Ich möchte versuchen, so strukturiert wie möglich auf Eure vielen Fragen zu antworten! Fragen sind gut! Sie helfen mir dabei, meine eigene Situuation vor Augen zu führen...
Also: Ich habe vor Jahren eine Therapie begonnen wegen Panikstörungen und Ängsten. Ich war bei einer Therapeutin, die ich zwar nett fand, aber die mir durch ihre Analyse irgendwie nicht richtig half. Ich bin dann zum Studieren in eine andere Stadt gezogen und war dort viel befreiter und glücklicher als bisher. Ich brauchte keine Therapie mehr und habe die bereits begonnene nicht fortgeführt. Nach meinem Studium bin ich wieder zurück gekehrt in meine "alte Heimat", habe meinen langjährigen Freund geheiratet, meinen Beruf ausgeübt und bin dann auch das erste Mal schwanger geworden. In der Schwangerschaft litt ist unter übermäßigem Schwangerschaftserbrechen = Hyperemesis gravidarum. In dieser Zeit geht es einem so schlecht, dass man am liebsten Sterben möchte, das Kind abtreiben möchte, sich ausblenden möchte für die nächsten neun Monate. Das hat, denke ich wenig mit einer Depression zu tun, denn wenn es einem den ganzen Tag schlecht ist und man nur am Spucken ist, ist es irgendwie klar, dass die Psyche darunter leidet und man nicht gerade gut drauf ist. Ich habe wenig an Gewicht zugenommen. 1 Woche nach der Entbindung etwa hatte ich beinahe mein altes Gewicht wieder. In den kommenden Wochen reduzierte es sich durch die Stillerei immer mehr. Durch die schwere Schwangerschaft war ich körperlich richtig gehend ausgelaugt. Ich war kraftlos, alles viel mir schwer. Und das steigerte sich, noch geschürt durch den Schlafmangel, immer mehr in die Symptome meiner ersten Depression. Ich hatte Angst, den Tag nicht allein zu schaffen, hatte Angst, dass mir irgendwas passiert, dass ich umkippe und dann niemand für mein kleines Kind da ist usw. Ich konnte nicht mehr schlafen, lag wach zwischen den Stillzeiten und habe gewartet, bis der Kleine sich eh wieder meldet. Am Morgen wäre ich am liebsten gar nicht mehr aus dem Bett ausgestiegen. Lag aber dennoch wach und voller Angst oben und horchte, wann sich mein Mann ins Auto setzte und weg fuhr. Ab da war ich allein und die Panik stieg hoch. Eigentlich war der Start sehr harmonisch von uns als Familie. Der kleine Kerl lag oft bis halb elf vormittags mit mir im Bett und hat sich ausgeschlafen. Immer unterbrochen von kleinen Stillmahlzeiten. Oft lief ich mittags noch im Schlafanzug rum. Irgendwie bestand mein Tag nur noch aus Stillen, Wickeln und Schlafen. Wenn mein Mann mir nichts zu essen hinstellte, dann aß ich auch nichts. Denn ich war so beschäftigt mir dem Baby, das nie allein sein wollte, immer getragen werden wollte!, dass ich zu nichts anderem kam. ZUnehmend fühlte ich mich isoliert.
Und das gipfelte, wie beim ersten Mal schon beschrieben, in meiner ersten Depression in Suizidgedanken, um den ganzen einfach zu entrinnen.
Dann begann ich, langsam Cipralex zu nehmen. Ich begann mit Tropfen, steigerte jeden Tag um ein oder zwei Tropfen, so wie mir mein bekannter Psychiater empfohlen hat. Ich war nie in einer Sprechstunde bisher! Das hat aber auch den Hintergrund, dass wir hier selbst ein Medizinerhaushalt sind.
Langsam wurde es wieder besser. Mein Mann blieb einige Wochen zu Hause und irgendwann wuppte ich mein leben wieder zögerlich, aber selbstständig.
Da ich bereits früh gemerkt habe, dass es mir körperlich schlecht geht, wenn ich die Cipralex mal vergesse, hatte ich Angst, sie abzusetzen. Ich wollte es eigentlich schon längst tun! Denn ich fühle mich einfach nicht wohl mit der Tatsache, von einem Medikament das auf meine Psyche wirkt, abhängig zu sein (psychisch meine ich hier). Vor einer erneuten Schwangerschaft, die hier wieder mehr und mehr zur Sprache kam, wollte ich weg von dem Medikament. Aber ich habs nicht geschafft, weil ich zu schnell schwanger wurde (das hat wirklich beim ersten Man geklappt, wer hätte das gedacht!) Und so dachte ich mir, okay, ich laß es einfach weg, wird schon gehen. Aber das hat natürlich nicht geklappt, das weiß ich jetzt auch
So reduziere ich seit Ende September von meinen 10 mg runter auf 0, so schnell wie es geht.
Ich möchte kein AD nehmen während der Schwangerschaft, v.a. über die Geburt hinaus möchte ich jede diesbezügliche Anpassungsstörung der Babies so weit es geht verhindern. Sie werden mit hoher Wahrscheinlichkeit eh Frühchen werden, da Zwillinge in der Regel früher geboren werden. Cipralex und andere SSRI können es den Kindern schwer machen, ins leben zu starten. Und das habe ich nicht erfunden! Man kann es, z.B. bei embryotox nachlesen:
Ich kopiere hier mal den Teil rein, den ich meine:
[i]1. Trimenon: Im Gegensatz zu den länger bewährten SSRI, wie z.B. Sertalin und Citalopram, liegen speziell zu Escitalopram keine ausreichend großen Studien vor. Da jedoch Escitalopram als Enantiomer dem Citalopram entspricht, kann dessen Erprobungsgrad auf Escitalopram übertragen werden. Für die gesamte Gruppe der SSRI haben mehrere tausend in verschiedenen Studien oder Fallserien dokumentierte Schwangerschaftsverläufe überwiegend keine eindeutigen Hinweise auf eine erhöhte Fehlbildungsrate erbracht. Andererseits kann eine Assoziation spezieller Fehlbildungen mit einer SSRI-Einnahme im 1. Trimenon nicht ausgeschlossen werden. Insbesondere wurde in einigen Arbeiten ein gering erhöhtes Risiko für Herzfehlbildungen nach Paroxetin im 1. Trimenon diskutiert.
2.-3. Trimenon / Perinatal: Zahlreiche Veröffentlichungen thematisieren funktionelle Auswirkungen beim Neugeborenen nach SSRI-Therapie. [b]Hierzu zählen Überregbarkeit, Tremor, erhöhter Muskeltonus, Trinkstörungen, Atemnotsyndrom, Hypoglykämie, auffälliges Schlafverhalten mit vermehrten Schreckreaktionen und verlängerten REM-Phasen, sowie eine verringerte Variabilität an Verhaltensmustern[/b]. Diese postpartalen, bei 2-3 von 10 exponierten Kinder auftretenden Symptome wurden zunächst als Entzugssymptomatik interpretiert, inzwischen aber auch als serotonerge Toxizität, insbesondere bei Nachweis therapeutischer Serumspiegel beim Kind. Die Symptomatik ist meist leicht, selbst limitierend und beginnt innerhalb der ersten beiden Lebenstage. Sie dauert im Extremfall einen Monat, meist aber nicht länger als 1–2 Wochen. In zwei Studien wurde auch ein signifikanter Zusammenhang mit persistierendem pulmonalen Hochdruck beim Neugeborenen beobachtet. Etwa eines von 100 am Ende der Schwangerschaft exponierten Kindern könnte von dieser schweren Symptomatik betroffen sein.[/i]
U.a. von hier (und auch an anderen Stellen bei meiner Recherche) habe ich aus die Aussage, dass es Studien gibt, die eine Teratogenität (= Fruchtschädigung) die Herzfehler nach SSRI Gabe in der SS nicht ausschließen.
Aber gut. Natürlich sind SSRI für viele ein Segen! Das möchte ich hier nicht anders sagen! Ich weiß nicht, wie und ob ich es ohne geschafft hätte. Dennoch möchte ich jetzt, in der SS keines nehmen. Den Kindern zu liebe. Und auch hinterher, während der Stillzeit, möchte ich soweit es geht, darauf verzichten. Daher bemühe ich mich ja jetzt schon, im Vorfeld, um ein gut funktionierendes, soziales Netz, das mich evtl. besser auffangen kann.
Und im Übrigen hab ich sehr damit zu kämpfen und es nervt mich im Moment einfach ganz gewaltig, dass ich dieses Mittel nicht einfach weg lassen kann. Dass der Körper sich so daran gewöhnt hat, dass er es braucht. Das stört mich, das möchte ich nicht! Ich weiß, dass es sich um keinen Entzug im eigentlichen Sinne handelt. Aber es gibt dennoch ein Serotonin-Entzugssyndrom, das meine körperlichen und auch psychischen Beschwerden beim Reduzieren oder Absetzen erklärt. Das gaukelt die Symptome einer Depression vor, was noch lange nicht heißt, dass es eine Depression ist!
Eine sehr interessante und aufschlußreiche Seite zum Thema Absetzen und Absetzproblematiken von SSRI ist diese hier:
http://www.adfd.org/wissen/Hauptseite
Nachdem ich mich dort ein wenig durchgelesen hatte, war mir wenigstens klar, dass ich nicht die einzige bin, die an solchen Beschwerden leidet, wenn sie dieses Zeug ausschleichen und wegkommen will.
Und das möchte ich ! Ich möchte es jetzt, so schnell es geht. Weil es für mich ganz einfach wichtig ist zu wissen, dass die Babies so wenig wie möglich davon abbekommen.
Im MOment ist es so, dass ich wieder sehr unter der Schwangerschaft leide. Es geht mir körperlich sehr schlecht. Erst heute haben wir wieder mit Infusionen angefangen, weil ich einfach nicht ausreichend Trinken kann wegen der Übelkeit. Es ist extrem schwierig für mich, meine Beschwerden, egal welcher Art, irgendeiner Ursache zuzuordnen, das könnt ihr Euch vielleicht vorstellen! Weil es einfach so viele "Baustellen" sind! Bin ich nun depri, weil ich den Tag generell über der Kloschüssel beginne und mich auch den Rest des Tages nur wenig von ihr wegbewege, oder geht es mir so schlecht (Schwindel, extreme, also wirklich extreme Müdigkeit und Schlappheit) weil ich mein AD ausschleiche oder beginnt bereits wieder eine Depression?
Schwierig, echt...
Ich werde mich in den kommenden Tagen einen Therapeuten suchen. Es ist nur wirklich schwierig für mich, zu einem bestimmten Termin fit zu sein, im Moment. Ich weiß nie, wann ich brechen muß, möchte nicht Auto fahren, weil es mir einfach nicht gut geht und ich unsicher bin, müßte aber mindestens 15-20 Kilometer fahren, um den nächsten zu erreichen. Organisatorisch ist das alles nicht so ganz leicht. Und dann gibt es ja auch noch meinen kleinen Sohn und meinen Mann, der eh schon so viel macht, wie er nur kann. Meine Familie, als meine Eltern, die helfen schon mit, bringen und holen den Kleinen vpm KiGa dreimal in der Woche, fahren dafür jedes Mal einfach über 30 Kilometer. Ich habe tolle Freundinnen, mit denen ich reden kann.
Aber ihr kennt das vielleicht; man möchte andere auch nicht ständig mit seiner Jammerei in den Ohren liegen. V.a. komme ich mir dann selber immer so alber und dumm dabei vor. Wenn ich selbst höre, wie unfähig ich eigentlich bin....
Oh weh, so lang ist das alles schon geworden. Ich denke, das reicht erst mal ...bis bald!
