, ohne dass sich das Gehirn oder man selbst wieder an das "Normalsein" "gewöhnt" hat? Versteht ihr, was ich mein?!
Es heißt ja, man sollte mindestens ein halbes Jahr lang "stabil" sein, bevor man sein Medi absetzt. Warum nicht eher? Woher weiß man, dass man "stabil" ist und es Zeit zum Absetzen des Medis ist?! Bin dahingehend echt verunsichert, da es schon mein zweiter gescheiteter Absetzversuch ist...
Da ich nicht wirklich lange Zeit am Stück "stabil" war gehe ich davon aus, dass ich eben zu früh abgesetzt habe...
Werde daher mein Medi ab morgen wieder auf 40mg erhöhen...
Viele Grüße,
bambam
Verfasst: 10:08:2008 18:53
von 00julchen
Hi,
Rückfall heißt, daß die ursprünglichen Sympthome der Krankheit wieder zurückkommen: Depression, Unruhe, ZGs (was man halt zu Beginn hatte).
Ja, der Gehirnstoffwechsel hat sich noch nicht normalisiert! Angeblich (also laut den Ärzten) reguliert sich das Ungleichgewicht irgendwann von alleine und durch das AD merkt man das Ungleichgewicht nicht so und die Medis sollen wohl auch helfen, daß neue neurale Verbindungen erzeugt werden.
Leider kann ich dir auch nicht beantworten ab wann man als stabil gilt, denn ich habe diesen Zustand nach 2,5 Jahren noch nie erreicht. Angeblich fühlt man sich dann wieder genauso fit, aktiv und glücklich wie früher.
Verfasst: 11:08:2008 6:38
von claudia
Hallo,
Julchen,das Wort "Rückfall" hast Du ja prima beschrieben!
Aus meinen persönlichen 3x postpartalen Erfahrungen kann ich dazu folgendes beisteuern:beim ersten Mal PPP hieß es,ich solle die Medikamente mind.2,5 Jahre nach der ersten Einnahme weiternehmen.Das habe ich aber nicht gemacht und tatsächlich ist die Psychose nicht wiedergekommen.Wohl aber hatte ich noch eine depressive Phase,die sich bis etwa 1.Geburtstag unseres Sohnes hinzog.
Aus Angst,das sie mich wieder in die Psychiatrie stecken,habe ich mich damals aber keinem Arzt anvertraut und diese Phase ging tatsächlich von allein vorbei.Irgendwann hat es "Klick" gemacht und wenn ich heute über eure Geschichten und Leidenswege lese,dann grenzt es für mich schon an ein Wunder,das ich damals ohne ärztliche Hilfe wieder da raus gekommen bin.
Beim 2.Kind habe ich ja viele der Faktoren,die beim ersten Mal da waren durch Vorbeugung oder aber glücklichere Lebensumstände verhindern können.Als es mich für mich unerwartet(den Ärzten war ja von vorneherein klar,das ich die Krankheit wieder bekommen würde-schlechte Prophezeiung!)wieder traf,ging ich als erstes zur stationären Behandlung in ein anderes psychiatrisches Krankenhaus als beim ersten Mal.
Ich wollte diesmal alles richtig machen und am Ende austherapiert und gesund,möglichst ohne Medikamente,sein.Diesmal stellten die Ärzte mich auf Lithium ein.Jetzt sprach der behandelnde Arzt sogar davon,das Medikament mind.5 Jahre nehmen zu müssen,um einen Rückfall sicher auszuschließen.
Nach 2 Jahren war ich soweit,das ich mir einen anderen Arzt suchte,der bereit war,mit mir gemeinsam das Medikament auszuschleichen.Vorher begann ich auf sein Anraten noch eine begleitende Psychotherapie.
Nach einem weiteren halben Jahr war ich auch dieses Medikament los.
Zwischen beiden Wunschkindern war ich deutlich stabil und für mich war es unheimlich wichtig,das ich eine Zeitlang ohne Medikation gewesen war.Eine erneute SS unter Medikamenten wäre für mich persönlich indiskutabel gewesen.
Auch als sich unser 3.anmeldete war ich ohne Medikamente und wollte "eigentlich"-ich schäme mich fast es zu schreiben,aber es waren damals meine Gefühle-ja eigentlich wollte ich jetzt wieder LEBEN und nicht noch eine dritte PPP durchmachen müssen.So sicher ich mir beim 2.Kind war,ich würde die Krankheit nicht nochmal bekomen,so sicher war ich mir jetzt,das ich sie noch ein weiteres Mal ertragen müßte.
Ich kann euch leider auch nicht sagen,wie lange es bei euch noch dauern wird,bis ihr wieder ganz gesund-ohne Medikamente/ohne Rückfall sein werdet.Aber denkt mal für euch ehrlich zurück!Geht es euch vielleicht/hoffentlich schon wenigstens ein bißchen besser,als ganz am Anfang?!
Geholfen hat mir als "Abschluß" zu den Krankheiten immer der Aufenthalt(Luftveränderung?)bei meinen Schwiegereltern in England...Dort wurde ich nach den Krankheiten jeweils drei Wochen lang immer total "verwöhnt":die Kinder wurden mir mal abgenommen,haushaltsmäßig brauchte ich mich um nichts kümmern-wie Urlaub eben-,wenn ich dann nach Hause kam,wollte ich wieder die Dinge selber in die Hand nehmen und Gott sei Dank ist es mir danach auch immer wieder gelungen.Dafür bin ich heute sehr dankbar.
Liebe Grüße,Claudia
Verfasst: 11:08:2008 8:20
von Marika
Hallo Bambam,
auch schließe mich den Worten von Julchen an - genau so wurde es mir auch erklärt. Ergänzend schreibe ich dir noch die Deffinition und neueste Empfehlung der WHO (Weltgesundheits Organisation) bzgl. AD´s und Depressionen bzw. Zwangerkrankungen auf:
"Bei einer (mittelschweren - schweren) depressiven Episode wird empfohlen, das AD mind. 6 Monate besser, aber noch 1 JAHR nach Eintritt einer Beschwerdefreiheit (Stabilität = keine Schwankungen mehr) weiter einzunehmen, um einen Rückfall (alle Symptome kommen wieder) bestmöglichst zu verhindern. Je länger ein AD nach erreichen einer Stabilität weiter genommen wird, umso größer die Chance auch nach Absetzen dieses, stabil und gesund zu bleiben.
Bei Zwangserkrankungen (ZG, ....usw.) zeigt die größte Chance auf Genesung die Kombination aus einem höher dosierten SSRI (Dosis liegt ÜBER der auf dem BPZ angegebenen Höchstdosis) und einer Verhaltens-/Psychotherapie. Hier wird empfohlen, das AD auf jeden Fall noch 1 JAHR nach Erreichen einer Stabilität weiter zu nehmen.
Setzt man ein AD zu früh ab und es kommt zu einem Rückfall, kann es bis zu 5 Jahren dauern, bis man (nach erneuter EMPFOHLENER Einnahme), wieder an ein Absetzen denken kann, da es dann (leider!!!) viel länger dauert, bis sich der Botenstoffwechsel im Gehirn wieder reguliert hat bzw. selber regulieren kann."
Liebe Bambam, dass alles soll dich jetzt nicht verunsichern, sondern dir lediglich die neuesten Studien und Empfehlungen aufzeigen. Besonders das mit den "5 Jahren" triftt sicher nicht auf jeden Patienten zu - kommt aber leider häufig vor, wie Studien (die mir mein Doc gezeigt hat) beweisen.
Du weißt eh, dass ich persönlich der Meinung bin, dass du 2x viel zu früh reduziert hast - gerade weil du auch an ZG leidest. Da braucht man einfach eine hohe SSRI Dosis. Wenn du jetzt 40 mg Citalopram nimmst, finde ich das sehr gut. Aber auch diese Dosis ist "erst" die normale Höchstdosis, wenn ich mich nicht irre. Sie entspricht 20 mg meines Cipralex - ich habe ja 30 mg 1,5 JAHRE lang genommen und erst dann langsam reduziert. Solltest du bei 40 mg noch das Gefühl haben - es könnte noch besser sein - scheu dich nicht auch auf 50 mg bzw. 60 mg zu gehen. Das ist kein Problem bei Citalopram und erst dann wärst du z.B. bei meinen ehemaligen 30 mg Cipralex.
Und du musst dich einfach darauf einstellen, nach erreichter Wohlfühldosis, diese auch LÄNGER einzunehmen - nach deinen Rückfällen würde ich schon mehr als 1 Jahr rechnen. Wann du die Wohlfühldosis erreicht hast, merkst du auf jeden Fall: Du fühlst dich dann einfach wieder gesund. Angst und Panik sind weg - "komische Gedanken" kommen nur ganz selten und sind auch gleich wieder weg, also ganz normaler Vorgang wie bei allen Gesunden. Aber es dauert schon ein paar Wochen, bis du einen Ruck merkst. Als ich von 20 mg auf 30 mg ging, dauerte es ca. 3-4 Wochen, bis ich merkte - das ist MEINE Dosis.
Viel Glück und Geduld wünscht dir
Verfasst: 11:08:2008 19:42
von bambam
Hallo!
Erst mal wieder vielen Dank für Eure Hilfe!!!!
Wie gesagt habe ich mich dafür entschieden, wieder auf 40mg hochzugehen...
Wobei mir sofort wieder in den Kopf geschossen ist: was, wenn`s dann auch wieder nicht besser wird... Angst und Panik sowie ZG`s haben mich dann gleich wieder zum Kaffee begrüßt und von mir aus sollen sie jetzt auch mal bleiben - bin zu fertig, um mich zu wehren und sie von meinem Sofa zu verbannen...
Habe auch gleich morgen einen Termin bei meiner Ärztin bekommen... Mit der werde ich das Ganze nochmal ausführlich besprechen...
Liebe Grüße,
bambam
Verfasst: 12:08:2008 8:03
von claudia
Hallo Marika,
danke mal für das Einstellen der Definition hier in´s Forum.
Claudia